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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.09.2003
Aktenzeichen: 19 Sa 993/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 242
ZPO § 233
1. Versäumt der Gläubiger die in einer einzelvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist enthaltene Frist zur gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruches ohne eigenes Verschulden, erlischt das Recht, selbst wenn die Handlung unverzüglich nach Kenntnis von der Fristversäumung nachgeholt wird.

2. Eine Wiedereinsetzung gemäß § 233 ZPO ist in solchen Fällen weder unmittelbar noch in analoger Anwendung dieser Vorschrift möglich.

3. Der Gläubiger hat die Einhaltung einer Ausschlussfrist darauf zu kontrollieren, ob trotz rechtzeitiger Absendung eines zur gerichtlichen Geltendmachung erforderlichen Antrages Umstände vorliegen, die eine Fristwahrung zweifelhaft erscheinen lassen. Hätte eine solche Kontrolle verhindert, dass wegen der falschen Übermittlung des Antrages durch die Post an den Schuldner die Frist versäumt wurde, kann sich der Gläubiger gegenüber einer Geltendmachung des Verfalls auch dann nicht auf eine unzulässige Rechtsausübung wegen Veranlassung seiner Untätigkeit durch den Schuldner berufen, wenn der Schuldner den Antrag weder an den Gläubiger zurücksendet noch an das Gericht weiterleitet.


Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

19 Sa 993/03

Verkündet am: 16.09.2003

In Sachen

hat die 19. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 16.09.2003 durch den Direktor des Arbeitsgerichts Henssen als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Lüke und Eichler

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 06. Mai 2003 - 2 Ca 2348/02 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Der Streitwert bleibt unverändert.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, Ausbildungskosten an die Klägerin zurückzuzahlen.

Die Klägerin führt ein Betrieb zur Prüfung von Kraftfahrzeugen. Der Beklagte war bei ihr seit dem 01. Februar 2001 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine ordentliche Kündigung des Beklagten vom 27. Dezember 2001 mit dem Ablauf des 30. Juni 2002. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 08. Januar 2001, der auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"§ 1

Beginn des Arbeitsverhältnisses

1. Das Arbeitsverhältnis beginnt mit dem Tag der durch die Landesaufsichtsbehörde mitgeteilten Prüffreigabe.

2. Der Arbeitsvertrag wird unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, dass der Arbeitnehmer die Prüfung zum Prüfingenieur vor der zuständigen Prüfungskommission besteht und die zuständige Aufsichtsbehörde dem Einsatz als Prüfingenieur zustimmt.

3. Wird die Ausbildung von dem Arbeitnehmer vorzeitig abgebrochen, werden die bereits verauslagten sowie die noch anfallenden Ausbildungskosten sofort fällig.

§ 2

Tätigkeit

1. Der Arbeitnehmer wird als Prüfingenieur sowie für Verwaltungstätigkeiten eingestellt.

...

§ 4

Vergütung

1. Die Vergütung wird in einer gesonderten Vereinbarung festgelegt.

...

§ 16

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1. Das Arbeitsverhältnis endet spätestens mit Beginn des Monats, für den der Arbeitnehmer Altersrente oder vergleichbare Leistungen beanspruchen kann.

2. Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungszeit von 6 Monaten jeweils zum Quartalsende gekündigt werden.

3. Die Kündigung bedarf der Schriftform.

4. Unberührt bleibt das Recht zur außerordentlichen Kündigung. Die außerordentliche Kündigung hat wesentliche Kündigungsgründe zu enthalten.

5. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer sämtliche im Eigentum der Arbeitgeberin stehenden Gegenstände an diese herauszugeben.

6. Wird das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder aus Gründen beendet, die der Arbeitnehmer zu vertreten hat, so sind die Aus- und Weiterbildungskosten - soweit sie die Arbeitgeberin getragen hat - der letzten fünf Jahre vor dem Ausscheiden nach folgender Staffelung von dem Arbeitnehmer zu erstatten:

Je verbleibenden Kalendermonat 1/60 der Ausbildungskosten.

Die Erstattungspflicht gilt insbesondere für von der Arbeitgeberin übernommene Ausbildungskosten sowie Fortbildungskosten zum Erwerb der Prüferberechtigung. Als Ausbildungskosten gelten insbesondere:

- Seminargebühren,

- betriebliche Ausbildungsvergütungen inkl. Lohnnebenkosten,

- interne Aufwendungen der Arbeitgeberin ( Abs. 7 ),

- Unterbringungskosten,

- Fahrtkosten zu den Seminaren,

- Kosten für Seminarunterlagen und sonstige Unterlagen,

- Nachschulungskosten.

Bei Nichtbestehen der abzulegenden 1. Prüfung wird dem Arbeitnehmer im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen / Prüfungsordnung die Möglichkeit gegeben, diese im 2. und 3. Versuch zu wiederholen. Sollte die Prüfung im 3. Versucht nicht mit Erfolg abgeschlossen werden, endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tag der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse. In diesem Fall wir die Rückzahlung der gesamten Ausbildungskosten, soweit die Arbeitgeberin diese getragen hat, zu 100 % sofort fällig.

7. Der Anspruch auf Rückzahlung der internen Aufwendungen der Arbeitgeberin orientiert sich an dem praktischen Ausbildungsplan, welcher in der Vollausbildung für die Durchführung der Untersuchungen nach §§ 29, 47a und 19 Abs. 3 Nr. 3 und 4 StVZO insgesamt 90 Tage vorschreibt. Die Aufwendungen für die ganztägige Betreuung des Arbeitnehmers sowie die Kosten für die Benutzung von Gräten und Materialien werden nach Aufforderung im Rahmen eines Rechtsgutachtens ermittelt. Die Kosten für dieses Rechtsgutachten trägt jeweils die Partei, die ein begründetes Interesse an der Festsetzung der internen Aufwendungen hat.

8. Die Ausbildungskosten werden bis zum Ablegen der ersten Prüfung mit insgesamt steuernetto 95.000,00 DM festgelegt. Nachschulungskosten sind hierin nicht enthalten.

Wird die Ausbildung nach der ersten Prüfung nicht mit Erfolg abgeschlossen, erhöhen sich die Ausbildungskosten bis zum Bestehen der zweiten Prüfung um die von der K3x e.V. zu erhebenden Nachschulungskosten zuzüglich der auflaufenden Kosten für Ausbildungsbeihilfen, Übernachtungskosten, Fahrtkosten etc. Der Endbetrag wird nach Bestehen der Prüfung ermittelt.

