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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.10.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 1093/04
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2 Satz 1
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 1
KSchG § 1 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 05.05.2004 - 7 Ca 247/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung. Der am 14.10.2973 geborene Kläger, der verheiratet ist und drei Kinder hat, wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der C2x-G4xxx A2xxxxx GmbH & Co. KG ab 02.03.1998 als Chemiearbeiter in der Produktion eingestellt. Er erzielte eine monatliche Vergütung von 2.900,00 € brutto. Die Beklagte hat den B3xxxxxxxxx Betrieb der Firma C2x-G4xxx zum 01.01.2004 im Wege eines Betriebsübergangs übernommen. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag wurde der Kläger als Chemiewerker/Folie eingestellt und in die Lohngruppe E 2 des einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie eingruppiert. Außerdem erhielt er eine Maschinenprämie, die unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit und des Widerrufs stand. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der chemischen Industrie, welches am Standort B1xxxxxxx Dämmelemente im Wesentlichen für die Automobilindustrie herstellt. Nach Darstellung der Beklagten verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation in der Weise, dass das für 2004 vorgesehene Umsatzbudget von 52,5 Mio. Euro nicht gehalten werden konnte. Die konkreten Planzahlen des Jahres 2003 hätten für das Jahr 2004 nur ein Ergebnis in Höhe von 42,6 Mio. Euro ergeben. Sie beziffert die kumulierten Umsatzverluste für die Jahre 2003 und 2004 auf ca. 17 Mio. Euro. Die Beklagte sah sich deshalb veranlasst, mit dem Betriebsrat über eine Verringerung der Personalkapazitäten am Standort B1xxxxxxx am 11.12.2003 einen Interessenausgleich und Sozialplan abzuschließen sowie Auswahlrichtlinien zu vereinbaren. In dem Interessenausgleich werden die beschlossenen Maßnahmen wie folgt beschrieben: "Auf der Grundlage der geplanten Auftragslage für 2004 in Anlage 1 und Anlass der anstehenden betrieblichen Maßnahmen kommt es zu einem Stellenabbau in Höhe und zeitlicher Folge, wie in Anlage 2 dieses Interessenausgleichs dargestellt. Betroffen sind dabei 51 Mitarbeiter im direkten gewerblichen Bereich (Produktion), 9 Mitarbeiter im indirekten gewerblichen Bereich (Produktionsnebenbetriebe) und ein angestellter Mitarbeiter." Nach der Auswahlrichtlinie werden das Lebensalter mit einem Punkt pro Lebensjahr, die Betriebszugehörigkeit mit einem Punkt und ab dem 11. Jahr mit zwei Punkten pro Jahr, die Unterhaltspflicht für Ehepartner mit vier Punkten, die Unterhaltspflicht pro Kind ebenfalls mit vier Punkten und die Schwerbehinderung mit fünf Punkten gewichtet. In den Auswahlrichtlinien ist ferner geregelt, dass die Bildung der Vergleichsgruppen, innerhalb der eine Sozialauswahl zu erfolgen hat, unter Beachtung der gesetzlichen und höchstrichterlich festgelegten Grundsätze geschieht. Mit Schreiben vom 05.01.2004 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu der beabsichtigten fristgemäßen Kündigung des Klägers, den sie als Vorarbeiter bezeichnete, an. In der dem Anhörungsbogen beigefügten Anlage heißt es, dass durch die Zusammenlegung der beiden Produktionsbereiche Konfektion und Folie Einspareffekte bei den Führungskräften in der Produktion (Vorarbeiter) realisiert würden. Außerdem würde die Vorarbeiterfunktion zukünftig anders ausgestaltet. Vorarbeiter hätten künftig weniger Logistikaufgaben wahrzunehmen, um sich mehr den Aufgaben der Produktion- und Personalführung und Kontrolle zu widmen. Das Bereitstellen der Ladungsträger und das Verbringen der Fertigteile an die entsprechenden Lagerorte gehöre nicht mehr zu den Aufgaben der Vorarbeiter. Schließlich würden in allen Produktionsbereichen weniger Schichten verfahren. Aus diesen Gründen habe sie sich entschlossen, zukünftig nur noch 25 anstatt wie bisher 33 Vorarbeiter mit Vorarbeiteraufgaben zu betrauen. Es sei das Ziel, zukünftig eine "Hallen-Vorarbeiter-Organisation" zu erhalten, um damit übergeordnete und im Vergleich zur jetzigen Situation mit größeren Kompetenzen ausgestattete Funktionen zu schaffen. Diese