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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 27.09.2005
Aktenzeichen: 19 Sa 936/05
Rechtsgebiete: GG, TVG, BGB


Vorschriften:

GG Art. 9 Abs. 3
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 3
BGB § 30
1. Die Vereinbarung des sofortigen Wechsels der Mitgliedschaft mit Tarifbindung i. S. d. § 3 Abs. 1 TVG in Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (sog. OT-Mitgliedschaft) während der laufenden Tarifverhandlung, um sich der Tarifbindung an den bevorstehenden Tarifvertrag zu entziehen, ist kein gewöhnlich vorkommendes Rechtsgeschäft i.S.d. § 30 S. 2 BGB, auf das sich im Zweifel die Vertretungsmacht des besonderen Vertreters erstreckt.

2. Es bleibt offen, ob sich der Wechsel der Mitgliedschaftsform in einem Arbeitgeberverband durch Austritt und Neueintritt in den Arbeitgeberverband vollzieht und ob, sowie welchen Voraussetzungen die Vereinbarung des sofortigen Austritts aus dem Arbeitgeberverband ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zulässig ist.


Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 08.04.2005 - 2 Ca 2582/04 L - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) 1.527,27 € seit dem 01.01.2005

b) 659,17 € seit dem 01.03.2005

c) 570,30 € seit dem 01.04.2005

d) 1.226,00 € seit dem 01.08.2005

und aus

e) 708,20 € seit dem 01.09.2005

zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.690,94 € festgesetzt.

Tatbestand: Die Parteien streiten über Restvergütungsansprüche der Klägerin. Die Klägerin ist seit dem 23.08.1982 für die Beklagte tätig und seit dem 01.07.2004 Mitglied der IG Metall. Die Beklagte, die Möbel herstellt, war jedenfalls bis zum 26.02.2004 tarifgebundenes Mitglied des Verbandes der Deutschen Polstermöbelindustrie e.V. Herford. Ob die Mitgliedschaft mit Tarifbindung am 26.02.2004 beendet wurde und die Beklagte seit diesem Zeitpunkt Mitglied dieses Verbandes ohne Tarifbindung (im Folgenden: OT-Mitglied) ist, ist zwischen den Parteien streitig. Die Satzung des Verbandes der Deutschen Polstermöbelindustrie in der Fassung vom 19.11.2002 enthält u.a. folgende Regelungen: Artikel 1 Name, Sitz und Form des Fachverbandes ... 4. Der Fachverband wird durch den Vorsitzenden und den Hauptgeschäftsführer vertreten (§ 26 BGB). Im Verhinderungsfall kann jeder von ihnen durch einen stellvertretenden Vorsitzenden vertreten werden. Artikel 3 Mitgliedschaft ... 1.2 Die Mitgliedschaft in Nordrhein-Westfalen kann in einer der folgenden Formen erworben werden: - Mitgliedschaft mit Verbandstarifbindung (Mitglied T) - oder Mitgliedschaft ohne Verbandstarifbindung (Mitglied oT) 1.3 Die Mitgliedschaft T bzw. oT können alle Unternehmen und Unternehmungen (natürliche und juristische Personen) erwerben, die innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen eine industrielle Niederlassung unterhalten oder Arbeitnehmer beschäftigen. Für die Mitglieder mit Verbandstarifbindung ist der sozial politische Ausschuss gemäß Artikel 9 Ziffer 2 der Satzung ermächtigt, mit den Gewerkschaften über Tarif- und sonstige Vereinbarungen zu verhandeln und diese abzuschließen. Die Mitglieder ohne Verbandstarifbindung werden von den Verbandstarifen nicht erfasst. 2. Der Antrag zur Mitgliedschaft ist an die Geschäftsstelle zu richten. Der Vorsitzende und der Hauptgeschäftsführer entscheiden bindend über die Aufnahme. 3. Der Antragsteller muss ordnungsgemäß alle Auskünfte erteilen, die notwendig sind, um über einen Aufnahmeantrag entscheiden zu können. Artikel 5 Beendigung der Mitgliedschaft 1. Jedes Mitglied kann aus dem Fachverband zum Ende eines Geschäftsjahres ausscheiden, wenn es drei Monate vor Beendigung des Geschäftsjahres seinen Austritt durch einen eingeschriebenen Brief erklärt hat. 2. Die Mitgliedschaft endet, wenn nach Ansicht des Vorstandes die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft nicht mehr erfüllt werden. 3. Ein Mitglied kann durch den Vorstand ausgeschlossen werden a) bei grober Verletzung der Vereinssatzung b) bei Nichtzahlung der Beiträge trotz wiederholter Mahnungen c) bei Missbrauch oder versuchtem Missbrauch des Fachverbandes zu verbandsfremden Zwecken. Artikel 10 Der Hauptgeschäftsführer 1. Der Hauptgeschäftsführer wird vom Vorstand bestellt. Er hat die laufenden Geschäfte des Fachverbandes ordnungsgemäß und unparteiisch zu erledigen. Er ist beauftragt und ermächtigt, den Verband gemeinsam mit dem Vorsitzenden und dem ersten stellvertretenden Vorsitzenden zu vertreten. ... 