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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 1233/08
Rechtsgebiete: BGB, TzBfG


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 1
TzBfG § 8 Abs. 3
TzBfG § 8 Abs. 4
TzBfG § 8 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.07.2008 - 3 Ca 285/08 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 23.07.1964 geborene Klägerin, die verheiratet ist und zwei Kinder hat war bei der Beklagten, einer Textilveredelung seit dem 26.04.1989 als vollzeitbeschäftigte Mitarbeiterin im Prüflabor gegen eine monatliche Vergütung von 1.972,00 € brutto tätig. Sie wendet sich mit der vorliegenden Klage gegen die von der Beklagten am 25.02.2008 ausgesprochene fristlose Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses und die nachfolgende fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 20.03.2008 zum 30.09.2008.

Am 29.09.2007 endete die im Oktober 2002 begonnene Elternzeit der Klägerin. Mit Schreiben vom 16.06.2007 beantragte die Klägerin die Verringerung ihrer Arbeitszeit auf 4 Stunden und verband dies mit dem Wunsch, wegen der Betreuung ihrer beiden Kinder nur in der Zeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr zu arbeiten.

Der Teilzeitwunsch der Klägerin wurde zwischen den Parteien in einem persönlichen Gespräch am 20.07.2007 erörtert. Die Beklagte teilte der Klägerin noch am selben Tag folgendes mit:

"Ihr Antrag auf Teilzeitarbeit / Erörterungsgespräch am 20.07.2007

Sehr geehrte Frau P2,

in Nachgang zu unserem heutigen Erörterungsgespräch fasse ich, wie besprochen, nochmal folgendermaßen zusammen:

Ihre Elternzeit endet zum 29.09.2007. Sie haben einen Teilzeitantrag gestellt, mit einer gewünschten Arbeitszeit von 8-12 Uhr. Aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ist Ihre Einsatzmöglichkeit auf das Prüflabor beschränkt.

Das Prüflabor ist derzeit mit einer Teilzeit- und einer Vollzeitkraft besetzt.

Teilzeitkraft: Mo-Fr 06.00 - 10.15 Uhr

Vollzeitkraft: Mo-Do 07.00 - 15.15 Uhr und Fr. 07.00 - 13.15 Uhr

Der Arbeitsanfall fällt besonders bei Schichtbeginn (06.00 Uhr) in den frühen Morgenstunden an. Der Schaffung eines weiteren Teilzeitarbeitsplatzes steht die rückläufige Auftragslage entgegen. Aus organisatorischen Gründen ist ein Teilzeitarbeitsplatz von

08.00 - 12.00 Uhr im Prüflabor unmöglich. Eine andere Einsatzmöglichkeit, die Ihrer Gesundheit und fachlichen Qualifikation entspricht, ist im Unternehmen nicht vorhanden.

Wir bieten Ihnen nunmehr 3 Möglichkeiten an:

1. Sie übernehmen die Stelle der Teilzeitkraft im Prüflabor.

2. Sie übernehmen die Stelle der Vollzeitkraft im Prüflabor.

3. Sollten Sie Möglichkeit 1 und 2 ablehnen, bliebe die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 29.09.2007 im beiderseitigen Einvernehmen.

Bitte teilen Sie uns rasch mit, wie Sie sich entscheiden. Spätestens jedoch zum 24.08.2007 sehen wir Ihrer Antwort entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

F1 B3 GmbH & CO. KG"

In der Folgezeit versuchte die Klägerin vergeblich, bei der Beklagten die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit von 08.00 bis 12.00 Uhr arbeitstäglich zu erreichen. Mit Schreiben vom 22.08.2007 teilte die Beklagte der Klägerin erneut mit, dass sie zwar grundsätzlich mit einer Teilzeittätigkeit einverstanden sei, müsse aber die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr aus entgegenstehenden betrieblichen Gründen ablehnen. Der Vorschlag der Klägerin, die Vollzeitkraft könne bereits um 06.00 Uhr die Arbeit aufnehmen, würde dazu führen, dass das Prüflabor von 14.15 Uhr bis 15.15 Uhr nicht mehr besetzt sei. Dies sei aus betrieblicher Sicht unmöglich. Auf den Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 22.08.2008 (Bl. 11 d. A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 27.09.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Elternzeit am 28.09.2007 ende und am 01.10. und 02.10.2007 Kurzarbeit angemeldet sei. Sie werde aufgefordert, ihre Tätigkeit am 04.10.2007 um 07.00 Uhr im Prüflabor aufzunehmen.

