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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.09.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 751/06
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, EGBGB, ArbGG, ZPO, BetrVerfG 2001


Vorschriften:

KSchG § 17
BGB § 138
BGB §§ 195 ff.
BGB § 202
BGB § 242
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 2
BGB § 286
BGB §§ 305 ff.
BGB § 305 Abs. 1 S. 1
BGB § 305 c Abs. 1
BGB § 306
BGB §§ 307 ff.
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2
BGB § 308
BGB § 309
BGB § 310
EGBGB Art. 229 § 5
EGBGB Art. 229 § 5 S. 2
ArbGG § 8 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2 b
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO §§ 517 ff.
BetrVerfG 2001 § 87
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.02.2006 - AZ 9 Ca 1999/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um Vergütungsansprüche des Klägers aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges sowie im Rahmen eines Feststellungsbegehrens um eine Verpflichtung zum Schadensersatz infolge verspäteter Entgeltzahlung.

Der am 07.09.1969 geborene, ledige Kläger war seit dem 01.07.1999 bei der U1xxx D1xxxxxxxxx GmbH beschäftigt.

Grundlage der Beschäftigung war zuletzt ein schriftlicher Anstellungsvertrag vom 23.11.2000, nach dem der Kläger gemäß Ziffer 1.1 als Manager F4xxx + F5xxxxxxxx Operations/Data Center beschäftigt war.

Ziffer 10 des Anstellungsvertrages sieht folgende Regelung vor:

10 Verfallfristen

10.1

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis und solche, die mit dem Anstellungsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

10.2

Weist die andere Vertragspartei den Anspruch zurück oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."

Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Grundvergütung in Höhe von 5.368,56 € brutto bei zwölf Gehältern jährlich.

Darüber hinaus bestand eine Verpflichtung der Arbeitgeberin, den Beitrag für eine zu Gunsten des Klägers abgeschlossene Direktversicherung in Gestalt einer Kapitalversicherung bei der "neue leben Lebensversicherung" in Höhe von jährlich 1.758,03 €, fällig zum Ende jeweils des Monats Januar eines Jahres zu entrichten.

Ferner gewährte die Arbeitgeberin dem Kläger einen Arbeitgeberanteil zu vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 39,88 € brutto.

Die vormalige Arbeitgeberin des Klägers, die U1xxx D1xxxxxxxxx GmbH, wurde in der Folgezeit auf die U1xxx H2xxxxxx GmbH verschmolzen. Diese wurde sodann in M3x D1xxxxxxxxx GmbH umfirmiert.

Die Firma M3x D1xxxxxxxxx GmbH wurde zwischenzeitlich erneut umfirmiert in die V1xxxxx D1xxxxxxxxx GmbH.

Die U1xxx D1xxxxxxxxx GmbH kündigte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.09.2002 zum 31.12.2002.

In dem vom Kläger gegen die Kündigung angestrengten Kündigungsschutzverfahren 3 Ca 6143/02 stellte das Arbeitsgericht Dortmund mit Urteil vom 20.11.2003 fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die streitlose Kündigung nicht beendet worden ist.

Die von der vormaligen Arbeitgeberin gegen das Urteil eingelegte Berufung wies das Landesarbeitsgericht Hamm im Verfahren 10 Sa 6/04 mit Urteil vom 18.06.2004 zurück.

Eine Nichtzulassungsbeschwerde der vormaligen Arbeitgeberin wurde vom Bundesarbeitsgericht unter dem 18.11.2004 zurückgewiesen.

Zahlungen an den Kläger erfolgten mit Wirkung ab 01.01.2003 nicht mehr.

Auch Zahlungen für die zu Gunsten des Klägers abgeschlossene Direktversicherung erfolgte nicht mehr. Für die Jahre 2003 bis 2005 nahm der Kläger Zahlungen in Höhe von jeweils 1.758,03 € selbst an den Versicherer vor. Für die Jahre 2003 und 2005 kamen dabei jeweils 3,60 € Mahngebühren hinzu.

