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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.01.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 1511/05
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 613 Abs. 4 S. 1
BGB § 613a Abs. 1 S. 1
KSchG § 1 Abs. 5 S. 1 n.F. [2004]
1. Ein zwischen der Schuldnerin und dem Betriebsrat mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters vereinbarter Interessenausgleich mit Namensliste führt nicht zu der erleichterten Kündigungsmöglichkeit gemäß § 125 Abs. 1 InsO (LAG Hamm, Urt. v. 22.05.2002 - 2 Sa 1560/01, LAGReport 2003, 60 = NZA-RR 2003, 378 = ZInsO 2002, 1104), so dass der Arbeitnehmer die "doppelte" Vermutung, nämlich,

- dass die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt ist (§ 128 Abs. 2 InsO) und

- dass die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist (§ 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO),

nicht zu entkräften braucht.

2. Es verbleibt aber bei der Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG n.F. [2004]. Danach ist es bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste Sache des gekündigten, namentlich bezeichneten Arbeitnehmers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass keine dringenden betrieblichen Erfordernisse für die Kündigung vorliegen oder keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens besteht.

3. Insoweit liegt eine Umkehr der Beweislast vor, d.h., die Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung führt gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zur Anwendung des § 292 ZPO.

Stellt das Gesetz (§ 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG n.F. [2004]) für das Vorhandensein einer Tatsache - hier: die Betriebsbedingtheit der Kündigung - eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig. Es ist substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm/Gerichtstag Lippstadt vom 05.04.2005 - 3 Ca 1698/04 L - werden zurückgewiesen, und zwar zur Titelklarstellung mit der Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin erst mit Ablauf des 31.12.2004 sein Ende gefunden hat.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 4/5 und der beklagte Insolvenzverwalter zu 1/5 zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 12.228,40 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Klägerin sowie darüber, ob dieses aufgrund Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 07.04.2004 - 2 IN 188/04 - wurde über das Vermögen der Firma Gesundheitszentrum B2x W1xxxxxxxxxx GmbH das Insolvenzeröffnungsverfahren eingeleitet und der Beklagte zu 1) zum vorläufigen Insolvenzverwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bestellt. Durch weiteren Beschluss vom 01.07.2004 - 2 IN 188/04 - wurde dann das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum (endgültigen) Insolvenzverwalter bestellt.

Gegenstand des Unternehmens der Insolvenzschuldnerin war die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und der vorbeugenden Heilfürsorge durch den Betrieb des anerkannten Solebades B2x W1xxxxxxxxxx. Durchgeführt wurden Anschlussheilbehandlungen, stationäre Heilverfahren, teilstationäre Rehabilitationsmaßnahmen und ambulante Therapien. Das Gesundheitszentrum B2x W1xxxxxxxxxx bestand aus der Klinik K4xxxxxxx mit den Fachbereichen Kardiologie und Angiologie und 236 Betten sowie aus der Klinik E6xxxxxx mit den Fachbereichen Orthopädie und Rheumatologie und 229 Betten. Daneben wurden ein den Klinikbereichen angeschlossenes Therapiezentrum und ein Thermalsolebad, sowie das Restaurant "A4xxx K2xxxxx" betrieben. Es waren zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung noch ca. 315 Arbeitnehmer beschäftigt.

Um eine möglichst hohe Zahl von Arbeitsplätzen zu erhalten, entwickelte die Unternehmensberatung Boston Consulting Group ein Sanierungskonzept mit dem Zweck, im Wege einer übertragenden Teilsanierung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kernbereiche Orthopädie/Rheumatologie und Kardiologie/Angiologie des Betriebes der Insolvenzschuldnerin - räumlich in der vormaligen Klinik E6xxxxxx zusammengefasst - mit Wirkung ab 01.07.2004 zu veräußern an eine eigens neu gegründete Auffanggesellschaft, die Beklagte zu 2), die sich vom Firmennamen her von der Insolvenzschuldnerin nur durch ein zwischengeschobenes "in" unterscheidet. Die Klinik K4xxxxxxx und das Patienten-Informations-Zentrum wurde komplett geschlossen, das Restaurant "A4xxx K2xxxxx" wurde seit dem 01.04.2004 als Eigenbetrieb geführt, die Röntgenaufnahmen wurden mit Wirkung ab 01.10.2004 an das Kreiskrankenhaus L2xxxxxx vergeben. Desweiteren sah das Sanierungskonzept eine Personalanpassung von ca. 45% (= rd.145 Mitarbeiter) und damit eine Fortführung des (Teil)Betriebes mit ca. 55% der Belegschaft (= rd. 170 Mitarbeitern) vor.

Mit Schreiben vom 08.06.2004 hat die (spätere) Insolvenzschuldnerin mit Zustimmung des Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter den Betriebsrat unter Vorlage einer kompletten Personalliste mit den Angaben "Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Einrittsdatum, Familienstand, Anzahl der Kinder, Schwerbehinderung/Gleichstellung, Dienstart/Berufsgruppe, Funktion, voraussichtlicher Kündigungstermin" zur beabsichtigten Kündigung von 145 Mitarbeitern angehört. Am 15.06.2004 kam es zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich mit Namensliste, in welcher auf Seite 4 alle Mitarbeiterinnen des medizinischen Schreibdienstes aufgeführt sind. Parallel wurde ein Sozialplan verhandelt, der am 04.08.2004 unterzeichnet wurde.

Die Beklagte zu 2) hat die Arbeiten des medizinischen Schreibdienstes von Anbeginn an (01.07.2004) durch die Firma Medizinisches Schreibbüro L2xxxxxxx H5xxxxx H6xx-xxxxxx aus L2xxxxxxx-E7xxxx ausführen lassen, wobei die Firma H6xxxxxxxx diese Arbeiten überwiegend in den Räumlichkeiten der vormaligen Klinik E6xxxxxx erledigt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Schließung des medizinischen Schreibdienstes der Insolvenzschuldnerin bereits auf dem Sanierungskonzept beruht oder ob der medizinische Schreibdienst erst im Zuge der Übernahme des (Teil)Betriebes durch die Beklagte zu 2) im Wege der Funktionsnachfolge auf die Firma H6xxxxxxxx verlagert worden ist.

Die am 06.03.1960 geborene, verheiratete Klägerin, die einem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist, war seit dem 01.02.1999 bei der Insolvenzschuldnerin als Verwaltungsangestellte im Bereich des medizinischen Schreibdienstes zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 1.228,40 € beschäftigt. Ihr Arbeitsverhältnis wurde durch die (spätere) Insolvenzschuldnerin mit Zustimmung des Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter unter dem 29.06.2004 zum 30.09.2004 gekündigt.