Die Klägerin teilte der Beklagten am 02.10.2007 mit, sie werde am 04. und 05.10.2007 arbeitstäglich vier Stunden von 07.00 Uhr bis 11.00 Uhr arbeiten. Ab dem 08.10.2007 biete sie ihre Arbeitskraft täglich von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr zzgl. der betrieblichen Pausen an. Die Klägerin verließ ihre Arbeitsstelle am 04.10. und 05.10.2007 gegen 11.00 Uhr bzw. 11.30 Uhr.

Mit Schreiben vom 09.10.2007 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung, weil sie am 08.10.2007 ihre Arbeit im Prüflabor um 08.00 Uhr aufgenommen und 12.00 Uhr beendet habe. Da sie der beantragten Teilzeittätigkeit und der gewünschten Arbeitszeit von 08.00 bis 12.00 Uhr ausdrücklich widersprochen habe, erblicke sie in dem Verhalten der Klägerin ein eigenmächtiges Festlegen und Beenden der Arbeitszeit. Sie kündigte an, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen, wenn die Klägerin weiterhin eigenmächtig um 08.00 Uhr erscheine und um 12.00 Uhr ihren Arbeitsplatz verlasse.

Mit Klageschrift vom 08.10.2007 beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht, die Beklagte zu verpflichten, ab dem 04.10.2007 der Verringerung der Arbeitszeit von 4 Stunden täglich, abzuleisten von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr, zuzustimmen. Zur Begründung bezog sie sich auf ihren im Juli 2007 geäußerten Teilzeitwunsch und erläuterte, dass eine Arbeitszeit von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr mit ihren elterlichen Pflichten kollidierte. Aus tatsächlichen Gründen komme lediglich die geltend gemachte Arbeitszeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr in Betracht. Die Beklagte habe sich zwar grundsätzlich mit ihrer Teilzeittätigkeit einverstanden erklärt, jedoch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit abgelehnt. Die dafür gegebene Begründung sei nicht durchschlagend. Da die Beklagte auf Ableistung der Arbeit als Vollzeitkraft bestehe, sei Klage geboten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 05.02.2008 in dem Verfahren 2 Ca 1607/07 abgewiesen mit der Begründung, die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen der Klägerin festzulegen. Dem Begehren der Klägerin stünden betriebliche Gründe entgegen. Da sie ihren Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit fest mit der von ihr geltend gemachten Verteilung der Arbeitszeit verbunden habe, sei die Klage insgesamt abzuweisen.

Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht Hamm in dem Verfahren 10 Sa 415/08 durch Urteil vom 25.06.2008 zurückgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Die Klägerin war bis einschließlich 07.02.2008 arbeitsunfähig krank. Am 06.02.2008 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, dass die Klägerin ihre Arbeit im Prüflabor am 07.02.2008 in der Zeit von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr aufnehmen werde. Am selben Tag erhielt die Klägerin ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten, in dem es heißt, die Beklagte erwarte, dass die Klägerin ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachkomme und ihre Arbeit ab Donnerstag, dem 07.02.2008 in Vollzeit von 07.00 Uhr bis 15.15 Uhr ableiste. Um jeglichen Unklarheiten vorzubeugen werde klargestellt, dass die Nichterfüllung der arbeitsvertraglichen Pflicht zur Vollzeittätigkeit eine schwerwiegende Verfehlung darstelle und einen wichtigen Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung bilde. Sollte die Klägerin ihre Tätigkeit am 07.02.2008 bereits um 06.00 Uhr aufnehmen und um 10.15 Uhr beenden, werde die Beklagte neben der Anhörung des Betriebsrats den erforderlichen Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung beim zuständigen Integrationsamt stellen und nach der Zustimmung das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen. Zur Vermeidung des Verlustes ihres Arbeitsplatzes werde die Klägerin daher aufgefordert, unbedingt ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen in vollem Umfang nachzukommen.

In der Zeit vom 07.02. bis 25.02.2008 arbeitete die Klägerin arbeitstäglich von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr.