Mit Schreiben vom 24.03.2005 kündigte die M3x D1xxxxxxxxx GmbH das Arbeitsverhältnis erneut zum 30.06.2005. Begründet wurde die Kündigung mit Umstrukturierungs- und Personalmaßnahmen.

Zum einen gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung wendet sich der Kläger mit der unter dem 13.04.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.

Er hat eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates mit Nichtwissen bestritten, ferner die Sozialwidrigkeit der ausgesprochenen Kündigung gerügt; ebenso hat er geltend gemacht, eine nach § 17 KSchG erforderliche Anzeige an die Bundesagentur für Arbeit sei unterblieben.

Darüber hinaus fordert der Kläger von der Beklagten mit der Klage und Klageerweiterung vom 04.11.2005 Zahlung des Arbeitsentgeltes für den Zeitraum von Januar 2003 bis November 2005 in Höhe von 27 Monatsgehältern á 5.368,56 € brutto. Hierauf lässt sich der Kläger erhaltenes Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis zum 26.12.2003 in Höhe von 16.002,00 € anrechnen.

Daneben begehrt der Kläger die Zahlung des Arbeitgeberanteils zu den vermögenswirksamen Leistungen für diesen Zeitraum in Höhe von 39,88 € monatlich.

Des Weiteren nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung der Beiträge zur Direktversicherung einschließlich Mahngebühren für die Jahre 2003 bis 2005 in Anspruch.

Schließlich begehrt der Kläger Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, Schadensersatz infolge Nichtannahme seiner Arbeitsleistung und Nichtzahlung der Vergütung ab 01.01.2003 zu leisten.

Nachdem unter dem 07.12.2005 infolge Teilanerkenntnisses der Beklagten hinsichtlich der Gehälter und des Arbeitgeberanteils zu den vermögenswirksamen Leistungen ein Teilanerkenntnis-Urteil ergangen ist, mit dem die Beklagte zur Zahlung von 16.105,68 € brutto nebst Zinsen, 119,64 € netto nebst Zinsen, weiteren 1.758,03 € netto nebst Zinsen und weiteren 16.105,68 € brutto sowie 119,64 € netto nebst Zinsen verurteilt worden ist, hat der Kläger zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 24.03.2005 nicht zum Ablauf des 30.06.2005 geendet hat, sondern darüber hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 155.688,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 5.368,56 € seit dem 01.02.2003, 01.03.2003, 01.04.2003, 01.05.2003, 01.06.2003, 01.07.2003, 01.08.2003, 01.09.2003, 01.10.2003, 01.11.2003, 01.12.2003, 01.01.2004, 01.02.2004, 01.03.2004, 01.04.2004, 01.05.2004, 01.06.2004, 01.07.2004, 01.08.2004, 01.09.2004, 01.10.2004,01.11.1004, 01.12.2004, 01.01.2005 und aus jeweils 5.368,56 € vom 01.02.2005 bis zum 16.04.2005, vom 01.03.2005 bis zum 16.04.2005, vom 01.04.2005 bis zum 16.04.2005, vom 01.05.2005 bis zum 08.11.2005, vom 01.06.2005 bis zum 08.11.2005, vom 01.07.2005 bis zum 08.11.2005 sowie aus jeweils 5.368,56 € seit dem 01.08.2005, 01.09.2005, 01.10.2005, 01.11.2005, 01.12.2005 abzüglich von Seiten der Agentur für Arbeit H1xx am 31.01.2003 gezahlter 1.377,95 €, am 28.02.2003 gezahlter 1.244,60 €, am 31.03.2003 gezahlter 1.377,95 €, am 30.04.2003 gezahlter 1.333,50 €, am 30.05.2003 gezahlter 1.377,95 €, am 30.06.2003 gezahlter 1.333,50 €, am 31.07.2003 gezahlter 1.377,95 €, am 29.08.2005 gezahlter 1.377,95 €, am 30.09.2003 gezahlter 1.333,50 €, am 31.10.2003 1.377,95 €, am 28.11.2003 gezahlter 1.333,50 € und am 30.12.2003 gezahlter 1.155,70 € zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.679,78 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.761,63 € seit dem 01.02.2003, aus 1.758,03 € seit dem 01.02.2004, aus 3,60 € seit dem 01.02.2005, aus 1.758,03 € vom 01.02.2005 bis zum 16.04.2005 sowie aus 1.156,52 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Schadensersatz infolge der Nichtannahme seiner Arbeitsleistung sowie der Nichtzahlung seiner Vergütungsansprüche ab dem 01.01.2003 zu leisten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die streitbefangene Kündigung infolge dringender betrieblicher Erfordenisse für sozial gerechtfertigt erachtet.

Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden und einer Massenentlassungsanzeige an die Bundesagentur für Arbeit habe es nicht bedurft.

Die Zahlungsansprüche hat die Beklagte, soweit sie nicht von ihr anerkannt worden sind, aufgrund der Verfallklausel im Anstellungsvertrag für verfallen erachtet.

Der Kläger habe es nach einer schriftlichen Geltendmachung vom 22.12.2003 unterlassen, die nach diesem Zeitpunkt fällig werdenden Vergütungsansprüche schriftlich geltend zu machen. Eine Geltendmachung per Email vom 01.07.2004 reiche für das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung nicht aus. Ob im Falle einer Kündigung für die schriftliche Geltendmachung der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis die bloße Erhebung und Durchführung der Kündigungsschutzklage ausreichend sei, sei höchst streitig.

Jedenfalls aber habe der Kläger die zweite Stufe der Verfallfrist aus dem Anstellungsvertrag nicht gewahrt. Ihrer Meinung nach müsse, sofern eine Verfallklausel noch die gerichtliche Geltendmachung einer bestimmten zweiten Frist verlange, der Gläubiger neben der bereits eingereichten Kündigungsschutzklage auch Zahlungsklage erheben.

Die streitgegenständliche Ausschlussklausel sei ihrer Meinung nach nicht wegen Verstoßes gegen die §§ 305 ff. BGB unwirksam. Insbesondere stelle die vorliegende Verfallfristenregelung keine unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB dar. Schon vor gesetzlicher Neuregelung der §§ 305 ff. BGB seien nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einzelvertragliche Ausschlussfristen, insbesondere zweistufige Ausschlussfristen, als grundsätzlich zulässig angesehen worden. Dabei sei von der Rechtsprechung in der 2. Stufe der Klagefrist noch eine Dauer von einem Monat gebilligt worden. Richtig sei zwar, dass durch die Schuldrechtsreform, die zum 01.01.2002 in Kraft getreten sei, die Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen erhebliche Änderungen erfahren habe; Verträge, die vor dem 01.01.2002 geschlossen worden seien, dürfen aber nach der Rechtsprechung gegenüber Verträgen, die nach dem 01.01.2002 geschlossen worden seien, unterschiedlich zu behandeln seien. Es sei daher fraglich, ob der vorliegend im Streit befindliche Arbeitsvertrag an den Kriterien der Rechtsprechung gemessen werden könne, wie sie für Verträge gelte, die nach dem 31.12.2001 geschlossen worden seien.

Für Altverträge bleibe eine ergänzende Vertragsauslegung geöffnet. Auch aus Gründen des Vertrauensschutzes sei die Rechtslage zu Grunde zu legen, die vor Inkrafttreten der §§ 305 ff. BGB gegolten habe. Bei Abschluss des in Rede stehenden Vertrages hätten die Parteien sich an die damals geltende Rechtslage gehalten, so dass ihrer Meinung nach die Veränderung der Rechtslage aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Ausschlussklausel haben könne.

Demgegenüber hat der Kläger die Auffassung vertreten, auch der in Rede stehende Anstellungsvertrag unterfalle als "Altvertrag" ab dem 01.01.2003 den Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB.

Die Verfallklausel sei unter verschiedenen Gesichtspunkten als unwirksam zu erachten, insbesondere liege eine unangemessene Benachteiligung durch diese Regelung vor. Die Regelung einer Verfallfrist von zwei Monaten sei unzulässig. Dabei komme weder eine geltungserhaltene Reduktion, noch eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht.