Dasselbe gilt ebenfalls für den dritten Prüfungsversuch.

...

§ 21

Verfallfristen

Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind von dem Vertragsschließenden binnen einer Frist von 6 Monten seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Frist von 2 Monaten einzuklagen."

In einer Zusatzvereinbarung vom selben Tage vereinbarten die Parteien unter anderem Folgendes:

"1. Der Auszubildende erhält während der Ausbildungszeit bis zum Bestehen der Prüfung eine Bruttoausbildungsbeihilfe von 3.500,00 DM ( in Worten: Dreitausendfünfhundert Deutsche Mark ).

2. Der Arbeitnehmer erhält ab Inkrafttreten des Arbeitsvertrages für seine vertragliche Tätigkeit ein monatliches Grundgehalt von 6.000,00 DM ( in Worten: Sechstausend Deutsche Mark ).

Als Grundlage für das monatliche Grundgehalt wird ein bereinigter Jahresumsatz von 190.000,00 DM ( in Worten: Einhundertneunzigtausend Deutsche Mark ) zugrundegelegt.

Der bereinigte Umsatz ergibt sich aus den Prüfungsgebühren abzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer sowie abzüglich der Anteile der K3x e.V. an den Prüfungsgebühren."

Schließlich schlossen die Parteien einen Ausbildungsvertrag vom 17./19. Februar 2001 über die Ausbildung des Klägers zum Prüfingenieur. Wegen der Einzelheiten zu diesem Ausbildungsvertrag sowie zum Arbeitsvertrag und der Zusatzvereinbarung wird auf die Anlagen K 1 bis K 3 zum Schriftsatz der Klägerin vom 21. Oktober 2002 Bezug genommen. Der Beklagte beendete die Ausbildung zum Prüfingenieur im November 2001. Mit Schreiben vom 15. Mai 2002 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass die Gesamtkosten der Ausbildung 56.344,37 € betragen würden und die Rückzahlung mit dem Ausscheiden aus dem Betrieb am 30. Juni 2002 fällig würde; hierüber würde der Beklagte noch eine gesonderte Mitteilung erhalten. Mit Schreiben vom 27. Mai 2002 (Anlage K 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 22. November 2002) ließ der Beklagte diese Forderung durch seinen späteren Prozessbevollmächtigten zurückweisen. Mit Schreiben vom 14. Juni 2002 (Anlage K 3 zum Schriftsatz des Beklagten vom 11. November 2002) forderte die Klägerin von dem bereits mitgeteilten Gesamtbetrag einen Antrag von 53/60, insgesamt 49.770,86 € von dem Beklagten bis zum 01. Juli 2002, auch diese Forderung ließ der Beklagte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20. Juni 2002 (Anlage K 4 zum vorgenannten Schriftsatz) zurückweisen. Mit Schreiben ihrer späteren Prozessbevollmächtigten vom 28. Juni 2002 (Anlage K 5 zum vorgenannten Schriftsatz) forderte die Klägerin nochmals die Zahlung des Gesamtbetrages von 56.344,37 € bis zum 05. Juli 2002.

Unter dem 18. Juli 2002 wurde von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein Mahnbescheidsantrag gestellt und an das Arbeitsgericht Detmold übersendet. Der Antrag wurde von einer Auszubildenden in ein Sichtfensterumschlag gesteckt. In diesem Sichtfensterumschlag war neben Postleitzahl und Ort des Arbeitsgerichts auch der Name und die vollständige Anschrift des Beklagten enthalten. Nach Aufgabe bei der Post wurde dieser Antrag dem Beklagten übersandt. Dieser leitete das Formular nach Erhalt an seinen Prozessbevollmächtigten weiter, der den Antrag zu seinen Akten nahm.

Mit Schriftsatz vom 20. September 2002 übersandte die Klägerin erneut einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides an das zuständige Arbeitsgericht und beantragte zugleich "rein vorsorglich und zur Wahrung etwaiger Ausschlussfristen" die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Mahnbescheid wurde unter dem 25. September 2002 erlassen und dem Beklagten am 28. September 2002 zugestellt. Der Widerspruch des Beklagten vom 01. Oktober 2002 ging beim Arbeitsgericht am 02. Oktober 2002 ein.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte ihr die Rückzahlung der Ausbildungskosten schulde und dieser Anspruch nicht verfallen sei, weil sie an der Fristversäumung zur Klageerhebung kein Verschulden treffe. Der Beklagte könne sich auf die Versäumung der Frist nicht berufen, weil er selbst eine rechtzeitige Klageerhebung verhindert habe. Er habe eine für ihn nicht bestimmte Briefsendung angenommen und sie weder an die Klägerin zurückgegeben noch an das Arbeitsgericht weitergeleitet. Dieses Verhalten mache die Berufung auf die Ausschlussfrist rechtsmissbräuchlich. Zudem findet die Verfallfrist von § 21 Arbeitsvertrag keine Anwendung, da es sich nicht um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis handele, sondern diese aus einem Ausbildungsverhältnis resultierten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand,

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 49.770,86 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG ab dem 31.07.2002 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung des Beklagten in der ersten Instanz seien die Forderungen der Klägerin verfallen. Eine Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Ausschlussfrist komm wegen deren materiell-rechtlichen Charakters nicht in Betracht. Für den Beklagten habe auch keine Pflicht bestanden, den an ihn zugesandten Mahnbescheidsentwurf an die Klägerin zurückzusenden oder an das Gericht weiterzuleiten.

Mit seinem am 06. Mai 2003 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Der Anspruch der Klägerin sei gemäß § 21 Arbeitsvertrag verfallen. Die Frist zur Klageerhebung sei am 31. August 2002 abgelaufen, der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides erst am 20. September 2002 verspätet bei Gericht eingegangen. Eine Wiedereinsetzung gemäß § 233 ZPO komme bei vertraglich vereinbarten Fristen nicht in Betracht. Der Beklagte sei auch nicht nach Treu und Glauben gehindert, sich auf die Verfallfrist zu berufen. Zum einen habe der Beklagte aufgrund der Gestaltung des Mahnbescheidsantrages davon ausgehen können, dass das übersandte Schreiben für ihn bestimmt gewesen sei. Von der Unterdrückung eines versehentlich ausgehändigten Briefes könne nicht die Rede sein. Er habe im Übrigen keine besondere nachvertragliche Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin, das ihm übersandte Schreiben besonders sorgfältig zu prüfen. Bei den unklaren Verhältnissen habe auch kein Anlass für Rückfragen bei der Klägerin bestanden. Schließlich handele es sich bei der Rückforderung der Ausbildungskosten um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis.