Nachdem das Integrationsamt am 22.02.2008 die Zustimmung zur Kündigung erteilte, kündige die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 25.02.2008 fristlos und erneut am 20.03.2008 fristgemäß zum 30.09.2008.

Die Klägerin hält beide Kündigungen für unwirksam. Sie vertritt den Standpunkt, die Parteien hätten sich auf eine Teilzeittätigkeit mit der Verteilung der Arbeitszeit von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr geeinigt, nachdem ihrem Wunsch, in der Zeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr zu arbeiten nicht entsprochen worden sei.

Demgegenüber hält die Beklagte die fristlose Kündigung für begründet, weil die Klägerin mit der Durchsetzung ihres Teilzeitwunsches und der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit gescheitert sei. Es habe daher nach wie vor ein Vollzeitarbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden. Die Klägerin sei auf ihr eigenmächtiges, vertragswidriges Verhalten mit Schreiben vom 06.02.2008 ausdrücklich hingewiesen worden. Zusätzlich habe die Personalleiterin, Frau M1, der Klägerin bei Arbeitsaufnahme am 07.02.2008 im Beisein des Betriebsratsvorsitzenden das Schreiben vom 06.02.2008 persönlich übergeben und die Klägerin auf die Konsequenzen des Ausspruchs einer außerordentlichen Kündigung hingewiesen. Die Klägerin habe aber eigenmächtig zur Selbstjustiz gegriffen und ihre Arbeitszeiten entgegen den arbeitsvertraglichen Verpflichtungen selbst bestimmt und abgeändert. Der Betriebsrat sei über den Sachverhalt und das abweisende Urteil des Arbeitsgerichts Detmold im Einzelnen informiert worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils und den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 10.07.2008 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die am 25.02.2008 zugegangene Kündigung vom selben Tag nicht aufgelöst worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits den Parteien je zur Hälfte auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, für die fristlose Kündigung gäbe es zwar einen wichtigen Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB, denn die Klägerin habe die ihr obliegende Arbeitspflicht beharrlich verletzt. Da die Klägerin das Angebot der Beklagten auf Verringerung der Arbeitszeit mit einer Verteilung von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr nicht angenommen habe, sei die Klägerin verpflichtet gewesen, ihre Arbeitsleistung in der Zeit von 07.00 Uhr bis 15.15 Uhr in Vollzeit zu erbringen. Die Klägerin dürfe die von ihr gewünschte Arbeitszeitreduzierung nicht eigenmächtig durch Fernbleiben selbst vollziehen. Im Rahmen der Interessenabwägung sei aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin bis zum Ausspruch der fristlosen Kündigung fast zwei Wochen ohne Beanstandung mit der von ihr gewünschten Arbeitszeitverteilung gearbeitet habe. Zu Gunsten der Klägerin sprächen außerdem ihre fast 19-jährige Betriebszugehörigkeit und ihre Unterhaltspflichten, so dass der Beklagten die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist nicht unzumutbar gewesen sei. Das Arbeitsverhältnis sei daher erst durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 20.03.2008 mit Ablauf des 30.09.2008 aufgelöst worden.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin will die Feststellung erreichen, dass das Arbeitsverhältnis auch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 20.03.2008 nicht aufgelöst worden ist. Die Beklagte erstrebt mit ihrer Berufung die Abweisung der Klage insgesamt.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Rechtsmittels vor, das Arbeitsgericht habe § 8 TzBfG verkannt. Sie habe ihre Arbeitspflichten nicht beharrlich verletzt, denn sie sei nicht verpflichtet gewesen, von 07.00 Uhr bis 15.15 Uhr zu arbeiten. Sie habe den Verteilungswunsch ihrer Arbeitszeit mit ihren zwei Kindern im Kindergartenalter begründet. Daraufhin habe die Beklagte mitgeteilt, dass eine Teilzeittätigkeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr nicht in Frage kommt, sondern lediglich von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr. Gleichzeitig habe die Beklagte angeboten, dass Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufzulösen. Weitere Verhandlungen über die zeitliche Verteilung ihres Teilzeitwunsches hätten sich angeschlossen. Mit Schreiben vom 22.08.2008 habe die Beklagte schließlich mitgeteilt, dass sie sich zwar grundsätzlich mit einer Teilzeittätigkeit der Klägerin einverstanden erklären könne, die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr aber aus entgegenstehenden betrieblichen Gründen ablehne. Der in 2 Ca 1607/07 geführte Rechtsstreit habe sich ausschließlich gegen die Nichtgewährung der gewünschten Arbeitszeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr gerichtet. Zwischen dem Anspruch auf Einräumung einer Teilzeitarbeit und der zeitlichen Verteilung der Arbeitszeit müsse differenziert werden. Aus § 8 Abs. 5 TzBfG ergebe sich, dass sich die Arbeitszeit in dem von der Arbeitnehmerin gewünschten Umfang verringere, wenn der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat nach dem gewünschten Beginn schriftlich ablehne. Deshalb sei zwischen den Parteien ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit der Verteilung der Arbeitszeit von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr zustande gekommen. Weil sie zwei Kinder zu versorgen habe und außerdem schwerbehindert sei, sei auch eine fristgemäße Kündigung sozial nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin beantragt,

