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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 1573/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 767
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 313
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 779
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 05.08.2008 - 4 Ca 1126/08 - abgeändert.

Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich des Arbeitsgerichts Herne vom 18.10.2007 - 4 Ca 2560/07 - wird für unzulässig erklärt.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.919,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.08.2008 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.000,00 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Rahmen einer Zwangsvollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO um Ansprüche aus dem gerichtlichen Vergleich vom 18.10.2007 - Arbeitsgericht Herne 4 Ca 2560/07 - über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2008 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 17.000,00 €.

Der Beklagte war bei der Klägerin seit dem 08.10.1990 als Außendienstmitarbeiter gegen eine monatliche Vergütung von zuletzt 2.000,00 € brutto tätig. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18.09.2007 fristgemäß zum 31.03.2008, weil sie die vom Beklagten im Jahre 2007 erzielten Umsätze als nicht zufriedenstellend ansah.

In dem Vorprozess Arbeitsgericht Herne 4 Ca 2560/07 einigten sich die Parteien im Gütetermin auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 18.09.2007 aus betrieblichen Gründen zum 31.03.2008. Die Klägerin verpflichtete sich zur Zahlung einer Abfindung an den Beklagten in Höhe von 17.000,00 €, die zum 31.03.2008 fällig werden sollte.

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis während der noch laufenden Kündigungsfrist am 27.03.2008 fristlos mit der Begründung, der Beklagte habe in mehreren Fällen Spesenbetrug begangen. Er habe im Februar 2008 an sechs Tagen auf seiner Reisekostenabrechnung eine Abwesenheit von mehr als acht Stunden angegeben und dafür den betrieblichen Spesensatz in Höhe von 6,00 € täglich in Anspruch genommen, obwohl er aufgrund der Auswertungen des GPS-Systems in dem ihm überlassenen Dienstwagen an den im Einzelnen genannten sechs Tagen eine achtstündige Abwesenheit nicht erreicht und sogar deutlich unterschritten habe. Deswegen zahlte die Klägerin an den Beklagten 36,00 € Spesen zu viel aus. In gleicher Weise habe der Beklagte an drei Tagen im März 2008 wahrheitswidrig eine Abwesenheitszeit von mehr als acht Stunden auf seiner Reisekostenabrechnung eingetragen. Diese Täuschung des Beklagten sei ihr rechtzeitig aufgefallen, so dass sie die zu Unrecht geltend gemachten Spesen für den Monat März 2008 nicht mehr ausgezahlt habe.

Die Klägerin meint, die in dem gerichtlichen Vergleich vom 18.10.2007 vereinbarte Abfindung sei wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ihre fristlose Kündigung hinfällig worden. Selbst wenn die fristlose Kündigung vom 27.03.2008 nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt geführt habe, sei durch das Verhalten des Klägers die Geschäftsgrundlage für den Vergleich und die Zahlung einer Abfindung weggefallen.

Der Beklagte hält die fristlose Kündigung für unberechtigt. Er hat vorgetragen, er habe an den betreffenden Tagen nach der angezeigten Rückankunft in E1 noch weitere Kunden besucht, um anschließend Privatangelegenheit zu erledigen.

