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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.06.2002
Aktenzeichen: 19 Sa 43/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a
Eine Einigung über die Zurücknahme eines Widerspruchs zum Betriebsübergang kann rechtswirksam nur zwischen Arbeitnehmer, bisherigem Arbeitgeber und Betriebsnachfolger getroffen werden.
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

Geschäfts-Nr.: 19 Sa 43/02

Verkündet am: 10.06.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 19. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 08.04.2002 durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. Wessel als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Rump und Rüffer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Firma A1 + H3 T1xxxx GmbH & Co. KG (im Folgenden: Firma A1 + H3 T1xxxx) auf die Beklagte übergegangen ist.

Der Kläger war bei der Firma A1 + H3 T1xxxx zu einer durchschnittlichen monatlichen Vergütung von zuletzt 4.500,00 DM brutto beschäftigt. Diese veräußerte ihren Bereich "Verkehrstechnik", in dem der Kläger länger als ein halbes Jahr tätig war, mit Wirkung zum 01.05.2001 an die Beklagte.

Der Kläger widersprach mit Fax-Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20.03.2001 gegenüber der Firma A1 + H3 T1xxxx einem Betriebsübergang. Später fügte er seinem Widerspruch noch einen Zusatz bei (im Einzelnen Bl. 5 d. A.).

Mit Schreiben vom 30.03.2001 kündigte die Firma A1 + H3 T1xxxx das Arbeitsverhältnis des Klägers betriebsbedingt zum 31.05.2001. Hiergegen erhob der Kläger am 06.04.2001 Kündigungsschutzklage.

Mit an die Firma A1 + H3 T1xxxx gerichtetem Schreiben vom 10.04.2001 widerrief der Kläger seinen Widerspruch gegen den Betriebsübergang wie folgt:

Hiermit widerrufe ich meinen Widerspruch zu dem Betriebsübergang in die Firma T1xxxx V1xxxxxxxxxxxxx GmbH und bitte Sie, Ihre Kündigung vom 30.03.2001 nochmals zu überdenken und mir einen positiven Bescheid hinsichtlich Rücknahme der Kündigung schriftlich zukommen zu lassen.

Durch Schreiben vom gleichen Tag bestätigte diese Firma, dass sie der Rücknahme des Widerspruchs zustimme und erklärte gleichzeitig ihre Kündigung vom 30.03.2001 für gegenstandslos. Zudem wies sie den Kläger darauf hin, dass sein Arbeitsverhältnis mit ihm zum 30.04.2001 ende und auf die Beklagte als neuen Arbeitgeber übergehe.

Die Beklagte bedeutete dem Kläger nach Angebot seiner Arbeitskraft jedoch, man brauche ihn nicht mehr; ein Arbeitsverhältnis mit ihr sei nicht zustande gekommen. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 12.04.2001 gegenüber der Firma A1 + H3 T1xxxx die Anfechtung seines Widerrufs des Widerspruchs. Für den Inhalt des Anfechtungsschreibens im Einzelnen wird auf Bl. 16 f. d. A. verwiesen.

Gemäß einer schriftlichen Vereinbarung vom 15.05.2001 zwischen der Beklagten und der Firma A1 + H3 T1xxxx sollte die Firma A1 + H3 T1xxxx u. a. auch den Kläger als Mitarbeiter übernehmen.

Der Kläger erhob unter dem 15.05.2001 Klage (Az. zunächst 2 (3) Ca 799/01) gegen die Beklagte auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis aufgrund am 01.05.2001 erfolgten Betriebsübergangs besteht. Diesen Rechtsstreit hat das erstinstanzliche Gericht am 30.05.2001 mit dem vorliegenden Rechtsstreit verbunden.