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

2. Das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 20.03.2008 nicht zum 30.09.2008 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 14.08.2008 - 3 Ca 285/08 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihres Rechtsmittels vor, das eigenmächtige Arbeitszeitverhalten der Klägerin rechtfertige den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Sie habe die Klägerin nur deshalb fast zwei Wochen gewähren lassen, weil sie zunächst die erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes hätte abwarten müssen. Unmittelbar nach Erhalt der Zustimmung habe sie die fristlose Kündigung ausgesprochen. Die beharrliche Vertragspflichtverletzung der Klägerin sei im Rahmen der Interessenabwägung zu ihren Lasten zu bewerten. Es könne nicht ausschlaggebend sein, dass die Klägerin aufgrund falscher anwaltlicher Beratung einem Rechtsirrtum erlegen sei. Zu Gunsten der Klägerin dürfe auch nicht ins Gewicht fallen, dass sie ursprünglich im Juli 2007 zu einer Teilzeitbeschäftigung von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr bereit gewesen sei.

Im Übrigen verteidigt die Beklagte das erstinstanzliche Urteil und tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die zu Protokoll ergebenen Erklärungen in der Berufungsverhandlung vom 17.12.2008 (Bl. 164 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässigen Berufungen beider Parteien bleiben erfolglos. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet, denn das Arbeitsgericht hat zu Recht die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung der Beklagten vom 25.02.2008 festgestellt. Unbegründet ist aber auch die Berufung der Klägerin, denn das Arbeitsverhältnis ist durch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 20.03.2008 mit Ablauf des 30.09.2008 wirksam aufgelöst worden.

I.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin durch ihr eigenmächtiges Arbeitsverhalten ab 07.02.2008 gemäß § 626 Abs. 1 BGB einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses herbeigeführt hat. Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung war es der Beklagten aber aufgrund hier gegebenen Umstände und der Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht unzumutbar, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. Daher ist das Arbeitsverhältnis erst am 30.09.2008 wirksam aufgelöst worden.

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das bestandene Vollzeitarbeitsverhältnis nicht durch ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit der Verteilung der arbeitstäglichen Arbeitszeit von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr abgelöst worden. Dem Arbeitsgericht ist darin beizupflichten, dass die Klägerin arbeitsvertraglich verpflichtet war, ihre Arbeitsleistung in der Zeit von 07.00 Uhr bis 15.15 Uhr in Vollzeit zu erbringen. Die Arbeitszeit der Klägerin hat sich weder von Gesetzes wegen gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG verringert, noch haben die Parteien eine vertragliche Vereinbarung über eine Teilzeitbeschäftigung getroffen.