Organisationsentscheidung führe zum Wegfall der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für acht Mitarbeiter des Anforderungsprofils. Sie werde schrittweise spätestens mit Auslaufen der jeweiligen Kündigungsfrist umgesetzt. Zur Frage der Vergleichbarkeit im Rahmen der Sozialauswahl heißt es in der Anlage ferner, dass die Beklagte den Kläger mit allen als Vorarbeiter tätigen Mitarbeitern in den Bereichen Folie, PU und Konfektion verglichen habe. Nach der Punktetabelle erreiche der Kläger 51 Sozialpunkte. In der Gruppe der Schichtführer/Vorarbeiter verbleibe kein vergleichbarer Arbeitnehmer mit einer geringeren Anzahl von Sozialpunkten. Der Betriebsrat teilte der Beklagten unter dem 13.01.2004 mit, dass er gegen die Kündigung keine Bedenken erhebe. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 14.01.2004 fristgerecht zum 29.02.2004. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden am 23.01.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Er hält die Kündigung für sozialwidrig, weil keine betriebsbedingten Gründen vorlägen und die soziale Auswahl fehlerhaft getroffen worden sei. Die Beklagte hat vorgetragen, es gehe um die Umsetzung der im Interessenausgleich beschriebenen Personalanpassungsmaßnahmen. Vor dem Hintergrund der Zusammenlegung der Produktionsbereiche Konfektion und Folie habe sie sich zu einer Umorganisation der Arbeitsaufgaben der Vorarbeiter/Schichtführer entschieden. Die Gruppe der Schichtführer/Vorarbeiter würden von Logistikaufgaben entlastet, die nunmehr von anderen, untergeordneten Arbeitnehmern erledigt würden. Durch technische Investitionen in die neue Hochfrequenz-Schweißanlage sei es möglich, in diesem Bereich nur zwei statt wie bisher drei Schichten zu verfahren. Dadurch entfalle der Beschäftigungsbedarf für eine Führungskraft. Sie habe deshalb die Entscheidung getroffen, die Anzahl der Arbeitsplätze im Bereich der Vorarbeiter/Schichtführer von bisher 32 auf 24 zu reduzieren. Im Rahmen der sozialen Auswahl habe sie den Kläger der Gruppe der Vorarbeiter/Schichtführer zugerechnet, weil die Stellung der Vorarbeiter und der Schichtführer als gleichwertig anzusehen sei und sie der gleichen hierarchischen Ebene angehörten. Um die Schichtführer auch auf der Entgeltseite den Vorarbeitern gleichzustellen, erhielten diese eine besondere Zulage von 2,22 € pro Stunde. Eine derartige Zulage hat auch der Kläger seit Mai 2003 erhalten. Sie habe abteilungsübergreifend aus den Vorarbeitern und Schichtführern eine Vergleichsgruppe gebildet. Vorarbeiter seien in ihrem Bereich für eine Mehrzahl von Maschinen oder Anlagen zuständig; Schichtführer hingegen nur für eine Großanlage. Ansonsten hätten sie eine identische Aufgabenstellung. Aus dieser Gruppe habe sie acht Mitarbeiter entlassen müssen, einer sei durch Aufhebungsvertrag ausgeschieden. Der Kläger sei auf 51 Sozialpunkte gekommen. Der nächste weiterbeschäftigte Mitarbeiter dieser Gruppe habe 67 Sozialpunkte erreicht. Mit normalen Chemiewerkern und Maschinenführern sei der Kläger schon wegen seines Verdienstes nicht vergleichbar. Außerhabe habe er gegenüber den ihm zugeteilten Mitarbeitern eine Vorgesetztenfunktion innegehabt. Der Kläger hat die Ausführungen der Beklagten zur wirtschaftlichen Situation als unverständlich und nicht nachvollziehbar bezeichnet. Er meint, die Beklagte habe den auswahlrelevanten Personenkreis fehlerhaft gebildet. Er sei als einfacher Produktionsmitarbeiter eingestellt und vornehmlich in der Abteilung Folie eingesetzt worden. Im Juli 2003 sei ihm mitgeteilt worden, dass er nunmehr als sog. "Schichtführer" eingesetzt werde. Er erhalte dafür eine "Schichtführerzulage/Vertretungszulage" in Höhe von 15 % des Grundgehaltes. Seine Stellung sei mit der eines Vorarbeiters nicht vergleichbar. Führungsaufgaben habe er nicht ausgeübt, sondern anderen Mitarbeitern lediglich gezeigt, wie die Maschinen zu bedienen seien. Nach Tätigkeit und Vergütung sei er mit allen Chemiewerkern, jedenfalls aber mit den Maschinenführern vergleichbar. Nur in der Abteilung Folie gäbe es sog. Schichtführer, in der Kunststoffabteilung aber nur Maschinenführer, die aber dieselbe Funktion wie Schichtführer hätten. Bezüglich Aufgabenstellung und Verdienst seien Schichtführer und Maschinenführer vergleichbar. Er sei als Schichtführer eingesetzt