Dem ist die Klägerin im Einzelnen entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, sie habe die Angaben des Beklagten recherchiert mit dem Ergebnis, dass die Behauptungen des Beklagten unzutreffend seien. Nach Befragung der vom Beklagten angegebenen Kunden hätte sich herausgestellt, dass der Beklagte die Kunden entweder nicht besucht oder er trotzdem eine achtmonatige Abwesenheitszeit nicht überschritten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 05.08.2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der titulierten Abfindungsforderung des Beklagten stünden Einwände der Klägerin nicht entgegen. In dem Parallelverfahren Arbeitsgericht Herne 4 Ca 986/08 habe das Gericht die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung der Klägerin vom 27.03.2008 festgestellt, so dass es nicht zu einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen sei. Selbst wenn der Beklagte den behaupteten Spesenbetrug begangen hätte, führe dies nicht zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage des Vergleichs. Es handele sich bei dem am 18.10.2007 geschlossenen Vergleich um eine Abwicklungsvereinbarung, ohne dass die Parteien weitere Kündigungsgründe ausgeschlossen hätten. Grundlage des Vergleichs sei vielmehr die Unsicherheit bezüglich des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses gewesen. Als Gegenleistung für die Anerkennung der Kündigung sei dem Beklagten eine Abfindung zugebilligt worden. Ein besonderes Wohlverhalten des Beklagten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sei nicht vereinbart worden. Die gemeinsame Vorstellung der Parteien vom künftigen Eintritt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2008 hätten sich nicht geändert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung will die Klägerin die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 18.10.2007 feststellen lassen und fordert von dem Beklagten die an ihn ausgezahlten 13.919,40 € zurück. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt sie vor, ein Aufhebungsvertrag stehe regelmäßig unter der aufschiebenden Bedingung, dass das Arbeitsverhältnis bis zum vereinbarten Auflösungszeitpunkt fortgesetzt werde. Bei einer außerordentlichen, vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfalle der Abfindungsanspruch. Bei Abschluss des Vergleichs habe niemand an mögliche Verfehlungen des Beklagten gedacht, die innerhalb der laufenden Kündigungsfrist die außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnten. Der Abfindungsanspruch entfalle aber auch dann, wenn ihre außerordentliche Kündigung vom 27.03.2008 nicht zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt habe. Geschäftsgrundlage des Vergleichs sei nämlich gewesen, dass beide Seiten ihre gegenseitigen Pflichten ordnungsgemäß bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllten. Diese Geschäftsgrundlage des Vergleichs sei entfallen, weil der Kläger durch sein Verhalten einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung geschaffen habe. Der Abwicklungsvertrag sei gemäß § 313 BGB in der Weise anzupassen, dass die Verpflichtung zur Abfindungszahlung entfalle.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich des Arbeitsgerichts Herne vom 18.10.2007 - 4 Ca 2560/07 - für unzulässig zu erklären;

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 13.919,40 € nebst zu Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.08.2008 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Parallelverfahrens 2 Sa 1572/08 Bezug genommen. In dem Parallelverfahren Arbeitsgericht 4 Ca 986/03 hat das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung der Beklagten vom 27.03.2008 festgestellt. Die dagegen gerichtete Berufung - LAG Hamm 2 Sa 1572/08 - ist erfolglos geblieben.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war ebenfalls die Akte des Vorprozesses Arbeitsgericht Herne - 4 Ca 2560/07, auf die ebenfalls Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 18.10.2007 ist gemäß §§ 767 Abs. 2 ZPO, 313 BGB unzulässig. Durch das Verhalten des Beklagten ist gemäß § 313 BGB eine Störung der Geschäftsgrundlage eingetreten mit der Folge, dass gemäß § 313 Abs. 1 BGB die Verpflichtung zur Abfindungszahlung entfällt. Der Beklagte ist zur Rückzahlung des an ihn ausgezahlten Betrages verpflichtet.

I

Die Vollstreckungsabwehrklage ist gemäß §§ 767, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig. Ihrer Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der titulierte Betrag bereits an den Beklagten geflossen ist. Die Vollstreckungsabwehrklage bleibt zulässig, bis der Titel dem Schuldner ausgehändigt worden ist (BGH vom 16.06.1992 - XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148). Die Klägerin hat an den Beklagten nicht erfüllungshalber, sondern zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt.

II

Der gerichtliche Vergleich vom 18.10.2007 ist seiner Rechtsnatur nach sowohl Prozesshandlung als auch ein Rechtsgeschäft des bürgerlichen Rechts. Deshalb sind die Vorschriften über die Anpassung und Beendigung von Verträgen gemäß § 313 ff BGB anzuwenden. Es handelt sich um einen Vertrag gemäß § 779 BGB, durch den als privatrechtliches Rechtsgeschäft der Kündigungsrechtsstreit durch gegenseitiges Nachgeben beigelegt worden ist.

