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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.01.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 1512/05
Rechtsgebiete: BetrVG, ZPO
Vorschriften:
BetrVG § 102 | |
ZPO § 524 |
2. Ist dem Betriebsrat im Zuge der Anhörung zur "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer mit sämtlichen Sozialdaten (Name, Vorname, Geburtsdatum, Anzahl der Kinder, Beschäftigungsdauer im Unternehmen) sowie mit der Angabe des "oraussichtlichen Kündigungstermins" übergeben worden, dann braucht der Insolvenzverwalter im Rahmen der Anhörung zur "Nachkündigung" zwar die Sozialdaten der betroffenen Arbeitnehmer nicht erneut mitzuteilen, er muss den Betriebsrat jedoch eindeutig wissen lassen, wen er "nachzukündigen" gedenkt.
3. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Anhörung des Betriebsrats zur "Nachkündigung " zusammen mit der "Vorkündigung" erfolgt sein soll. Enthält die in diesem Zusammenhang überreichte Liste keine Angaben über die gesetzliche Höchstfrist des § 113 S. 2 InsO n.F. [2004], dann ist bei einer Massenentlassung das Herausfiltern der Arbeitnehmer, "welche eine längere Kündigungsfrist als drei Monate haben", aus der Liste zur "Vorkündigung" ein mühsames und zeitaufwendiges Unterfangen, das sich der Betriebsrat im Computerzeitalter nicht antun muss. Daraus folgt, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß über den Kreis der von der "Nachkündigung" betroffenen Arbeitnehmer unterrichtet worden ist.
Tenor:
Parallelsache zu 4 Sa 1511/05
Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm/Gerichtstag Lippstadt vom 05.04.2005 - 3 Ca 1698/04 L - werden zurückgewiesen, und zwar zur Titelklarstellung mit der Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin erst mit Ablauf des 31.12.2004 sein Ende gefunden hat.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 4/5 und der beklagte Insolvenzverwalter zu 1 /5 zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 9.619,70 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Klägerin sowie darüber, ob dieses aufgrund Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 07.04.2004 - 2 IN 188/04 - wurde über das Vermögen der Firma Gesundheitszentrum B3x W1xxxxxxxxxx GmbH das Insolvenzeröffnungsverfahren eingeleitet und der Beklagte zu 1) zum vorläufigen
Insolvenzverwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bestellt. Durch weiteren Beschluss vom 01.07.2004 - 2 IN 188/04 - wurde dann das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum (endgültigen) Insolvenzverwalter bestellt.
Gegenstand des Unternehmens der Insolvenzschuldnerin war die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und der vorbeugenden Heilfürsorge durch den Betrieb des anerkannten Solebades B3x W1xxxxxxxxxx. Durchgeführt wurden Anschlussheilbehandlungen, stationäre Heilverfahren, teilstationäre Rehabilitationsmaßnahmen und ambulante Therapien. Das Gesundheitszentrum B3x W1xxxxxxxxxx bestand aus der Klinik K4xxxxxxx mit den Fachbereichen Kardiologie und Angiologie und 236 Betten sowie aus der Klinik E5xxxxxx mit den Fachbereichen Orthopädie und Rheumatologie und 229 Betten. Daneben wurden ein den Klinikbereichen angeschlossenes Therapiezentrum und ein Thermalsolebad, sowie das Restaurant "A5xxx K2xxxxx" betrieben. Es waren zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung noch ca. 315 Arbeitnehmer beschäftigt.
Um eine möglichst hohe Zahl von Arbeitsplätzen zu erhalten, entwickelte die Unternehmensberatung B11xxx C1xxxxxxxx G3xxx ein Sanierungskonzept mit dem Zweck, im Wege einer übertragenden Teilsanierung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kernbereiche Orthopädie/Rheumatologie und Kardiologie/ Angiologie des Betriebes der Insolvenzschuldnerin - räumlich in der vormaligen Klinik E5xxxxxx zusammengefasst - mit Wirkung ab 01.07.2004 zu veräußern an eine eigens neu gegründete Auffanggesellschaft, die Beklagte zu 2), die sich vom Firmennamen her von der Insolvenzschuldnerin nur durch ein zwischengeschobenes "in" unterscheidet. Die Klinik K4xxxxxxx und das Patienten-Informations-Zentrum wurde komplett geschlossen, das Restaurant "A5xxx K2xxxxx" wurde seit dem 01.04.2004 als Eigenbetrieb geführt, die Röntgenaufnahmen wurden mit Wirkung ab 01.10.2004 an das Kreiskrankenhaus L1xxxxxxx vergeben. Desweiteren sah das Sanierungskonzept eine Personalanpassung von ca. 45% (= rd.145 Mitarbeiter) und damit eine Fortführung des (Teil)Betriebes mit ca. 55% der Belegschaft (= rd. 170 Mitarbeitern) vor.
Mit Schreiben vom 08.06.2004 hat die (spätere) Insolvenzschuldnerin mit Zustimmung des Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter den Betriebsrat unter Vorlage einer kompletten Personalliste mit den Angaben "Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Einrittsdatum, Familienstand, Anzahl der Kinder, Schwerbehinderung/Gleichstellung, Dienstart/Berufsgruppe, Funktion, voraussichtlicher Kündigungstermin" zur beabsichtigten Kündigung von 145 Mitarbeitern angehört. Am 15.06.2004 kam es zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich mit Namensliste, in welcher auf Seite 4 alle Mitarbeiterinnen des medizinischen Schreibdienstes aufgeführt sind. Parallel wurde ein Sozialplan verhandelt, der am 04.08.2004 unterzeichnet wurde.
Die Beklagte zu 2) hat die Arbeiten des medizinischen Schreibdienstes von Anbeginn an (01.07.2004) durch die Firma Medizinisches Schreibbüro L1xxxxxxx H6xxxxx H7xxxxxxxx aus L1xxxxxxx-E6xxxx ausführen lassen, wobei die Firma H7xxxxxxxx diese Arbeiten überwiegend in den Räumlichkeiten der vormaligen Klinik E5xxxxxx erledigt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Schließung des medizinischen Schreibdienstes der Insolvenzschuldnerin bereits auf dem Sanierungskonzept beruht oder ob der medizinische Schreibdienst erst im Zuge der Übernahme des (Teil)Betriebes durch die Beklagte zu 2) im Wege der Funktionsnachfolge bzw. Betriebs(teil)übernahme auf die Firma H7xxxxxxxx verlagert worden ist.
Die am 02.01.1964 geborene, verheiratete Klägerin, die zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, war seit dem 01.08.1979 bei der Insolvenzschuldnerin als Verwaltungsangestellte im Bereich des medizinischen Schreibdienstes zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 961,87 € beschäftigt. Ihr Arbeitsverhältnis wurde durch die (spätere) Insolvenzschuldnerin mit Zustimmung des Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter unter dem 29.06.2004 zum 31.12.2004 gekündigt. Eine weitere Kündigung erfolgte unter dem 14.07.2004 durch den Beklagten zu 1) in seiner Eigenschaft als endgültiger Insolvenzverwalter zum 31.10.2004.