worden, weil er sich an den Maschinen besser ausgekannt und andere Mitarbeiter in deren Bedienung eingewiesen habe. Führungsaufgaben gegenüber anderen Mitarbeitern habe er nicht gehabt und nicht wahrgenommen. Der einzige Unterschied zu den Produktionsmitarbeitern bestehe darin, dass er eine "Vertretungszulage" von 15 % erhalte. Die Vorarbeiter seien hingegen in die Vergütungsgruppe E 4 eingestuft und ihm schon deshalb nicht gleichgestellt. Die Maschinenführer hätten in die Sozialauswahl einbezogen werden müssen. In der Abteilung KU gäbe es mindestens drei Maschinenführer mit einer geringeren Anzahl von Sozialpunkten. Sein bisheriger Vertreter an der Maschinen in der Abteilung Folie, der Kollege Z. M3xxxxx habe seine Position übernommen, erreiche aber weniger Sozialpunkte. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 05.05.2004 antragsgemäß festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.01.2004 nicht zum 29.02.2004 beendet worden ist. Es hat die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt und den Streitwert auf 8.700,00 € festgesetzt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Beklagte habe betriebsbedingte Gründe nicht hinreichend vorgetragen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen. Mit ihrer Berufung will die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt sie vor, das Arbeitsgericht habe die Anforderungen an den darzustellenden Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses überspannt. Es handele sich vorliegend um eine betriebsbedingte Kündigung aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung, über die sie mit dem Betriebsrat umfassend verhandelt habe. Die Zusammenlegung der Betriebsabteilungen Konfektion und Folie und die damit einhergehende Umgestaltung der Arbeitsabläufe habe Einfluss auf die erforderlichen Beschäftigungskapazitäten. Die Materialdisposition dieser beiden Bereiche könne jetzt von einem Maschinenführer erledigt werden. Zu einer weiteren Entlastung der Vorarbeiter von Logistikaufgaben sei es durch den Abbau von Maschinen und Anlagen gekommen. Die Führungskräfte hätten aufgrund der im Einzelnen dargestellten Einflussfaktoren die Prognoseentscheidung getroffen, im Bereich Vorarbeiter/Schichtführer künftig mit weniger Arbeitsplätzen auszukommen. Dies werde durch eine Straffung der Arbeitsabläufe in allen Bereichen unterstützt. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und tritt dem Vorbringen des Beklagten entgegen. Er bestreitet die Zusammenlegung der Produktionsbereiche Konfektion und Folie und die von der Beklagten dargestellte Änderung der Arbeitsabläufe. In der Berufungsinstanz ist unstreitig geworden, dass der Maschinenführer M3xxxxx, mit dem sich der Kläger für vergleichbar hält, 47 Sozialpunkte aufweist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. I Die angefochtene Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG n.F. sozialwidrig, weil die Beklagte bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt hat. 1. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob betriebsbedingte Gründe im Sinne eines dringenden betrieblichen Erfordernisses vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG entgegen stehen. Allerdings folgt das Berufungsgericht nicht der Auffassung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe solche Gründe nicht hinreichend dargelegt. Dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder aus außerbetrieblichen Gründen ergeben. Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Vorliegend hat die Beklagte hinreichend deutlich gemacht, dass sie sich aus wirtschaftlichen Gründen veranlasst gesehen hat, die Anzahl der Arbeitsplätze im Bereich Vorarbeiter/Schichtführer von bisher 32 auf 24 zu reduzieren. Ob die dafür angeführten wirtschaftlichen Gründe tatsächlich zutreffen, kann offen bleiben. Maßgebend ist allein, dass die betrieblichen Führungskräfte aufgrund der Umgestaltung der Arbeitsplätze und der Zusammenlegung der Abteilungen Konfektion und Folie sowie weiterer Maßnahmen zu der Einschätzung gelangt sind, die Personalkapazitäten im Bereich Vorarbeiter/Schichtführer in dem genannten Umfang zu reduzieren. Dass diese Entscheidung wie von der Beklagten dargestellt tatsächlich getroffen worden ist, muss aufgrund der Maßnahmebeschreibung im Interessenausgleich und der der