Die Klägerin hat sich gegen diese Kündigung mit Klageschrift vom 20.07.2004, beim Arbeitsgericht am gleichen Tage per Telefax eingegangen, zur Wehr gesetzt und gleichzeitig Klage gegen die Beklagte zu 2) auf die Feststellung des Fortbestands ihres Arbeitsverhältnisses erhoben sowie die Beklagte zu 2) für den Fall des Obsiegens auf Weiterbeschäftigung in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat beantragt:

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die schriftliche Kündigung vom 29.06.2004, zugegangen am 29.06.2004, nicht zum 31.12.2004 beendet worden ist.

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Wirkung vom 01.07.2004 zu unveränderten Arbeitsbedingungen bei der Beklagte zu 2) fortbesteht,

3. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) und/oder zu 2) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Mitarbeiterin im ärztlichen Schreibdienst weiterzubeschäftigen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat zur Frage der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Betriebswirtin P3xxx R5xx. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 05.04.2005 Bezug genommen. Sodann hat das Arbeitsgericht durch Urteil vom 05.04.2005 - 3 (2) Ca 1697/04 L - die Klage abgewiesen. Von der Darstellung des weiteren erstinstanzlichen Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Gegen das ihr am 30.06.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.07.2005 Berufung eingelegt und diese am 30.08.2005 begründet. Sie hält das Urteil für rechtsfehlerhaft und rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamm vom 05.04.2005, Aktenzeichen 3 (2) Ca 1697/04 L,

1. Es wird nach den Schlußanträgen der 1. Instanz erkannt.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen sowie den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

Der Beklagte zu 1), dem die Berufungsbegründungsschrift am 05.09.2005 zur Beantwortung binnen Monatsfrist zugestellt worden ist, hat sich zudem mit seiner am 30.09.2005 per Telefax beim Landearbeitsgericht eingereichten Anschlussberufungsschrift dagegen zur Wehr gesetzt, dass das Arbeitsgericht in den Gründen die Feststellung getroffen haben soll, das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei durch seine vorgreifliche Kündigung vom 14.07.2004 nicht vorzeitig zum 31.10.2004 beendet worden.

Der Beklagten zu 1) hat beantragt,

das angefochtene Urteil im Wege der Anschlussberufung insofern abzuändern, als dass nicht nur die Kündigung mit Datum vom 29.06.2004 zum 31.12.2004, sondern auch die Kündigung mit Datum vom 14.07.2004 zum 30.10.2004 das Arbeitsverhältnis der Klägerin wirksam beendet hat.

Die Klägerin hat beantragt,

die Anschlussberufung kostenpflichtig zurückzuweisen sowie den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Sie hat die Anschlussberufung für unzulässig gehalten.

Nach der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2006 hat der Beklagte zu 1) mit Zustimmung der Klägerin seine Anschlussberufung zurückgenommen. Die Klägerin und der Beklagte zu 1) stellen nur noch wechselseitige Kostenanträge.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Gerichtsakten gereichten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die aufgrund entsprechender Beschwer statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sowie rechtzeitig ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg und führt deshalb zur Zurückweisung des Rechtsmittels.

I. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Insolvenzschuldnerin ist durch deren Kündigung vom 29.06.2004 bereits mit dem 30.09.2004 beendet worden. Ihr Arbeitsverhältnis ist nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Von der Darstellung der Entscheidungsgründe wird in diesen beiden Punkten gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen, da das Berufungsgericht die Erwägungen des Arbeitsgerichts in seinen Entscheidungsgründen insoweit teilt und sich diese zu Eigen macht. Mit Blick auf den Vortrag in der Berufungsbegründung sind die überzeugenden Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts noch um Folgendes zu ergänzen:

1.Vorliegend steht nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin fest, dass die Beklagte zu 2) die Arbeiten des medizinischen Schreibdienstes von Anbeginn ihres Tätigwerdens an, also ab dem 01.07.2004, durch die Firma Medizinisches Schreibbüro L2xxxxxxx H5xxxxx H6xxxxxxxx aus L2xxxxxxx-E7xxxx hat ausführen lassen. Es heißt dazu in der Berufungsbegründungsschrift vom 30.08.2005 wörtlich:

"Der Geschäftsführer der G1xxxxxxxxxxxxxxxx B2x W1xxxxxxxxxx GmbH, hatte sich entschlossen sämtliche notwendigen Schreibarbeiten von einem Subunternehmen, dem Schreibbüro H6xxxxxxxx in einem sogenannten Inhouse Outsourcing erledigen zu lassen.

Das Schreibbüro H6xxxxxxxx war und ist ausschließlich für den Beklagten zu 1) wie auch für die Beklagte zu 2) tätig, zum großen Teil mit Mitarbeitern, die auch für das G1xxxxxxxxxxxxxxxx B2x W1xxxxxxxxxx GmbH tätig waren, so zum Beispiel die Mitarbeiterin M5xxxx.

Beweis: Zeugnis Frau M5xxxx, b.b, Frau H6xxxxxxxx b.b.

Weiterhin wurden und werden die notwendigen Arbeiten in den Räumen der Beklagten zu 2) auf Arbeitsmitteln der Beklagten zu 2) erbracht.

Beweis: Ortsbesichtigung

Die einzelnen Arbeiten des Subunternehmers werden auch auf Veranlassung der Beklagten zu 2), nämlich der Ärzte die bei der Beklagten zu 2) angestellt sind, erbracht.

Beweis: Zeugnis Frau M5xxxx, b.b, Frau H6xxxxxxxx b.b., Zeugnis der angestellten Ärzte der Beklagten zu 2)"

Die Klägerin räumt mit ihrem Vorbringen ein und stellt damit unstreitig,

- dass das Schreibbüro H6xxxxxxxx vormals in den Räumen der Insolvenzschuldnerin tätig war und nunmehr in den Räumen der Beklagten zu 2) tätig ist,

- dass das Schreibbüro H6xxxxxxxx vormals auf Arbeitsmitteln der Insolvenzschuldnerin erbracht hat und nunmehr auf Arbeitsmitteln der Beklagten zu 2) erbringt.