Die Klägerin hat sich gegen beide Kündigungen mit Klageschrift vom 20.07.2004, beim Arbeitsgericht am gleichen Tage per Telefax eingegangen, zur Wehr gesetzt und gleichzeitig K3xxx gegen die Beklagte zu 2) auf die Feststellung des Fortbestands ihres Arbeitsverhältnisses erhoben sowie die Beklagte zu 2) für den Fall des Obsiegens auf Weiterbeschäftigung in Anspruch genommen.
Die Klägerin hat beantragt:
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die schriftliche Kündigung vom 29.06.2004, zugegangen am 29.06.2004, nicht zum 31.12.2004 beendet worden ist.
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die schriftliche Kündigung vom 14.07.2004, zugegangen am 15.07.2004, nicht zum 31.10.2004 beendet worden ist,
3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Wirkung vom 01.07.2004 zu unveränderten Arbeitsbedingungen bei der Beklagte zu 2) fortbesteht,
4. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) und/oder zu 2) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Mitarbeiterin im ärztlichen Schreibdienst weiterzubeschäftigen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat zur Frage der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Betriebswirtin P3xxx R4xx. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 05.04.2005 Bezug genommen. Sodann hat das Arbeitsgericht durch Urteil vom 05.04.2005 - 3 Ca 1698/04 L - die Klage formal insgesamt abgewiesen, in den Entscheidungsgründen jedoch ausgeführt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch die vorgreifliche Kündigung vom 14.07.2004 des Beklagten zu 1) nicht vorzeitig zum 31.10.2004 beendet worden ist, sondern durch die Kündigung vom 29.06.2004 der Insolvenzschuldnerin erst mit Ablauf des 31.12.2004 sein Ende gefunden hat. Von der Darstellung des weiteren erstinstanzlichen Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
In der Rechtsmittelbelehrung heißt es einleitend:
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
Gegen das ihr am 30.06.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.07.2005 Berufung eingelegt und diese am 30.08.2005 begründet. Sie hält das Urteil für rechtsfehlerhaft und rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamm vom 05.04.2005, Aktenzeichen 3 Ca 1698/04 L,
1. Es wird nach den Schlußanträgen der 1. Instanz erkannt.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen sowie den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
Der Beklagte zu 1), dem die Berufungsbegründungsschrift am 05.09.2005 zur Beantwortung binnen Monatsfrist zugestellt worden ist, wehrt sich zudem mit seiner am 30.09.2005 per Telefax beim Landearbeitsgericht eingereichten Anschlussberufungsschrift dagegen, dass das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen die Feststellung getroffen habe, das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei durch seine vorgreifliche Kündigung vom 14.07.2004 nicht vorzeitig zum 31.10.2004 beendet worden.
Der Beklagten zu 1) beantragt,
das angefochtene Urteil im Wege der Anschlussberufung insofern abzuändern, als dass nicht nur die Kündigung mit Datum vom 29.06.2004 zum 31.12.2004, sondern auch die Kündigung mit Datum vom 14.07.2004 zum 30.10.2004 das Arbeitsverhältnis der Klägerin wirksam beendet hat.
Die Klägerin beantragt,
die Anschlussberufung kostenpflichtig zurückzuweisen sowie den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.
Sie hält die Anschlussberufung für unzulässig.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Gerichtsakten gereichten Urkunden Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die aufgrund entsprechender Beschwer statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sowie rechtzeitig ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg und führt deshalb zur Zurückweisung des Rechtsmittels. Gleiches gilt die Anschlussberufung des Beklagten zu 1).
I. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Insolvenzschuldnerin ist durch die vorgreifliche "Nachkündigung" des Beklagten zu 1) vom 14.07.2004 nicht vorzeitig zum 31.10.2004 beendet worden, sondern ist aufgrund der "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin vom 29.06.2004 erst zum 31.12.2004 aufgelöst worden. Wegen Vorgreiflichkeit der "Nachkündigung", die Gegenstand der Anschlussberufung des Beklagten zu 1) ist, ist in Abweichung von der sonst üblichen Reihenfolge zuerst die Anschlussberufung zu prüfen und dann erst die Hauptberufung der Klägerin.
1. Die Anschlussberufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingereicht und ordnungsgemäß begründet worden. Nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F. muss die Anschlussberufung bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung eingelegt und zugleich in der Anschlussschrift begründet werden (§ 524 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Da dem Beklagten zu 1) die Berufungsbegründungsschrift am 05.09.2005 zur Beantwortung binnen Monatsfrist zugestellt worden ist, ist seine am 30.09.2005 per Telefax beim Landearbeitsgericht eingereichte Anschlussschrift fristgerecht. Trotz Verwendung eines Kurzrubrums hat die Anschlussschrift der richtigen Akte zugeordnet worden können, so dass der nicht gerügte Formmangel als geheilt anzusehen ist (§ 295 ZPO). Die Anschlussberufung ist zugleich fristgerecht und ordnungsgemäß begründet worden (§ 524 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 519 Abs. 2, 4 und § 520 Abs. 3 ZPO). Dass der Beklagte zu 1) mit dem am 20.10.2004 eingegangenen Schriftsatz vom 18.10.2004 eine Antragsberichtigung vorgenommen hat, ist unschädlich, da er sein Berufungsbegehren in der Anschlussschrift hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Anschlussberufung stellt, wiewohl nicht Rechtsmittel im eigentlichen Sinne, ein Angriffsmittel dar, mit dem der Anschlussberufungskläger eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu seinen Gunsten erstreben muss (so zur Anschlussrevision BGH, Urt. v. 11.03.1981 - GSZ 1/80, MDR 1981, 638 = NJW 1981, 1790, 1791 = ZIP 1981, 659, 661). Dies setzt voraus, dass eine Abänderung des arbeitsgerichtliche Urteils zugunsten des Anschlussberufungsklägers möglich ist, ihn also aus dem angefochtenen Urteil eine Beschwer trifft (so zur Anschlussrevision BGH, Urt. v. 31.05.1995 - VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563, 2565).
1.1.Vorliegend hat zwar das Arbeitsgericht im Urteilstenor die Klage in vollem Umfang abgewiesen und die Parteien in der Rechtsmittelbelehrung einleitend dahingehend belehrt, dass gegen das Urteil vom 05.04.2005 - 3 Ca 1698 L - von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden kann, dass dagegen "für die beklagte Partei ... gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben" ist, jedoch ist auch der Beklagte zu 1) - entgegen der Ansicht der Klägerin - durch das angefochtene arbeitsgerichtliche Urteil beschwert. Es heißt nämlich in den Gründen des angefochtnen Urteils einleitend wörtlich:
"Sie wurde als unbegründet abgewiesen, dabei hat die Kammer allerdings übersehen, dass die der Kündigung vom 29.06.2004 vorgreifliche Kündigung vom 14.07.2004 das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.10.2004 beendet hat. Das Arbeitsverhältnis hat vielmehr erst durch Kündigung vom 29.06.2004 zum 31.12.2004 sein Ende gefunden.
I.