Gegen dieses ihr am 05. Juni 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit ihrem am 27. Juni 2003 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Klägerin ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die von den Parteien vorgenommene Finanzierung zwischen dem Arbeitsverhältnis und dem diesem vorgeschalteten Ausbildungsverhältnis nicht zutreffend gewürdigt und verkannt, dass keine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht würden. Deswegen finde § 21 Arbeitsvertrag keine Anwendung, obwohl der geltend gemachte Anspruch seine Grundlage in § 16 Arbeitsvertrag habe. Im Hinblick darauf wäre die in Rede stehende Verfallklausel zumindest mangels Bestimmtheit unwirksam, sofern auch Ansprüche aus dem Ausbildungsverhältnis hiervon erfasst werden sollen. Dies hätte vielmehr einer eindeutigen Vereinbarung der Vertragsparteien bedurft. Unrichtig sei, dass die Verfallfrist ab dem 30. Juni 2001 beginne, die Parteien hätten keine verbindliche Regelung über die Fälligkeit des hier in Rede stehenden Erstattungsanspruches im Arbeitsvertrag getroffen. Während im Falle des Abbruchs der Ausbildung die Ausbildungskosten sofort hätten fällig werden sollen, sei in § 16 Nr. 7 Arbeitsvertrag vereinbart, dass die Aufwendungen im Rahmen eines Rechtsgutachtens ermittelt werden sollen. Von einer starren Fälligkeit der Erstattungsforderung und einem Beginn der Verfallfrist am 01. Juli 2002 könne nicht ausgegangen werden. Dementsprechend sei die Verfallfrist noch nicht am 31. August 2002 abgelaufen. Im Übrigen sei es dem Beklagten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Verfallfrist zu berufen. Ausschlussfristen sollten Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruches schaffen, der Schuldner solle sich darauf verlassen können, dass nach Ablauf der Ausschlussfrist gegen ihn keine Ansprüche mehr erhoben werden. Der Beklagte habe sich aufgrund des ihm zugegangenen Mahnbescheidsantrages sogar sicher sein können, dass die Klägerin die zuvor geltend gemachten Ansprüche auch gerichtlich geltend machen wolle und er mit einer gerichtlichen Inanspruchnahme rechnen müsse. Die Weiterleitung an den Prozessbevollmächtigten belege, dass der Beklagte bereits die Befürchtung gehabt habe, gerichtlich in Anspruch genommen worden zu sein. Dann habe er sich aber nicht darauf verlassen können, dass nach Ablauf der Ausschlussfrist gegen ihn keine Ansprüche mehr erhoben werden. Durch den Fehler der Post und der im Urteil des Arbeitsgerichts erwähnten Ähnlichkeit zwischen Mahnbescheidsformular und Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides habe er sich früher als bei einem normalen Verfahrensgang sicher sein können, dass die Klägerin die ihr zustehenden Ansprüche gerichtlich verfolgt. Darauf habe er sich einstellen können. Die Warnfunktion einer Ausschlussfrist sei im vorliegenden Fall durch die fehlerhafte Zustellung des Mahnbescheidsantragsformulars durch die Post nicht zu Lasten des Beklagten tangiert, dessen Berufen auf den vermeintlichen Ablauf sei daher rechtsmissbräuchlich. Im Übrigen habe der Beklagte selbstverständlich die Pflicht gehabt, den Brief an das in dem Antragsformular genannte Arbeitsgericht oder aber an die Klägerin zurückzusenden. In dem Antragsformular heißt es schließlich wörtlich: "Der Antrag wird gerichtet an das Arbeitsgericht in 32756 Detmold". Insoweit sei für den Beklagten auch erkennbar gewesen, dass er nicht Adressat des Antrags gewesen sei. Spätestens der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hätte das Formular an das Arbeitsgericht weiterleiten oder aber an den Absender zurücksenden müssen. Insoweit überzeuge es nicht, dass der Beklagte bei der Auswahl seines Anwaltes nicht habe wissen können, wie sich dieser in einem solchen Fall verhalten wird. Zwar habe der Prozessbevollmächtigte des Beklagten dessen Interessen zu wahren; er müsse sich jedoch auch seiner Aufgabe als Organ der Rechtspflege bewusst sein und wissen, das er gehalten sei, das offensichtlich fehlgeleitete Schriftstück weiter- bzw. zurückzusenden. Er habe gewusst oder zumindest wissen müssen, dass die unterlassene Weiterleitung des fehlgeleiteten Briefes den Tatbestand der Urkundenunterdrückung gemäß § 274 StGB erfülle. Da es unwahrscheinlich sei, dass der Prozessbevollmächtigte aus eigenem Antrieb gegen Berufspflichten und eine strafrechtliche Bestimmung verstoße, sei davon auszugehen, dass er seitens des Beklagten die Anweisung erhalten habe, das Schriftstück nicht weiterzuleiten. Ein solches Verhalten des Beklagten sei jedoch erst recht rechtsmissbräuchlich und arglistig. Die Klägerin habe schließlich nicht zu vertreten, dass der Brief aufgrund einer fehlerhaften Zustellung durch die Post nicht an das Arbeitsgericht ausgeliefert worden sei. Demgegenüber habe der Beklagte sehr wohl zu vertreten, dass das Schriftstück nicht zurückgesandt bzw. an den wahren Adressaten weitergesandt worden sei. Es sei ein von der Rechtsordnung nicht hinzunehmendes Ergebnis, wenn sich bei dieser Fallkonstellation der Beklagte auf die vermeintliche Versäumung der Verfallfrist berufen könne. Insbesondere verstoße es gegen das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung, wenn das Verhalten des Beklagten bzw. des Prozessbevollmächtigten, namentlich die unterlassene Weiterleitung des Briefes, einerseits strafrechtlich sanktioniert würde, andererseits jedoch zivilrechtlich zu einem Vorteil führen würde. Dies gelte umso mehr, als bei einer Weiterleitung an das Arbeitsgericht bzw. Rücksendung an die Klägerin die Verfallfrist hätte eingehalten werden können. Die Klägerin habe nicht davon ausgehen können, dass der ordnungsgemäß adressierte Brief nicht an den richtigen Adressaten ausgeliefert werde. Schließlich sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ein Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht von vornherein ausgeschlossen. Zwar gelte die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur für prozessrechtliche gesetzliche Fristen. Über eine zumindest analoge Anwendung sei bislang höchstrichterlich jedoch nicht entschieden worden. Es liefe auf eine Verkürzung des effektiven Rechtsschutzes hin, wenn in Fallkonstellationen wie den vorliegenden, in denen der Betroffene die vermeintliche Versäumung der Verfallfrist nicht zu vertreten habe, nicht zumindest analog eine Wiedereinsetzung ermöglicht werde. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass zwischen der ursprünglichen Antragstellung am 18. Juli 2002 und der Zustellung des (zweiten) Mahnbescheides nicht einmal 2 1/2 Monate lägen. Aus Sicht der Klägerin liege daher eine demnächstige Zustellung im Sinne der Vorschriften der ZPO vor. Zumindest eine analoge Anwendung sei geboten. Denn die Klägerin habe unmittelbar nach Aufklärung der fehlerhaften Zustellung des ersten Mahnbescheidsantrages kurzfristig einen neuen Antrag gestellt und dessen Zustellung veranlasst.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Detmold vom 6. Mai 2003 - 2 Ca 2348/02 - den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 49.770,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB ab dem 31. Juli 2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend, insbesondere im Hinblick auf den Beginn der Verfallfrist als auch deren Ablauf. Hinsichtlich des Vorwurfs der Urkundenuterdrückung verweist er auf die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen seinen Prozessbevollmächtigten durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Paderborn vom 28. Juli 2003 (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 13. August 2003).

