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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 06.12.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 390/06
Rechtsgebiete: KSchG, InsO, BetrVG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2 Satz 1
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 1
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 2
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 3
KSchG § 17 Abs. 1
InsO § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
InsO § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BetrVG § 102 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.01.2006 - 1 Ca 1398/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der von dem Beklagten aufgrund eines Interessenausgleichs mit Namensliste ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 15.07.2005 zum 31.10.2005.

Der 54-jährige, verheiratete Kläger war seit dem 25.09.1996 bei der in B4x L2xxxxxxxxx ansässigen S2xxxxxxxxxx G1xx, einem Möbelwerk, als Holzarbeiter in der Abteilung Schränke gegen eine monatliche Vergütung von 1.800,00 € brutto tätig.

Über das Vermögen der S2xxxxxxxxxx GmbH wurde am 01.07.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser schloss mit dem Betriebsrat am 08.07.2005 eine umfängliche Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich, der sich über ein Sanierungskonzept zur Fortführung der Kernbereiche des Schuldnerunternehmens verhält und den Abbau von 151 Arbeitsplätzen vorsieht. Im Bereich Endmontage/Versand fallen infolge der Anpassung an die tatsächlich benötigten Kapazitäten, der Optimierung des Produktionsflusses und der Vereinheitlichung der Produktstruktur von 142 Arbeitsplätzen insgesamt 88 Arbeitsplätze weg, davon in der Abteilung Schränke aufgrund nicht mehr benötigter Kapazitäten und Umstellung des Sortiments insgesamt 25 der bisherigen 45 Arbeitsplätze. Die im Einzelnen wegfallenden Arbeitsplätze werden im Interessenausgleich anhand abteilungsbezogener Listen der zu entlassenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unter Angabe ihrer sozialen Daten dargestellt. Bestandteil der Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich ist ferner eine zusammengefasste Liste der weiterbeschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eine Namensliste der zu kündigenden 151 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Inhalt des Interessenausgleichs ist ferner eine Liste der nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG von der Sozialauswahl ausgenommenen Arbeitnehmer.

Mit dem Abschluss des Interessenausgleichs ist die Anhörung des Betriebsrats verbunden worden. Darüber verhält sich das Kapitel III des Interessenausgleichs. Zuvor hatte der Beklagte den Betriebsrat bereits mit Schreiben vom 20.06.2005 zu seiner Absicht angehört, nach Abschluss des Anhörungsverfahrens und Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kündigungen im Juli 2005 auszusprechen. Diesem Schreiben war nach der Darstellung des Beklagte eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer mit sämtlichen Sozialdaten sowie eine vollständige Personalliste der gesamten Belegschaft unter Aufschlüsselung der Unterhaltspflichten, der Beschäftigungsdauer im Unternehmen, der Beschreibung des konkreten Arbeitsplatzes, der Eingruppierung und des voraussichtlichen Kündigungstermins beigefügt.

Nach Eingang der Massenentlassungsanzeige am 12.07.2005 bei der Agentur für Arbeit P1xxxxxxx kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 15.07.2005 fristgemäß zum 31.10.2005.

Der Kläger hält die Kündigung für sozialwidrig und rügt die nicht ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats. Der Kläger vertritt den Standpunkt, die Namensliste sei in grob fehlerhafter Weise zustande gekommen. Auffällig seien viele jüngere Beschäftigte von der Kündigungswelle ausgenommen worden. Andererseits seien 50 ältere Mitarbeiter über 53 Jahre entlassen worden. Der Beklagte habe mit den Abteilungsleitern und Vorgesetzten ohne Beachtung der Sozialauswahlkriterien eine Wunschliste zusammengestellt. Der Betriebsrat habe die Namensliste trotz anderslautender Ratschläge gebilligt, obwohl sich die grobe Verletzung der Sozialauswahl förmlich aufgedrängt habe. Er bestreite, dass dem Betriebsratsvorsitzenden der Schriftsatz vom 20.06.2005 übergeben worden sei, denn dieser habe das Datum über den Erhalt des Schriftsatzes nicht angegeben. Er bestreite auch die betriebliche Notwendigkeit der Kündigung, denn es seien Überstunden geleistet worden.