Das Arbeitsverhältnis hat nicht durch die Kündigung vom 14.07.2004 zum 31.10.2004 sein Ende gefunden. Denn den vorgelegten Unterlagen und auch dem Vortrag des Beklagten zu 1) kann nicht entnommen werden, dass und ob der Betriebsrat ordnungsgemäß gem. § 102 BetrVG zu dieser Kündigung angehört worden ist."
Damit ist "über den durch die Klage ... erhobenen Anspruch entschieden" worden (§ 322 Abs. 1 ZPO), und zwar in dem Sinne, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die "Nachkündigung" des beklagten Insolvenzverwalters vom 14.07.2004 nicht zum 31.10.2004 aufgelöst, sondern durch die "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin vom 29.06.2004 erst mit Ablauf des 31.12.2004 beendet worden ist. Das angefochtene Urteil ist damit im Tenor unrichtig und hätte insoweit entweder auf Antrag oder jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen berichtigt werden können. Nach § 319 Abs. 1 ZPO sind nicht nur Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in einem Urteil vorkommen, zu berichtigen. Gleiches gilt auch für offensichtliche Auslassungen, Übertragungsfehler sowie unrichtige oder unvollständige Verlautbarungen des vom Gericht Gewollten. Letzteres ist der Fall, wenn die Erklärung des richterlichen Willens hinsichtlich der Entscheidung von der bei der Urteilsfällung vorhandenen Willensbildung abweicht. Wird bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden eine Berichtigung des Urteilstenors weder beantragt noch von Amts wegen vorgenommen, so ist eine entsprechende Titelklarstellung im Berufungsurteil vorzunehmen.
1.2. Auch die weiteren Angriffe der Klägerin gegen die Zulässigkeit der Anschlussberufung greifen nicht. Richtig ist, dass eine Anschlussberufung gemäß § 524 ZPO nur zulässig ist, wenn damit mehr erreicht werden soll als die Zurückweisung der Berufung (BGH, Urt. v. 24.02.1958 - III ZR 184/56, NJW 1958, 868). Vorliegend will der Beklagte zu 1) jedoch mehr erreichen, nämlich nicht bloß die Abweisung der Kündigungsschutzklage, sondern die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht erst durch die Kündigung vom 29.06.2004 mit dem 31.12.2004 beendet, sondern durch die Kündigung vom 14.07.2004 bereits zum 31.10.2004 aufgelöst worden ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin, die durch die Klageabweisung zwar formal vollumfänglich beschwert erscheint, mit ihrem Berufungsantrag:
"Es wird nach den Schlußanträgen der 1. Instanz erkannt",
auch ihren erstinstanzlich gestellten Klageantrag zu 2), nämlich
"festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die schriftliche Kündigung vom 14.07.2004, zugegangen am 15.07.2004, nicht zum 31.10.2004 beendet worden ist",
wiederholt hat. Würde man deshalb annehmen, die Anschlussberufung sei unzulässig, weil es genüge, den Antrag zu stellen, die Berufung zurückzuweisen, dann hätte die Klägerin es nach Ablauf der Anschlussberufungsfrist (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO) in der Hand gehabt, durch Klarstellung ihres Berufungsantrags (ggf. unter Teilrücknahme der Berufung) die Überprüfung der "Nachkündigung" vom 14.07.2004 und damit die vorzeitige Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2004 zu verhindern, denn es heißt - wie bereits erwähnt - in den Gründen des angefochtnen Urteils einleitend wörtlich:
"dass die der Kündigung vom 29.06.2004 vorgreifliche Kündigung vom 14.07.2004 das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.10.2004 beendet hat".
Die Überprüfung insoweit kann nur durch die Anschlussberufung erfolgen, mit welcher Berufungsbeklagte zu 1) nicht bloß "erreichen möchte, die Urteilsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Hamm zu ändern", wie die Klägerin meint, sondern die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis nicht "erst durch Kündigung vom 29.06.2004 zum 31.12.2004 sein Ende gefunden" hat, sondern bereits mit Ablauf des 31.10.2004 "vorzeitig" beendet worden ist. Mithin ist die Anschlussberufung zulässig.
2. Die Anschlussberufung ist jedoch unbegründet. In dem streitgegenständlichen Urteil vom 05.04.2005 ist das Arbeitsgericht deshalb zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung vom 14.07.2004 gekommen, Weil "den vorgelegten Unterlagen und auch dem Vortrag des Beklagten zu 1) ... nicht entnommen werden [kann], dass und ob der Betriebsrat ordnungsgemäß gemäß § 102 BetrVG zu dieser Kündigung angehört worden ist". Da die erste Kündigung vom 29.06.2004 in Vollzug des mit dem Betriebsrats vereinbarten Interessenausgleichs noch seitens der Schuldnerin unter Berücksichtigung der gesetzlichen/tariflichen Kündigungsfrist ausgesprochen worden sei, der Klägerin zugegangen sei, sei die Anhörung deshalb verbraucht gewesen, so dass der Betriebsrat vor Ausspruch der zweiten Kündigung vom 14.07.2004 hätte erneut angehört werden müssen. Da dies unterblieben sei, sei die Kündigung vom 14.07.2004 unwirksam.