Die Klägerin erwidert hierzu, dass sie gegen diese Einstellungsverfügung Beschwerde eingelegt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze erster und zweiter Instanz nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie fristgerecht ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG; § 519, § 520 ZPO).

II

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Ausbildungskosten aufgrund der Verfallfrist des § 21 Arbeitsvertrag wegen verspäteter gerichtlicher Geltendmachung verfallen ist. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung sind nicht gerechtfertigt.

1. Der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung von Ausbildungskosten gemäß § 16 Nr. 6 Arbeitsvertrag wird von der in § 21 Arbeitsvertrag vereinbarten Verfallfrist erfasst. Es handelt sich um einen Anspruch, der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergibt. Entgegen der Auffassung der Klägerin resultiert dieser Anspruch nicht aus dem Ausbildungsverhältnis zum Prüfingenieur, das dem Arbeitsverhältnis vorgeschaltet war, sondern ausschließlich auf § 16 Nr. 6 Arbeitsvertrag und damit ausschließlich aus dem Arbeitsverhältnis. Ohne Vereinbarung einer solchen Rückerstattungspflicht im Falle einer Eigenkündigung eines Arbeitnehmers bzw. einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen besäße die Klägerin überhaupt keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten, die sie für einen Arbeitnehmer im Rahmen eines Fortbildungsvertrages zum Prüfingenieur aufwendet. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Beginn des vorliegenden Arbeitsverhältnisses von dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zum Prüfingenieur durch den Beklagten abhängig war. Die Kosten, deren Erstattung verlangt wird, wurden zwar durch die Ausbildung veranlasst, die Berechtigung der Klägerin, diese unter bestimmten Voraussetzungen erstattet zu bekommen, ergibt sich jedoch erst daraus, dass das Arbeitsverhältnis zunächst in Vollzug gesetzt und dann vom Arbeitnehmern durch Eigenkündigung vorzeitig beendet wurde. Nicht nur die rechtliche, sondern auch die tatsächliche Grundlage für die entscheidende Voraussetzung des Erstattungsanspruches beruht ausschließlich darauf, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

2. Entgegen der Meinung der Klägerin ist § 21 Arbeitsvertrag nicht unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Bestimmtheit unwirksam, sofern auch Ansprüche aus dem Ausbildungsverhältnis von der Klausel erfasst werden. Zum einen kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass eine Klausel des offensichtlich von ihr vorformulierten Arbeitsvertrages zu unbestimmt sei und deswegen nicht zu ihren Lasten greife. Zum anderen bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob auch Ansprüche aus dem zwischen den Parteien vereinbarten Ausbildungsvertrag von § 21 Arbeitsvertrag erfasst werden. Wie bereits unter II. 1. der Gründe ausgeführt, handelt es sich bei dem von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht um einen solchen aus dem Ausbildungsvertrag, sondern aus § 16 Nr. 6 Arbeitsvertrag, d.h. aus dem Arbeitsverhältnis.

3. Entgegen der Ansicht der Klägerin begann die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung ihres Rückzahlungsanspruches aus § 16 Nr. 6 Arbeitsvertrag mit dem 30. Juni 2002. Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken (§ 271 Abs. 1 BGB). § 16 Nr. 6 Abs. 4 Satz 3 Arbeitsvertrag enthält eine Fälligkeitsregelung für den Fall, dass die Prüfung auch im dritten Versuch nicht mit Erfolg abgeschlossen wird; in diesem Fall endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tag der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses und die Rückzahlung der gesamten Ausbildungskosten werden sofort fällig. Darüber hinaus ist in § 1 Nr. 3 Arbeitsvertrag bestimmt, dass bei einem vorzeitigen Abbruch der Ausbildung durch den Arbeitnehmer die bereits verauslagten sowie noch anfallenden Ausbildungskosten sofort fällig werden. Eine andere Fälligkeitsbestimmung hinsichtlich des "normalen" Rückzahlungsanspruches findet sich im Arbeitsvertrag nicht. Da erst zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststeht, in welchem Umfang der Arbeitnehmer anteilig die Ausbildungskosten zu tragen hat, wird der Erstattungsanspruch der Klägerin auch erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses sofort fällig.