Die Klägerin stellt somit mit ihrem Vorbringen desweiteren unstreitig,

- dass die Arbeitsmitteln, nämlich die PCs, aus den Räumlichkeiten des medizinischen Schreibdienstes der Insolvenzschuldnerin abgebaut und in die Räumlichkeiten der Beklagten zu 2) verbracht worden sind,

- dass die Beklagte zu 2) seit Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit die bei ihr anfallenden medizinischen Schreibarbeiten an die Firma H6xxxxxxxx fremd vergibt, die diese Arbeiten in den Räumlichkeiten der vormaligen Klinik E6xxxxxx erledigt.

1.1.Zu Unrecht vergleicht die Klägerin die vorliegende Fallgestaltung mit Konstellationen, die als sog. unzulässige Austauschkündigungen angesehen werden. So stellt bspw. die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers, Kundenaufträge verstärkt durch Einsatz von Subunternehmen durchzuführen, kein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG zur Rechtfertigung von Kündigungen gegenüber eigenen Arbeitnehmern dar, soweit die bisherige Tätigkeit bei "unveränderten betrieblichen Organisationsstrukturen" nur von den billigeren Arbeitskräften eines Subunternehmers durchgeführt werden sollen (LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.02.2004 - 6/8 Sa 1723/03, LAGE § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 68). Mit anderen Worten, werden die bislang von den Arbeitnehmern des Betriebs ausgeführten Tätigkeiten nicht zur selbständigen Erledigung auf einen Dritten übertragen, sondern unterliegen dessen Mitarbeiter dem Direktionsrecht des Auftraggebers (Arbeitgeber), dann führt eine solche organisatorische Gestaltung allein noch nicht zum Wegfall der bisherigen betrieblichen Arbeitsplätze und/oder Beschäftigungsmöglichkeiten (BAG, Urt. v. 22.01.2004 - 2 AZR 111/02, AP Nr. 1 zu § 112 BetrVG 1972 Namensliste = AR-Blattei ES 1010.9 Nr. 102 = EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 11). Vorliegend kann jedoch keine Rede von "unveränderten betrieblichen Organisationsstrukturen" sein, denn durch die auf dem Sanierungskonzept der Unternehmensberatung Boston Consulting Group beruhenden übertragenden Teilsanierung sind mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kernbereiche Orthopädie/Rheumatologie und Kardiologie/ Angiologie des Betriebes der Insolvenzschuldnerin - räumlich in der vormaligen Klinik E6xxxxxx zusammengefasst - mit Wirkung ab 01.07.2004 in organisatorisch stark veränderten Form auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Weder die Insolvenzschuldnerin noch der beklagte Insolvenzverwalter hatten die rechtliche Möglichkeit, die Beklagte zu 2) zu verpflichten, den medizinischen Schreibdienst in eigener Regie durchzuführen.

1.2.Die Klägerin hat zwar richtig erkannt, es ergäbe sich aus dem von dem Beklagten zu 1) überreichten Sanierungskonzept nicht, dass der medizinische Schreibdienst an das Büro H6xxxxxxxx vergeben werden sollte, die Vergabe der Schreibarbeiten an das Büro H6xxxxxxxx sei jedenfalls nicht Bestandteil der im Interessenausgleich vom 15.06.2004 geregelten Betriebsänderung, so dass sich die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG nicht erstrecke. Sie verkennt jedoch, dass dem Interessenausgleich vom 15.06.2004 als Betriebsänderung nach dem vorgelegten das Sanierungskonzept eine Personalanpassung von ca. 45% (= rd.145 Mitarbeiter) vorsah. § 613a BGB wird zwar Ersatz für die Nichtanwendung des § 111 BetrVG auf Betriebsinhaberwechsel angesehen, so dass der Betriebsübergang für sich allein genommen keine interessenausgleichs und ggf. sozialplanpflichtige Betriebsänderung darstellt. Daher schließen die Stilllegung eines Betriebes und dessen Übergang einander aus, denn sie lösen unterschiedliche Schutzregelungen zugunsten der Arbeitnehmer aus. Wird der Betriebsübergang (§ 613a Abs. 1 BGB) jedoch von Betriebsänderungen im Sinne des § 111 Satz 3 BetrVG n.F. [2001] begleitet, sind diese interessenausgleichs und ggf. sozialplanpflichtig, aber wiederum nicht in Bezug auf die Nachteile, die sich aus dem Betriebsübergang selbst ergeben (BAG, Bes. v. 25.01.2000 - 1 ABR 1/99, NZA 2000, 1069 = ZInsO 2000, 568 = ZIP 2000, 2039). Auch ein bloßer Personalabbau ohne Verringerung der sächlichen Betriebsmittel kann eine Betriebseinschränkung sein, wenn eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist. Richtschnur, wann erhebliche Teile der Belegschaft betroffen sind, sind die Zahlen und Prozentangaben in § 17 Abs. 1 KSchG. Für Großbetriebe ist eine Betriebseinschränkung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG n.F. [2001] allerdings erst bei einem Personalabbau von 5% der Gesamtbelegschaft gegeben (so zu § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG a.F. [1972]: BAG, Urt. v. 07.08.1990 - 1 AZR 445/89, NZA 1991, 113 = ZIP 1990, 1426; BAG, Urt. v. 22.01.2004 - 2 AZR 111/02, AP Nr. 1 zu § 112 BetrVG 1972 Namensliste = AR-Blattei ES 1010.9 Nr. 102 = EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 11). Nach den Festlegungen im Interessenausgleich vom 15.06.2004 plante die Insolvenzschuldnerin nach dem Sanierungskonzept eine übertragende Teilsanierung der Kernbereiche der beiden Kliniken und einen Personalabbau der 315 Beschäftigten um ca. 45% (= rd. 145 Arbeitnehmer). Damit waren mehr als 25 Arbeitnehmer bzw. mehr als ein Anteil von 10% der Gesamtbelegschaft gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG erfasst. Der beabsichtigte Personalabbau stellt sich deshalb als eine Betriebseinschränkung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG n.F. [2001], so dass die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG n.F. [2004] mit der Beweislastumkehr eingreift (so zu § 1 Abs. 5 KSchG a.F. [1996] BAG, Urt. v. 21.02.2002 - 2 AZR 581/00, BAGReport 2003, 16 = NZA 2002, 1360 = ZInsO 2002, 1103).

2.Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäfte auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs (noch) bestehenden Arbeitsverhältnissen ein (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB). Dazu hat das Gesetz in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB als Tatbestand folgende Voraussetzungen normiert:

- das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses,

- das Vorhandensein eines Betriebes oder Betriebsteils,

- den Übergang der Leitungsmacht auf einen anderen Inhaber,

- durch Rechtsgeschäft,

- kein Widerspruch des Arbeitnehmers.