4. Der Hauptgeschäftsführer hat hinsichtlich der ihm zugewiesenen Aufgaben Vertretungsmacht im Sinne des § 30 BGB. Seine Anstellungsverhältnisse werden vom Vorsitzenden und ersten stellvertretenden Vorsitzenden geregelt. In der Vergangenheit wandte die Beklagte die Tarifverträge für die Polster- und Matratzenindustrie NRW für alle Arbeitnehmer unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit an. Unter dem 05.11.2003 schloss die Beklagte mit der IG Metall - Bezirksleitung NRW - einen Ergänzungstarifvertrag zur Standort- und Beschäftigungssicherung, nach dem die Arbeitnehmer auf einen Teil der tariflichen Sonderzahlung für das Jahr 2003 gegen eine Beschäftigungssicherung bei einer Laufzeit bis zum 31.10.2008 verzichteten. Wegen der Einzelheiten dieses Ergänzungstarifvertrages wird auf Bl. 114 bis 115 d. GA Bezug genommen. Mit Schreiben vom 03.02.2004 (Bl. 50 d. GA) bevollmächtigte der Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagten, N1xxxxx T1xxxxxxx, Herrn F2xxx T1xxxxxxx, alle erforderlichen Erklärungen zur Beendigung der bestehenden Tarifvereinbarungen beim Fachverband Herford abzugeben. Mit Schreiben vom 24.02.2004 (Bl. 19 d. GA) beantragte F2xxx T1xxxxxxx für die Beklagte beim Verband der Deutschen Polstermöbelindustrie e.V. z.Hd. des Hauptgeschäftsführers die OT-Mitgliedschaft. Der Hauptgeschäftsführer dieses Verbandes bestätigte mit Vermerk vom 26.02.2004 (Bl. 19 d. GA), dass die Beklagte seit dem 26.02.2004 OT-Mitglied des Verbandes der Deutschen Polstermöbelindustrie sei. Bereits am 25.01.2004 teilte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Polstermöbelindustrie, Dr. H5xxxxx, der Beklagten per E-Mail (Bl. 59 d. GA) mit, dass der Verband bei einer Vereinbarung des Wechsels der Mitgliedschaft mit Tarifbindung in eine OT-Mitgliedschaft gemäß Artikel 10 Ziffer 4 durch den Hauptgeschäftsführer vertreten werde. Am 10.05.2004 erzielte die IG Metall mit dem Verband der Polstermöbelindustrie NRW eine Einigung über die Erhöhung der Tariflöhne und Gehälter, die u.a. eine Anhebung der Löhne und Gehälter ab dem 01.05.2004 um 1,5 % und ab dem 01.05.2005 um weitere 1,5 % sowie für März und April 2004 eine einmalige Zahlung von jeweils 40,00 € vorsieht. An dieser Tarifverhandlung nahm auch die Beklagte als Vertreterin der Arbeitgeberseite teil. Der Manteltarifvertrag sowie der Tarifvertrag zur stufenweisen Einführung eines Teils des 13. Monatseinkommens wurden zum 31.12.2004 gekündigt. Die Beklagte zahlte an ihre Mitarbeiter die in den Tarifverhandlungen vereinbarten einmaligen Zahlungen für März und April 2004 und verhandelte am 03.06.2004 in Düsseldorf mit der IG Metall über abweichende Regelungen von dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag für die Polstermöbel- und Matratzenindustrie NRW, ohne dass eine Einigung erzielt werden konnte. Mitte 2004 geriet die Beklagte, die sich bereits seit Jahren in einer wirtschaftlich schwierigen Lage befindet und in der Vergangenheit Personal abbauen musste, in eine den Fortbestand der Firma bedrohende Situation und beauftragte daraufhin die "Unity AG", eine Unternehmensberatung aus Büren, mit der Erstellung eines Sanierungsplans. Dieser wurde am 16.06.2004 bei der Beklagten vorgestellt und umfasste im Wesentlichen vier Maßnahmen, nämlich

1. die gesellschaftsrechtliche Trennung der Firmen S6xxxx-M7xxxxxxxx GmbH & Co. KG und T3xxx V1xxxxxxxxxxx P3xxxxxxxxxx GmbH 2. Zurverfügungstellung von zusätzlichem Eigenkapital durch die Gesellschaftergruppen S10xxxxxxxx und T1xxxxxxx 3. Gehaltsverzicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von 20 % 4. Bereitstellung zusätzlicher Kreditmittel durch die kreditierende Volksbank Lippstadt eG. Mit Schreiben vom 16.06.2004 (Bl. 78 d. GA) stimmte die kreditierende Volksbank Lippstadt eG diesem Sanierungskonzept mit folgender Maßgabe zu: "Voraussetzung für die Aufstockung unseres Kreditengagements ist hierbei jedoch, dass alle Beteiligten - wie vorstehend beschrieben - ihren Beitrag definitiv leisten. Diese Entscheidungen bzw. Gespräche müssen bis zum 30.06.2004 abgeschlossen sein bzw. vorliegen. Die Frage der abschließenden Besicherung unseres Kreditengagements werden wir in diesem Zusammenhang separat verhandeln." In der Folgezeit fanden im Betrieb der Beklagten Einzelgespräche, Abteilungsversammlungen und Betriebsversammlungen statt, in denen die Mitarbeiter aufgefordert wurden, eine Erklärung zu unterzeichnen, wonach auf 20 % der Arbeitsvergütung für einen bestimmten Zeitraum verzichtet werde. Letztendlich konnte mit der Volksbank Lippstadt eG eine Verlängerung der Frist zur Erfüllung der Auflagen bis zum 20.07.2004 erreicht werden. Unter dem 07.07.2004 (Bl. 36 d. GA) richtete die Geschäftsleitung der Beklagten folgendes Schreiben an alle Mitarbeiter, u. a. auch an die Klägerin: "Wie Sie schon in persönlichen Gesprächen mit uns erfahren haben, ist ein Lohn- und Gehaltsverzicht in Höhe von 20 %, wie in der beiliegenden Änderungsvereinbarung zu Ihrem Arbeitsvertrag erklärt, aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und der Forderung der Bank unumgänglich. Wir weisen an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass bei Nichtunterzeichnung dieser Vereinbarung angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens mit einem kurzfristigen Verlust des Arbeitsplatzes gerechnet werden muss. Wir bitten Sie, uns Ihre persönliche Entscheidung bis zum 12.07.2004 mitzuteilen und die unterzeichnete Änderungsvereinbarung bei Ihrem Abteilungsleiter ... abzugeben. ..." Nachdem die Klägerin zunächst den Änderungsvertrag nicht unterzeichnet hatte, kam es zu mehreren Gesprächen mit dem Mitarbeiter F2xxx T1xxxxxxx und dem Betriebsleiter S8xxxxxxxxx, deren genauer Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Im Anschluss an das Gespräch vom 20.07.2004 unterzeichnete die Klägerin eine Vereinbarung, die einen auf drei Jahre befristeten Verzicht auf 20 % ihres jeweiligen durchschnittlichen Gesamtlohns inklusive Zulagen, Gratifikationen etc. beinhaltet. Wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf Bl. 4, 5 d. GA Bezug genommen. Seit September 2004 zahlt die Beklagte u.a. an die Klägerin unter Berufung auf die Vereinbarung vom 20.07.2004 Bezüge, die 20 % unter den jeweils gültigen tariflichen Leistungen liegen. Mit der am 04.11.