a) Die Auffassung der Klägerin, es sei ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit der von der Beklagten vorgeschlagenen Arbeitszeit von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr zustande gekommen, ist unzutreffend. Aus § 8 Abs. 5 TzBfG kann die Klägerin ihre Auffassung nicht herleiten. Gemäß § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG gilt die vom Arbeitnehmer gewünschte Verteilung der Arbeitszeit nur dann als festgelegt, wenn die Arbeitsvertragsparteien kein Einvernehmen über die Verteilung der Arbeitszeit erzielt haben und der Arbeitgeber die gewünschte Verteilung nicht spätestens einen Monat vor dem Beginn der Arbeitszeitverringerung zurückgewiesen hat. Davon kann vorliegend keine Rede sein, denn die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 20.07.2007 und 22.08.2007 unmissverständlich die von der Klägerin gewünschte Arbeitszeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr abgelehnt. Die Klägerin hat vorliegend ihren Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit mit einer bestimmten Verteilung der verringerten Arbeitszeit verbunden. Sie trägt selbst vor, dass sie bei dem Gespräch im Juli 2007 den Wunsch geäußert habe, ihre Arbeitszeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr festzulegen, weil nur dann die Betreuung ihrer Kinder sichergestellt sei. Damit hat sich die Beklagte nicht einverstanden erklärt, sondern der Klägerin alternativ angeboten, entweder als Teilzeitkraft von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr oder als Vollzeitkraft von 07.00 Uhr bis 15.15 Uhr bzw. 13.30 Uhr zu arbeiten. Darauf ist die Klägerin nicht eingegangen. Sie hat vielmehr vergeblich versucht, ihren Teilzeitwunsch gerichtlich durchzusetzen. Auch in dem Vorverfahren Arbeitsgericht Detmold - 2 Ca 1607/07 - hat die Klägerin ihr Teilzeitbegehren mit der Verteilung der Arbeitszeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr verknüpft, denn sie hat in der Klageschrift ausgeführt, für sie käme nur eine Beschäftigung in dem geltend gemachten Arbeitszeitrahmen von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr in Betracht. Deshalb sind sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht in dem Vorprozess von einer festen Verbindung des Antrags auf Verringerung der Arbeitszeit mit der geltend gemachten Verteilung der Arbeitszeit ausgegangen.

Vorliegend hat die Beklagte wie gesetzlich vorgeschrieben, sowohl die Verringerung der Arbeitszeit als auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit mit der Klägerin erörtert, § 8 Abs. 3 TzBfG. Der Antrag der Klägerin ist von der Beklagten zu Recht angelehnt worden, weil schon kein Anspruch der Klägerin auf die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr bestand (BAG, 24.06.2008, 9 AZR 514/07, DB 2008, 2543 und vom 23.11.2004, 9 AZR 644/03, NZA 2005, 1739).

Nachdem die Beklagte das Teilzeitverlangen der Klägerin wegen der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit zu Recht abgelehnt hatte, konnte die Klägerin ihren Arbeitszeitverteilungswunsch nicht mehr ändern und sich den Vorschlag der Beklagten, von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr zu arbeiten, nicht mehr zueigen machen. Der geänderte Verteilungswunsch der Klägerin wäre nur unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 6 TzBfG durchsetzbar gewesen (BAG, 24.06.2008, 9 AZR 514/07, DB 2008, 2543).

b) Eine vertragliche Vereinbarung über die Änderung des bestehenden Vollzeitarbeitsvertrages in einen Teilzeitarbeitsvertrag mit einer von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr zu leistenden Tätigkeit ist nicht zustande gekommen. Eine Änderungsvereinbarung setzt den übereinstimmenden Willen der Arbeitsvertragsparteien voraus. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Völlig zu Recht verweist das Arbeitsgericht auf § 150 Abs. 2 BGB, wonach die Annahme eines Vertragsangebots unter Erweiterungen oder Einschränkungen als Ablehnung zu verstehen ist verbunden einem neuen Antrag. Das von der Beklagten unterbreitete Angebot einer Arbeitszeit von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr hat die Klägerin aber nicht angenommen. Sie ist darauf erst eingegangen, nach dem das Arbeitsgericht in erster Instanz ihre Klage auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit abgewiesen hatte. Zu diesem Zeitpunkt war die Beklagte gemäß § 145 BGB an das mit Schreiben vom 22.07.2007 unterbreitete Angebot nicht mehr gebunden, denn es war mangels rechtzeitiger Annahme durch die Klägerin gemäß § 146 BGB erloschen. Bereits in dem Abmahnungsschreiben vom 09.10.2007 hatte die Beklagte auf das eigenmächtige Arbeitszeitverhalten der Klägerin hingewiesen, weil sie, die Beklagte, der beantragten Teilzeittätigkeit widersprochen habe.