2.1. Diesen Ausführungen ist zuzustimmen. Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch einer jeden Kündigung den Betriebsrat anzuhören (§ 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) und hat ihm dabei in der Regel folgende Punkte:
- die Personen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
- die Art der Kündigung (Änderungs- oder Beendigungskündigung),
- die Form der Kündigung (außerordentliche oder ordentliche),
- Kündigungsfrist und -termin sowie
- die Kündigungsgründe
mitzuteilen (LAG Hamm, Urt. v. 23.01.2003 - 4 Sa 720/02, ZInsO 2004, 1099 [Graner]; LAG Hamm, Urt. v. 01.04.2004 - 4 Sa 1340/03, LAGReport 2005, 31). Die Mitteilung an den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung muss auch formelle Angaben über den oder die zu entlassenden Arbeitnehmer enthalten. Dazu zählen grundsätzlich Name, Alter, Familienstand, Zahl der Kinder, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Arbeitsbereich und ein bekannter Sonderkündigungsschutz (LAG Hamm v. 19.01.1988 - 7 Sa 1595/87, NZA 1988, 554; LAG Hamm v. 27.02.1992 - 4/9 Sa 1437/90, LAGE § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung Nr. 10). Dem Betriebsrat sind bei der Anhörung nach § 102 Abs.1 BetrVG in der Regel auch die Kündigungsfristen (LAG Hamm, Urt. v. 19.05.1995 - 10 Sa 1456/94, LAGE § 102 BetrVG 1972 Nr.49) und der Kündigungstermin (LAG Berlin, Urt. v. 06.02.1984 - 9 Sa 121/83, ARST 1984, 116; LAG Berlin, Urt. v. 23.10.1995 - 17 Sa 51/95, n.v.) bekanntzugeben. Diese Angaben sind entbehrlich, wenn dem Betriebsrat Alter und Betriebszugehörigkeit des betroffenen Arbeitnehmers mitgeteilt werden oder ohnehin bekannt sind, so dass er die richtige Kündigungsfrist selber unschwer ermitteln kann (LAG Köln, Urt. v. 25.10.1996 - 11 Sa 371/96, ARST 1997, 91). Erklärt der Insolvenzverwalter, er wolle allen Mitarbeitern mit der gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsfrist zum nächstzulässigen Kündigungstermin kündigen, so genügt diese Mitteilung einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung nach § 102 Abs.1 BetrVG (LAG Hamm, Urt. v. 21.01.1993 - 4 Sa 1558/92, n.v.; LAG Hamm, Urt. v. 04.06.1995 - 4 Sa 1902/94, LAGE § 102 BetrVG 1972 Nr. 52). Weitere Angaben zur Konkretisierung der Kündigungsfrist oder des Kündigungstermins sind jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Insolvenzverwalter unter Einhaltung der gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsfrist zum nächstzulässigen gesetzlichen oder tariflichen Kündigungstermin wegen bevorstehender Betriebsstilllegung kündigen will und diese Kündigungsfrist nicht länger ist als die Höchstfrist des § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO von drei Monaten zum Monatsende (Griese, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. S. 1513, 1533 Rn. 53; Uhlenbruck/Berscheid, Insolvenzordnung, 12. Aufl. vor § 113 InsO Rn. 179). Zu einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats gehört es allerdings auch, dass der Betriebsrat aufgrund der Mitteilung des Insolvenzverwalters das ungefähre Vertragsende und die zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Entlassungstermin liegende Zeitdauer in etwa abschätzen kann (BAG, Urt. v. 15.12.1994 - 2 AZR 327/94, AP Nr. 67 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung = AiB 1995, 465 [Mittag] = EWiR 1995, 599 [Tschöpe] = NZA 1995, 521 = WiB 1995, 672 [Schiefer]). Der Insolvenzverwalter darf daher nicht gänzlich offen lassen, wann unter Einhaltung welcher Kündigungsfrist und zu welchem Kündigungstermin Kündigungen ausgesprochen werden sollen (BAG, Urt. v. 10.07.1993 - 2 AZR 423/93, BuW 1994, 212 = RzK III 1d Nr. 8), denn dies käme einer unzulässigen Anhörung auf Vorrat gleich (Uhlenbruck/Berscheid, Insolvenzordnung, 12. Aufl. vor § 113 InsO Rn. 178). Auf das gleiche Ergebnis läuft es hinaus, wenn der Insolvenzverwalter dem Betriebsrat einen bestimmten Zeitpunkt mitteilt, an dem er die "Massenkündigungen" aussprechen will, dann aber die Kündigungen tatsächlich erst einen Monat später ausspricht.
2.2. Diese Grundsätze gelten auch bei einer Massenentlassung (ArbG Wesel, Urt. v. 28.05.1977 - 6 Ca 389/97, NZA-RR 1997, 341; LAG Hamm, Urt. v. 23.01.2003 - 4 Sa 720/02, ZInsO 2004, 1099 [Graner]). Die Anhörungspflicht besteht auch im Insolvenzverfahren, und zwar für den Insolvenzverwalter, der vollumfänglich in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des Arbeitgebers getreten ist (BAG, Urt. v. 28.08.2003 - 2 AZR 377/02, ZInsO 2004, 288 = ZIP 2004, 525). Weder ein Interessenausgleich nach § 1 Abs. 5 KSchG n.F. [2004] im Eröffnungsverfahren oder nach § 125 Abs. 1 InsO im eröffneten Insolvenzverfahren noch ein solcher nach § 112 Abs. 1 BetrVG entbindet den Insolvenzverwalter von der Betriebsratsanhörung zu den konkret auszusprechenden Kündigungen nach § 102 BetrVG (BAG, Urt. v. 20.05.1999 - 2 AZR 532/98, MDR 1999, 1273 = NZA 1999, 1101 = ZInsO 1999, 601 = ZIP 1999, 1610; BAG, Urt. v. 20.05.1999 - 2 AZR 148/99, NZA 1999, 1039 = ZInsO 1999, 601 = ZIP 1999, 1647; BAG, Urt. v. 21.02.2002 - 2 AZR 581/00, BAGReport 2003, 16 = NZA 2002, 1360 = ZInsO 2002, 1103; Uhlenbruck/Berscheid, Insolvenzordnung, 12. Aufl., § 125 InsO Rn. 88, m.w.N. zum Sach und Streitstand), noch werden die (normalen) Anforderungen an die Informationspflicht herabgesetzt (LAG Hamm, Urt. v. 21.03.2002 - 4 Sa 1746/01, LAGReport 2002, 214 = ZInsO 2002, 644). Die nach § 102 BetrVG vorgeschriebene Mitwirkung des Betriebsrats soll den Arbeitgeber veranlassen, die geplante Kündigung als Individualmaßnahme zu überdenken und möglicherweise von ihr abzusehen (BAG, Urt. v. 11.10.1989 - 2 AZR 88/89, NJW 1990, 2489 = NZA 1990, 748). Das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG kann in die Verhandlung über den Interessenausgleich aufgenommen werden (so bereits ArbG Wesel, Urt. v. 28.05.1977 - 6 Ca 389/97, NZA-RR 1997, 341; LAG Düsseldorf, Urt. v. 09.10.1997 - 13 Sa 996/97, DB 1998, 926; BAG, Urt. v. 28.08.2003 - 2 AZR 377/02, ZInsO 2004, 288 = ZIP 2004, 525). Die Betriebsratsanhörung unterliegt auch beim Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namensliste keinen erleichterten Anforderungen. Dieses Problem ist nicht neu, sondern ist schon seit langem bekannt gewesen und gelöst worden: Treffen Unterrichtungspflichten nach mehreren Vorschriften zusammen, ist es nicht zwingend erforderlich, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat jeweils getrennte Verfahren einleitet. Es ist zulässig und häufig aus Zweckmäßigkeitsgründen angebracht, die einzelnen Verfahren zu verbinden, obwohl sie verschiedenen inhaltlichen Anforderungen unterliegen. Für den Betriebsrat muss aber deutlich werden, welche Verfahren der Arbeitgeber einleiten will und insbesondere, ob nur die Fristen des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, des § 99 Abs. 3 BetrVG, des § 17 Abs. 2 KSchG oder alle diese Fristen anlaufen und ob ein Interessenausgleich nach § 1 Abs. 5 KSchG n.F. [2004] bzw. § 125 Abs. 1 InsO mit Namensliste oder nach § 112 Abs. 1 BetrVG ohne eine solche angestrebt wird. Soll die Unterrichtung in einem Akt geschehen, so muss den jeweiligen gesetzlichen Anforderungen voll entsprechen (grundlegend BAG, Urt. v. 19.08.1975 - 1 AZR 613/74, AP Nr. 5 zu § 102 BetrVG 1972 [Herschel] = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 16 [Meisel] = SAE 1976, 261 [Otto]). In einem solchen Falle kann die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats zu den Kündigungen im Interessenausgleich festgehalten werden. Es kann in der schriftlichen Vereinbarung über den Interessenausgleich zum Ausdruck gebracht werden, dass der Insolvenzverwalter gleichzeitig das Anhörungsverfahren bezüglich der in der Namensliste angegebenen Personen einleitet und der Betriebsrat hinsichtlich aller Kündigungen eine abschließende Stellungnahme abgibt (LAG Hamm, Urt. v. 16.01.2002 - 2 Sa 1133/01, LAGReport 2002, 246 = ZInsO 2002, 644; LAG Hamm, Urt. v. 21.03.2002 - 4 Sa 1746/01, LAGReport 2002, 214 = ZInsO 2002, 644; LAG Hamm, Urt. v. 24.04.2002 - 2 Sa 1847/01, LAGReport 2003, 117 = ZInsO 2002, 788; LAG Hamm, Urt. v. 04.06.2002 - 4 Sa 57/02, AR-Blattei ES 915 Nr. 21; LAG Hamm, Urt. v. 04.06.2002 - 4 Sa 81/02, AR-Blattei ES 915 Nr.22 = LAGReport 2003, 14 = NZA-RR 2003, 293 = RzK IV 5 Nr. 38 = ZInsO 2003, 47; LAG Düsseldorf, Urt. v. 23.01.2003 - 11/12 Sa 1057/02, LAGE § 125 InsO Nr. 3 = ZIP 2003, 817; LAG Hamm, Urt. v. 12.02.2003 - 2 Sa 826/02, ZInsO 2004, 566). Dabei ist den Reaktionsmöglichkeiten des Betriebsrats (Zustimmung zu den Kündigungen, abschließende Kenntnisnahme) Rechnung zu tragen (siehe dazu die Formulierungsvorschläge von Bertram, NZI 2001, 625, 629, und Griese, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 1513, 1537/8 Rn. 69) und diese dann im Interessenausgleich festhalten werden (LAG Hamm, Urt. v. 16.01.2002 - 2 Sa 1133/01, LAGReport 2002, 246 = ZInsO 2002, 644; LAG Hamm, Urt. v. 01.04.2004 - 4 Sa 1340/03, LAGReport 2005, 31).