Es kommt noch ein weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmale hinzu:

- Zuordnungsmöglichkeit des Arbeitnehmers.

Desweiteren muss der bisherige Inhaber seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen. Die Leitungsmacht muss auf den Betriebsübernehmer übergehen, ohne dass es einer besonderen Übertragung derselben bedarf (BAG vom 12.11.1998 - 8 AZR 282/97, ZIP 1999, 589).

2.1.Vorliegend ist der medizinische Schreibdienst der Insolvenzschuldnerin vom Beklagten zu 1) endgültig eingestellt worden. Als Indiz spricht hierfür die Namensliste zum Interessenausgleich vom 15.06.2004, wo auf Seite 4/6 nach dem Klinikleiter B8xxx sämtliche zwölf Mitarbeiterinnen des medizinischen Schreibdienstes einschließlich der Abteilungsleiterin W3xxxxxx namentlich als zu Kündigende (darunter an 7. Stelle die Klägerin) aufgeführt worden sind. Im Übrigen steht, nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin fest, dass die Beklagte zu 2) die Arbeiten des medizinischen Schreibdienstes von Anbeginn ihres Tätigwerdens an, also ab dem 01.07.2004, durch die Firma Medizinisches Schreibbüro L2xxxxxxx H5xxxxx H6xxxxxxxx aus L2xxxxxxx-E7xxxx hat ausführen lassen. Es heißt dazu in der Berufungsbegründungsschrift vom 30.08.2005 wörtlich:

"So werden die anzufertigenden Berichte in Räumen der Beklagten zu 2) auf der Computeranlage, die von der Beklagten zu 2) gewartet werden, angefertigt. Alsdann werden die Berichte in Datensätzen zusammengefaßt, die bei der Beklagten zu 2) gepflegt werden. Die Schreibarbeiten werden in der Regel vom medizinischen Personal, sprich den Ärzten direkt in Auftrag gegeben und abgerufen. Bei Bedarf werden Berichte, sofern Krankenkassen oder sonstige Leistungsträger diese anfordern, direkt vom Schreibbüro versandt. Desweiteren ist der Schreibdienst innerbetrieblich an die Telefonanlage angeschlossen und hat eine eigene Rufnummer über die Beklagte zu 2) erhalten, so dass bei Anrufen von Dritten überhaupt nicht ersichtlich ist, dass das Schreibbüro von einem Subunternehmer betrieben wird. Die Mitarbeiter des Schreibbüros machen bei Telefonanrufen auch nicht deutlich, dass sie keine Mitarbeiter der Beklagten zu 2) sind. Letztlich haben die Mitarbeiter des Schreibbüros ungehinderten Zugang zu Datensätzen der Beklagten zu 2) und auch zu 1)!!"

Falls überhaupt, dann könnte ein Betriebsteilübergang - betreffend den medizinischen Dienst - allenfalls auf die Firma Medizinisches Schreibbüro L2xxxxxxx H5xxxxx H6xxxxxxxx stattgefunden haben. Für die Anwendung der gesetzlichen Regelungen des § 613a BGB ist kein unmittelbares Rechtsgeschäft zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Betriebserwerber erforderlich. Es genügt jeder Wechsel der Inhaberschaft, also der Übergang der Leitungsmacht, der durch ein Rechtsgeschäft vollzogen oder veranlasst worden ist. Daher liegt ein Betriebsübergang auch dann vor, wenn das Rechtsgeschäft mit Dritten, z. B. Banken, Sparkassen, Verpächter etc., abgeschlossen wird. Nach seinem Wortlaut verlangt § 613a Abs. 1 BGB kein einheitliches Rechtsgeschäft, sondern lässt auch mehrere Rechtsgeschäfte genügen, wenn sie nur in ihrer Gesamtheit auf die Übernahme eines lebendigen, funktionstüchtigen Betriebes und den Übergang der Leitungsmacht gerichtet sind, wenn also mit dieser Zielvorgabe ein "Bündel von Rechtsgeschäften" vorliegt (BAG, Urt. v. 22.05.1985 - 5 AZR 73/84, NZA 1985, 773 = ZIP 1985, 1343; BAG, Urt. v. 03.07.1986 - 2 AZR 68/85, NZA 1987, 123 = ZIP 1986, 1595; BAG, Urt. v. 18.02.1999 - 8 AZR 485/97, NZA 1999, 648 = ZInsO 1999, 483 = ZIP 1999, 1142). Diese Grundsätze gelten bei einem Betriebsteilübergang entsprechend. Für einen solchen reicht zwar nicht aus, wenn der Erwerber mit einzelnen, bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln erst einen Betrieb oder Betriebsteil gründet (siehe dazu grundlegend BAG, Urt. v. 09.02.1994 - 2 AZR 666/93, NZA 1994, 686 = ZIP 1994, 1041; BAG, Urt. v. 24.04.1997 - 8 AZR 848/94, CR 1997, 548 = NZA 1998, 253; BAG, Urt. v. 08.08.2002 - 8 AZR 583/01, NZA 2003, 315 = ZInsO 2003, 99; BAG, Urt. v. 18.12.2003 - 8 AZR 621/02, BAGReport 2004, 230 = ZInsO 2004, 696 = ZIP 2004, 1068), denn die bloße Fortführung einer Tätigkeit durch einen Auftragnehmer (Funktionsnachfolger) stellt noch keinen Betriebsübergang dar (BAG, Urt. v. 17.04.2003 - 8 AZR 253/02, ZInsO 2003, 1010; BAG, Urt. v. 05.02.2004 - 8 AZR 639/02, ARST 2004, 258 = DB 2004, 1436). Für die Beantwortung der Frage, ob zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis besteht oder nicht, braucht nicht entschieden werden, ob der (vermeintliche) Betriebsübergang zwischen der Beklagten zu 2) und der Firma H6xxxxxxxx stattgefunden hat oder ob ein "doppelter", "zweifacher", "mehrstufiger" oder "geschachtelter" Betriebsübergang - von der Insolvenzschuldnerin über die Beklagte zu 2) an die Firma H6xxxxxxxx - vorliegt oder ob es sich nur um eine reine Funktionsnachfolge handelt. Im letztgenannten Falle läge kein Betriebsübergang vor, im erstgenannten Falle müsste die Klägerin sich an die Firma H6xxxxxxxx halten.

