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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 06.10.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 402/05
Rechtsgebiete: ArbGG, VwGO, BRRG


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 c
VwGO § 40 Abs. 2 Satz 2
BRRG § 126
Für die Klage eines schwerbehinderten Menschen auf Zahlung einer Entschädigung gem. § 81 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX sind nicht die Arbeitsgerichte, sondern die Verwaltungsgerichte zuständig, wenn es um einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot bei der Bewerbung auf Einstellung als Beamter geht.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Rheine vom 18.05.2005 - 3 Ca 408/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.837,60 € festgesetzt.

Gründe: I. Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug über die Zulässigkeit des Rechtsweges. Der einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung einer angemessenen Entschädigungsleistung, weil sie gegen das Benachteiligungsverbot gem. § 81 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX verstoßen habe. Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 25.09.2004 auf eine von der Beklagten ausgeschriebene Stelle eines Stadtinspektors bzw. Stadtoberinspektors Fachbereich Jugend, Familie und Soziales mit der Besoldungsgruppe A 9/A 10 BBesG. Die Beklagte sandte dem Kläger die eingereichten Bewerbungsunterlagen mit Schreiben vom 10.11.2004 zurück und teilte ihm mit, dass seine Bewerbung nicht in die engere Wahl genommen worden sei. Der Kläger meint, die Beklagte habe ihn entgegen ihrer Verpflichtung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Beklagte hat die Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Münster beantragt, weil das Arbeitsgericht für beamtenrechtliche Streitigkeiten gem. § 126 Beamtenrechtsrahmengesetz nicht zuständig sei. Hingegen meint der Kläger, die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ergebe sich aus § 2 Nr. 3 c ArbGG, weil es sich um einen arbeitsrechtlichen Anspruch wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot handele. Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 18.05.2005 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen. Zur Begründung seines dem Kläger am 23.05.2005 zugestellten Beschlusses hat es ausgeführt, es handele sich vorliegend nicht um einen bürgerlichen Rechtsstreit zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 c ArbGG, weil der strittige Anspruch in Zusammenhang mit der Eingehung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses stehe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen. Dagegen hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt, die am 06.06.2005 beim Arbeitsgericht eingegangen ist und der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er vor, bei seinem auf § 81 SGB IX und § 611 a BGB gestützten Zahlungsbegehren handele es sich um einen zivilrechtlichen Ausgleichs- und Entschädigungsanspruch. Ein Beamtenverhältnis läge gerade nicht vor, so dass die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts nicht gegeben sei. Der Kläger beantragt, den Beschluss des Arbeitsgerichts Rheine vom 18.05.2005 aufzuheben. Die Beklagte stellt im Beschwerdeverfahren keinen Antrag und hat sich zur Beschwerdebegründung nicht geäußert. II. Die gem. den §§ 48 Abs. 1, 78 Satz 1 a ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG an sich statthafte und im Übrigen gemäß den §§ 569, 571, 572 zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gem. § 2 ArbGG verneint und den Rechtsstreit gem. § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG an das zur Entscheidung berufene Verwaltungsgericht Münster verwiesen. 1. Ein bürgerlicher Rechtsstreit zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG liegt nicht vor. § 2 Abs. 1 Nr. 3 c ArbGG ist schon deshalb nicht einschlägig, weil der geltend gemachte Anspruch nicht im Zusammenhang mit der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses steht. Der Kläger hat sich um die Begründung eines Beamtenverhältnisses gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BRRG beworben. 2. Der geltend gemachte Anspruch hat seine Grundlage im Beamtenrecht. Für Schadensersatzansprüche in Zusammenhang mit der Anbahnung eines Beamtenverhältnisses ist gem. §§ 40 Abs. 2 Satz 2 VwGO 126 Abs. 1 BRRG der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet. Eine Klage gem. § 126 Abs. 1 BRRG setzt kein bereits bestehendes Beamtenverhältnis voraus, sondern der Verwaltungsrechtsweg ist auch dann gegeben, wenn es um Klagen geht, die auf Einstellung als Beamter oder gegen die Ablehnung einer Beamteneinstellung gerichtet sind (Bundesverwatungsgericht vom 22.02.1996 - 2 C 12/94 ZTR 1997, 144; Kopp/Schenke VwGO 13. Auflage § 40 Rdnr. 75; Eyermann/Rennert VwGO 11. Auflage § 40 Rdnr. 165). Auch Schadensersatzansprüche, die im Zusammenhang mit der Anbahnung eines Beamtenverhältnisses stehen, werden von den Verwaltungsgerichten entschieden (Kopp/Schenke VwGO 13. Auflage § 40 Rdnr. 76; Eyermann/Rennert VwGO 11. Auflage § 40 Rdnr. 167; Bundesverwaltungsgericht vom 19.01.1967 - VI C 73.64 BVerwGE 26, 31, 33). Es handelt sich vorliegend um einen Anspruch vorbeamtenrechtlicher Art mit einer dem Beamtenrecht zugeordneten Anspruchsgrundlage, denn die gesetzliche Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gem. §§ 71 ff. SGB IX richtet sich sowohl an private wie auch an öffentliche Arbeitgeber. Arbeitgeber im Sinne des § 81 SGB IX ist daher auch die beklagte Gemeinde. Daraus folgt zwangsläufig, dass die bevorzugte Berücksichtigung behinderter Menschen gem. § 81 Abs. 1 SGB IX auch bei der Besetzung von Beamtendienstposten gilt. Demzufolge ist auch der Entschädigungsanspruch gem. § 81 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX dem Beamtenrecht zugeordnet, wenn es um die Begründung eines Beamtenverhältnisses geht (vgl. dazu Kopp/Schenke VwGO 13. Auflage § 40 Rdnr. 76 sowie Schnellenbach ZBR 1992, 257, 258). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, denn der Kläger stützt seinen Entschädigungsanspruch auf einen Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot gem. § 81 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX in Zusammenhang mit der Besetzung einer Beamtenstelle. III. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen. IV. Der Wert des Streitgegenstandes richtet sich nach dem Wert der Hauptsache. Wegen der eingeschränkten Rechtskraft im Rechtswegbestimmungsverfahren sind davon drei Zehntel veranschlagt worden.

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