Wegen einer weiteren von der Firma A1 + H3 T1xxxx am 23.07.2001 ausgesprochenen Kündigung gegenüber dem Kläger schlossen die Parteien des Rechtsstreits 2 Ca 1362/01 am 24.08.2001 einen gerichtlichen Vergleich, nach dem ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der fristgerechten Kündigung der Firma A1 + H3 T1xxxx aus betriebsbedingten Gründen mit Ablauf des 30.09.2001 aufgelöst ist. Inhalt des Vergleichs ist weiter, dass der Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Verrechnung noch offener Urlaubsansprüche und bei Fortzahlung seiner Vergütung unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird und eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG, § 3 Ziff. 9 EStG in Höhe von 18.000,00 DM erhält.

Durch diesen gerichtlichen Vergleich erledigten die dortigen Parteien ihren Rechtsstreit sowie den vorliegenden Rechtsstreit, soweit er gegen die Firma A1 + H3 T1xxxx geführt wurde.

Schließlich erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 26.09.2001 die Rücknahme jedweden Widerrufs einer etwaigen Erklärung, die seiner Weiterbeschäftigung bei der Beklagten entgegenstehen könnte, mit sofortiger Wirkung.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, sein zu der Firma A1 + H3 T1xxxx bestandenes Arbeitsverhältnis sei unwiderruflich auf die Beklagte übergegangen und dementsprechend beantragt

festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der früheren Firma A1 + H3 T1xxxx GmbH & Co. KG, vertreten durch die A1 + H3 T1xxxx V2xxxxxxxxx-G3xx, diese wiederum vertreten durch den Geschäftsführer F3xxxxxxxx T1xxxx, bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab dem 01.05.2001 auf die Firma T1xxxx V1xxxxxxxxxxxxx GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer G1xxxxx E2xxxxxx, übergegangen ist und daher zwischen den Parteien seitdem ein Arbeitsverhältnis besteht, und zwar zu den Bedingungen, zu denen der Kläger zuletzt bei der Firma A1 + H3 T1xxxx GmbH & Co. KG beschäftigt war.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, aufgrund des Widerspruchs des Klägers, der ihr über die Firma A1 + H3 T1xxxx mitgeteilt worden sei, sei das Arbeitsverhältnis auf sie übergegangen. Dies habe der Kläger bis zum Abschluss des gerichtlichen Vergleichs in dem Verfahren 2 Ca 1362/01 selbst vertreten; es ergebe sich auch aus Ziff. 1) des Vergleichs. Ein Widerspruch könne nicht mehr einseitig zurückgenommen werden, auch nicht durch übereinstimmende Erklärung des Klägers und der Firma A1 + H3 T1xxxx. Das Verhalten des Klägers sei nicht mehr legitim, wenn er nun genau das Gegenteil dessen behaupte, was er zuvor vorgetragen habe.

Durch Urteil vom 30.11.2001 hat das Arbeitsgericht Siegen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte scheitere am Widerspruch des Klägers vom 20.03.2001. Der Widerspruch habe weder einseitig noch durch eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und dessen früherem Arbeitgeber mit Wirkung für und gegen die Beklagte beseitigt werden können. Eine Rücknahme des Widerspruchs sei wirksam nur möglich, wenn alle drei Beteiligten - Arbeitnehmer, bisheriger Arbeitgeber und Betriebserwerber - zustimmten. Denn anderenfalls könnten der Kläger und der bisherige Arbeitgeber zu Lasten des Betriebserwerbers vertragliche Vereinbarungen treffen. Mangels Zustimmung des Beklagten zu dem Widerruf des Widerspruchs bestehe ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht.

Der Kläger hat gegen das ihm am 21.12.2001 zugestellte erstinstanzliche Urteil mit am 08.01.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 30.01.2002 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen vertritt er die Auffassung, dass er seinen Widerspruch vom 20.03.2001 habe rechtswirksam widerrufen können, da diesem die Rechtsqualität eines Gestaltungsrechts nicht zukomme. Es müsse ausreichen, wenn der Widerruf entweder dem Betriebsveräußerer oder dem -erwerber zugehe.