Entgegen ihrer Auffassung ergibt sich aus § 16 Nr. 7 Arbeitsvertrag nicht, dass eine Fälligkeit erst dann eintritt, wenn die Kosten der Ausbildung im Rahmen eines Rechtsgutachtens ermittelt worden sind. Gemäß § 16 Nr. 7 Arbeitsvertrag orientiert sich der Anspruch auf Rückzahlung für die internen Aufwendungen der Klägerin an dem praktischen Ausbildungsplan, welcher in der Vollausbildung für die Durchführung von Untersuchungen nach § 29, § 47 a und § 19 Abs. 3 Nr. 3 und 4 StVZO insgesamt 90 Tage vorschreibt. Dabei werden die Aufwendungen für die ganztägige Betreuung des Arbeitnehmers sowie die Kosten für die Benutzung von Geräten und Materialien nach Aufforderung im Rahmen eines Rechtsgutachtens ermittelt, wobei die Kosten hierfür die Partei trägt, die ein begründetes Interesse an der Festsetzung der internen Aufwendungen hat. Wäre die Auffassung der Klägerin zutreffend, dass von der Erstattung dieses Rechtsgutachtens die Fälligkeit ihres Erstattungsanspruches abhängt, wäre die Klage ohnehin mangels Fälligkeit des Anspruches als zurzeit unbegründet abzuweisen. Diesen Sinn und Zweck hat die Regelung aber nicht. § 16 Nr. 7 Satz 2 Arbeitsvertrag schreibt die Ermittlung der Kosten im Rahmen eines Rechtsgutachtens nur "nach Aufforderung" vor. Unter Berücksichtigung der Kostenregelung in § 16 Nr. 7 Satz 3 Arbeitsvertrag ergibt sich daraus, dass ein Rechtsgutachten nur dann überhaupt in Betracht kommt, wenn es aus Sicht einer der Parteien erforderlich ist und verlangt wird. Bleibt aber die Höhe unbestritten oder wird trotz bestrittener Höhe der von der Klägerin verlangten Erstattung kein Rechtsgutachtens verlangt, verbleibt es dabei, dass der Erstattungsanspruch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses sofort fällig wird. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte vorprozessual durch das Schreiben seines Bevollmächtigten vom 27. Mai 2002 sowohl Grund und Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Forderung bestritten, jedoch kein Rechtsgutachten angefordert. Insoweit bedarf es keiner näheren Erörterung, welche Auswirkung die Anforderung eines solchen Gutachtens auf die Fälligkeit der Forderung und den Beginn der Verfallfrist hat.

Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung begann bereits am 30. Juni 2002, nachdem die Klägerin zuvor mit Schreiben vom 15. Mai 2002 die Kosten der Ausbildung unter Hinweis auf die grundsätzliche Erstattungspflicht seitens des Beklagten mitgeteilt und mit Schreiben vom 14. Juni 2002 konkret zur Zahlung des später klageweise geltend gemachten Betrages aufgefordert hat. Während das erstgenannte Schreiben lediglich eine grundsätzliche Umschreibung einer Erstattungspflicht des Beklagten ohne konkrete Zahlungsaufforderung enthielt und damit noch nicht eine Geltendmachung des Anspruches beinhaltete, ist diese dann mit Schreiben vom 14. Juni 2002 erfolgt. Den entsprechenden Anspruch hat der Beklagte durch sein Schreiben vom 20. Juni 2002 ablehnen lassen. Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung lief jedoch nicht bereits ab Zugang dieses Schreibens, sondern erst mit Fälligkeit des Anspruches ab 30. Juni 2002.

Bei einer zweistufigen Ausschlussfrist kann der Anspruch in der ersten Stufe (schriftliche Geltendmachung) bereits vor Fälligkeit geltend gemacht werden; die Frist für die gerichtliche Geltendmachung beginnt jedoch nicht vor Fälligkeit des Anspruches (BAG, Urteil v. 26. September 2001 - 5 AZR 699/00 - = AP Nr. 160 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Insbesondere wird, wenn die gerichtliche Geltendmachung von einer Ablehnung des zuvor schriftlich geltend gemachten Anspruches abhängt, die Frist hierfür nicht dadurch in Gang gesetzt, dass die Ablehnung noch vor Fälligkeit des Anspruches erfolgt. Grundsätzlich soll der Gläubiger zwar durch eine zweistufige Ausschlussfrist dazu veranlasst werden, durch rechtzeitige Klageerhebung Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruches zu schaffen. Ein Zwang zur gerichtlichen Durchsetzung ist allerdings nur sinnvoll, wenn der Anspruchsgläubiger die in der zweiten Stufe geforderte Klage auch durchsetzen kann (vgl. BAG, Urteil v. 27. März 1996 - 10 AZR 668/945 = AP Nr. 134 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Dies ist jedoch bei nicht fälligen Ansprüchen nicht möglich. Ebenso wenig ist es zulässig, die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung um den Zeitraum verkürzt, der verbleibt, wenn man die Zeit vom Zeitpunkt des Zugangs des Ablehnungsschreibens bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruches abzieht. Die scheidet aus Gründen der Rechtssicherheit aus, weil sich dann nicht mehr bestimmen lässt, ab wann die verkürzte Frist noch angemessen ist (BAG, Urteil v. 26. September 2001, aaO).

4. Begann danach die Verfallfrist für die gerichtliche Geltendmachung am 30. Juni 2002, musste dieses bis zum Ablauf des 31. August 2002 erfolgen. Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides ging jedoch erst am 20. September 2002 beim Arbeitsgericht ein. Dies war nach Ablauf der Verfallfrist, der Anspruch ist verfallen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es nicht möglich, ihren ursprünglich unter dem 18. Juli 2002 gestellten Mahnbescheidsantrag auf die am 28. September 2002 erfolgte Zustellung des Mahnbescheides vom 25. September 2002 als "demnächst" und damit rechtzeitig anzusehen. Dies würde voraussetzen, dass der Mahnbescheidsantrag vom 18. Juli 2002 tatsächlich bei Gericht eingegangen wäre (vgl. § 167 ZPO). Dies ist hier aber nicht gerade nicht der Fall.