Mit Urteil vom 15.02.2006 hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage abgewiesen, die Beklagte zur Zahlung verurteilt, soweit Vergütungsansprüche bis Dezember 2004 betroffen sind und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Schadensersatz infolge der Nichtannahme seiner Arbeitsleistung sowie der Nichtzahlung seiner Vergütungsansprüche ab 01.01.2003 zu zahlen.

Zum einen sei die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges verpflichtet, an den Kläger 128.845,44 € brutto zu zahlen. Hierbei müsse sich der Kläger das erhaltene Arbeitslosengeld anrechnen lassen.

Als Verzugsschaden müsse die Beklagte weitere 3.523,26 € zahlen, weil sie sich hinsichtlich der Beitragszahlung für die zu Gunsten des Klägers abgeschlossene Direktversicherung in Verzug befunden habe. Dabei könne der Kläger auch Schadensersatz für die Mahngebühren fordern.

Schließlich sei die Beklagte verpflichtet, an den Kläger Schadensersatz für die nicht abgeführten Arbeitgeberbeiträge zu den vermögenswirksamen Leistungen zu zahlen.

Die Zahlungsansprüche seien auch nicht gemäß der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Diese Vertragsbestimmung sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da sie den Kläger unangemessen benachteilige.

Bei Ziffer 10 des Anstellungsvertrages handele es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Diese stelle eine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar, und zwar sowohl für die Frist zur schriftlichen Geltendmachung, als auch für die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung. Die unter Ziffer 10 des Vertrages geregelten Verfallfristen seien mit wesentlichen Grundgedanken der Vorschrift des § 195 BGB nicht zu vereinbaren. Die Regelung über die Verfallfristen weiche vom gesetzlichen Verjährungsrecht ab. Eine solche Abweichung lasse § 202 BGB zwar im Grundsatz zu, die Abkürzung sei auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig, müsse dann aber einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB standhalten. Fristen, die für die gerichtliche Geltendmachung und/oder die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen eine Frist von weniger als drei Monaten vorsehen, seien als unangemessen kurz anzusehen.

Die angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten führe dabei nicht zu einem anderen Ergebnis.

Die Unwirksamkeit der Bestimmungen führe schließlich dazu, dass diese ersatzlos in Wegfall gerieten und der Arbeitsvertrag im Übrigen aufrechterhalten bleibe. Eine geltungserhaltende Reduktion komme nicht in Betracht. Gleiches gelte für eine ergänzende Vertragsauslegung. Soweit die Rechtsprechung im Hinblick auf einen Widerrufsvorbehalt eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen habe, sei die hier in Rede stehende Vertragsbestimmung nicht vergleichbar. Der Sache nach liefe eine ergänzende Vertragsauslegung in diesem Fall auf eine geltungserhaltende Reduktion der Ausschlussfrist hinaus.

Der Feststellungsantrag sei zulässig und auch begründet. Die Verpflichtung zur Schadensersatzleistung folgt aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB, weil sich die Beklagte mit der Entgeltzahlung in Verzug befinde. Die Schadensersatzpflicht umfasse dabei auch den Ausgleich für steuerliche Nachteile, die aus einer ausbleibenden Entgeltzahlung resultierten.

Gegen das unter dem 18.04.2006 zugestellte Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe im Übrigen Bezug genommen wird, hat die Beklagte unter dem 28.04.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.06.2006 unter dem 19.06.2006 begründet.

Sie beschränkt sich in der Berufung auf die Rechtsfrage, ob die vermeintlichen Annahmeverzugslohnansprüche des Klägers nach den arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen verfallen sind oder die Ausschlussfristen unwirksam sind.

Sie ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Wirksamkeit von Ausschlussklauseln verkannt. Insbesondere vertritt sie die Auffassung, Altverträge, die vor dem 01.01.2002 abgeschlossen worden seien, seien anders zu behandeln als Neuverträge, die seit diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden seien. Aus dieser Differenzierung ergebe sich, dass bei Altverträgen entweder die §§ 307 ff. BGB nicht zur Anwendung kämen oder im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung die Altverträge gesetzeskonform zu interpretieren seien.

Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes eine Länge von zwei Monaten für Ausschlussfristen nicht als sittenwidrig angesehen habe, sogar noch in 2002 eine einmonatige Ausschlussfrist gebilligt habe. Auch für die 2. Stufe habe eine gerichtliche Geltendmachung vorgesehen werden können. Nach altem Recht sei daher die in Rede stehende Klausel zulässig gewesen.

Die Rechtsprechung unterziehe nun Formulararbeitsverträge, die seit dem 01.01.2002 abgeschlossen worden seien und zweistufige Ausschlussfristen enthielten, einer Inhaltskontrolle nach den Regelungen der §§ 305 ff. BGB. Die Rechtsprechung komme nunmehr zum Ergebnis, dass formularmäßig verwendete Arbeitsverträge dann gegen das Gesetz verstießen, wenn sie eine Ausschlussfrist enthielten, die in der zweiten Stufe eine Frist von kürzer als drei Monaten enthielten.

Altverträge wiesen jedoch Besonderheiten auf, sie seien daher unterschiedlich zu behandeln.

Vorliegend handele es sich um einen solchen, vor dem 01.01.2002 abgeschlossenen Altvertrag.

Es sei daher geboten, die Ansätze der Rechtsprechung zu Widerrufsvorbehalten und zum Vertrauensschutz bei Bezugnahmeklauseln auf tarifliche Bestimmungen auch für arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln anzuwenden. Die Übertragbarkeit ergebe sich aus den grundlegenden verfassungsrechtlichen Überlegungen zur Rückwirkung, denen durch Artikel 229 § 5 EGBGB nicht ausreichend Rechnung getragen worden sei.

Im Übrigen beruft sich die Beklagte auf eine Verwirkung der geltend gemachten Ansprüche. Sowohl Zeitmoment, als auch Umstandsmoment seien gegeben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.02.2006 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil dahingehend, dass der in Rede stehende Altvertrag, der unstreitig vor dem 01.01.2002 abgeschlossen worden sei, durchaus den Vorschriften der §§ 307 ff. BGB zu unterwerfen sei.

Bei der Unwirksamkeit von Ausschlussklauseln bedürfe es auch gar nicht erst einer ergänzenden Vertragsauslegung, weil es keinen vervollständigungsbedürftigen Regelungsplan der Parteien gebe; es griffen dann nämlich die Verjährungsregelungen der §§ 195 ff. BGB ein. Dies dürfte bei Widerrufsvorbehalten tatsächlich anders sein. Entfielen diese, gebe es kein gesetzliches Modell, das den Wegfall auffangen könne.

Eine Verwirkung sei nicht einmal ansatzweise in Betracht zu ziehen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.

A.

Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.

Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 b) ArbGG.

Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 517 ff. ZPO.

B.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zu den vom Kläger beantragten Zahlungen bis Dezember 2004 verurteilt und die begehrte Feststellung hinsichtlich einer Schadensersatzverpflichtung getroffen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht dabei angenommen, ein Fall von Ansprüchen sei infolge der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung nicht gegeben.

I.

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nicht über das Bestehen von Zahlungsansprüchen des Klägers für die Monate Januar 2003 bis Dezember 2004 und deren rechnerische Richtigkeit, sowie das Bestehen von Zinszahlungspflichten, soweit ein Verfall aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung nicht eingetreten wäre.

Ebenso wenig streiten die Parteien im Berufungsverfahren noch über die begehrte Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung infolge Nichtbeschäftigung und Nichtzahlung. Insoweit ist die Beklagte den Ausführungen des Arbeitsgerichts auch nicht entgegengetreten.

Der Streit der Parteien richtet sich ausschließlich um die Frage, ob die Ansprüche, wie das Arbeitsgericht sie ausgeurteilt hat, infolge Nichtwahrung der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen verfallen sind.

II.

Einen solchen Verfall hat das Arbeitsgericht zutreffend verneint.

1) Der Kläger hat jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Verfallfrist durch die Kündigungsschutzklage gewahrt.

Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage wird in der Rechtsprechung generell als geeignetes Mittel angesehen, die Ansprüche, die während des Kündigungsstreits fällig werden und von dessen Ausgang abhängen, geltend zu machen, sofern eine einschlägige Verfallklausel eine formlose oder schriftliche Geltendmachung verlangt (vgl. beispielsweise BAG, Urteil vom 05.12.2001 EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 18; BAG, Urteil vom 05.11.2003 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 2).

Es bedurfte daher keiner besonderen Prüfung, ob auch eine Frist zur schriftlichen Geltendmachung in der ersten Stufe einer zweistufigen Ausschlussfrist von zwei Monaten eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellt (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 28.09.2005 EzA § 307 BGB Nr. 8).

2) Zur Wahrung der zweiten Stufe der arbeitsvertraglichen Verfallfrist, der gerichtlichen Geltendmachung, war der Kläger zur Vermeidung eines Verfalls nicht gehalten, da die Regelung der zweiten Stufe der Ausschlussfrist unwirksam ist.

a) Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen können grundsätzlich auch in Formulararbeitsverträgen geregelt werden (BAG, Urteil vom 02.03.2004, EzA § 87 BetrVerfG 2001 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 4; BAG, Urteil vom 25.05.2005, EzA § 307 BGB Nr. 3).

Bei der maßgeblichen Regelung in dem in Rede stehenden Anstellungsvertrag handelt es sich auch um allgemeine Geschäftsbedingungen.

aa) Nach § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt.

Eine Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen liegt dabei bereits dann vor, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist, selbst wenn der Verwender die Klausel dreimal mit demselben Vertragspartner vereinbart (BAG, Urteil vom 01.03.2006, DB 2006, S. 1377 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 11.12.2003, DB 2004, S. 1420).

bb) Hiernach handelt es sich vorliegend um allgemeine Geschäftsbedingungen.

Der entsprechenden Annahme durch das Arbeitsgericht ist die Beklagte auch nicht entgegengetreten.

c) Die §§ 305 ff. BGB finden Anwendung auf Arbeitsverhältnisse, die ab dem 01.01.2002 begründet worden sind.

Auf Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 01.01.2002 begründet worden sind, findet nach der Übergangsvorschrift des Artikels 229 § 5 EGBGB vom 01.01.2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung Anwendung.

Hierzu gehören auch die Bestimmungen der §§ 305 bis 310 BGB.

Hiernach unterliegen allgemeine Geschäftsbedingungen für die Zeit ab Januar 2003 auch in Altverträgen grundsätzlich der Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB.

Allein der Umstand, dass es sich bei dem in Rede stehenden Anstellungsvertrag um einen sogenannten Altvertrag handelt, der vor dem 01.01.2002 abgeschlossen worden ist, kann nicht dazu führen, dass die Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB keine Anwendung finden; dies würde unmittelbar der Übergangsregelung des Artikels 229 § 5 EGBGB widersprechen.

d) Grundsätzlich ist in Übereinstimmung mit der Beklagten davon auszugehen, dass die Regelung der Verfallfrist wirksam nach § 305 c Abs. 1 BGB in den Vertrag einbezogen worden ist.

Eine fehlende Einbeziehung erfordert dabei einen "Überrumpelungseffekt", wobei auch das äußere Erscheinungsbild zu berücksichtigen ist, so dass auch eine Unterbringung der Regelung an unerwarteter Stelle eine Wertung als Überraschungsklausel möglich macht (BAG, Urteil vom 29.11.1995, EzA § 611 BGB Inhaltskontrolle Nr. 4; BAG, Urteil vom 31.08.2005, EzA § 307 BGB Nr. 7).

Vorliegend handelt es sich bei Ziffer 10 im Anstellungsvertrag um eine eigenständige Regelung unter der deutlichen und unmissverständlichen Überschrift "Verfallfristen". Es handelt sich weder um die Unterbringung an einer unerwarteten Stelle, noch unter einer missverständlichen Überschrift.

e) Die Bestimmung genügt auch den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 2 insoweit, als ein Hinweis auf die Rechtsfolge des Verfalls erforderlich ist (siehe hierzu BAG, Urteil vom 31.08.2005, a.a.O.