Es liege sogar eine einverständliche Regelung über den Widerruf zwischen ihm und der Firma A1 + H3 T1xxxx vor, die noch vor Betriebsübergang erfolgt sei.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnten zulässigerweise mit Wirkung gegen den Betriebsübernehmer vertragliche Regelungen treffen, denn Zweck des § 613 a BGB sei es, den Arbeitnehmer vor Nachteilen aus dem Betriebsübergang zu schützen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 30.11.2001 - 2 Ca 601/01 - abzuändern und festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der früheren Firma A1 + H3 T1xxxx GmbH & Co. KG bestandene Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.05.2001 auf die Beklagte übergegangen ist und daher zwischen den Parteien seitdem ein Arbeitsverhältnis besteht, und zwar zu den Bedingungen, zu denen der Kläger zuletzt bei der Fa. A1 + H3 T1xxxx GmbH & Co. KG beschäftigt war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend.

Weiter führt die Beklagte aus, dass die Rücknahme des Widerspruchs jedenfalls durch die Anfechtung des Klägers vom 12.04.2001 untergegangen sei, so dass es beim Widerspruch verbleiben müsse.

Nicht nachvollziehbar sei, dass der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis mit der Firma A1 + H3 T1xxxx erst mit Ablauf des 30.09.2001 endete, nunmehr festgestellt wissen möchte, dass bereits ab dem 01.05.2001 ein Arbeitsverhältnis mit ihr - der Beklagten - bestehe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der öffentlichen Sitzungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. c ArbGG zulässig sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG; §§ 518, 519 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, § 26 Ziff. 5 EGZPO).

II.

In der Sache bleibt die Berufung erfolglos.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die Beklagte übergegangen ist.

1) § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB ordnet die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Betriebsinhaber und den Übergang auf den neuen Inhaber kraft Gesetzes an, ohne dass es einer Gestaltungserklärung eines der Beteiligten bedürfte. Demzufolge ist insbesondere keine Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich (BAG, Urteil vom 30.10.1986 - 2 AZR 101/85 -, EzA § 613 a BGB Nr. 54). Andererseits geht bei einem Betriebsinhaberwechsel das Arbeitsverhältnis eines im Betrieb oder im Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmers nicht auf den Betriebserwerber über, wenn der Arbeitnehmer diesem Übergang des Arbeitsverhältnisses rechtzeitig und rechtswirksam widerspricht (BAG, Urteil vom 02.10.1974 - 5 AZR 504/73 -, BAGE 26, 301, 304 f.; BAG, Urteil vom 06.02.1980 - 5 AZR 275/78 -, EzA § 613 a BGB Nr. 26; BAG, Urteil vom 15.02.1984 - 5 AZR 123/82 -, NZA 1984, 32).

Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers ist mit Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14.12.1977 vereinbar, da den Arbeitnehmern ein europäisches Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitgebers zusteht (EuGH, Urteil vom 16.12.1992 - Rs.C - 132/91 u.a., EzA § 613 a BGB Nr. 105; anschl. BAG, Urteil vom 07.04.1993 - 2 AZR 449/91 -, EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 30).

Das Widerspruchsrecht ist ein bedingungsfeindliches Gestaltungsrecht, das gerichtet ist auf die Verhinderung oder die Beseitigung der Rechtsfolge des § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB. Es wird ausgeübt durch empfangsbedürftige Willenserklärung, deren Adressat der bisherige Arbeitgeber jedenfalls dann ist, wenn er den Arbeitnehmer über den Betriebsübergang unterrichtet hat (BAG, Urteil vom 27.04.1995 - 8 AZR 197/94 -, EzA § 613 a BGB Nr. 126). Bis zum Inhaberwechsel ist ein Widerspruch grundsätzlich ohne zeitliche Einschränkung zulässig (BAG, Urteil vom 19.03.1998 - 8 AZR 139/97 -, EzA § 613 a BGB Nr. 163).

a) Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen scheitert der Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Firma A1 + H3 T1xxxx auf die Beklagte an dem Widerspruch des Klägers vom 20.03.2001. Der der Firma A1 + H3 T1xxxx durch Fax-Schreiben am 21.03.2001 übermittelte Widerspruch hatte zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die Beklagte überging, sondern zu dem bisherigen Inhaber des Betriebsteils "Verkehrstechnik" erhalten blieb.