2.3. Diesen Anforderungen hat - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - das erstinstanzliche Vorbringen des Beklagten zu 1) nicht genügt und genügt auch sein zweitinstanzlicher Sachvortrag zur Betriebsratsanhörung nicht. Da eine Kündigung auch auf die künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt werden kann (siehe dazu ausf. LAG Hamm, Urt. v. 05.05.2004 - 2 Sa 2182/03, LAGReport 2005, 17 = ZInsO 2005, 1116, m.w.N.), dürfte es zulässig sein, den Betriebsrat schon zu diesem frühen Zeitpunkt zu den beabsichtigten Kündigungen nach § 102 BetrVG anzuhören. Von daher gesehen bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die behauptete Vorgehensweise des Beklagten zu 1), er habe anlässlich der Interessenausgleichsverhandlungen zur "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin den Betriebsrat zeitgleich bereits über die beabsichtigte "Nachkündigung" informiert. Gerade die vorliegende Fallgestaltung ist ein Musterbeispiel für das Zusammentreffen von Unterrichtungspflichten nach mehreren Vorschriften, aber auch dafür, dass völlig offen bleibt, welche weiteren Beteiligungsverfahren neben dem Anhörungsverfahren gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG haben eingeleitet werden sollen. So bleibt nach dem Vorbringen des Beklagten zu 1) offen, ob - wie bei der "Vorkündigung" - die Anzahl der "nachzukündigenden" Arbeitnehmer ebenfalls die Grenzwerte des § 17 Abs. 1 BetrVG überschritten hat und der Beklagte zu 1) deshalb nicht nur eine weiter Massenentlassungsanzeige hätte erstatten, sondern auch den Betriebsrat hätte erneut anhören müssen und vor allem, ob er dies auch getan hat. Da für die "Nachkündigung" weder ein Interessenausgleich nach § 125 Abs. 1 InsO mit Namensliste oder nach § 112 Abs. 1 BetrVG ohne eine solche vorgelegt worden ist, liegt die Annahme nahe, dass der Beklagte zu 1) wohl der Ansicht ist, der Interessenausgleich vom 15.06.2006 nach § 1 Abs. 5 KSchG n.F. [2004] zur "Vorkündigung" gelte auch für die Nachkündigung und damit sei das Interessenausgleichsverfahren nach §§ 111, 112 BetrVG abgeschlossen. Nach § 1 Abs. 5 KSchG n.F. [2004] ist jedoch in der Regel eine abschließende Festlegung der zu kündigenden Arbeitnehmer im Interessenausgleich und damit grundsätzlich also zum Zeitpunkt seines Abschlusses erforderlich (so zu dem wortgleichen § 1 Abs. 5 KSchG a.F. [1996] BAG, Urt. v. 06.12.2001 - 2 AZR 422/00, NZA 2002, 999 = ZInsO 2002, 1104). Es wäre allerdings auch möglich gewesen, den Interessenausgleich vom 15.06.2004 mit zwei Namenslisten zu versehen und die Kündigungen in zwei "Entlassungswellen" vorzunehmen (siehe dazu grundlegend BAG, Urt. v. 22.01.2004 - 2 AZR 111/02, AP Nr. 1 zu § 112 BetrVG 1972 Namensliste = NZA 2006, 64 = RzK I 5d Nr. 126). In diesem Falle hätte man sich für die von der "Nachkündigung" vom 14.07.2004 betroffenen Arbeitnehmer von vornherein die "Vorkündigung" vom 29.06.2004 "sparen" können. Diese Vorgehensweise würde der Annahme einer Betriebseinschränkung (§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG n.F. [2001]) in Form eines bloßen Personalabbaus ohne Verringerung der sächlichen Betriebsmittel nicht entgegenstehen, falls dieser sich zwar in mehreren Wellen, aber dennoch in der Größenordnung der Zahlen und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 KSchG vollzieht. Liegt zwischen mehreren "Wellen" von Personalabbaumaßnahmen nur ein Zeitraum von wenigen Wochen oder Monaten, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Maßnahmen auf einer einheitlichen unternehmerischen Planung beruhen (BAG, Urt. v. 22.01.2004 - 2 AZR 111/02, a.a.O., m.w.N.). Maßgeblich ist die Gesamtzahl der Arbeitnehmer, die voraussichtlich, wenn auch in mehreren "Wellen", betroffen sein werden, sei es auch erst nach Ablauf mehrerer Wochen oder Monate; der Dreißig-Tage-Zeitraum nach § 17 Abs. 1 KSchG ist nicht übertragbar (BAG, Urt. v. 22.01.2004 - 2 AZR 111/02, a.a.O.). Erreichen die ersten beiden "Entlassungswellen", für die ein Interessenausgleich mit Namensliste abgeschlossen ist, die erforderliche Gesamtzahl, so wird die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG n.F. KSchG [2004] nicht einmal dadurch beeinträchtigt, dass weitere Entlassungswellen vorgesehen sind, für die noch keine Namensliste vorliegt (BAG, Urt. v. 22.01.2004 - 2 AZR 111/02, a.a.O.). Vorliegend wären überhaupt nur zwei "Entlassungswellen" zum Tragen gekommen, nämlich zum einen vor Verfahrenseröffnung die Kündigungen durch die Insolvenzschuldnerin mit einer Kündigungsfrist bis zur Dauer von drei Monaten zum Monatsende und zum anderen nach Insolvenzeröffnung die Kündigungen durch den Beklagten zu 1) mit der gesetzlichen Höchstfrist des § 113 Satz 2 InsO nF. [2004] von drei Monaten zum Monatsende, durch welche die verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 4-7 BGB und vergleichbare oder darüber hinausgehende einzelvertragliche oder tarifliche Kündigungsfristen auf die vorgenannte Höchstfrist verkürzt (BAG, Urt. v. 16.06.1999 - 4 AZR 68/98, RzK I 10m Nr. 17 = ZInsO 1999, 714; BAG, Urt. v. 16.06.1999 - 4 AZR 191/98, DZWIR 2000, 19 = MDR 2000, 109 = NZA 1999, 1331 = NZI 2000, 39 = ZIP 1999, 1933; BAG, Urt. v. 16.06.1999 - 4 AZR 662/98, ZInsO 2000, 351), also "gekappt" werden (LAG Hamm, Urt. v. 20.05.1999 - 4 Sa 1989/98, ZInsO 1999, 362). Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist ein Interessenausgleich über eine geplante Betriebsänderung schriftlich niederzulegen und - falls dies nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschieht - vom Insolvenzverwalter und vom Betriebsrat zu unterschreiben. Im Falle der Verletzung des gesetzlichen Schriftformerfordernisses (§ 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG i.V.m. §§ 125, 126 BGB) drohen Nachteilsausgleichsansprüche, für die auch in der Insolvenz gemäß § 113 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BetrVG und § 10 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG je nach Lebensalter und Beschäftigungsdauer gerichtlich maximal 12 bzw. 15 oder 18 Monatsverdienste als Abfindung festgesetzt werden dürfen, und zwar unter Anrechnung von Sozialplanansprüchen, aber ohne die Beschränkung des Gesamtbetrages auf ein Drittel der Insolvenzmasse und ohne anteilige Kürzung der einzelnen Forderungen (LAG Hamm, Urt. v. 04.12.2003 - 4 Sa 1247/03, ZInsO 2004, 824; LAG Hamm, Urt. v. 04.12.2003 - 4 Sa 1407/03, ZInsO 2004, 824; LAG Hamm, Urt. v. 26.08.2004 - 4 Sa 1853/03, LAGReport 2005, 242). Die Regelungen des § 123 Abs. 2 und 3 InsO gelten nur für Sozialplanansprüche und können auch nicht analog auf die Nachteilsausgleichsansprüche angewendet werden (BAG, Urt. v. 22.07.2003 - 1 AZR 541/02, BAGReport 2004, 23 = DZWIR 2004, 148 [Bichlmeier] = NZA 2004, 93 = NZI 2004, 99 = ZInsO 2004, 107 = ZIP 2003, 2216; a.A. LAG Niedersachsen, Urt. v. 12.08.2002 - 5 Sa 534/02, LAGE § 122 InsO Nr. 1 [Oetker] = ZInsO 2004, 572). Da Nachteilsausgleichsansprüche vorliegend nicht Streitgegenstand sind, braucht die in diesem Zusammenhang strittige Frage, ob ein Kausalzusammenhang bestehen muss zwischen der Durchführung der Betriebsänderung und der Entlassung des Arbeitnehmers (Balz, EWiR 1988, 17, 18) oder zwischen der Durchführung der Betriebsänderung und dem Eintritt des Nachteils (LAG Bremen, Urt. v. 21.10.2004 - 3 Sa 77/04, AP Nr. 48 zu § 113 BetrVG 1972 = LAGE § 113 BetrVG 2001 Nr. 3 = LAGReport 2005, 94, 95 = NZA-RR 2005, 140) oder zwischen dem Unterbleiben des Versuchs eines Ausgleichs und dem Eintritt des Nachteils (LAG Köln, Urt. v. 04.11.1987 - 7/9 Sa 582/87, ZIP 1988, 52, 53) bzw. zwischen dem Unterbleiben des Versuchs eines Ausgleichs und der Entlassung des Arbeitnehmers (LAG Köln, Urt. v. 04.11.1987 - 7/9 Sa 582/87, a.a.O.), nicht beantwortet werden (siehe dazu näher BAG, Urt. v. 13.06.1989 - 1 AZR 819/87, MDR 1989, 1025 = NZA 1989, 894; Lüke, Anm. zu AP Nr. 19 zu § 113 BetrVG 1972; Uhlenbruck, Anm. zu EzA § 113 BetrVG 1972 Nr. 19 ).
2.4. Vorliegend ist zunächst die Frage der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG zu beantworten. Zwar ist das Vorbringen des Beklagten zu 1) - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht verspätet, weil das Arbeitsgericht die Mängel der Betriebsratshörung überhaupt nicht problematisiert hat, wohl aber ist der Sachvortrag zu diesem Problemkreis weiterhin noch nicht ausreichend. Es wird zur Betriebsratsanhörung in der Anschlussschrift lediglich folgendes vorgetragen und unter das Zeugnis der stellvertretenden Geschäftsführerin P3xxx R4xx gestellt:
"In der Anhörung am 18.06.2004 [richtig: 08.06.2004] und am 15.06.2004 wurde dem Betriebsrat vom Beklagten [zu 1)] dargelegt, dass unmittelbar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.07.2004 erneut die Kündigungen durch den Beklagten zu 1) für solche Mitarbeiter gemäß § 113 InsO ausgesprochen werden, welche eine längere Kündigungsfrist als drei Monate haben, da in der Vorschrift des § 113 InsO eine Maximalkündigungsfrist von drei Monaten vorgesehen ist.
... Es ist hingegen eine Selbstverständlichkeit, dass im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nach Eröffnung des Verfahrens die Kündigungen mit der Maximalkündigungsfrist von drei Monaten gem. § 113 InsO ausgesprochen werden. Dies ist in dieser Form auch mit dem Betriebsrat verhandelt ... worden."