1. Zwar ist der gerichtliche Vergleich nicht bereits gemäß § 779 Abs. 1 BGB wegen eines Irrtums über die Vergleichsgrundlage unwirksam. Es ist aber nachträglich zu einem Wegfall der Vergleichsgrundlage gekommen, die als Äquivalenzstörung gemäß § 313 Abs. 1 BGB zu einer Anpassung des Vertrages nötig (MKBGB-Habersack, 5. Aufl., § 779 Rdnrn. 68 und 69). Die Grundlage der Vergleichsumstände haben sich nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert. Hätten die Parteien das Fehlverhalten des Klägers vorausgesehen, hätten sie den Vergleich mit einer Abfindungszahlung in Höhe von 17.000,00 € gemäß § 313 Abs. 1 BGB nicht geschlossen. Die Klägerin kann deshalb zu Recht eine Anpassung des Vertragsinhalts verlangen mit der Folge, dass die Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Abfindung entfällt. Die durch gesetzliche Bestimmung vorgeschriebene Anpassung des Vertrages gemäß § 313 BGB folgt im Wesentlichen den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl. LAG Niedersachen vom 21.11.2007 - 17 Sa 50/07, Juris).

a) Die Parteien sind bei Abschluss des Vergleichs erkennbar von einer ordnungsgemäßen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.03.2008 ausgegangen. Eine Freistellung des Klägers ist nicht vereinbart worden. Vielmehr sollten die beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis bis zu seiner Beendigung am 31.03.2008 in vollem Umfang erbracht werden. Nach Abschluss des Vergleichs sind durch das Verhalten des Beklagten Umstände eingetreten, die der Klägerin das Festhalten an dem Vergleich unzumutbar machen. Der Beklagte hat nämlich durch sein Verhalten den Tatbestand eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB für die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt. Der Beklagte hat die Klägerin über seine tatsächlichen Abwesenheitszeiten in insgesamt neun Fällen getäuscht, um sich dadurch einen unberechtigten Vorteil, nämlich Spesen in Höhe von 6,00 € pro Tag, zu verschaffen. Für den Monat März 2008 ist von einem Täuschungsversuch des Beklagten auszugehen, der nur daran gescheitert ist, dass die Klägerin die Täuschung vor Auszahlung der Reisekosten rechtzeitig bemerkt hat.

b) Es ist anerkannt, dass betrügerisches Verhalten eines Arbeitnehmers, insbesondere ein Spesenbetrug, zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB berechtigen kann (BAG vom 06.09.2007 - 2 AZR 264/06, NJW 2008, 1097). Ein Arbeitnehmer hat die angefallenen Spesen grundsätzlich korrekt abzurechnen. Unkorrektheiten berechtigen regelmäßig zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung (BAG vom 10.06.1980 - 6 AZR 180/78, Juris). Ein Spesenbetrug kann selbst dann als Grund für eine fristlosen Kündigung ausreichen, wenn es sich um einen einmaligen Vorfall und um einen geringen Betrag handelt (BAG vom 06.09.2007 - 2 AZR 264/06, NJW 2008, 1097 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BAG).

Vorliegend hat der Beklagte in insgesamt neun Fällen seine Arbeitszeiten falsch angegeben. Das Berufungsgericht ist von der Richtigkeit der von der Klägerin ermittelten tatsächlichen Arbeitszeiten überzeugt, denn der Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin zu den angeblichen Kundenbesuchen nicht mehr gemäß § 138 Abs. 2 ZPO entgegengetreten. Die Klägerin hat bei den angegebenen Kunden im Einzelnen recherchiert, ohne dass sich Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptungen des Beklagten ergeben hätten. So hat der Beklagte für den 08.02.2008 seine Abwesenheit vom Wohnort bis 15.00 Uhr mit dem Besuch der Firma T2 in L1 und einen sich anschließenden Besuch der Firma H2 im Gewerbegebiet begründet. Die Klägerin ist dem nachgegangen und hat vorgetragen, nach Aussage des Zeugen R1 von der Firma T2 sei an diesem Tag kein Außendienstmitarbeiter der Klägerin dort erschienen. In gleicher Weise hat die Klägerin die Behauptungen des Beklagten für den 11.02., 15.02., 19.02., 27.02. und 29.02.2008 entkräftet, so dass die von ihm behaupteten Rechtfertigungsgründe widerlegt sind. Dies gilt in gleicher Weise für den 04.03., den 05.03. und den 17.03.2008. Bezeichnenderweise ist unwidersprochen geblieben, dass die Firmen Schmidt und H2 in E1, die der Kläger am 05.03.2008 besucht haben will, keine Kunden der Klägerin sind. Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Beklagte besonders am 08.02.2008, am 15.02.2008, am 29.02.2008 und auch an den drei Tagen im März deutlich überhöhte Abwesenheitszeiten auf seinen Reisekostenabrechnungen eingetragen hat. Der Beklagte hat die Klägerin getäuscht, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. Auch ein Arbeitszeitbetrug ist grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB darzustellen (vgl. BAG vom 21.04.2005 - 2 AZR 255/04, BB 2005, 2306).