Rechtlich ohne Bedeutung, weil unzulässig, ist der schriftlich erklärte spätere (ohne Datum) Vorbehalt des Klägers, wonach er das neue Arbeitsverhältnis bei der Beklagten doch annehmen werde, falls es zum Abschluss eines Anerkennungstarifvertrages mit der Gewerkschaft IG Metall komme. Denn das Widerspruchsrecht ist als Gestaltungsrecht bedingungsfeindlich (so auch: ErfK-Preis, 2. Aufl., § 613 a BGB Rdnr. 86).

b) Der Kläger konnte seinen Widerspruch vom 20.03.2001 nicht rechtswirksam widerrufen.

Sein Schreiben vom 10.04.2001 an die Firma A1 + H3 T1xxxx führt nicht zur Beseitigung des Widerspruchs. Denn wie eine Kündigung, die als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung mit Zugang an den Kündigungsempfänger wirksam wird, es sei denn, diesem geht vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zu (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB), kann auch ein Widerspruch nach seinem Zugang beim Erklärungsempfänger nicht mehr einseitig zurückgenommen werden.

Um die Rechtsfolgen des Widerspruchs vom 20.03.2001 rückgängig zu machen, bedurfte es vielmehr einer einverständlichen Regelung, wie das Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat.

Das in dem Widerrufsschreiben vom 10.04.2001 liegende Angebot des Klägers auf Rückgängigmachung der Rechtsfolgen des Widerspruchs hat die Firma A1 + H3 T1xxxx mit Schreiben ebenfalls vom 10.04.2001 angenommen. Dennoch hat diese Einigung nicht den Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte zur Folge. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass der gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber bis zum Inhaberwechsel erklärte Widerspruch zum Betriebsübergang nicht nur das zweiseitige Verhältnis zwischen bisherigem Arbeitgeber und Arbeitnehmer betrifft, sondern Rechtswirkungen auch gegenüber dem Betriebsnachfolger zeitigt. Diese Einbezogenheit eines Dritten unterscheidet den Widerspruch im Zusammenhang mit dem Übergang eines Arbeitsverhältnisses von der Kündigung. Daher kann eine Einigung über die Zurücknahme eines Widerspruchs zum Betriebsübergang rechtswirksam nur zwischen Arbeitnehmer, bisherigem Arbeitgeber und Betriebsnachfolger getroffen werden. Denn allein eine solche dreiseitige Einigung berücksichtigt in angemessener Weise die Interessen des neuen Betriebs- (teil-)inhabers. Im zu beurteilenden Fall kann auch von entsprechenden vorhandenen Interessen der Beklagten ausgegangen werden. Denn die Beklagte konnte zum einen unwidersprochen vortragen, dass ihr der Widerspruch des Klägers über die Firma A1 + H3 T1xxxx mitgeteilt worden war. Sie konnte daher bereits im Vorfeld des zum 01.05.2001 wirksam werdenden Betriebsübergangs bestimmte (personelle) Dispositionen treffen, die nach Bekanntwerden des Widerspruchs des Klägers anderes ausgefallen sein dürften als ohne einen solchen Widerspruch.

Eine Nichtberücksichtigung der Beklagten im Rahmen einer Einigung über die Zurücknahme des Widerspruchs stellt sich als unzulässiger (BGH, Urteil vom 12.11.1980 - VIII ZR 293/79 -, BGHZ 78, 374 f.) Vertrag zu Lasten Dritter dar.

Die fehlende Einigung des Klägers und der Firma A1 + H3 T1xxxx mit der Beklagten ist daher nicht geeignet, die Rechtsfolge des Widerspruchs zu beseitigen.

Es kann somit offen bleiben, inwieweit die Rücknahme des Widerspruchs durch die Anfechtung des Klägers vom 12.04.2001 untergegangen ist.