2.2.Im Schriftsatz vom 04.11.2005 beruft sich die Klägerin darauf, "dass die Verträge, die die Beklagten zu 1) und zu 2) mit dem Schreibbüro H6xxxxxxxx geschlossen haben, sämtlichst nach §§ 134, 138 BGB nichtig sind". Sie stützt diese Ansicht darauf, dass die Ärzte wie auch die Beklagten grundsätzlich Sorge dafür zu tragen hätten, Patientendaten vor Einsichtnahme durch Personen zu schützen, die nicht gemäß § 203 StGB zu den zum Wissen Berufenen gehörten. Nur der in § 203 StGB genannte Personenkreis könne das Patientengeheimnis wahren. Die Mitarbeiter des Schreibbüros H6xxxxxxxx gehörten, laut Vortrag der Beklagten zu 2) nicht zu den Gehilfen der Ärzte wie der Krankenhausverwaltung im Sinne des § 203 Abs. 3 StGB. Eine vertragliche Ausweitung der ärztlichen Schweigepflicht auf die Mitarbeiter des Schreibbüros sei nicht möglich. Es heißt dann wörtlich weiter:

"Damit ist festzustellen, dass durch die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) und zu 2) in erheblichem Umfang gegen geltende Gesetzte verstoßen wird. Damit ist die Entscheidung des Beklagten zu 1), den medizinischen Schreibdienst aufzulösen und auf Drittfirmen zurückzugreifen, sehr wohl der gerichtlichen Überprüfung voll zugänglich. Diese unternehmerische Entscheidung ist, da sie nur mittels erheblichen Rechtsverstoßes umgesetzt werden kann, nicht geeignet, die Kündigung zu begründen. Ein Outsourcing jeglicher Art ist für die in § 203 StGB genannten Berufsgruppen ausgeschlossen, sofern Geheimnisse der Mandanten oder Patienten hierdurch betroffen werden."

Ob dieses Vorbringen angesichts der Tatsache, dass in der Berufungsbegründungsschrift nur erwähnt wird, die Schreibarbeiten würden in der Regel vom medizinischen Personal, sprich den Ärzten direkt in Auftrag gegeben und abgerufen und die Mitarbeiter des Schreibbüros H6xxxxxxxx hätten ungehinderten Zugang zu Datensätzen der Beklagten zu 2), überhaupt beachtlich ist, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn man darin lediglich eine zulässige rechtliche Konkretisierung sehen wollte, würde diese nicht zu dem gewünschten Erfolg führen. Für die Frage, ob ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vom Veräußerer auf den Erwerber übergegangen ist, kommt es auf die Frage, ob dieses Rechtsgeschäft wirksam ist oder nicht, nämlich nicht an. Dies ist höchstrichterlich für den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Erwerbers anerkannt: Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam oder nichtig, kommt es im (Außen)Verhältnis zu den Arbeitnehmern entscheidend nur darauf an, ob der Erwerber den Betrieb tatsächlich übernommen und im eigenen Namen fortgeführt hat, während im (Innen)Verhältnis zwischen Veräußerer und geschäftsunfähigen Erwerber die Regelungen der §§ 104 und 105 BGB uneingeschränkt wirksam bleiben (BAG, Urt. v. 06.02.1985 - 5 AZR 411/83, NZA 1985, 735 = ZIP 1985, 1525). Diese Grundsätze lassen sich auf alle Fälle übertragen, bei denen das dem Betriebsübergang zugrunde liegende Rechtsgeschäft rechtsunwirksam ist. Bei solchen Fallgestaltungen kommt es nach dem Sinn und Zweck des § 613a BGB lediglich darauf an, dass der Erwerber den Betrieb tatsächlich übernommen und im eigenen Namen fortgeführt hat. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll diese Vorschrift neben der Kontinuität der Betriebsverfassung und der Haftungsverteilung zwischen dem alten und neuen Arbeitgeber vor allem den Bestand der Arbeitsverhältnisse sichern (vgl. die Begründung zu § 123 E-BetrVG, BT-Drs. VI/1786, S. 27/28). Das Tatbestandsmerkmal "durch Rechtsgeschäft" soll den Anwendungsbereich der Vorschrift des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht einschränken, sondern ihn lediglich gegenüber den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge abgrenzen. Denn während bei der Gesamtrechtsnachfolge die Arbeitsverhältnisse ohnehin kraft Gesetzes auf den neuen Betriebsinhaber übergehen, war vor der Schaffung des § 613a BGB ein Betriebsübergang im Wege der Einzelrechtsnachfolge insbesondere für die Arbeitnehmer mit der Unsicherheit belastet, ob und unter welchen Voraussetzungen ihre Arbeitsverhältnisse auf den neuen Betriebsinhaber übergingen oder ob diesem ein Ablehnungsrecht zustand (vgl. BAG, Urt. v. 06.02.1985 - 5 AZR 411/83, a.a.O., m.w.N.). Da der maßgebliche Anknüpfungs- und Schwerpunkt des § 613a BGB in der tatsächlichen Übernahme des Betriebs und der arbeitstechnischen Organisations- und Leitungsmacht liegt, käme es für die Beantwortung der Frage, ob ein irgendwie gearteter Betriebsteilübergang auf die Firma H6xxxxxxxx stattgefunden haben sollte, nicht darauf an, ob das dann dem (behaupteten) Betriebsteilübergang zugrunde liegende Rechtsgeschäft rechtswirksam ist oder nicht.

2.3. Auf die Behauptung der Klägerin, "das Schreibbüro H6xxxxxxxx war und ist ausschließlich für den Beklagten zu 1) wie auch für die Beklagte zu 2) tätig, zum großen Teil mit Mitarbeitern, die auch für das G1xxxxxxxxxxxxxxxx B2x W1xxxxxxxxxx GmbH tätig waren, so zum Beispiel die Mitarbeiterin M5xxxx (richtig: M4xxxx)", kommt es zwar nicht an, jedoch sei zur Richtigstellung erwähnt, dass die Zeugin M4xxxx als einzige Mitarbeiterin aus dem ehemaligen Schreibbüro der Insolvenzschuldnerin erst nach Erlass des Urteils vom 22.03.2005 - 3 Ca 1673/04 L - durch das Arbeitsgericht Hamm/Gerichtstag Lippstadt, mit welchem ihrer Klage hinsichtlich der beiden Kündigungen der Insolvenzschuldnerin bzw. des Beklagten zu 1) stattgegeben und in Bezug auf einen vermeintlichen Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) die Klage abgewiesen worden ist, und zu geänderten (verschlechterten) Bedingungen von der Firma H6xxxxxxxx neu eingestellt worden ist. Selbst wenn es zutreffend sein sollte, dass das Schreibbüro H6xxxxxxxx ausschließlich für die Insolvenzschuldnerin tätig war und nunmehr ausschließlich auch für die Beklagte zu 2) tätig ist, wie die Klägerin behauptet, spräche dies nur dann gegen eine Selbständigkeit und Eigenständigkeit der Firma H6xxxxxxxx, wenn diese entweder vollständig in den Betrieb der Beklagten zu 2) eingegliedert wäre oder die beiden Firmen einen gemeinsamen Betrieb bildeten. Um entsprechende Feststellungen treffen zu können, ist das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründungsschrift vom 30.08.2005 zu pauschal, denn es heißt dazu lediglich:

"... der Schreibdienst [ist] voll in die betriebliche Arbeitsorganisation bei der Beklagten zu 2) eingebunden und die Beklagte zu 2) übt Arbeitgeberfunktion gegenüber den Schreibkräften aus, wie er es auch schon bei dem G1xxxxxxxxxxxxxxxx B2x W1xxxxxxxxxx GmbH eingebunden war. Es ist sogar zum Teil noch nicht einmal zu einem Austausch der Mitarbeiter gekommen, wie im Fall der benannten Zeugin M5xxxx, die vorher für das G1xxxxxxxxxxxxxxxx B2x W1xxxxxxxxxx GmbH tätig war und nunmehr dem Subunternehmen angehört. Die Arbeitsabläufe sind unverändert."

Es fehlt an einer Darlegung der Fakten, aus denen auf die Einbindung der Mitarbeiterinnen in die betriebliche Arbeitsorganisation bei der Beklagten zu 2) und auf die Ausübung der Arbeitgeberfunktion gegenüber den Schreibkräften durch die Beklagte zu 2) rückgeschlossen werden könnte. Die bloße Fortführung einer Tätigkeit durch einen Auftragnehmer (Funktionsnachfolger) stellt - wie bereits erwähnt - noch keinen Betriebsübergang dar (BAG, Urt. v. 17.04.2003 - 8 AZR 253/02, ZInsO 2003, 1010; BAG, Urt. v. 05.02.2004 - 8 AZR 639/02, ARST 2004, 258 = DB 2004, 1436) und führt auch nicht ohne weiteres zu der Annahme, dass das Subunternehmen und damit "der Schreibdienst in den betrieblichen Ablauf der Beklagten zu 2) integriert" ist. Aber selbst wenn auch hinsichtlich des Schreibdienstes der Insolvenzschuldnerin nicht bloß eine Funktionsnachfolge gegeben sein, sondern ein irgendwie gearteter Betriebsteilübergang stattgefunden haben sollte, dann wäre dieser Vorgang letztendlich nur auf die Firma H6xxxxxxxx geschehen, denn im Rahmen von § 613a BGB findet ein vollständiger Austausch der Vertragsparteien statt. Das Arbeitsverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber 'erlischt' (ArbG Siegen, Urt. v. 14.03.1989 - 1 Ca 780/88, AR-Blattei ES 500 Nr. 84 = "Betriebsinhaberwechsel: Entsch. 84"; LAG Hamm, Urt. v. 12.12.1996 - 4 Sa 1258/94, LAGE § 613a BGB Nr. 60 = MDR 1997, 950; LAG Hamm, Urt. v. 25.11.2004 - 4 Sa 1120/03, LAGE § 125 InsO Nr. 5 = ZInsO 2005, 616) beim Betriebsübergang kraft Gesetzes, denn § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt eine gesetzlich vorgesehene Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar, die zwingend mit dem gesetzlichen Übergang des unveränderten Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber verbunden ist (BAG, Urt. v. 30.10.1986 - 2 AZR 101/85, NZA 1987, 524 = ZIP 1987, 529). Hieraus folgt, dass die Klägerin sich im "falschen Prozess" befindet. Sie mag die Firma H6xxxxxxxx in Anspruch nehmen, wobei zu beachten ist, dass die Geltendmachung eines Betriebsübergangs durch den Arbeitnehmer - wie jeder andere Anspruch auch - verwirkt werden kann (BAG, Urt. v. 27.01.2000 - 8 AZR 106/99, RzK I 5 Nr. 128 = ZInsO 2000, 411; BAG, Urt. v. 08.08.2002 - 8 AZR 583/01, NZA 2003, 315 = ZInsO 2003, 99).

3. Wenn auch ein zwischen der Schuldnerin und dem Betriebsrat mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters vereinbarter Interessenausgleich mit Namensliste nicht zu der erleichterten Kündigungsmöglichkeit gemäß § 125 Abs. 1 InsO führt (LAG Hamm, Urt. v. 22.05.2002 - 2 Sa 1560/01, LAGReport 2003, 60 = NZA-RR 2003, 378 = ZInsO 2002, 1104) und damit die Klägerin "doppelte" Vermutung, nämlich,

- dass die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt ist (§ 128 Abs. 2 InsO) und

- dass die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist (§ 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO),