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 09.11.2004 zugestellten Klageschrift vom 03.11.2004 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Anfechtung dieser Vereinbarung wegen widerrechtlicher Drohung. Mit Schriftsatz vom 12.11.2004, beim Arbeitsgericht eingegangen am 17.11.2004, wies die Beklagte über ihren Prozessbevollmächtigten die Anfechtungserklärung wegen fehlender Originalvollmacht zurück. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Änderungsvereinbarung verstoße gegen den zwingend geltenden Tarifvertrag und sei bereits deshalb unwirksam. Denn die Beklagte sei noch immer Mitglied mit Tarifbindung des Verbandes der Polstermöbelindustrie. Etwas anderes folge auch nicht aus der Bestätigung der Mitgliedschaft ohne Tarifbindung durch den Hauptgeschäftsführer dieses Verbandes vom 26.02.2004, weil dieser für eine Änderung der Art der Mitgliedschaft nach der Verbandssatzung nicht zuständig gewesen sei. Darüber hinaus sei ein "Blitzaustritt aus dem Arbeitgeberverband", mit dem eine Flucht vor einem Tarifabschluss bezweckt werde, nur durch eine Kündigung aus wichtigem Grund möglich. Außerdem hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die Vereinbarung vom 20.07.2004 sei wirksam wegen einer rechtswidrigen Drohung angefochten worden. Zur Begründung der Wirksamkeit der Anfechtung hat die Klägerin insbesondere behauptet, nach dem 07.07.2004 habe ihr der Betriebsleiter S9xxxxxxxx erklärt: "Wenn Sie nicht bereit sind zu unterschreiben, dann müssen wir Ihr Arbeitsverhältnis kündigen und eine andere bereits zur Kündigung vorgesehene Mitarbeiterin bekäme dann von uns dieses Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses." Außerdem habe der Betriebsleiter S8xxxxxxxxx ihr am 20.07.2004 gegen 07:30 Uhr erklärt: "Wenn die Vereinbarung nicht bis 09:00 Uhr unterschrieben ist, dann wird mittags die Firma dicht gemacht; überlegt es euch gut oder wollt ihr schuld sein, dass alle Mitarbeiter gehen müssen". Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.756,74 € brutto zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.527,27 € seit dem 01.01.2005, aus weiteren 659,17 € seit dem 01.03.2005 und aus 570,30 € seit dem 01.04.2005. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, sie sei im Zeitpunkt des Abschlusses der Verzichtsvereinbarung am 20.07.2004 nicht mehr tarifgebundenes Mitglied des Verbandes der Polstermöbelindustrie gewesen, weil sie seit dem 26.02.2004 mit Zustimmung dieses Verbandes, der wirksam durch den Hauptgeschäftsführer vertreten worden sei, nur noch OT-Mitglied dieses Verbandes sei. Ein Verbandsaustritt liege entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor, weil sie lediglich die Art der Mitgliedschaft im Einvernehmen mit dem Verband gewechselt habe. Im Übrigen stelle die lange Kündigungsfrist für einen Austritt aus dem Arbeitgeberverband einen Verstoß gegen die durch Artikel 9 des Grundgesetzes geschützte Koalitionsfreiheit dar. Da ab Ende Februar 2004 - mit Ausnahme möglicher Nachwirkung oder Nachbindung - keine beiderseitige Tarifbindung mehr bestanden habe, stelle die Änderungsvereinbarung vom 20.07.2004 eine andere Abmachung im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG dar. Außerdem hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass die Änderungsvereinbarung vom 20.07.2004 mangels einer rechtswidrigen Drohung auch nicht wegen der erklärten Anfechtung unwirksam sei. Denn alle von der Klägerin bis zum 19.07.2004 behaupteten Erklärungen seien am 20.07.2004 nicht mehr existent gewesen. Am 20.07.2004 habe der Betriebsleiter S8xxxxxxxxx die von der Klägerin behauptete Erklärung nicht abgegeben. Im Übrigen habe er nicht in ihrem Auftrag, sondern als Mitarbeiter gehandelt mit der Folge, dass diese Äußerung, selbst wenn sie gefallen sei, ihr nicht zugerechnet werden könne. Schließlich habe sie vor der Unterzeichnung der Änderungsvereinbarung durch die Klägerin lediglich zum Ausdruck gebracht, dass für den Fall, dass die Sanierungsbemühungen scheiterten, die Kreditlinie seitens der Volksbank Lippstadt eG gekündigt werde, was unausweichlich den Insolvenzantrag zur Folge gehabt hätte. Da wegen der schwierigen Situation der Polstermöbelindustrie von einer Betriebsfortführung durch einen Erwerber nicht auszugehen gewesen sei, hätte bei einem Scheitern des Sanierungskonzepts das Insolvenzverfahren eröffnet werden müssen. In diesem Fall sei mit einer Betriebsstilllegung und Kündigung der Arbeitsverhältnisse durch den Insolvenzverwalter mit der kurzen Kündigungsfrist zu rechnen gewesen, so dass sie nur die tatsächlich bestehende Gefahrenlage dargestellt habe. Es sei zwar zutreffend, dass am 20.07.2004 mit der kreditierenden Bank, der Volksbank Lippstadt eG, eine Erweiterung der Kreditlinie vereinbart worden sei, obwohl nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Verzichtsvereinbarung unterzeichnet hätten. Sie habe jedoch nach dem Schreiben der Volksbank Lippstadt eG vom 16.06.2004 und den geführten Verhandlungen davon ausgehen müssen, dass die Unterzeichnung der Änderungsvereinbarungen durch alle Mitarbeiter zwingende Voraussetzung für die Erweiterung der Kreditlinie sei. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.04.2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 sei nicht nach § 134 BGB i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 3, § 3 Abs. 3 TVG unwirksam, weil die Beklagte mit Zustimmung des Verbandes der Polstermöbelindustrie mit Wirkung zum 26.02.2004 Mitglied dieses Verbandes ohne Tarifbindung geworden sei. Für diese einvernehmliche Änderung der Mitgliedschaftsform sei nach Artikel 10 Abs. 1 und 4 der Verbandssatzung der Hauptgeschäftsführer zuständig gewesen. Denn insoweit handele es sich um eine heute übliche Form der Verbandsmitgliedschaft, so dass die Zustimmung zu einem Wechsel von der Mitgliedschaft mit Tarifbindung in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung ein "laufendes Geschäft" sei, das in die Zuständigkeit des Hauptgeschäftsführers des Verbandes der Polstermöbelindustrie falle, der als besonderer Vertreter i.S.d. § 30 BGB gehandelt habe. Im Übrigen habe die Beklagte aufgrund der E-Mail des Hauptgeschäftsführers des Verbandes der Polstermöbelindustrie vom 25.01.2004 darauf vertrauen dürfen, dass dieser für den Abschluss der Vereinbarung über den Wechsel der Mitgliedschaftsform zuständig sei: Denn er habe sie in dieser E-Mail ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Verband bei einer derartigen Vereinbarung durch ihn nach Artikel 10 Abs. 4 der Verbandssatzung vertreten werde. Die Vereinbarung vom 20.07.2004 sei auch nicht wegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erklärten Anfechtung wegen rechtswidriger Drohung im Sinne des § 123 BGB unwirksam. Denn zum einen habe die Beklagte die Anfechtungserklärung unverzüglich nach § 174 BGB wegen fehlender Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurückgewiesen. Zum anderen sei die Klägerin zum Abschluss dieser Vereinbarung nicht durch eine rechtswidrige Drohung im Sinne des § 123 BGB veranlasst worden, da die Beklagte aufgrund des Schreibens der Volksbank Lippstadt eG vom 16.06.2004 damit habe rechnen müssen, dass die Unterzeichnung der Änderungsvereinbarung durch alle Mitarbeiter für die Erweiterung der Kreditlinie zwingend erforderlich gewesen sei. Dementsprechend sei die Drohung mit einer Kündigung für den Fall des Scheiterns des Sanierungskonzepts wegen der besonderen Situation der Beklagten jedenfalls nicht rechtswidrig gewesen. Gegen das am 15.04.2005 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin am 06.05.2005 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.07.2005 - am 13.07.2005 begründet. Die Klägerin vertritt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die Ansicht, dass die Beklagte im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung tarifgebundenes Mitglied des Verbandes der Polstermöbelindustrie gewesen sei. Denn der sofortige Wechsel von der Mitgliedschaft mit Tarifbindung in die sog. OT-Mitgliedschaft sei kein "laufendes Geschäft", so dass für dessen Abschluss der Hauptgeschäftführer des Verbandes der Polstermöbelindustrie nach Artikel 10 Abs. 4 der Verbandssatzung nicht zuständig gewesen sei. Da der gute Glaube an die Vertretungsmacht nicht geschützt werde, könne sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Polstermöbelindustrie ihr mit der E-Mail vom 25.01.2004 mitgeteilt habe, dass er für den Abschluss einer Vereinbarung mit dem Ziel des Wechsels der Mitgliedschaftsform zuständig sei. Darüber hinaus vertieft die Klägerin ihr Vorbringen zum Vorliegen einer rechtswidrigen Drohung unter Hinweis darauf, dass sie mit Schreiben vom 14.06.2005 erneut eine Anfechtung der Verzichtsvereinbarung nach § 123 BGB erklärt hat. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz die Klage um die unstreitigen Vergütungsdifferenzen für die Monate April und Juni 2005 mit dem Schriftsatz vom 16.08.2005 (Bl. 161 d. GA) und für den Monat August 2005 in der Berufungsverhandlung vom 27.09.2005 erweitert und beantragt nunmehr, 1. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamm vom 08.04.2005 die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.756,74 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus a. 1.527,27 € seit dem 01.01.2005 b. 659,17 € seit dem 01.03.2005 c. 570,30 € seit dem 01.04.2005 zu zahlen, 2. die Beklagte im Wege der Klageerweiterung zu verurteilen, an sie a. für April und Juni 2005 1.226,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2005 und b. für August 2005 708,20 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2005 zu zahlen. Die Beklagte stimmte der Klageerweiterung zu und beantragt, die Berufung insgesamt zurückzuweisen und die Klage auch in dem in der Berufungsinstanz erweiterten Umfang abzuweisen. Die Beklagte verteidigt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen das Urteil des Arbeitsgerichts. Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die auf die Sitzungsniederschrift der Berufungsverhandlung vom 27.09.2005 (Bl. 170 bis 172 d. GA) Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung ist begründet. I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO. II. Die Berufung ist auch begründet. Denn der Klägerin stehen die geltend gemachten Restvergütungsansprüche, deren Höhe zwischen den Parteien unstreitig ist, aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und den tariflichen Bestimmungen der Polstermöbel- und Matratzenindustrie zu. 1. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte seit September 2004 an die Klägerin entsprechend der Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 Zahlungen leistet, die 20 % unter den tariflichen Leistungen nach den Tarifverträgen für die Polstermöbelindustrie liegen. Die Höhe der von der Klägerin für die Zeit von September 2004 bis einschließlich März 2005 geltend gemachten Restvergütungsansprüche von insgesamt 2.756,74 € ist zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig, so dass die Begründetheit der Klageforderung ausschließlich von der Wirksamkeit der Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 abhängig ist. 2. Die Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 ist entgegen der Ansicht der Beklagten nach § 134 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1, 3 TVG unwirksam. a) Nach § 4 Abs. 1 TVG gelten die Rechtsnormen eines Tarifvertrages bei beiderseitiger Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien im Sinne des § 3 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend mit der Folge, dass eine Abweichung von den Rechtsnormen des Tarifvertrages zum Nachteil der Arbeitnehmer beim Fehlen einer tariflichen Öffnungsklausel nach § 4 Abs. 3 TVG unzulässig ist. b) Die Klägerin ist seit dem 01.07.2004 Mitglied der IG Metall, die für Tarifabschlüsse mit dem Verband der Polstermöbelindustrie zuständig ist, so dass sie im Zeitpunkt des Abschlusses der Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 tarifgebunden im Sinne des § 3 Abs. 1 TVG war. Die Beklagte war unstreitig jedenfalls bis zum 26.02.2004 tarifgebundenes Mitglied im Verband der Polstermöbelindustrie. Soweit die Klägerin die Klage auf die unzulässigen Kürzungen des Urlaubsgeldes und der Sonderzuwendung im September 2004 in Höhe von 205,33 € und im Dezember 2004 in Höhe von 162,37 € stützt, ist die Klage auch dann begründet, wenn die Beklagte seit dem 26.02.2004 nur noch ein OT-Mitglied des Verbandes der Polstermöbelindustrie und als solches an die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Tarifverträge nicht mehr gebunden wäre. Das zusätzliche Urlaubsgeld ist in § 6 des Manteltarifvertrages und die zusätzliche Sonderzuwendung im Tarifvertrag zur stufenweisen Einführung eines Teils des 13. Monatseinkommens (im Folgenden Sonderzuwendungstarifvertrag) geregelt. Beide Tarifverträge sind erst zum 31.12.2004 gekündigt worden, so dass die Beklagte an diese Tarifverträge im Zeitpunkt des Abschlusses der Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 jedenfalls aufgrund der durch § 3 Abs. 3 TVG angeordneten Nachbindung gebunden war. Denn nach dieser Bestimmung bleibt die Tarifbindung auch beim Austritt aus dem Arbeitgeberverband für die vereinbarte Geltungsdauer des Tarifvertrages bestehen mit der Folge, dass der Tarifvertrag unmittelbar und zwingend gilt (BAG, Urteil vom 27.11.2002 - 4 AZR 540/01, NZA 2003, 1278; Urteil vom 07.11.2001 - 4 AZR 703/00, NZA 2002, 748). Dementsprechend war die Beklagte auch bei der Annahme der OT-Mitgliedschaft ab dem 26.02.2004 an den Manteltarifvertrag und den Sonderzuwendungstarifvertrag aufgrund der Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG gebunden, so dass die Kürzung dieser Sonderzahlungen nach § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1, 3 und § 3 Abs. 3 TVG unzulässig ist. c) Die Klage ist auch insoweit begründet, als die Klägerin die Restvergütungsansprüche für September 2004 bis August 2005 geltend macht. Denn die Verzichtsvereinbarung ist auch insoweit nach § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1, 3 TVG unwirksam, weil sie zum Nachteil der Klägerin von dem Lohntarifvertrag vom 10.05.2004 abweicht. aa) Die Beklagte war entgegen ihrer Ansicht auch noch im Zeitpunkt des Abschlusses des Lohntarifvertrages für die Polstermöbel- und Matratzenindustrie vom 10.05.2004 tarifgebundenes Mitglied des Verbandes der Polstermöbelindustrie, so dass dieser Tarifvertrag gemäß § 4 Abs. 1, 3 TVG im Zeitpunkt des Abschlusses der Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 gemäß § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend zwischen den Parteien galt. Eine Abweichung davon zu Lasten der Klägerin war deshalb nach § 4 Abs. 3 TVG unzulässig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Polstermöbelindustrie unterzeichneten Bestätigung vom 26.02.2004, nach der die Beklagte seit dem 26.02.2004 OT-Mitglied des Verbandes der Polstermöbelindustrie sei. bb) Ob die Vereinbarung einer OT-Mitgliedschaft zulässig ist und den Ausschluss der Bindung an die von dem zuständigen Arbeitgeberverband abgeschlossenen Tarifverträge zur Folge hat, ist zwar umstritten (dafür LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.02.1995 - 10 Sa 1092/94, NZA 1995, 800; Weidemann/Oetker, Kommentar zum TVG, 6. Aufl., § 3 TVG Rdnr. 102; Löwisch/Rieble, Kommentar zum TVG, 2. Auflage, § 2 TVG Rdnr. 88; Otto NZA 1996, 624 ff.; Buchner NZA 1996, 761 ff.; dagegen z. B. Däubler/Lorenz, Kommentar zum TVG, 1. Aufl., § 3 TVG Rdnr. 36 ff.; Kempen/Zachert, Kommentar