Auch wenn der Interessenausgleich im Gegensatz zu dem Sozialplan nicht als Betriebsvereinbarung, sondern als eine kollektivrechtliche Vereinbarung besonderer Art angesehen wird, die das Bundesarbeitsgericht als "Naturalobligation" bezeichnet hat (BAG, Bes. v. 28.08.1991 - 7 ABR 72/90, NZA 1992, 41 = ZIP 1992, 950; a.A. Däubler, RdA 1995, 136, 12x; H8xxx/Berscheid, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 1541, 1572 Rn. 63; Uhlenbruck/Berscheid, Insolvenzordnung, 12. Aufl., § 125 InsO Rn. 10), und wenn der Interessenausgleich - auch angesichts der Regelungen des § 1 Abs. 5 KSchG a.F. [1996] bzw. des § 1 Abs. 5 KSchG n.F. [2004] sowie des § 125 Abs. 1 InsO und des § 323 Abs. 2 UmwG - weiterhin nicht durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt werden kann (Berscheid, MDR 1998, 816) und der Betriebsrat vom Arbeitgeber im Falle des Zustandekommens des Interessenausgleichs die Einhaltung desselben nicht verlangen können soll (LAG Düsseldorf, Bes. v. 16.12.1996 - 18 TaBV 75/96, LAGE § 112 BetrVG 1972 Nr. 41 = NZA-RR 1997, 297; a.A. LAG München, Bes. v. 30.07.1997 - 9 TaBV 54/97, LAGE § 112 BetrVG 1972 Interessenausgleich Nr. 1), besteht für die über den Interessenausgleich als solchen aufgenommene Urkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Mit einem wirksam zustande gekommenen Interessenausgleich wird zunächst bewiesen, dass die in dem Interessenausgleich enthaltenen Erklärungen zu dem Umfang und zum Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigungen von der Insolvenzschuldnerin bzw. vom Beklagten zu 1) als vorläufiger Insolvenzverwalter und die Erklärungen zur Betriebsratsanhörung vom Betriebsrat abgegeben worden sind (§ 416 ZPO). Allerdings begründet diese Bestimmung nur eine äußere (formelle), hingegen keine innere (materielle) Beweiskraft (BGH, Urt. v. 04.05.1987 - II ZR 227/86, WM 1987, 938, 939, m.w.N.), also nicht für die materielle Richtigkeit der abgegebenen Erklärungen. Indes stellt der Interessenausgleich auch als kollektivrechtliche Vereinbarung besonderer Art eine "Vertragsurkunde" über die Maßnahmen dar, die der Arbeitgeber bzw. der an seine Stelle getretene Insolvenzverwalter durchführen darf, ohne die Sanktionen des § 113 Abs. 3 BetrVG, nämlich Nachteilsausgleichsansprüche der Arbeitnehmer, befürchten zu müssen (siehe dazu BAG, Urt. v. 22.07.2003 - 1 AZR 541/02, BAGReport 2004, 23 = DZWIR 2004, 148 [Bichlmeier] = NZA 2004, 93 = NZI 2004, 99 = ZInsO 2004, 107 = ZIP 2003, 2216). Eine solche Vertragsurkunde hat nicht nur im Verhältnis der Betriebsparteien die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich, sondern wegen des kollektivrechtlichen Bezugs des Interessenausgleichs und der Sanktionen im Falle der Abweichung (vgl. § 113 Abs. 3 BetrVG) und/oder des Fehlens eines Einigungsversuchs (§ 113 Abs 3 BetrVG) auch im Verhältnis der Arbeitnehmer zum Arbeitgeber bzw. Insolvenzverwalter. Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der über einen Interessenausgleich aufgenommenen Urkunde wirkt sich bei der Auslegung des Vereinbarten dahin aus, dass die Partei, die ein ihr günstiges Auslegungsergebnis auf Umstände außerhalb der Urkunde stützt, diese zu beweisen hat (so zur Vertragsurkunde über ein Rechtsgeschäft BGH, Urt. v. 05.02.1999 - V ZR 353/97, MDR 1999, 759 - NJW 1999, 1702).
2.5. Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung setzt allerdings voraus, dass der Geschäftsinhalt durch den Urkundstext bestimmt werden kann; unklar Bleibendes kann keine Vermutung für eine bestimmte Erklärung begründen. Dies bedeutet aber nicht, dass das Beurkundete in dem Sinne eindeutig zu sein hätte, dass für eine Auslegung kein Raum mehr bleibt. Denn in diesem Falle wäre die Vermutung dem Beweis des Gegenteils nicht zugänglich, ginge mithin über eine Beweislastregelung hinaus. Die Vermutung ist vielmehr bereits dann begründet, wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Verkehrssitte einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck bringt. Die außerhalb der Urkunde liegenden Mittel der Auslegung, die Begleitumstände des Vertragsabschlusses, dessen Entstehungsgeschichte, Äußerungen der Parteien außerhalb der Urkunde u.a., bleiben hierbei allerdings außer Betracht. Sie sind nur Hilfsmittel zur Widerlegung der durch die Urkunde begründeten Vermutung des Geschäftsinhalts (BGH, Urt. v. 05.07.2002 - V ZR 143/01, MDR 2002, 1361 = NJW 2002, 3164 = ZIP 2002, 1809). Auf die vorliegende Streitfrage der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung angewandt, sind folgende Passagen aus dem Interessenausgleich vom 15.06.2004 relevant:
"I. Ausgangslage
... Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin wird mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters fortgeführt. Das Insolvenzverfahren wird voraussichtlich am 01.07.2004 eröffnet.
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat verschiedene Bemühungen angestellt, im Wege einer übertragenden Sanierung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die wesentlichen Gegenstände des Aktivvermögens auf einen Erwerber zu übertragen, um eine möglichst hohe Zahl von Arbeitsplätzen zu sichern.
... Entsprechend diesen Sanierungskonzeptes beabsichtigt die Schuldnerin mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters die Kündigungen der in der Anlage 2 benannten Arbeitnehmer auszusprechen....
III. Ordnungsgemäße Anhörung
Der Betriebsrat bestätigt, dass das betriebsverfassungsrechtliche Anhörungsverfahren am 08.06.2004 ordnungsgemäß eingeleitet wurde.
Die Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer samt aller erforderlichen Sozialdaten war dem Anhörungsschreiben vom 08.06.2004 beigefügt. Diese Liste ist ebenfalls unter Anlage 2 dem Interessenausgleich beigefügt.
Am 08.06.2004 erfolgte in den Betriebsräumen der Schuldnerin eine Betriebsratssitzung, an welcher die Schuldnerin, der Betriebsrat, sowie der vorläufige Insolvenzverwalter teilnahmen. Am 15.06.2004 erfolgte eine weitere Betriebsratssitzung mit den vorgenannten Personen, in welcher sämtliche für die Kündigungen maßgeblichen Umstände eines jeden Arbeitnehmers detailliert erörtert wurden.
Die Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer sowie eine vollständige Personalliste sämtlicher Arbeitnehmer mit den erforderlichen Sozialdaten wurde dem Betriebsrat übergeben und die Sozialauswahl unter Berücksichtigung der Altersstruktur, der besonderen Qualifikationen gem. § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG, des Alters, der Betriebszugehörigkeit und der Unterhaltsverpflichtungen der Arbeitnehmer vorgenommen.
Der Betriebsrat stimmt den beabsichtigten Kündigungen nach überprüfter Sozialauswahl zu.
Die Schuldnerin wird die Kündigungen unter Zugrundelegung der erforderlichen Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit gesetzlichen und tarifvertraglichen Fristen im Monat Juni 2004 vornehmen...."