Demgegenüber behauptet der Beklagte, die Prozessbevollmächtigte des Klägers könne aus eigener Kenntnis beurteilen, dass dem Betriebsrat das Anhörungsschreiben am 21.06.2005 zusammen mit den vollständigen Unterlagen übergeben worden sei. Es sei keineswegs richtig, dass überproportional viele jüngere Beschäftigte von der Kündigungswelle ausgenommen worden seien. Der Kläger sei über die Sozialdaten sämtlicher Mitarbeiter informiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 26.01.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Kündigung sei gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Die Betriebsbedingtheit der Kündigung sei gemäß § 125 InsO zu vermuten, da der Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste vereinbart habe. Der gesetzlich zu vermutenden Betriebsbedingtheit der Kündigung sei der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Er habe keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sein Arbeitsplatz tatsächlich nicht weggefallen sei. Mehrarbeit und eventuelle Neueinstellungen seien streitig. Beweis für seinen Vortrag habe der Kläger insoweit nicht angeboten. Die vom Beklagten getroffene Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden. Der Kläger habe keine Arbeitnehmer konkret benannt, die seiner Meinung nach zunächst hätten gekündigt werden müssen. Der Betriebsrat sei im Rahmen der Verhandlungen über den Interessenausgleich ordnungsgemäß angehört worden. Darüber verhalte sich Kapitel III des Interessenausgleichs. Die erforderliche Massenentlassungsanzeige sei vor Ausspruch der Kündigung am 12.07.2005 bei der Agentur für Arbeit eingegangen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung gerichteten Klageantrag weiter. Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er vor, der Beklagte habe keine qualifizierten Angaben zu den Gründen der sozialen Auswahl gemacht. Welches Punkteschema zugrunde gelegt worden sei, habe der Beklagte nicht mitgeteilt. Er bestreite, dass der Betriebsrat am 21.06.2005 über die soziale Auswahl nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben beraten habe. Weil der Beklagte die durchgeführte Sozialauswahl nicht aufgeklärt habe, sei er von seiner Verpflichtung, die Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl nachzuweisen, befreit. Die Namensliste sei nach den Wünschen der Vorgesetzten erstellt worden, nicht aber nach objektiven und dem Betriebsrat mitgeteilten sozialen Kriterien. Der Beklagte habe auch keine Gründe genannt, warum er besondere Mitarbeiter als angebliche Leistungsträger von der sozialen Auswahl ausgenommen habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.01.2006 - 1 (3) Ca 1398/05 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 15.07.2005 nicht zum 31.10.2005 aufgelöst worden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen. Er trägt ergänzend vor, die Sozialdaten seien nach einem mit dem Betriebsrat abgestimmten Punkteschema wie folgt berücksichtigt worden:

- Unterhaltspflicht für Ehegatten: 8 Punkte

- Unterhaltspflicht für Kinder: 4 Punkte pro Kind gemäß Lohnsteuerkarte

- Betriebszugehörigkeit: 1 Punkt pro Jahr bis zu 10 Jahren,

2 Punkte pro Jahr ab dem 11. Jahr

- Lebensalter: 1 Punkt pro Jahr, max. 55 Punkte

- Schwerbehinderung ab GdB 50: 4 Punkte

Da er die Sozialdaten aller in Frage kommenden Mitarbeiter genannt habe, sei der Kläger in der Lage, diejenigen Arbeitnehmer zu nennen, die er für weniger sozial schutzwürdig halte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I

Die Kündigung des Klägers ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die seiner Weiterbeschäftigung entgegenstehen, bedingt. Die Betriebsbedingtheit der Kündigung ist gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO aufgrund des geschlossenen Interessenausgleichs mit Namensliste, auf der sich auch der Name des Klägers befindet, zu vermuten. Dies hat das Arbeitsgericht zu Recht erkannt. Die Betriebsbedingtheit der Kündigung hat der Kläger nicht widerlegt.

1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Eingreifen der Vermutungswirkung sind erfüllt, denn es ist wegen einer Betriebseinschränkung im Sinne von § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG zu einem Interessenausgleich mit Namensliste gekommen. Die Liste der weiterbeschäftigten und der zu entlassenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ist unmittelbarer Bestandteil des Interessenausgleichs und nicht bloß dessen einbezogener Anhang oder Anlage.

2. Greift die gesetzliche Vermutungswirkung ein, muss nunmehr der Kläger darlegen und beweisen, dass seine Beschäftigungsmöglichkeit nicht weggefallen ist. Es tritt eine Umkehr der Beweislast ein. Nunmehr muss der Arbeitnehmer die zu vermutende Betriebsbedingtheit der Kündigung schlüssig und begründet widerlegen (BAG vom 07.05.1998 - 2 AZR 536/97, NZA 1998, 933; BAG vom 21.02.2002 - 2 AZR 581/00, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 10).