zum TVG, 3. Aufl., § 2 TVG Rdnr. 90; Däubler NZA 1996, 225, 230 ff.; Berg AuR 2001, 393 ff.; krit. auch Schaub BB 1994, 15 ff.). Dieser Meinungsstreit kann aber vorliegend offen bleiben. Denn die Beklagte war nach Ansicht der erkennenden Kammer im Zeitpunkt des Abschlusses der Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 nicht OT-Mitglied, sondern weiterhin tarifgebundenes Mitglied des Verbandes der Polstermöbelindustrie. (1) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist ihre Mitgliedschaft mit Tarifbindung nicht in eine OT-Mitgliedschaft aufgrund einer einvernehmlichen Vereinbarung mit dem Verband der Polstermöbelindustrie mit Wirkung zum 26.02.2004 umgewandelt worden. Denn es liegt keine wirksame Vereinbarung der OT-Mitgliedschaft mit Wirkung zum 26.02.2004 vor. (a) Ob der Wechsel von einer Mitgliedschaft mit Tarifbindung in eine OT-Mitgliedschaft ohne Einhaltung der satzungsgemäßen Kündigungsfrist aufgrund einer einvernehmlichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeberverband beim Fehlen einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung des Arbeitgeberverbandes aufgrund der Vereinsfreiheit ohne weiteres zulässig ist (so z.B. Löwisch/Rieble § 3 TVG Rdnr. 59 ff.; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 5. Auflage = ErfK/Schaub § 3 TVG Rdnr. 12; Rieble ZfA 1998, 41 ff.; Däubler/Lorenz § 3 TVG Rdnr. 49) oder ob dafür im Hinblick auf die durch Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit der zuständigen Gewerkschaft zumindest ein wichtiger Grund erforderlich ist (dafür z.B. ArbG Berlin, Urteil vom 08.05.2003 - 96 Ca 596/03, DB 2003, 1518; ArbG Freiburg, AiB 1996, 687) kann dahin gestellt bleiben (ausführlich dazu Plander NZA 2005, 897 ff.; Oetker ZfA 1998, 41 ff.; jeweils mit Meinungsübersicht). Denn der einvernehmliche Wechsel von einer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband mit Tarifbindung in eine OT-Mitgliedschaft ohne Einhaltung der Kündigungsfrist führt auch bei Annahme der grundsätzlichen Zulässigkeit einer derartigen Vereinbarung nur dann zur Entstehung einer OT-Mitgliedschaft, wenn die Vereinbarung mit dem nach der Verbandssatzung zuständigen Vertreter getroffen worden ist. Daran fehlt es vorliegend. Denn der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Polstermöbelindustrie war zur Abgabe einer solchen Zustimmungserklärung nach § 10 Abs. 1, 4 der Verbandssatzung allein nicht berechtigt. (b) Nach Art. 1 Nr. 4 der Satzung des Verbandes der Polstermöbelindustrie wird der Verband durch den Vorsitzenden und den Hauptgeschäftsführer gemeinsam im Sinne des § 26 BGB gesetzlich vertreten. Nach Art. 3 Abs. 3 der Verbandssatzung entscheiden der Vorsitzende und der Hauptgeschäftsführer auch gemeinsam über die Aufnahme eines Arbeitgebers in den Verband der Polstermöbelindustrie. Da die Mitgliedschaft in dem Verband der Polstermöbelindustrie nach Art. 3 Ziffer 1.2. der Verbandssatzung in zwei völlig verschiedenen Formen, nämlich mit und ohne Tarifbindung erworben werden kann, könnte auch deren Begründung und Beendigung jeweils gesondert nach Maßgabe der Art. 3 und 5 der Verbandssatzung zu beurteilen sein. Denn eine besondere Regelung über den Wechsel der Mitgliedschaftsform enthält die Verbandssatzung des Verbandes der Polstermöbelindustrie nicht, so dass für die einvernehmliche Beendigung der einen Mitgliedschaftsform Art. 5 und für die Begründung der neuen Mitgliedschaftsform Art. 3 der Verbandssatzung maßgeblich sein könnten (so Löwisch/Rieble § 3 TVG Rdnr. 52). Ob deshalb bereits unmittelbar aus diesen Bestimmungen folgt, dass der Vorsitzende und der Hauptgeschäftsführer nur gemeinsam auch über den einvernehmlichen Wechsel der Mitgliedschaftsform entscheiden können, so dass der Hauptgeschäftsführer allein schon aus diesem Grunde zur Abgabe der Zustimmungserklärung für den Verband der Polstermöbelindustrie nicht berechtigt war, kann dahin gestellt bleiben. Denn ein Alleinvertretungsrecht steht dem Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Polstermöbelindustrie nach Art. 10 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 der Verbandssatzung nur bei den laufenden Geschäften des Verbandes zu. Die alleinige Vertretungsbefugnis des Hauptgeschäftsführers als eines besonderen Vertreters des Verbandes der Polstermöbelindustrie ist demnach nach der Verbandssatzung entsprechend § 30 S. 2 BGB auf einen begrenzten Geschäftskreis beschränkt, während die gemeinsame Vertretungsbefugnis des Vorsitzenden und des Hauptgeschäftsführers nach Art. 1 Ziff. 4 der Verbandssatzung umfassend ist. Zu dem begrenzten Geschäftskreis der laufenden Geschäfte des Verbandes, für die der Hauptgeschäftsführer Alleinvertretungsrecht hat, gehört die Zustimmung zum einvernehmlichen Wechsel von einer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband mit Tarifbindung in eine OT-Mitgliedschaft ohne Einhaltung der Kündigungsfrist während der laufenden Tarifverhandlungen nicht. (aa) Die Satzung des Verbandes der Polstermöbelindustrie enthält keine Konkretisierung des Begriffs der Geschäfte der laufenden Verwaltung, für die dem Hauptgeschäftsführer die Alleinvertretungsbefugnis zusteht, sondern wiederholt insoweit nur den Wortlaut des § 30 S.2 BGB. Danach erstreckt sich die Vertretungsmacht