Ebenso wenig kann der Ansicht der Klägerin gefolgt werden, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter analoger Anwendung der §§ 233 ff. ZPO im vorliegenden Fall erfolgen kann. Gemäß § 233 ZPO ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur möglich, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert ist, eine Notfrist, eine Frist zur Begründung der Berufung, der Revision oder der Beschwerde nach § 621 e, § 629 a Abs. 2 ZPO oder die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO einzuhalten. Unter diesen Katalog prozessualer Fristen fällt eine Ausschlussfrist, die zum Erhalt eines Anspruches dessen rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung vorschreibt, nicht. Vielmehr handelt es sich um eine vorprozessuale Ausschlussfrist, auf die § 233 ZPO nicht analog angewendet werden kann (MünchKomm, ZPO/Feiwer, § 233 Rn. 2, 14 ff.; Thomas/Putzo, § 233 Rn. 3; Zöller/Greger, § 233 Rn. 8; KR-Friedrich, § 5 KSchG Rn. 16). § 233 ZPO ist als Ausnahmeregelung eng auszulegen. Fristen dienen im Rechtsleben der Herstellung von Rechtssicherheit. Insoweit gilt das Prinzip der Fristenstrenge. § 233 ZPO kommt zwar als besondere Ausgleichsnorm zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit eine wichtige Rolle zu als Teil einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung. Der Ausnahmecharakter dieser Vorschrift, der bei Auslegung und Anwendung zu beachten ist, darf jedoch den Grundsatz der Fristenstrenge nicht aufweichen (vgl. MünchKomm, ZPO, Feiwer, Rn. 1 f; KR-Friedrich, aaO). Unter diesem Gesichtspunkt besteht kein Anlass, für Ausschlussfristen, seien sie tarifvertraglich oder wie hier einzelvertraglich vereinbart sind und den materiellen Anspruch selbst und nicht die Vornahme prozessualer Handlungen betreffen, die Ausnahmeregelung des § 233 ZPO, der auf bestimmte prozessuale Fristen beschränkt ist, analog anzuwenden.

Soweit die Klägerin auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Beschluss v. 01. Februar 1972 - 11 Ta 7/72- = DB 1972, S. 1975) verweist, behandelt diese Entscheidung lediglich die Frage, inwieweit die bis zur Neufassung des Rechts der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch die am 01. Juli 1977 in Kraft getretene sogenannte Vereinfachungsnovelle vom 03. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3281) geltende Vorschrift des § 232 Abs. 2 ZPO im Rahmen der Beurteilung, ob die Dreiwochenfrist des § 4 KSchG auch dann versäumt ist, wenn dies auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten des klagenden Arbeitnehmers beruht, anwendbar ist. Dies hat mit der vorliegenden Gestaltung grundsätzlich nichts zu tun, unabhängig davon, ob diese Auffassung zutrifft.

Danach verbleibt es dabei, dass auch in Fällen unverschuldeter Fristversäumung im Falle des Ablaufes einer Ausschlussfrist das davon erfasste Recht unwiederbringlich erlöscht. Eine Wiedereinsetzung des Gläubigers in den vorigen Stand ist ausgeschlossen (Weyand, Die tariflichen Ausschlussfristen in Arbeitsrechtsstreitigkeiten, S. 20; Langer, Gesetzliche und vereinbarte Ausschlussfristen im Arbeitsrecht, Rn. 210 f.). Allerdings soll nach Auffassung von Wank (Wiedemann/Wank, TVG, § 4 Rn. 779) es bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen im Falle unverschuldeter tatsächlicher oder rechtlicher Verhinderung an der Geltendmachung ausreichen, wenn diese unverzüglich nachgeholt wird, um eine Verfallfrist zu wahren. Denn wenn Tarifvertragsparteien zu so scharfen Sanktionen greifen, wie sie die Verfallklausel darstellt, müssten sie einen gewissen Toleranzspielraum einhalten, innerhalb dessen das Interesse des Anspruchsberechtigten am Bestand seines Rechts dem Rechtssicherheitsinteresse des Vertragspartner vorgeht. Dagegen spricht, dass auch bei anderen Fristen (z.B. im Falle der Verjährung, deren Anwendbarkeit nicht davon abhängt, ob dem Berechtigten an der Versäumung der Frist, deren Nichteinhaltung dazu führt, dass ein Anspruch nicht mehr durchsetzbar ist, ein Verschulden trifft. Ohne eine entsprechende ausdrückliche Regelung, wie sie z.B. auch Tarifvertragsparteien vorsehen können (vgl. dazu: Weyand, aaO, S. 20), führt ein solcher allgemeiner Grundsatz dazu, dass der Zweck von Ausschlussfristen, nämlich Klarheit zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses darüber zu schaffen, ob und welche Ansprüche noch bestehen und dadurch der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden zu dienen (vgl. Weyand, aaO, S. 22), beseitigt wird. Schließlich ist zu beachten, dass im vorliegenden Fall es sich um eine einzelvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist handelt, die Parteien selbst also die Durchsetzung ihrer Ansprüche aus dem Vertrag davon abhängig gemacht haben, dass bestimmte Fristen zu ihrer Geltendmachung eingehalten werden. Das rechtfertigt es, nicht generell auf die Frage eines Verschuldens an der Fristversäumung abzustellen, sondern nur in den Fällen von der Wirkung der Ausschlussfrist abzusehen, in denen ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vorliegt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird durch die Nichtanwendung der Wiedereinsetzungsregelung weder die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG noch der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Denn weder wird die Klägerin daran gehindert, den Rechtsweg (rechtzeitig) zu beschreiten noch wird der Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 GG als sogenanntes Prozessgrundrecht, d.h. das Recht, in einem gerichtlichen Verfahren Gehör zu finden, berührt, wenn eine Frist versäumt wird, die den Bestand des materiellen Anspruches, der Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens werden soll, beseitigt.