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht. Schon seine Behauptung, die verbliebenen Mitarbeiter hätten Überstunden verfahren, steht der Annahme, seine dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeit sei weggefallen, nicht zwingend entgegen. Auch seine Behauptung, es seien mindestens zwei Mitarbeiter nach Ausspruch der Kündigung zurückgeholt worden, trägt die Annahme, es lägen keine dringenden betrieblichen Erfordernisse für die Kündigung vor, nicht.

II

Eine grob fehlerhafte Sozialauswahl gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO kann nicht festgestellt werden. Auch insoweit ist dem Arbeitsgericht zu folgen. Dem Kläger ist es auch in der Berufungsinstanz nicht gelungen, eine grob fehlerhafte Sozialauswahl gemäß §§ 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG, 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO nachzuweisen.

1. Der Kläger hat gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG keine deutlich sozial weniger schutzwürdigere Arbeitnehmer benannt, die vor ihm hätten entlassen werden müssen. Allein seine pauschale Behauptung, es seien vor allem ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen worden, reicht nicht aus. Ebenso wenig kann der Kläger ins Feld führen, die Namensliste sei nach den Wünschen der Vorgesetzten und Meister zusammengestellt worden. Es kommt nicht darauf an, ob der Beklagte bei der sozialen Auswahl Erwägungen angestellt hat, die den gesetzlichen Vorgaben gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG widersprechen. Maßgeblich ist allein, ob anhand der objektiven Verhältnisse eine grob fehlerhafte Sozialauswahl festgestellt werden kann.

Allerdings muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen hin die Gründe mitteilen, die zu der getroffenen Sozialauswahl geführt haben. Erst nach Erfüllung dieser Auskunftspflicht trägt der Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG die volle Darlegungs- und Beweislast für die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl. Die bei einem Interessenausgleich in der Insolvenz gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO eingeschränkte Überprüfbarkeit der Sozialauswahl ändert an dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nichts (BAG vom 21.02.2002 - 2 AZR 581/00, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 10; BAG vom 10.02.1999 - 2 AZR 716/98, NZA 1999, 702).

2. Vorliegend hat der Beklagte seiner Auskunftspflicht Genüge getan, denn er hat die Gründe, die zu der sozialen Auswahl geführt haben, mitgeteilt. Die Gewichtung der sozialen Kriterien des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ergeben sich aus dem in der Berufungsinstanz dargelegten Punkteschema. Danach kann der Kläger nachvollziehen, wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung gewichtet worden sind. Die vollständigen sozialen Daten der entlassenen und der weiterbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können anhand der Namenslisten, die Bestandteil des Interessenausgleichs sind, nachvollzogen werden. Damit verfügt der Kläger über alle notwendigen Informationen, um andere seiner Meinung nach weniger schützenwerte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer namentlich zu benennen. Ihn trifft daher die volle Darlegungs- und Beweislast gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG.

Der Kläger kann nicht damit gehört werden, er habe den Beklagten zur Erteilung ergänzender Auskünfte aufgefordert. Auf seine erstinstanzliche Rüge, der Beklagte habe die Auswahlkriterien für die Aufstellung des Interessenausgleichs nicht mitgeteilt, hat der Beklagte dies in der zweiten Instanz nachgeholt. Dazu hat der Kläger keine Stellungnahme mehr abgegeben. Er hat sich insbesondere nicht dazu geäußert, ob und ggfls. aus welchen Gründen welche ergänzenden Angaben erforderlich seien.