nicht zu entkräften braucht (siehe dazu LAG Hamm, Urt. v. 04.06.2002 - 4 Sa 57/02, AR-Blattei ES 915 Nr. 21 = LAGReport 2003, 31 = ZInsO 2003, 52; LAG Hamm, Urt. v. 04.06.2002 - 4 Sa 81/02, AR-Blattei ES 915 Nr.22 = InVo 2003, 106 = LAGReport 2003, 14 = NZA-RR 2003, 293 = ZInsO 2003, 47; LAG Hamm, Urt. v. 27.11.2003 - 4 Sa 767/03, ZInsO 2004, 576; ähnl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 23.01.2003 - 11/12 Sa 1057/02, LAGE § 125 InsO Nr. 3 = ZInsO 2004, 402 = ZIP 2003, 817), verbleibt es aber bei der Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG n.F. [2004]. Danach ist es bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste Sache des gekündigten, namentlich bezeichneten Arbeitnehmers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass keine dringenden betrieblichen Erfordernisse für die Kündigung vorliegen (so bereits BAG, Urt. v. 07.05.1998 - 2 AZR 536/97, InVo 1998, 283 = NZA 1998, 933 = ZIP 1998, 1809; BAG, Urt. v. 07.05.1998 - 2 AZR 55/98, MDR 1998, 1485 = NZA 1998, 1110 = ZIP 1998, 1885) und dass seine Beschäftigungsmöglichkeit am bisherigen Arbeitsplatz nicht weggefallen ist (BAG, Urt. v. 21.02.2002 - 2 AZR 581/00, BAGReport 2003, 16 = NZA 2002, 1360 = ZInsO 2002, 1103) oder eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens besteht (LAG Hamm, Urt. v. 02.09.1999 - 4 Sa 962/99, ZInsO 2000, 352). Insoweit liegt eine Umkehr der Beweislast vor, d.h., die Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung führt gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zur Anwendung des § 292 ZPO. Stellt das Gesetz (§ 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG n.F. [2004]) für das Vorhandensein einer Tatsache - hier: die Betriebsbedingtheit der Kündigung - eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig. Es ist substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt (BAG, Urt. v. 22.01.2004 - 2 AZR 111/02, AP Nr. 1 zu § 112 BetrVG 1972 Namensliste = AR-Blattei ES 1010.9 Nr. 102 = EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 11). Dies ist der Klägerin vorliegend nicht gelungen, wie das Arbeitsgericht überzeugend ausgeführt hat, so dass eine Ergänzung diesbezüglich auch unter Berücksichtigung des zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin nicht erforderlich ist. Im übrigen steht aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme und der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts fest, dass es zwar nach dem Gutachten der Boston Consulting Group in der dortigen Mitarbeiterliste noch einen medizinischen Schreibdienst geben sollte, dass aber Mitte Juni 2004 in einem Gespräch zwischen dem damaligen Geschäftsführer v1x B3xx, einem Herrn R4xxxx, dem Beklagten zu 1) und der Zeugin R5xx gemeinsam entschieden worden sei, den medizinischen Schreibdienst nicht weiterzuführen, sondern ihn aufzulösen. Hieraus hat das Arbeitsgericht die Schlussfolgerung gezogen, dass es der Beklagten zu 2) deshalb freigestanden habe, die bisherigen betriebseigenen Aktivitäten der Insolvenzschuldnerin auf eine Fremdfirma zu vergeben, nämlich die Arbeiten des medizinischen Schreibdienstes von Anbeginn an (01.07.2004) durch die Firma Medizinisches Schreibbüro L2xxxxxxx H5xxxxx H6xxxxxxxx aus L2xxxxxxx-E7xxxx ausführen lassen. Die erstinstanzliche Beweiswürdigung und die aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme gezogenen Schlussfolgerungen sind nicht angreifbar und in vollem Umfang nachvollziehbar. Sie entsprechen insbesondere den Anforderungen des § 286 ZPO sowie sonstigen Beweisregeln. Gemäß § 286 ZPO muss der Richter aufgrund der Beweisaufnahme entscheiden, ob er die Tatsache für wahr oder unwahr hält. Auf diese eigene Überzeugung des Gerichts, also der Richter, die insoweit nur ihrem Gewissen unterworfen und an die gesetzlichen Beweisregeln gebunden sind (§ 286 Abs. 2 BGB), kommt es an, auch wenn andere Personen erhebliche Zweifel haben oder zu einer anderen Auffassung gelangt sein würden. Die Klägerin hat das erstinstanzlich festgestellte Ergebnis der Beweisaufnahme nicht dadurch in Zweifel ziehen können, dass sie - ohne sich mit den Ausführungen zu der unternehmerischen Entscheidung im Gespräch von Mitte Juni 2004 auseinanderzusetzen - ihrerseits einfach die Behauptung aufstellt:

"Das Schreibbüro H6xxxxxxxx war und ist ausschließlich für den Beklagten zu 1) wie auch für die Beklagte zu 2) tätig,..."

und diese Behauptung mit dem unzutreffenden Hinweis zu untermauern versucht, das Schreibbüro H6xxxxxxxx sei

"... zum großen Teil mit Mitarbeitern, die auch für das G1xxxxxxxxxxxxxxxx B2x W1xxxxxxxxxx GmbH [der Insolvenzschuldnerin] tätig waren,..."

(weiterhin) tätig. Wären diese Behauptungen zutreffend, dann hätte die Klägerin ihrerseits schon für das Schreibbüro H6xxxxxxxx tätig gewesen sein müssen. Dies wiederum wird von ihr nicht behauptet. Schließlich "erschöpft" sich der Großteil der Mitarbeiterinnen, die vormals bei der Insolvenzschuldnerin tätig waren und "nahtlos" von dem Schreibbüro H6xxxxxxxx weiterbeschäftigt worden sein sollen, auf die Benennung einer einzigen Mitarbeiterin, nämlich Frau M5xxxx (richtig: M4xxxx), die als einzige Mitarbeiterin aus dem ehemaligen Schreibbüro der Insolvenzschuldnerin - wie oben dargelegt - erst nach Erlass des Urteils vom 22.03.2005 - 3 Ca 1673/04 L - durch das Arbeitsgericht Hamm/Gerichtstag Lippstadt, zu geänderten (verschlechterten) Bedingungen von der Firma H6xxxxxxxx neu eingestellt worden ist. Damit lässt sich weder die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG widerlegen noch die arbeitsgerichtliche Beweiswürdigung erschüttern, so dass die Berufung erfolglos bleiben muss.

4.Nach alledem steht fest, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung der Insolvenzschuldnerin vom 29.06.2004 mit Ablauf des 30.09.2004 fristgemäß sein Ende gefunden hat, und zwar ohne auf die Beklagte zu 2) übergegangen zu sein. Damit entfällt deren (mögliche) Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung der Klägerin. Der Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung, der nach heutigem Verständnis zusammen mit dem Vergütungsanspruch eine Einheit bildet und in der Bündelung dieser Berechtigungen den Hauptanspruch des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 611 BGB ausmacht (LAG Hamm, Urt. v. 05.05.1983 - 8 Sa 255/83, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 52; LAG Hamm, Urt. v. 11.03.1999 - 4 Sa 34/98, ZInsO 1999, 424; LAG Hamm, Urt. v. 11.03.1999 - 4 Sa 966/98, ZInsO 1999, 424; LAG Hamm, Urt. v. 24.02.2000 - 4 Sa 1731/99, ZInsO 2000, 467; LAG Hamm, Urt. v. 23.01.2003 - 4 Sa 720/02, ZInsO 2004, 1099 [Graner]; LAG Hamm, Urt. v. 04.12.2003 - 4 Sa 900/03, AR-Blattei ES 1010.2 Nr. 45 = LAGE § 623 BGB Nr.3 = DZWIR 2004, 192 [Weisemann] = NZA-RR 2004, 189 = ZInsO 2004, 163), kann -wenn die Wirksamkeit der Kündigung festgestellt wird - nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Der Weiterbeschäftigungsantrag setzt nämlich ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis voraus (BAG, Urt. v. 27.02.1985 - GS 1/84, NZA 1985, 702 = ZIP 1985, 1214). Vorliegend hat ein solches zur Beklagten zu 2) nie bestanden.

