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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 28.01.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 1465/08
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG
Vorschriften:
ZPO § 233 | |
ZPO § 234 | |
ZPO § 522 Abs. 1 | |
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 1 | |
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 2 |
Tenor:
Unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags vom 02.06.2008 wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 22.02.2008 - 2 Ca 1851/07 - kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.200,00 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I
Der Kläger will die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 16.08.2007 und die Unwirksamkeit der zum 30.09.2007 ausgesprochenen fristgemäßen Kündigung feststellen lassen. Ferner hat er die Rücknahme der Abmahnung vom 05.07.2007 und die Korrektur des Zwischenzeugnisses verlangt.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 22.02.2008 verurteilt, die Abmahnung vom 05.07.2007 zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 13.03.2008 zugestellt worden. Die dagegen gerichtete Berufungsschrift des Klägers vom 01.04.2008 ist per Fax am 01.04.2008 und im Original am 08.04.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die von Rechtsanwalt Z1 nach Diktat von Rechtsanwältin C1 t2 V2-T1 unterzeichnete Berufungsbegründung vom 08.05.2008 ist beim Landesarbeitsgericht per Fax erst am 14.05.2008 um 15.10 Uhr eingegangen, das Original am 16.05.2008. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers sind mit gerichtlichem Schreiben vom 19.05.2008 auf den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung hingewiesen worden. Mit Schriftsatz vom 02.06.2008 beantragte der Kläger,
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Zur Begründung trägt er vor: Der Fristenkalender in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten werde von der zuverlässigen Angestellten Frau J2 geführt, die sowohl den Fristablauf zur Berufungseinlegung am 13.04.2008 als auch den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 13.05.2008 notiert habe. Rechtsanwältin t2 V2-T1 habe nach Kontrolle das Ablaufdatum der Berufungsbegründungsfrist am 13.05.2008 eigenhändig ebenfalls notiert. Am 08.05.2008 sei der letzte Arbeitstag der mit der Angelegenheit befassten Prozessvertreterin gewesen, die vor Antritt ihres Urlaubs Frau J2 die Akte persönlich übergeben habe mit der Bitte, an sämtliche Anlagen und die Frist zu denken. Es hätten nur noch zwei Schreibfehler in der Berufungsbegründung korrigiert werden müssen. Sie habe Rechtsanwalt Z1 gebeten, den Berufungsbegründungsschriftsatz nach Korrektur der Schreibfehler zu unterzeichnen und ihn unterrichtet, Frau J2 auf die am 13.05.2008 ablaufende Frist hingewiesen zu haben. Rechtsanwalt Z1 habe dann noch am 08.05.2008 die Berufungsbegründung unterschrieben und sie dann Frau J2 übergeben mit dem Hinweis, dass diese entsprechend der Fristeintragung fristgerecht herausgehen müsse. Die sonst zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte Frau J2 habe dann offenbar das Absenden des Faxes am 08.05.2008 schlichtweg verbummelt. Am 09.05.2008 habe Frau J2 planmäßig Urlaub gehabt. Am nächstmöglichen Absendetag, am 13.05.2008, habe Frau J2 das Absenden des Faxes ebenfalls aus unerklärlichen Gründen versäumt.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers sind der Auffassung, alle notwendigen Vorkehrungen für ein pünktliches Absenden der Berufungsbegründungsfrist vor Urlaubsantritt unternommen zu haben, so dass der Prozessvertretung des Klägers an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kein Verschulden treffe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Wiedereinsetzungsschriftsatz vom 02.06.2008 und die eingereichte eidesstattliche Versicherung von Frau J2 (Bl. 163 bis 167 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung, die ihrer Auffassung nach als unzulässig zu verwerfen sei, weil der Wiedereinsetzungseintrag unbegründet sei.
Nach Wechsel der Zuständigkeit hat das Gericht mit Schreiben vom 05.01.2009 auf das Fehlen einer wirksamen Postausgangskontrolle hingewiesen.
II
Die Berufung ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG unzulässig, weil sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des angefochtenen Urteils begründet worden ist. Der Wiedereinsetzungsantrag des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Der Wiedereinsetzungsantrag des Klägers ist gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zulässig, denn er ist innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses gestellt worden. Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass seine Prozessbevollmächtigten erst mit dem gerichtlichen Schreiben vom 19.05.2008 Kenntnis von der versäumten Frist erlangt haben.
2. Gemäß § 233 ZPO kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann gewährt werden, wenn die Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Gemäß § 85 Abs. 2 ZPO muss sich der Kläger das Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zur Postausgangskontrolle getroffen hatten. Der Rechtsanwalt muss durch organisatorische Maßnahmen gewährleisten, dass die für den Postversand vorgesehenen Schriftstücke zuverlässig auf den Postweg gebracht werden. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört eine Anordnung, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders überprüft werden (st.Rspr. des BGH; vgl. BGH 13.09.2007, III ZB 26/07, MDR 2008, 53 = BB 2007, 2316). Es muss jedenfalls sichergestellt werden, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn der fristwahrende Schriftsatz gefertigt und abgesandt oder zumindest soweit postfertig gemacht worden ist, dass die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Bei einer Übermittlung per Telefax genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (im Einzelnen BGH 14.05.2008, XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508). Die Erledigung der fristgebundenen Sachen ist am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft zu überprüfen (BGH 11.01.2001, III ZR 148/00, NJW 2001, 1577; BGH 10.05.2006, XII ZB 267/04, NJW 2006, 2412).
Deshalb reichte es im vorliegenden Fall nicht aus, Frau J2 lediglich anzuweisen, für ein fristgerechtes Absenden der Berufungsbegründung zu sorgen. Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht allgemeine organisatorische Regelungen nur dann überflüssig, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung für die Einhaltung der Frist verliert. Das ist nicht der Fall, wenn die Weisung wie hier nur dahin geht, einen Schriftsatz per Telefax fristgerecht zu übermitteln, die Fristüberschreitung aber darauf beruht, dass es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen dazu gefehlt hat, unter welchen Voraussetzungen die Frist nach Telefaxübermittlung gestrichen oder als erledigt vermerkt werden darf (BGH 23.10.2003, V ZB 28/03, NJW 2004, 367). Dem Vortrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers kann nicht entnommen werden, dass eine derartigen Anforderungen genügende Postausgangskontrolle bestand. Die Fristversäumung hätte vermieden werden können, wenn die damit befasste Mitarbeiterin angewiesen worden wäre, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang, der die ordnungsgemäße Übermittlung anzeigt, auszudrucken und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen (BGH NJW 1998, 907; BGH NJW 2044, 367, 368; BGH NJW 2006, 1519; OLG Brandenburg 26.07.2007, 12 U 96/07, Juris). Die Berufungsbegründung hätte am gleichen Tag, am 08.05.2008 oder auch noch am 09.05.2008 oder am 13.05.2008, dem Dienstag nach Pfingsten, dem LAG übermittelt werden können. Ist eine Kontrolle, ob und wann die Übermittlung fristgebundener Schriftsätze herausgegangen ist, nicht vorgesehen, kann ein Verschulden des Anwalts im Sinne einer unzureichenden Büroorganisation nicht ausgeschlossen werden.
III
Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.
Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz geändert und ist daher neu auf vier Monatsverdienste festgesetzt worden.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung, da der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Entscheidung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einklang steht.
Ende der Entscheidung
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