Vorliegend weist nicht nur die Überschrift in Ziffer 10 des Anstellungsvertrages schon auf den Verfall hin; darüber hinaus ist auch ausdrücklich in der inhaltlichen Regelung ausgeführt, dass 'Ansprüche "verfallen", wenn die aufgeführten Fristen nicht eingehalten werden, was für jeden Leser ausreichend verständlich ist.

f) Die vereinbarte Ausschlussfrist in der zweiten Stufe ist aber unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

aa) Insoweit schließt sich die Kammer der Auffassung des BAG mit Urteil vom 25.05. 2005 (a.a.O.) an, wonach eine Frist für die gerichtliche Geltendmachung von weniger als drei Monaten im Rahmen einer einzelvertraglichen zweistufigen Ausschlussfrist unangemessen kurz ist.

bb) Insoweit hat das Arbeitsgericht auch zutreffend angenommen, dass die Unwirksamkeit der Bestimmung in Ziffer 10 des Anstellungsvertrages gemäß § 306, Absätze 1 und 2 dazu führt, dass die Bestimmung ersatzlos unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages im Übrigen entfällt.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Entscheidungen vom 25.05.2005 (a.a.O.) und vom 28.09.2005 (EzA § 307 BGB Nr. 8) bereits hinreichend darauf hingewiesen, dass eine sogenannte geltungserhaltende Reduktion dahingehend, dass die wegen unangemessener Kürze der Frist unwirksame Ausschlussklausel auf eine zulässige Dauer auszudehnen wäre, nicht in Betracht kommt, weil § 306 BGB eine solche Rechtsfolge nicht vorsieht und der Zweck der Inhaltskontrolle, den Rechtsverkehr von unwirksamen Klauseln freizuhalten, dadurch gerade nicht erreicht würde. Wer die Möglichkeit nutzen kann, allgemeine Geschäftsbedingungen aufzustellen, muss auch das vollständige Risiko einer Unwirksamkeit der Klausel tragen. Die Kammer schließt sich insoweit den weitergehenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichtes an.

Auch eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht aus.

Auch insoweit hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 25.05.2005 (a.a.O.) bereits darauf hingewiesen, dass eine solche voraussetzen würde, dass die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften und das Unterbleiben der Ergänzung des Vertrags keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet, was jedoch nicht der Fall sei. Bei Wegfall der Ausschlussfrist griffen mangels gesetzlicher oder richterrechtlicher Regelung zur Ausschlussfrist die Verjährungsregeln der §§ 195 ff. BGB ein, die einen hinreichenden Interessenausgleich böten.

cc) Ein anderes Ergebnis rechtfertigt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte, weil es sich um einen vor dem 01.01.2002 abgeschlossenen sogenannten "Altvertrag" handelt, auf die Zulässigkeit von Ausschlussfristen mit hier vorliegenden Fristen vertrauen konnte und durfte.

aa) Artikel 229 § 5 S. 2 EGBGB gibt den Klauselverwendern eine Übergangsfrist an die Hand, innerhalb derer sie zu weit gefasste Klauseln auf ein zulässiges Maß begrenzen können.

Der Gesetzgeber selbst gibt den Klauselverwendern dabei eine Frist an die Hand, innerhalb derer sie sich darauf einstellen können, dass nach den nunmehrigen Bestimmungen eine Inhaltskontrolle bestimmter Art stattfindet.

Wird diese Frist nicht genutzt, geht dies zu Lasten des Klauselverwenders (vgl. hierzu auch BAG, Urteil vom 11.04.2006, EzA § 307 BGB, 2002 Nr. 13).

Mit der Zurverfügungstellung dieser Übergangsfrist wird auch ausreichend dem Umstand Rechnung getragen, nicht mit echter Rückwirkung in bestehende vertragliche Vereinbarungen einzugreifen.

bb) Die Auffassung der Beklagten würde dazu führen, dass alle Verträge vor dem 01.01.2002, soweit sie Formulararbeitsverträge darstellen, immer Bestand hätten, wenn sie einer Inhaltskontrolle nach den Maßstäben außerhalb §§ 305 ff. BGB standhielten; das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass dies gerade dem Gesetzeszweck widerspricht, nach dem ab dem 01.01.2003 eine Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB stattfindet.