Betriebsratsanhörung beigefügten Anlage bejaht werden. Auf diesem Wege hat die Entscheidung der Beklagten Außenwirkung und damit Verbindlichkeit erlangt. Es ist ohne qualifizierten Widerspruch geblieben, dass die Beklagte den geschilderten Abbau der Arbeitsplätze und die Umstrukturierung der Arbeitsabläufe noch während des Lauf der Kündigungsfristen umgesetzt hat. Die Beklagte hat ferner plausibel dargelegt, warum die Führungskräfte des Unternehmens einen um acht Arbeitsplätze verringerten Beschäftigungsbedarf prognostiziert haben. Die Entlassungen der betroffenen acht Mitarbeiter sind veranlasst worden, so dass auch dies für eine auf Dauer angelegte Umsetzung der geschilderten Umstrukturierung spricht. Die getroffene Organisationsentscheidung und den dadurch bedingten Wegfall der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für acht Mitarbeiter sind dem Betriebsrat im Rahmen der Kündigungsanhörung im Einzelnen mitgeteilt worden. Schon deshalb und weil auf die im Interessenausgleich allgemein beschriebenen Personalanpassungsmaßnahmen Bezug genommen wird, kann ihnen der Charakter der Verbindlichkeit nicht abgesprochen werden. 2. Die Überprüfung der sozialen Auswahl ist gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung nicht auf den Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit beschränkt. Die Kündigung ist zwar nach Inkrafttreten der Neufassung des Kündigungsschutzgesetzes ausgesprochen worden, so dass § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG anzuwenden ist. Es fehlt aber an der gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG erforderlichen Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer, die Bestandteil des Interessenausgleichs sein muss, um die Vermutungswirkung der Betriebsbedingtheit der Kündigung auszulösen und die Überprüfung der sozialen Auswahl einzuschränken. Eine solche Namensliste haben die Betriebsparteien vorliegend in dem Interessenausgleich vom 11.12.2003, der noch unter der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes a.F. zustande gekommen ist, nicht vereinbart. 3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Maschinenführer M3xxxxx in die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer einzubeziehen. Der Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer richtet sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also nach der ausgeübten Tätigkeit. Der kündigungsbedrohte Arbeitnehmer muss die Funktion eines anderen Arbeitnehmers, dessen Arbeitsplatz nicht weggefallen ist, wahrnehmen können. Dabei vollzieht sich die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer immer nur auf derselben Ebene der Betriebshierarchie und setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einseitig auf einen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann (st. Rspr. des BAG vgl. zuletzt BAG vom 03.06.2004 - 2 AZR 577/03 - DB 2005, 231 und vom 17.09.1998 - 2 AZR 725/97 - NZA 1998, 1332). Die Abgrenzung der für die Sozialauswahl in Betracht kommenden Arbeitnehmer kann danach vorgenommen werden, ob sie kraft Direktionsrechts mit anderen Aufgaben betraut werden können oder ob es dafür einer Änderungskündigung bedarf (ErfK-Ascheid, 4. Aufl., § 1 Rdnr. 481). Die einzubeziehenden Arbeitnehmer müssen nach dem Inhalt ihres Arbeitsvertrages vergleichbar sein. Die Austauschbarkeit vollzieht sich daher grundsätzlich nur auf der gleichen horizontalen Ebene. Arbeitnehmer einer darunter liegenden hierarchischen Ebene sind ebenso wenig einzubeziehen wie Arbeitnehmer, deren Status erst durch eine Beförderung erlangt werden könnte. a) In Anwendung dieser Grundsätze kann der Kläger den Vorarbeitern schon deswegen schon gleichgestellt werden, weil diese in die Vergütungsgruppe E 4 eingruppiert sind und sich der Inhalt ihres Arbeitsvertrages von dem des Kläger, der als Chemiearbeiter eingestellt worden ist, unterscheidet. Die Ausgleichszahlung ändert nichts daran, dass der Kläger genau wie der Maschinenführer M3xxxx in die Vergütungsgruppe E 2 eingruppiert ist. Die Position des Klägers als "Schichtführer" ist arbeitsvertraglich nicht abgesichert. Sein Arbeitsvertrag ist nicht geändert worden. Dem Vortrag der Beklagten kann nicht einmal entnommen werden, dass die angebliche Vorgesetztenfunktion des Klägers Verbindlichkeit erlangt hat, weil ihm dieser Status mit Außenwirkung für den Betrieb verliehen oder in sonstiger Form zuerkannt worden wäre. Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass sie innerhalb der betrieblichen Hierarchie zwischen Werkern, Maschinenführern, Schichtführern/Vorarbeitern und Meistern differenziert. Selbst wenn - wie sie behauptet - der Kläger als Schichtführer gegenüber den Maschinenführern weisungsbefugt war, ändert dies nichts daran, dass es sich bei der sog. Schichtführerstellung des Klägers um eine rein faktische, arbeitsvertraglich aber nicht abgesicherte Position handelte. Nach der Darstellung des Klägers erhielt er die Vertreterzulage nur dann, wenn er die Funktion eines Schichtleiters auch tatsächlich ausübte. Unwidersprochen geblieben ist die Behauptung des Klägers, ihm sei ihm Juni 2003 lediglich mitgeteilt worden, dass er nunmehr als sog. Schichtführer eingesetzt werde und dafür eine Schichtführerzulage erhalte. Gemäß Nr. 3 des Arbeitsvertrages stehen alle übertariflichen Zulagen unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit und des jederzeitigen Widerrufs. Damit fehlt es an einer Schranke, die eine Vergleichbarkeit des Klägers mit dem Maschinenführer M3xxx, der ebenfalls in die Vergütungsgruppe E 2 eingruppiert ist, verbietet. Ebenso wie bei der Konkretisierung der Arbeitspflicht würde es dem Schutzzweck des § 1 Abs. 3 KSchG widersprechen, wenn es allein auf die Zuordnungsentscheidung der Beklagten ankäme (vgl. BAG, Urteil vom 03.06.2004 - 2 AZR 577/03 - unter C 2. b) der Gründe). b) Ob der Kläger wie er meint mit normalen Produktionsmitarbeitern vergleichbar ist, kann offen bleiben. Jedenfalls ist er im Rahmen der sozialen Auswahl mit dem Maschinenführer M3xxx vergleichbar, weil sie untereinander austauschbar sind. Nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung des Klägers hat M3xxxxx die Position des Klägers an der Maschine in der Abteilung Folie übernommen. Austauschbarkeit ist nicht nur bei völliger Identität der Arbeitsplätze gegeben, sondern auch dann, wenn der Beschäftigte aufgrund seiner bisherigen Aufgaben im Betrieb und aufgrund seiner beruflichen Qualifikation dazu in der Lage ist, die andersartige, aber gleichwertige Arbeit eines Kollegen zu verrichten (vgl. BAG vom 17.02.2000 - 2 AZR 142/99 - NZA 2000, 822 unter II 1. a) der Gründe). In diesem Sinne ist der Kläger mit den Maschinenführern nach Tätigkeit und Inhalt des Arbeitsvertrages vergleichbar. c) Ist der Maschinenführer M3xxxxx mit dem Kläger vergleichbar, erweist sich die von der Beklagten getroffene soziale Auswahl unter Zugrundelegung der vereinbarten Auswahlrichtlinien als fehlerhaft. Die Gewichtung der vereinbarten Sozialdaten ergibt nämlich zugunsten des Klägers 51 Sozialpunkte, während M3xxxxx nur 47 Sozialpunkte aufzuweisen hat. Für einen Bewertungsspielraum der Beklagten oder die Beschränkung der Überprüfung der sozialen Auswahl auf grobe Fehlerhaftigkeit gemäß § 1 Abs. 4 KSchG ist kein Raum. Haben die Betriebsparteien wie im vorliegenden Fall die Regeln der sozialen Auswahl festgelegt, muss der Arbeitgeber sich danach richten. Die grobe Fehlerhaftigkeit gemäß § 1 Abs. 4 KSchG bezieht sich auf den Inhalt der kollektivrechtlichen Regelung, erlaubt aber nicht, den Normenvollzug des Arbeitgebers nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen (ErfK-Ascheid, 4. Aufl., § 1 KSchG Rdnr. 520). Dies entspricht dem Selbstverständnis der Beklagten, die entscheidend auf die innerhalb des auswahlrelevanten Personenkreisen erreichte Punktzahl abstellt. § 1 Abs. 4 KSchG eröffnet den Betriebspartnern nur bei der Gewichtung der sozialen Daten einen Beurteilungsspielraum bis hin zum Grad der groben Fehlerhaftigkeit. Eine derartige Fehlerhaftigkeit der Auswahlrichtlinien lässt sich hier nicht feststellen, denn die Grundkriterien gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung werden ausreichend berücksichtigt (vgl. BAG vom 02.12.1999 - 2 AZR 757/98 - DB 2000, 1338). II Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen. Für die Zulassung der Revision bestand gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung, denn der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Entscheidung weicht nicht von der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung ab.

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