2) Der von dem Kläger erklärte Widerruf seines Widerspruchs verstößt zudem gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB.

Die Wahrung der Treue und die Erhaltung des Vertrauens bilden die Grundlage des Rechtsverkehrs und insbesondere jeder rechtlichen Sonderverbindung. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist anzunehmen, wenn der Berechtigte selbst eine bestimmte Lage geschaffen hat, auf die der andere Teil nun vertrauen darf (Verbot des "venire contra factum proprium"). Deshalb ist ein Gestaltungsrecht nicht mehr ausübbar, wenn der Berechtigte sich dadurch zu seinem früheren Verhalten in Widerspruch setzt und so die Erwartungen des anderen enttäuschen würde (vgl. etwa Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 242 Rdnr. 55).

Der Kläger hat jedenfalls bis zum 24.08.2001, dem Zeitpunkt des gerichtlichen Vergleichs im Kündigungsschutzrechtsstreit mit der Firma A1 + H3 T1xxxx, den Anschein gesetzt, sein Arbeitsverhältnis bestehe auch über den 01.05.2001 hinaus mit seinem alten Arbeitgeber fort und sei nicht auf die Beklagte übergegangen.

So hat er mit Schreiben vom 12.04.2001 den Widerruf des Widerspruchs vom 20.03.2001 angefochten und in diesem Zusammenhang ausdrücklich erklärt, dass der Widerspruch zum Betriebsübergang bestehen bleibe. Vorsorglich hat der Kläger zwar am 15.05.2001 Feststellungsklage auf Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte erhoben, um jedoch sein Arbeitsverhältnis mit der Firma A1 + H3 T1xxxx rechtlich anschließend weiterzuverfolgen.

In der öffentlichen Sitzung vom 20.06.2001 erhielt der Prozessbevollmächtigte des Klägers Kenntnis von der schriftlichen Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Firma A1 + H3 T1xxxx vom 15.05.2001, nach der der Kläger von der Firma A1 + H3 T1xxxx als Mitarbeiter übernommen werden sollte. Dass der Kläger selbst davon ausgegangen ist, sein Arbeitsverhältnis bestehe zu der Firma A1 + H3 T1xxxx, zeigt auch sein Schriftsatz vom 02.08.2001 (Bl. 58 d. A.). Mit diesem Schriftsatz wurde der gerichtliche Vergleich in dem Rechtsstreit 2 Ca 1362/01 vorbereitet. Ziffer 8 des beabsichtigten Vergleichswortlauts sieht die Erledigung sämtlicher Verfahren der drei Beteiligten - also auch des vorliegenden Rechtsstreits - vor. Tatsächlich erfasst der gerichtliche Vergleich vom 24.08.2001 den vorliegenden Rechtsstreit dann jedoch nicht. Dennoch belegt der Inhalt des gerichtlichen Vergleichs unter seiner Ziffer 1 in aller Deutlichkeit, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Firma A1 + H3 T1xxxx erst durch arbeitgeberseitige fristgerechte Kündigung aus betriebsbedingten Gründen zum 30.09.2001 aufgelöst worden ist. Das heißt, dass das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 01.05.2001 und fünf Monate darüber hinaus zu der Firma A1 + H3 T1xxxx bestand. Der Kläger war in der Zeit vom 01.05. bis 30.09.2001 aber nicht Arbeitnehmer in zwei Arbeitsverhältnissen. Er hat das Arbeitsverhältnis mit seinem bisherigen Arbeitgeber vielmehr über den 01.05.2001 bewusst fortgesetzt und es anschließend ordnungsgemäß im Wege des Prozessvergleichs abgewickelt, u.a. gegen Zahlung einer Abfindung von 18.000,00 DM.

Die Rechtsverfolgung seines Arbeitsverhältnisses gegenüber der Beklagten ist daher widersprüchlich und als gegen Treu und Glauben verstoßend zu bewerten. Im Ergebnis kann somit das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nicht angenommen werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ArbGG.

IV.

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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