II. Nach alledem hat die Berufung der Klägerin in vollem Umfang ohne Erfolg bleiben müssen. Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben der Insolvenzschuldnerin vom 29.06.2004 mit Zustimmung des Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als damaliger vorläufiger Insolvenzverwalter bereits zum 30.09.2004, und nicht wie im Klagantrag zu 1) sowohl in der Klageschrift vom 20.07.2004, im Sitzungsprotokoll vom 01.02.2005 als auch im Urteil vom 05.04.2005 - 3 (2) Ca 1697/04 L - des Arbeitsgerichts Hamm/Gerichtstags Lippstadt angegeben, zum 31.12.2004 gekündigt worden ist, war dies zur Vermeidung von Missverständnissen im Urteil klarzustellen.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 516 Abs. 3 ZPO. Die Kostenquotelung ergibt sich aus der HeldŽschen Kostenteilungstabelle (DRiZ 1984, 317, 319, 320) und orientiert sich an dem anteiligen Obsiegen und Unterliegen der Klägerin und des Beklagten zu 1), während die Beklagte zu 2) keinerlei Kosten zu tragen hat. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der in einem Parallelverfahren unter dem Aktenzeichen 4 Sa 1512/05 eine weitere frühere Mitarbeiterin der Insolvenzschuldnerin gegen die beide Beklagten vertritt, hat im vorliegenden Berufungsverfahren die Begründungsschrift vom 30.08.2005 aus dem Parallelverfahren eingereicht, in welcher er lediglich den Namen der Klägerin und das Aktenzeichen des Berufungsverfahrens hat ändern lassen. Er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, das erstinstanzliche Aktenzeichen ebenfalls zu ändern, geschweige denn die unter den Abschnitten I. + II. wiedergegebene Darlegung des Streitstoffes und der Prozessgeschichte entsprechend den Umständen des vorliegenden Berufungsverfahrens anzupassen. Während hier nur eine Kündigung im Streit steht, streiten die Parteien des Parallelverfahrens um zwei Kündigungen, nämlich um die "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin vom 29.06.2004 und um die "Nachkündigung" des Beklagten zu 1) vom 14.07.2004. Dem falschen Sachvortrag ist die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1) blindlings gefolgt und hat am 30.09.2005 Anschlussberufung erhoben. Nachdem dem Kammervorsitzende bei der Terminsvorbereitung aufgefallen ist, dass sich kein Kündigungsschreiben vom 14.07.2004 in der Gerichtsakte befindet und dass sowohl in der Klageschrift vom 20.07.2004 als auch im Sitzungsprotokoll vom 01.02.2005 sowie im Urteil vom 05.04.2005 - 3 (2) Ca 1697/04 L - des Arbeitsgerichts Hamm/Gerichtstag Lippstadt nur drei Klageanträge aufgeführt sind, von denen keiner eine Kündigung vom 14.07.2004 betrifft, hat er die Parteivertreter per Telefax vom 11.01.2006 entsprechend informiert und bei der Klägerin und dem beklagten Insolvenzverwalter nachgefragt, ob überhaupt eine Kündigung vom 14.07.2004 zum 31.10.2004 im Raume steht. Dennoch hat der Beklagte zu 1) die Anschlussberufung erst nach der Antragstellung zurückgenommen. Der Beklagte zu 1) hat wegen Rücknahme der Anschlussberufung anteilmäßig die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Zwar sind diese Kosten durch den fehlerhaften Sachvortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin verursacht worden, jedoch hat sich der Beklagte zu 1) voll auf den "Holzweg" führen lassen, denn er hat - ebenfalls unter Übernahme seines Sachvortrags aus dem Parallelverfahren 4 Sa 1512/05 - in seiner Anschlussschrift vom 30.09.2005 die Behauptung, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung vom 14.07.2005 (richtig: 2004) angehört worden, unter Beweis der Zeugin P3xxx R5xx gestellt. Demgegenüber hält die Klägerin den Irrtum des Beklagten zu 1) aufrecht, denn in der Anschlusserwiderungsschrift vom 06.10.2005 beruft sie sich darauf, bereits in der Klageschrift vom 20.07.2004 gerügt zu haben, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Es heißt dann wörtlich weiter:

"Der Beklagte zu 1) hat in dem gesamten Klageverfahren zu diesem Vortrag bezüglich der Kündigung vom 14.07.2004 mit "keinster" Silbe vorgetragen."

Durch die Wiederholung der "Schlußanträge 1. Instanz" und damit auch des erstinstanzlichen "Klageantrages zu 1)" hat die Klägerin im Hinblick auf die Anschlussberufung keine höheren Kosten veranlasst, so dass es bei der für den Beklagten zu 1) ermittelten Quote ohne irgendwelche Gutschreibungen verbleibt (§ 92 Abs. 2 ZPO).

2. Der Wert des Streitgegenstandes hätte mithin für die gerichtliche Entscheidung nach § 63 Abs. 1 GKG n.F. i.V.m. § 32 Abs. 1 RVG festzusetzen. Für die Feststellungsanträge zu 1) ("Vorkündigung") und zu 2) (Bestand eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 2) war jeweils gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG n.F. das Vierteljahreseinkommen der Klägerin anzusetzen. Der Feststellungsantrag aus der Anschlussschrift war im Hinblick auf die mit der vermeintlichen "Nachkündigung" angestrebte zwei Monate frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem doppelten Monatsverdienst der Klägerin zu bewerten. Gleiches gilt nach §§ 3 ff. ZPO für den Weiterbeschäftigungsantrag zu 4). Die Addition aller Einzelbeträge ergibt den Gesamtstreitwert. Der Streitwertbeschluss hat mit der Urteilsformel verbunden werden können.

3. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 1 ArbGG ist bei der vorliegenden Einzelfallgestaltung nicht ersichtlich, denn die von den Parteien aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits sämtlich beantwortet bzw. konnten dahingestellt bleiben. Die Nichtzulassung der Revision war in den Urteilstenor aufzunehmen, da die Parteien bereits nach Verkündung des Urteils wissen müssen, ob der zwischen ihnen bestehende Konflikt entschieden ist oder nicht (§ 72 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 64 Abs. 3a ArbGG).

Ende der Entscheidung

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