c) Löst eine fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis vorzeitig auf, wird die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Abfindung regelmäßig gegenstandslos (BAG vom 29.01.1997 - 2 AZR 292/96, DB 1997, 1411). Die Verpflichtung zur Abfindungszahlung entfällt gemäß § 313 Abs. 1 BGB aber auch dann, wenn es zwar bei der vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bleibt, durch das Fehlverhalten des Arbeitnehmers aber die Vertragsgrundlage für den Vergleichsabschluss entfallen ist. Grundlage des Vergleichs war die Kündigung der Klägerin vom 18.09.2007. Um die Unsicherheit über den Ausgang des Kündigungsschutzrechtsstreits zu beseitigen, haben sich die Parteien auf eine betriebliche veranlasste Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 17.000,00 € verständigt. Dabei sind die Parteien erkennbar von der beiderseitigen Vertragserfüllung bis zum 31.03.2008 ausgegangen. Die ordnungsgemäß zu erbringende Arbeitsleistung des Klägers bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist damit Geschäftsgrundlage des Vergleichs geworden, auch wenn dies im Vergleichstext selbst nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebracht worden ist. Geschäftsgrundlage sind die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsabschluss jedoch zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut. Ändern sich diese Umstände wie vorliegend nach Vertragsabschluss schwerwiegend und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen, wenn sie an das vertragswidrige Verhalten des Beklagten gedacht hätte, kann die Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Risikoverteilung, das Festhalten an dem Vertragsinhalt nicht zugemutet werden kann. Das ist aber nur dann der Fall, wenn die Grenzen des vertraglich übernommenen Risikos überschritten sind und deshalb die benachteiligte Vertragspartei - hier die Klägerin - ihr Interesse an der getroffenen Vereinbarung nicht mehr auch nur annähernd gewahrt sehen kann. Durch das Fehlverhalten des Beklagten ist kein von der Klägerin zu tragendes Risiko verwirklicht worden. Vielmehr durfte die Klägerin erwarten, dass der Beklagte seine arbeitsvertraglichen Pflichten bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ordnungsgemäß erfüllt. Bis dahin ist eine fristlose Kündigung gerade nicht ausgeschlossen worden, so dass auch der Beklagte über den Fortstand seiner Loyalitäts- und Verhaltenspflichten gegenüber der Klägerin nicht im Zweifel sein konnte.

2. Der Klägerin kann danach unter Berücksichtigung des gravierenden Fehlverhalten des Beklagten das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden (§ 313 Abs. 1 BGB). Die erforderliche Anpassung des Vertrages führt zum Wegfall des Abfindungsanspruchs. Der Klägerin ist es nicht zuzumuten, dem Beklagten die vereinbarte Abfindung auszuzahlen, obwohl dieser ihr gegenüber seine arbeitsvertraglichen Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt, in dem er mehrfach Spesenbetrug begangen hat.

III

Fehlt eine Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der Abfindung, muss der Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 BGB den an ihn ausgezahlten Betrag an die Klägerin zurückzahlen.

Der Zinsanspruch folgt aus § 288 BGB.

IV

Der Beklagte hat gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Ende der Entscheidung

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