2. Die von der Klägerin ab 07.02.2008 eigenmächtig von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr festgelegte Arbeitszeit widersprach demzufolge ihren Verpflichtungen aus dem unverändert weiterbestehenden Vollzeitarbeitsverhältnis. Es ist anerkannt, dass die eigenmächtige Realisierung eines abgelehnten Teilzeitwunsches eine fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB rechtfertigen kann (Hessisches LAG, 08.07.1999, 14 Sa 1613/98, LAGE § 626 BGB Nr. 125 a; LAG Hamm, 23.04.2008, 3 Sa 162/08; Diller, NZA 2001, 589, 590; Beckschulze, DB 2000, 2598, 2604; ErfK-Preis, 8. Aufl. § 8 TzBfG Rn. 50). Die Selbstvollstreckung des Arbeitszeitwunsches durch die Arbeitnehmerin ist Arbeitsverweigerung und kündigungsrechtlich in ähnlicher Weise zu behandeln wie der eigenmächtige Urlaubsantritt (vgl. BAG, 20.01.1994, 2 AZR 521/93, NZA 1994, 1042).

Gleichwohl ist die außerordentliche Kündigung nach den hier gegebenen Umständen und der Abwägung der beiderseitigen Interessen ein zu hartes Mittel. Zu berücksichtigen sind die 19-jährige Betriebszugehörigkeit der Klägerin und ihre Unterhaltspflichten gegenüber zwei Kindern. Ein gravierendes Verschulden kann ihr nicht zu Last gelegt werden, denn sie handelte offenbar aufgrund einer falschen Beratung durch ihren Rechtsbeistand. In der Berufungsverhandlung ist zu Tage getreten, dass der Klägerin daran gelegen war, ihr Arbeitsverhältnis fortzusetzen, ohne die Betreuung ihrer beiden Kinder zu vernachlässigen. Die Eheleute haben vor diesem Hintergrund besondere Anstrengungen unternommen, um der Klägerin zu ermöglichen, ihrer Tätigkeit in der Zeit von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr nachzugehen. Allerdings hätte die Klägerin ihren Rechtsirrtum vermeiden können, denn sie ist in dem Schreiben der Beklagten vom 06.02.2008 unmissverständlich auf ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen aus dem nach wie vor bestehenden Vollzeitarbeitsverhältnis hingewiesen worden. Es fällt auch ins Gewicht, dass das Teilzeitverlangen der Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits durch das am 05.02.2008 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Detmold zurückgewiesen worden war. Andererseits ist nicht ersichtlich, dass das Arbeitszeitverhalten der Klägerin im Betrieb der Beklagten zu nachhaltigen Betriebsablaufstörungen geführt hat. In Abwägung dieser Umstände war der Beklagten die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen nicht unzumutbar, so dass sich die fristlose Kündigung vom 25.02.2008 als unwirksam erweist.

II.

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet, denn das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung der Beklagten vom 20.03.2008 unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 30.09.2008 aufgelöst worden. Die Kündigung ist aus verhaltensbedingten Gründen gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Das Arbeitszeitverhalten der Klägerin war vertragswidrig. Eine Einigung der Parteien über eine Teilzeittätigkeit mit einer täglichen Arbeitszeit von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr ist - wie bereits ausgeführt - nicht zustande gekommen. Die Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom 06.02.2008 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Klägerin dieses Angebot nicht angenommen habe und sie deshalb in Erfüllung des Arbeitsvertrages zur Vollzeitarbeit verpflichtet sei. Die Klägerin hat schuldhaft gehandelt, denn sie hätte erkennen könne, dass ihr Teilzeitwunsch insgesamt abgelehnt worden war mit der Folge, dass ein Teilzeitarbeitsverhältnis nicht bestand. Sie durfte nach den hier gegebenen Umständen nicht darauf vertrauen, dass die Beklagte mit der von ihr realisierten Arbeitszeit von 06.00 Uhr bis 10.15 Uhr einverstanden oder dass sie gesetzlich befugt war, nur in dieser Zeit arbeiten zu müssen. Das vertragswidrige Verhalten der Klägerin rechtfertigt daher nach vorangegangener Abmahnung die fristgerechte Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses.

III.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind der Klägerin gemäß § 97, 92 ZPO zu 2/3 auferlegt worden, weil sie ihr eigentliches Ziel, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, nicht erreicht hat.

IV.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht geklärt werden mussten.

Ende der Entscheidung

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