5. Die Geltendmachung der Ausschlussfrist verstößt nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB.

Die Anwendung des Gebots von Treu und Glauben auf tarifvertragliche Ausschlussfristen ist in der Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich anerkannt, jedoch nur in Ausnahmefällen. Denn die Fristen haben den Zweck, die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses zu erleichtern und binnen kurzer, den Bedürfnissen des jeweiligen Wirtschaftszweiges angepasster Fristen den endgültigen Rechtsfrieden herbeizuführen (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil v. 19. August 1999 - 11 Sa 695/99 -, Juris m.w.N.). Eine gegen Treu und Glauben verstoßende unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit des Gläubigers hinsichtlich der erforderlichen Geltendmachung des Anspruches bzw. der Einhaltung der Verfallfrist durch ein Verhalten des Schuldners veranlasst worden ist. Der Gläubiger muss also den Schuldner von der Geltendmachung des Anspruchs abgehalten haben. Dies wird angenommen, wenn der Schuldner nur positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Gläubiger die Geltendmachung des Anspruches oder die Einhaltung der Frist erschwert oder möglich gemacht hat bzw. an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Gläubiger könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung der Ausschlussfrist erfüllt wird. In diesen Fällen setzt sich der Schuldner in Widerspruch zu seinem eigenen früheren Verhalten, wenn er zunächst den Gläubiger zu Untätigkeit veranlasst, und dann, indem er den Verfall geltend macht, aus dieser Untätigkeit einen Vorteil für sich ableiten will (vgl. LAG Düsseldorf, aaO). Dabei kann auch ein unabsichtliches Verhalten, das den Gläubiger von der rechtzeitigen Geltendmachung abhält, ausreichend sein (Langer, aaO, Rn. 212). Ein Rechtsmissbrauch liegt aber nur vor, wenn das eigene Verhalten des Schuldners für das Untätigbleiben des Gläubigers kausal ist. Das ist nur solange der Fall, wie der Gläubiger nicht von anderer Seite Umstände erfährt, die den wirklichen Sachverhalt entweder unmittelbar aufklären oder ihm zumindest Anlass dazu hätten sein müssen, mögliche Unstimmigkeiten nachzugehen und von sich aus den wahren Sachverhalt zu klären (vgl. BAG, Urteil v. 23. Mai 2001 - 5 AZR 374/99 - = AP Nr. 25 zu § 812 BGB). Erhält der Gläubiger entsprechende Informationen noch innerhalb des Laufs der Ausschlussfrist, so führt ihr Ablauf zum Verfall seiner Ansprüche. Ein Gläubiger, der trotz Kenntnis des Anspruchstatbestandes oder von Umständen, die zu einer Überprüfung des Sachverhalts objektiv Anlass geben, längere Zeit weiterhin untätig bleibt, ist nicht schützenswert. Die Einwendung des Rechtsmissbrauchs fällt der Kammer auf (BAG, aaO).

Entgegen dem Einwand der Beklagten kann daher das Einhalten der Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung im vorliegenden Fall schon nicht entgegenstehen unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung, dass durch die Übersendung des Mahnbescheidsantrages an den Beklagten der Zweck der Ausschlussfrist gewahrt ist. Dieser wird allgemein dahin definiert, dass neben der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit der Anspruchsgegner sich auf die aus Sicht des Anspruchsstellers noch an offenen Forderungen einstellen, Beweise sichern oder bei hohen Summen vorsorglich Rücklagen bilden können soll (vgl. BAG, Urteil vom 26. Februar 2003 - 5 AZR 223/2002 - = AP Nr. 13 zu § 611 BGB Nettolohn; Urteil vom 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - = AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Gaststätten; Urteil vom 14. August 2002 - 5 AZR 341/01 - = AP Nr. 16 zu § 174 BGB). Dieser Zweck wird aber schon erreicht, wenn der Gläubiger seinen Anspruch gegen den Schuldner rechtzeitig schriftlich geltend macht. Sinn und Zweck einer zweistufigen Verfallfrist, wie sie hier vereinbart worden ist, kann es in diesem Zusammenhang aber nur dann sein, über die vorherige Warnfunktion hinaus den Gläubiger zu veranlassen, nunmehr endgültig Klarheit darüber zu schaffen, ob er den zuvor schriftlich geltend gemachten Anspruch auch tatsächlich weiterverfolgen will oder nicht. Erst in diesem Fall kann sich der Schuldner endgültig darauf einstellen, dass er nunmehr die entsprechende Vorkehrungen zur Verteidigung gegen die Inanspruchnahme bzw. Rücklagenbildung im Falle eines Unterliegens vornimmt. Die Warnfunktion einer zweistufigen Ausschlussfrist wird also nicht dadurch bereits erfüllt, dass - versehentlich - der Schuldner einen Antrag erhält, der auf die Einleitung der gerichtlichen Geltendmachung gerichtet ist, jedoch diese selbst nicht darstellt. In diesem Fall kann er weiterhin abwarten, ob der Gläubiger an der gerichtlichen Verfolgung seiner Ansprüche festhalten will.

Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt hier auch kein Fall vor, der unter dem Gesichtspunkt des institutionellen Rechtsmissbrauches dazu führt, dass sich der Beklagte nicht auf die Nichteinhaltung der Ausschlussfristen berufen kann. Ein Fall des institutionellen Rechtsmissbrauches liegt vor, wenn es nicht um das individuelle Verhalten einer Partei, sondern darum geht, dass die sich aus einer Rechtsnorm ergebenden Rechtsfolgen zurücktreten müssen, wenn sie zu einem mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarenden, schlechthin untragbaren Ergebnis führen. Maßgebend ist hier eine generalisierende Interessenabwägung in Bezug auf bestimmte Rechtsnormen oder Rechtsinstitute (vgl. BAG, Urteil vom 17. April 2002 - 5 AZR 89/01 - = AP Nr. 6 zu § 2 Nachweisgesetz). Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihrer Auffassung darauf, dass es zum einen den Beklagten oblegen hätte, den an ihn übersandten Brief entweder an das Arbeitsgericht weiterzuleiten oder an die Klägerin zurückzusenden. Zumindest habe der Prozessbevollmächtigte des Beklagten gewusst bzw. wissen müssen, dass er durch die unterlassene Weiterleitung des fehlgeleiteten Briefes eine Urkunde unterdrücke und damit unter Umständen den Tatbestand des § 274 StGB erfülle. Da dies unwahrscheinlich sei, sei davon auszugehen, dass er seitens des Beklagten die Anweisung erhalten habe, das in Rede stehende Schriftstück nicht weiterzuleiten oder zurückzuleiten bzw. zu vernichten. Es sei ein von der Rechtsordnung nicht hinzunehmendes Ergebnis, wenn eine strafbewährte Unterlassung zivilrechtlich zu einem Vorteil führe.

Das Gericht kann in diesem Zusammenhang zunächst nicht der Auffassung der Klägerin folgen, dass dem Beklagten ein strafrechtlicher Vorwurf in diesem Zusammenhang zu machen ist. Unstreitig ist, dass der Beklagte nach Erhalt des Antragsformulars dieses seinen Prozessbevollmächtigten zugeleitet hat. Dass er nach der Beratung durch diesen ihn angewiesen hat, das Schriftstück nicht weiterzuleiten, ist lediglich eine Vermutung der Klägerin, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht bestehen. Wenn insoweit der Beklagte lediglich der Beratung durch seinen Prozessbevollmächtigten, dass eine Verpflichtung zur Rückübersendung oder Weiterleitung nicht besteht, kann ihn daraus ein strafrechtlicher Vorwurf mangels Vorsatzes nicht gemacht werden. Ob dem Prozessbevollmächtigten ein strafrechtlicher Vorwurf im Hinblick auf § 274 StGB gemacht werden kann, kann hier offen bleiben, auch wenn in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen ist, dass zunächst das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. Jedenfalls kann ein etwaiges Fehlverhalten seines Prozessbevollmächtigten hier den Beklagten nicht zugerechnet werden. Dies genügt nicht zur Begründung eines strafrechtlichen Vorwurfes.