Ein berechtigtes Vertrauen konnte sich ohnehin beim Klauselverwender nicht entwickeln, da klar war, dass ein Prüfungsmaßstab nach §§ 138, 242 BGB ein anderer war, als er sich nunmehr nach den §§ 305 ff. BGB darstellt.

cc) Soweit die Beklagte auf Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 12.01.2005 (EzA § 308 BGB, 2002 Nr. 1) und vom 14.12.2005 (DB 2006, S. 1322) hinweist, steht dies der Entscheidung nicht entgegen.

1. Mit der Entscheidung vom 12.01.2005 hat das Bundesarbeitsgericht eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen, weil eine Bindung eines Arbeitgebers an eine vereinbarte Leistung ohne Widerrufsmöglichkeit unverhältnismäßig in die Privatautonomie eingreifen würde und diese Rechtsfolge keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragspartner Rechnung tragende Lösung bieten würde.

Dies ist hinsichtlich des Wegfalls von vertraglichen Ausschlussfristen nicht der Fall.

Insoweit hat das Bundesarbeitsgericht ausreichend darauf hingewiesen, das bei Wegfall der Ausschlussfrist die Verjährungsregeln der §§ 195 ff. BGB bereits einen dem Regelungsgedanken der Ausschlussfristen vergleichbaren hinreichenden Interessenausgleich bieten.

2. Die Entscheidung vom 14.12.2005 betrifft keine Überprüfung wegen unangemessener Benachteiligung einer Vertragspartei, sondern die bloße Auslegung von Verträgen, in denen auf tarifliche Bestimmungen Bezug genommen worden ist. In dieser Entscheidung ist den Verwendern Vertrauensschutz eingeräumt worden, weil die Rechtsprechung entsprechende Klauseln in der Vergangenheit trotz erheblicher Kritik immer in einer bestimmten Weise verstanden hat.

Dieser Fall ist nicht vergleichbar damit, dass Altverträge nunmehr ab einem bestimmten Zeitpunkt sich bestimmten Anforderungen stellen müssen, insbesondere einer Inhaltskontrolle unterworfen werden.

g) Damit unterfielen weder die vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Zahlungsansprüche, noch das geltend gemachte Feststellungsbegehren einer Verfallregelung, so dass es für das Feststellungsbegehren im Übrigen dahingestellt bleiben konnte, ob bereits im Rahmen eines Feststellungsbegehrens ein Verfall der möglichen dahinter stehenden Ansprüche gegeben ist.

III.

Eine Verwirkung konnte in gleicher Weise nicht angenommen werden.

1) Für die Annahme einer Verwirkung müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

Einmal muss der Gläubiger mit der Geltendmachung des Anspruchs gezögert haben. Er muss weiterhin durch sein Zuwarten beim Schuldner die Ansicht hervorgerufen haben, er werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen, so dass der Schuldner sich darauf eingestellt hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Schließlich muss dem Schuldner jetzt die Erfüllung des Anspruchs unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten sein (BAG, Urteil vom 28.07.1960 = AP Nr. 17 zu § 242 BGB Verwirkung).

2) Jedenfalls das sogenannte Umstandsmoment ist in keiner Weise erkennbar.

Ein Arbeitgeber kann nicht ohne besondere entgegenstehende Anhaltspunkte davon ausgehen, dass ein Arbeitnehmer ein Bestandsschutzverfahren lediglich führt, um "formal" den Bestand seines Arbeitsverhältnisses erhalten zu wollen, ohne aus dem Fortbestand Ansprüche, insbesondere auf Fortzahlung der Vergütung herleiten zu wollen.

Solche besonderen Anhaltspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

C.

Die Beklagte hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Im Hinblick darauf, dass die Frage eines Vertrauensschutzes auf ehemals zulässige Verfallklauseln höchstrichterlich noch nicht ausdrücklich entschieden ist, hat die Kammer die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

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