eines durch eine Vereinssatzung bestellten besonderen Vertreters im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt (BAG, Urteil vom 18.01.1990 - 2 AZR 358/89, NZA 1990, 552). Bei den insoweit vergleichbaren Vorschriften der öffentlichen Körperschaften, die bei der Regelung der Vertretungsmacht auf die "Geschäfte der laufenden Verwaltung" abstellen, werden darunter Geschäfte verstanden, die in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und zugleich nach Größe, Umfang und Verwaltungstätigkeit sowie Finanzkraft der Gemeinde von sachlich geringerer Bedeutung sind bzw. die weder nach der grundsätzlichen Seite noch für den Haushalt von erheblicher Bedeutung sind und zu den normalerweise anfallenden Geschäften gehören. Danach kommt es wesentlich auf die sachliche Bedeutung des Geschäfts für die Körperschaft und seine Häufigkeit an. Selten vorkommende und außergewöhnliche Geschäfte fallen nicht darunter (BAG, Urteil vom 28.02.1991 - 2 AZR 335/90, Juris; Urteil vom 09.11.1993 - 3 AZR 302/93, Juris). Bei Übertragung dieser Grundsätze auf die Satzung des Verbandes der Polstermöbelindustrie stellt die Zustimmung zu einer sofortigen Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung und Begründung einer OT-Mitgliedschaft kein laufendes Geschäft dar. (bb) Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die OT-Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband in der Praxis weit verbreitet ist. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Zustimmung zu einem Wechsel von der Mitgliedschaft mit Tarifbindung in eine OT-Mitgliedschaft ohne Einhaltung der Kündigungsfrist während laufender Tarifverhandlungen ein laufendes Geschäft i.S.d. Art. 10 Abs. 1 der Verbandssatzung ist. Denn die weite Verbreitung dieser Mitgliedschaftsform besagt nichts darüber, wie diese Mitgliedschaftsform nach der Satzung des jeweiligen Arbeitgeberverbandes erworben werden kann. Vielmehr zeigen Art. 3 und 5 der Satzung des Verbandes der Polstermöbelindustrie, dass die Fragen der Mitgliedschaft in diesem Verband der Entscheidungsbefugnis des Vorsitzenden und des Hauptgeschäftsführers bzw. des Vorstandes vorbehalten sind. Würde die Beklagte die Mitgliedschaftsform durch eine einseitige Erklärung gegenüber dem Verband wechseln, müsste sie mangels einer Regelung des Wechsels der Mitgliedschaftsform durch die Verbandssatzung die Mitgliedschaft mit Tarifbindung nach Art. 5 Abs. 1 der Satzung kündigen und einen Antrag auf Aufnahme als OT-Mitglied stellen, über den der Vorsitzende und der Hauptgeschäftsführer gemeinsam nach Art. 3 Nr. 2 der Verbandssatzung zu entscheiden hätten (vgl. zu dieser Problematik Däubler/Lorenz § 3 TVG Rdnr. 49; Löwisch/Rieble § 3 TVG Rdnr. 52; Oetker ZfA 1998, 41, 51 f.). Denn einen anderen Weg der Begründung der Mitgliedschaft sieht die Satzung des Verbandes der Polstermöbelindustrie nicht vor. Da die Zulässigkeit der einvernehmlichen Regelung der sofortigen Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung gerade wegen der damit regelmäßig bezweckten "Flucht" vor einem bevorstehenden Tarifabschluss umstritten ist (vgl. dazu oben unter II. 2. c) bb) und Meinungsübersicht bei Plander NZA 2005, 897 ff.), das Ansehen des Arbeitgeberverbandes bei der Erteilung einer Zustimmung zur sofortigen Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung jedenfalls bei der für den Tarifabschluss zuständigen Gewerkschaft, die ein Interesse an einer möglichst weiten Verbreitung der Tarifverträge hat, beeinträchtigt werden kann und auch die Arbeitgeberverbände sowie die tarifgebundenen Mitgliedsfirmen ein Interesse an einem möglichst mitgliedsstarken Arbeitgeberverband als Tarifpartei haben (vgl. Buchner NZA 1995, 761, 764), hat die Zustimmung zu einem einvernehmlichen Wechsel von der Mitgliedschaft mit Tarifbindung zu einer OT-Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung während laufender Tarifverhandlungen eine erhebliche koalitionsrechtliche Bedeutung. Unter Berücksichtigung von Art. 3 und 5 der Verbandssatzung, die den Erwerb und die Beendigung der Mitgliedschaft ohne Differenzierung nach der Form der Mitgliedschaft regeln, sowie der erheblichen koalitionsrechtlichen Bedeutung der sofortigen Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung während laufender Tarifverhandlungen stellt die Zustimmung dazu kein laufendes Geschäft im Sinne des Art. 10 Abs. 1 der Satzung des Verbandes der Polstermöbelindustrie dar, so dass der Hauptgeschäftsführer dieses Verbandes insoweit kein Alleinvertretungsrecht hatte. Die von ihm erteilte Zustimmung war demnach wegen fehlender Vollmacht schwebend unwirksam (Löwisch/Rieble § 3 TVG Rdnr. 64). Dass der Verband der Polstermöbelindustrie den einvernehmlichen Wechsel der Mitgliedschaftsform nachträglich, aber noch vor Abschluss des neuen Lohntarifvertrages vom 10.05.2004 entsprechend § 177 BGB genehmigt hat, trägt die Beklagte selbst nicht vor. Nach Abschluss des Lohntarifvertrages vom 10.05.2004 war eine Genehmigung der einvernehmlichen Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung nicht mehr möglich, weil die die Tarifbindung legitimierende Mitgliedschaft in einer tariffähigen Koalition nicht von einer rückwirkenden Genehmigung abhängen kann. Vielmehr muss die Tarifbindung im Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages feststehen (BAG, Urteil vom 20.11.2000 - 4 AZR 688/99, NZA 2001, 980; Löwisch/Rieble § 3 TVG Rdnr. 64; Plander NZA 2005, 897, 902; Oetker ZfA 1998, 41, 50 f.; jeweils m.w.N.). Die Beklagte war demnach auch noch im Zeitpunkt des Abschlusses der Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 tarifgebundenes Mitglied des Verbandes der Polstermöbelindustrie. (cc) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes. Denn zum einen reichen für die Begründung des Vertrauensschutzes das Handeln des Vertreters unter Berufung auf das Bestehen der Vertretungsmacht und der gute Glaube des Erklärungsempfängers auf den Bestand der Vertretungsmacht allein nicht aus. Vielmehr müssen insoweit besondere Umstände hinzukommen, die die Annahme des Vertrauensschutzes des Erklärungsempfängers rechtfertigen (BGH, Urteil vom 11.07.2003 - V ZR 530/02, BGHReport 2003, 1256 m.w.N.). Dies gilt vorliegend umso mehr, als sich der Umfang der Vertretungsmacht des Hauptgeschäftsführers des Verbandes der Polstermöbelindustrie aus Art. 10 Abs. 1, 3 der Verbandssatzung ergab. Zum anderen führt das schutzwürdige Vertrauen auf das Bestehen der Vertretungsmacht lediglich dazu, dass sich der Vertragspartner auf das Fehlen der Vertretungsmacht nach den Grundsätzen der Rechtsscheinshaftung nicht berufen kann (BGH, a.a.O.; BGH, Urteil vom 14.06.2004 - II ZR 407/02, WM 2004, 1536). Dies mag zwar vorliegend dazu führen, dass der Verband der Polstermöbelindustrie sich auf das Fortbestehen der Mitgliedschaft mit Tarifbindung nicht berufen kann, hat aber auf das Bestehen der Tarifbindung der Beklagten nach § 3 Abs. 1 TVG keinen Einfluss. Denn Vertrauensgesichtspunkte wirken nur im Verhältnis zu den Personen, die den zurechenbaren Vertrauenstatbestand geschaffen haben, nicht aber im Verhältnis zu unbeteiligten Dritten, zumal die Haftungsvorschrift des § 31 BGB dem Vertrauensschutz der Beklagtenhinreichend Rechnung trägt. Hinzu kommt vorliegend, dass die Beklagte noch am 10.05.2004 an der Sitzung der Tarifkommission der Polstermöbelindustrie als Arbeitgebervertreter im Rahmen der Tarifverhandlungen, die zum Abschluss des Lohntarifvertrages geführt haben, teilgenommen hat und anschließend auch noch am 03.06.2004 in Düsseldorf Verhandlungen mit der IG Metall über den Abschluss eines von dem Verbandstarifvertrag abweichenden Firmentarifvertrages geführt hat, so dass fraglich ist, ob sie auf die Wirksamkeit der einvernehmlichen Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung überhaupt vertraut hat. (dd) Schließlich ergibt sich nichts anderes für die Annahme der Tarifbindung der Beklagten aus deren Berufung auf die Unwirksamkeit der Kündigungsfrist des Art. 5 Abs. 1 der Satzung des Verbandes der Polstermöbelindustrie. Denn zum einen hat die Beklagte noch in der Berufungsverhandlung erklärt, dass sie den Wechsel der Mitgliedschaftsform einvernehmlich, also nicht durch eine Kündigung bewirken wollte. Zum anderen würde die Annahme der Unwirksamkeit der Kündigungsfrist des Art. 5 Abs. 1 der Satzung des Verbandes der Polstermöbelindustrie dazu führen, dass die zu lange Kündigungsfrist auf das zulässige Maß zu reduzieren wäre (LAG Saarland, Urteil vom 22.10.2003 - 2 (1) Sa 43/03, Juris; LAG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.1996 - 16 (6) Sa 1457/95, LAGE Nr. 4 zu § 3 TVG; Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 3, 2. Aufl. = MünchArbR/Löwisch/Rieble § 245 Rdnr. 62; Däubler/Lorenz § 3 TVG Rdnr. 47; Oetker ZfA 1998, 41, 58 f.; a.A. Reize NZA 1999, 70, 72; jeweils m.w.N.), so dass die Beklagte an den Lohntarifvertrag vom 10.05.2004 bereits dann gebunden wäre, wenn sie eine Kündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten hätte, die auf jeden Fall zulässig ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22.09.1980 - II ZR 34/80, NJW 1981, 340; MünchArbR/Löwisch/Rieble § 245 Rdnr. 62; Däubler/Lorenz § 3 TVG Rdnr. 47: Kündigungsfrist von 6 Monaten zulässig). (2) Die Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004, die zum Nachteil der Klägerin auch von dem Lohntarifvertrag vom 10.05.2004 abweicht, ist somit aufgrund der beiderseitigen Tarifbindung der Parteien i.S.d. § 3 Abs. 1 TVG bereits nach § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1, 3 TVG nichtig. Da die Klage schon aus diesem Grund begründet ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Klägerin zum Abschluss der Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 entsprechend ihrem Vorbringen durch eine rechtswidrige Drohung i.S.d. § 123 BGB veranlasst wurde und die Verzichtsvereinbarung deshalb wegen der erklärten Anfechtung nach § 123 BGB gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist. d) Die in der Berufungsinstanz um die Restvergütungsansprüche für die Monate April und Juni in Höhe von 1.226,00 € sowie August 2005 in Höhe von 708,20 € erweiterte Klage, der die Beklagte nicht widersprochen hat, ist nach § 533 ZPO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässig und wegen der Unwirksamkeit der Verzichtsvereinbarung vom 20.07.2004 nach § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1, 3 TVG begründet. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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