Im Übrigen ist zweifelhaft, ob eine Verpflichtung des Arbeitnehmers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht, und der Verstoß gegen seine eigenen legitimen Interessen dem Arbeitgeber dadurch bei der Durchsetzung seiner Ansprüche zu helfen, dass er fehlgeleitete Schreiben entweder an den richtigen Adressaten weiterleitet oder an den Arbeitgeber zurücksendet, um diesen die fristgerechte Durchsetzung von Ansprüchen zu ermöglichen. Dagegen spricht, dass grundsätzlich der Gläubiger selbst sich um die Durchsetzung seiner Rechte zu kümmern hat. Selbst wenn man aber in dem Verhalten des Beklagten grundsätzlich ein solches sieht, dass zumindest Ursache dafür war, dass die Klägerin ihren Anspruch nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht hat, führt dies vorliegend nicht dazu, das Verhalten des Beklagten als rechtsmissbräuchlich zu werten, und zwar selbst dann, wenn ihn strafrechtlich der von der Klägerin erhobene Vorwurf gemacht werden könnte. Insoweit zeigt sich, dass auch in dem Fall wie dem vorliegenden sich der Beklagte zwar möglicherweise rechtswidrig verhalten hat, dieses Verhalten aber nicht ohne Prüfung der Umstände des Einzelfalles als schlechthin unerträglich unwillig bewertet werden kann. Eine generalisierende Bewertung der Interessen ist nicht sachgerecht, vielmehr wird die Interessenlage wesentlich auch von dem Verhalten sowohl des Schuldners als auch des Gläubigers beeinflusst (vgl. BAG, Urteil vom 17. April 2002, aaO).

Der Vorwurf eines individuellen Rechtsmissbrauchs scheitert hier daran, dass die Klägerin letztlich die Ursache dafür gesetzt hat, dass sie ihren Anspruch nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht hat. Das Verhalten des Beklagten, den fehlgeleiteten Mahnbescheidsantrag weder zurückzusenden noch weiterzuleiten, ist nicht (allein) kausal für die Untätigkeit der Klägerin. Grundsätzlich konnte sie zwar davon ausgehen, dass der rechtzeitig auf den Weg gebrachte Mahnbescheidsantrag dem Gericht zeitnah zugesandt wird. Angesichts der Tatsache, dass sie bis zum Ablauf der Ausschlussfrist keine Nachricht über den Erlass und die Zustellung des Mahnbescheide wie sonst üblich erhielt, stellt einen Umstand dar, der sie hätte veranlassen müssen, diesem Vorgang nachzugehen und durch entsprechende Maßnahme sicherzustellen, dass die Ausschlussfrist gewahrt wird. Zwar hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass Bearbeitungsfristen für einen Mahnbescheid bei Arbeitsgerichten über mehrere Monate nicht ungewöhnlich seien. Dies ist angesichts der konkreten Bearbeitung des Mahnbescheides durch das Arbeitsgericht, der nach Antragstellung (20. September) und Konkretisierung des geltend gemachten Anspruches mit Schriftsatzes vom 25. September 2002 auch unter diesem Tag erlassen und bereits am 28. September 2002 dem Beklagten zugestellt wurde, besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass generell eine derartige Praxis bei den Arbeitsgericht besteht. Insbesondere im Hinblick auf die ablaufende Ausschlussfrist hätte es der Klägerin bzw. ihren Bevollmächtigten auffallen müssen, dass nach über einem Monat eine Zustellung des Mahnbescheides noch nicht erfolgt war, da nach Zustellung grundsätzlich eine entsprechende Benachrichtigung der antragstellenden Partei erfolgt. Soweit es jedenfalls um die Wahrung von Ausschlussfristen zwecks Aufrechterhaltung eines materiellen Anspruchs geht, ist es einer Partei zuzumuten (anders als bei Prozesshandlungen in gerichtlichen Verfahren, vgl. Zöller-Greger, § 233 ZPO Nr. 23 - Stichwort: Postverkehr) durch eine entsprechende Fristenkontrolle sicherzustellen, dass ein Mahnbescheidsantrag oder eine Klage rechtzeitig bei Gericht eingeht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zwischen der eigenen Handlung (Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides) und dem Ablauf der Ausschlussfrist ein erheblicher Zeitraum liegt, innerhalb dessen die Benachrichtigung über die rechtzeitige Einleitung des gerichtlichen Verfahrens zu erwarten ist. Ob dies erst recht in den Fällen gilt, wo ein kurzfristiger Zeitablauf droht, mag hier dahinstehen. Jedenfalls hatte es vorliegend die Klägerin in der Hand, mögliche Störungen im Postlauf dadurch zu begegnen, dass sie durch geeignete Maßnahmen (Fristvorlage, Erkundigung bei Gericht) die Rechtzeitigkeit des Zugangs des Mahnbescheidsantrages sicherstellt. Ein mögliches Fehlverhalten des Klägers (oder - soweit zurechenbar - seines Prozessbevollmächtigten) hat sich auf den Ablauf der Verfallfrist unter diesen Umständen nicht ausgewirkt, da nicht seine Untätigkeit sondern die eigene Untätigkeit der Klägerin sie von der rechtzeitigen Geltendmachung des Rückzahlungsanspruches abgehalten hat.

III

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert blieb unverändert.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Es ist höchstrichterlich nicht abgeklärt, inwieweit auf Ausschlussfristen die Vorschriften über die Wiedereinsetzung gemäss § 233 ff. ZPO analog anzuwenden sind, ob in Fällen unverschuldeter Fristversäumung die Geltendmachung unverzüglich nachgeholt werden kann und ob die Kausalität eines Verhaltens des Schuldners für die Untätigkeit des Gläubigers im Hinblick auf die Einleitung der Ausschlussfrist auch dann kausal ist, wenn der Gläubiger nicht von anderer Seite, sondern aufgrund eigener unterbliebener Kontrolle rechtzeitiger Geltendmachung eine Ausschlussfrist nicht wahrt.

Ende der Entscheidung

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