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, der Beklagte habe mit der Bekanntgabe des Punkteschemas sein Auskunftsbegehren unvollständig erfüllt. In der Berufungsbegründung hat der Kläger lediglich gerügt, der Beklagte habe die Gründe, die zu der Sozialauswahl geführt hätten, nicht mitgeteilt. Seine Frage, welches Punkteschema zur Anwendung gekommen sei, sei nicht beantwortet worden. Die dahinterstehende Befürchtung des Klägers, derartige Auswahlrichtlinien seien überhaupt nicht vorhanden gewesen, hat der Beklagte ausgeräumt. Daher wäre es nunmehr Sache des Klägers gewesen, seine Behauptung, die gesetzlichen Vorgaben des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG seien vollkommen missachtet worden, darzulegen und unter Beweis zu stellen. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht. Er hat in seinem Schriftsatz vom 14.07.2006 lediglich beanstandet, der Beklagte habe keine Gründe dafür genannt, warum er bestimmte Mitarbeiter als angebliche Leistungsträger aus der sozialen Auswahl herausgenommen habe. Die Frage der Herausnahme von Leistungsträgern gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG gewinnt aber erst Bedeutung, wenn der Kläger vergleichbare, sozial aber weniger schutzwürdigere Mitarbeiter benennt, die der Beklagte aus der an sich gebotenen Vergleichsgruppenbildung herausgenommen hat. Der Kläger hat aber nicht einmal ansatzweise dargelegt, welche anderen Arbeitnehmer statt seiner hätten gekündigt werden müssen und ob sich darunter auch Leistungsträger befinden, die von der Sozialauswahl ausgenommen worden sind. Der Vortrag des Klägers erschöpft sich darin, eine Reihe von Mitarbeitern zu benennen, die sich durch lange Betriebszugehörigkeiten und hohes Alters auszeichnen, um die Struktur einer groben Verletzung der Grundregeln einer normalen Sozialauswahl aufzuzeigen. Dieser Vortrag ist ungeeignet, einen konkreten Bezug zur Person des Klägers, seiner Tätigkeit und seinen sozialen Daten herzustellen. Die Namen aller weiterbeschäftigten und gekündigten Arbeitnehmer und ihre sozialen Daten sind dem Kläger bekannt, denn sie ergeben sich unmittelbar aus dem Interessenausgleich vom 08.07.2005. Er hat auch im Einzelnen Kenntnis von den Namen der aus der Sozialauswahl herausgenommenen Leistungsträger, denn auch diese werden in dem Interessenausgleich unter XI im Einzelnen genannt. Daher ist der Kläger nicht von seiner Darlegungs- und Beweislast gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG befreit. Darauf ist er in dem gerichtlichen Schreiben vom 28.07.2006 ausdrücklich hingewiesen worden.

III

Der Betriebsrat ist vor Ausspruch der Kündigung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG ordnungsgemäß angehört worden. Auch insoweit ist dem Arbeitsgericht zu folgen. Das Verfahren nach § 102 BetrVG ist in zulässiger Weise mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbunden worden (vgl. BAG vom 20.05.1999 - 2 AZR 532/98, ZIP 1999, 1610; BAG vom 28.08.2003 - 2 AZR 377/02, ZIP 2004, 525; LAG Hamm vom 15.03.2006 - 2 Sa 73/06). Die gleichzeitige Einleitung des Beteiligungsverfahrens gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergibt sich aus Kapitel III des Interessenausgleichs und aus dem Anhörungsschreiben vom 20.06.2005, dessen Erhalt der Betriebsratsvorsitzende bestätigt hat. Dieser hat zwar nicht angegeben, wann er das Anhörungsschreiben erhalten hat. Das Datum der Übergabe wird aber im Interessenausgleich genannt, denn der Betriebsrat bestätigt darin, dass das betriebsverfassungsrechtliche Anhörungsverfahren mit der Übergabe des Anhörungsschreibens vom 20.06.2005 am 21.06.2005 eingeleitet worden sei. Nunmehr kann der Kläger die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung nicht mehr pauschal bestreiten, sondern muss sich im Einzelnen damit auseinandersetzen, welche konkreten Tatsachen er für unzutreffend hält (BAG vom 23.06.2005 - 2 AZR 193/04, NZA 2005, 1233 und vom 20.01.2000 - 2 AZR 378/99, DB 2000 sowie vom 16.03.2000 - 2 AZR 75/99, AP Nr. 114 zu § 102 BetrVG 1972). Ein derart qualifiziertes Bestreiten liegt nicht vor, so dass der Vortrag des Beklagten zur Betriebsratsanhörung gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen ist.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der Kündigung ergeben sich auch nicht aus der vom Kläger gerügten Fehlerhaftigkeit der Massenentlassungsanzeige. Diese ist vielmehr wie erforderlich richtlinienkonform vor Ausspruch der Kündigung am 12.07.2005 bei der Agentur für Arbeit eingegangen (vgl. BAG vom 23.03.2006 - 2 AZR 343/05, NZA 2006, 971 und vom 13.07.2006 - 6 AZR 198/06, NZA 2007, 25).

IV

Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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