Betrachtet man in diesem Zusammenhang das Anhörungsschreiben vom 08.06.2004, welches von dem Geschäftsführer v1x B4xx der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten zu 1) als vorläufiger Insolvenzverwalter unterzeichnet und dessen Erhalt die Betriebsratvorsitzende L4xxxxx quittiert hat, so fällt auf, dass der Betriebsrat auch hier zunächst ausführlich über die Bemühungen des vorläufigen Insolvenzverwalters um eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens in Form einer übertragenden Sanierung und darüber informiert worden ist, dass die "nur unter Vornahme von Personalanpassungsmaßnahmen möglich" ist, ehe der Betriebsrat dann über die beabsichtigten Kündigungen wie folgt unterrichtet worden ist:
"... Der Geschäftsführer der Schuldnerin beabsichtigt daher mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters den in der Anlage aufgeführten Mitarbeitern aus betriebsbedingten Gründen im Monat Juni 2004 zu kündigen.
Die Entlassungen werden innerhalb der gesetzlichen und tariflichen Kündigungsfristen erfolgen.
Um eine ordnungsgemäße Sozialauswahl zu gewährleisten, wird als Anlage 2 zu vorliegendem Anhörungsschreiben die vorbenannte Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer mit sämtlichen Sozialdaten sowie eine vollständige Personalliste der Belegschaft mit folgenden Angaben übersandt: Name, Vorname, Geburtsdatum, Anzahl der Kinder, Beschäftigungsdauer im Unternehmen, Beschreibung des konkreten Arbeitsplatzes, voraussichtlicher Kündigungstermin.
Es ist beabsichtigt, unmittelbar nach Abschluss des Anhörungsverfahrens die Kündigungen auszusprechen...."
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat noch einmal anhören muss, weil das Anhörungsverfahren infolge einer bereits zugegangenen Kündigung "verbraucht" ist und er deshalb eine neue Kündigung aussprechen muss.
2.6. Tritt der Insolvenzverwalter, wie hier der Beklagte zu 1), in die Stellung des Arbeitgebers ein, so hat auch er ebenfalls vor jeder Kündigung den Betriebsrat gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG anzuhören. Das vom Insolvenzverwalter eingeleitete Anhörungsverfahren kann grundsätzlich nur für diejenige Kündigung Wirksamkeit entfalten, für die es eingeleitet worden ist (LAG Hamm, Urt. v. 07.02.2001 - 2 Sa 200/00, DZWIR 2001, 426 [Weisemann] = ZInsO 2001, 678); eine Anhörung gleichsam auf Vorrat ist unzulässig (BAG, Urt. v. 19.01.1983 - 7 AZR 514/80, NJW 1983, 2047, 2048). Ist die Kündigung, zu der der Betriebsrat angehört worden ist, ausgesprochen und dem Arbeitnehmer zugegangen, ist das Anhörungsverfahren "verbraucht" und der Insolvenzverwalter muss den Betriebsrat noch einmal anhören, weil er eine neue Kündigung aussprechen muss (BAG, Urt. v. 16.09.1993 - 2 AZR 267/93, MDR 1994, 697 = NZA 1994, 311; BAG, Urt. v. 10.11.2005 - 2 AZR 623/04, EzA-SD 2006, Nr. 5 S. 10). Gleiches gilt, wenn der Insolvenzverwalter die Vorteile der insolvenzrechtlichen Kündigungsregelungen des § 113 InsO für eine "Nachkündigung" nutzen will. Eine solche "Nachkündigung" stellt zwar keine unzulässige Wiederholungskündigung dar (BAG, Urt. v. 22.05.2003 - 2 AZR 255/02, DZWIR 2003, 465 = MDR 2004, 37 = NZA 2003, 1086 = NZI 2003, 673 = ZInsO 2003, 866 = ZIP 2003, 1670; BAG, Urt. v. 13.05.2004 - 2 AZR 329/03, BAGReport 2004, 330 = DZWIR 2004, 503 [Rudolph] = NZA 2004, 1037 = ZInsO 2005, 390 = ZIP 2004, 1773), sie ist aber eine neue Kündigung, zu welcher der Betriebsrat erneut gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG anzuhören ist, wenn die mit Zustimmung des "schwachen" des vorläufigen Insolvenzverwalters ausgesprochene "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin bzw. des "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters den betroffenen Arbeitnehmern bereits zugegangen ist. Der Insolvenzverwalter muss den Betriebsrat bei einer "Nachkündigung" eindeutig wissen lassen, wen er zu kündigen beabsichtigt. Dafür genügt es nicht, dass der Insolvenzverwalter bspw. dem Betriebsrat bei einer Massenentlassung nach § 17 KSchG die Anzahl der zu berücksichtigenden Arbeitnehmer mitteilt, ohne die Arbeitnehmer näher zu bezeichnen (BAG, Urt. v. 16.09.1993 - 2 AZR 267/93, a.a.O.). Vorliegend sind dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung zur "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin vom 29.06.2004 zwar als Anlage 2 zu Anhörungsschreiben vom 08.06.2004 (und gleichzeitig zum Entwurf des Interessenausgleichs vom 15.06.2004) die Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer mit sämtlichen Sozialdaten "sowie eine vollständige Personalliste der Belegschaft mit folgenden Angaben übersandt: Name, Vorname, Geburtsdatum, Anzahl der Kinder, Beschäftigungsdauer im Unternehmen, Beschreibung des konkreten Arbeitsplatzes, voraussichtlicher Kündigungstermin". Der "voraussichtliche" Kündigungstermin wird in der Namensliste als "beabsichtigter" Kündigungstermin bezeichnet. Während der Beklagte zu 1) die übrigen Personaldaten nicht nochmals hat wiederholen müssen, hätte er dem Betriebsrat den Kreis der von der "Nachkündigung" vom 14.07.2004 betroffenen Arbeitnehmer mitteilen müssen. Dazu hat der Beklagte zu 1) in der Anschlussschrift vom 30.09.2006 lediglich vorgetragen und unter Beweis gestellt, im Rahmen der Anhörung am 08.06.2004 und am 15.06.2004 dem Betriebsrat dargelegt zu haben,
"... dass unmittelbar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.07.2004 erneut die Kündigungen durch den Beklagten zu 1) für solche Mitarbeiter gemäß § 113 InsO ausgesprochen werden, welche eine längere Kündigungsfrist als drei Monate haben, ..."
Es hat sich zwar in der Insolvenzpraxis quasi als "Selbstverständlichkeit [herausgebildet], dass im Rahmen eines Insolvenzverfahrens nach Eröffnung des Verfahrens die Kündigungen [nochmals] mit der Maximalkündigungsfrist von drei Monaten gem. § 113 InsO ausgesprochen werden", und es kann als wahr unterstellt werden, dass der Beklagte zu 1) "in dieser Form auch mit dem Betriebsrat verhandelt" hat. Für den Betriebsrat wird hinreichend deutlich gemacht worden sein, dass der Beklagte zu 1) damit das Anhörungsverfahren gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG hat einleiten wollen. Es bleibt nach dessen Vorbringen aber der Kreis der betroffenen Arbeitnehmer unklar, denn aus der vorgelegten Namensliste sind nur der Kündigungstermine der "Vorkündigung" vom 29.06.2004 ersichtlich, während die Kündigungstermine der "Nachkündigung" vom 14.07.2004 nicht aufgeführt und damit Kreis und Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer nicht gekennzeichnet sind. Es ist recht mühsam, für die "Nachkündigung" die Arbeitnehmer aus der Namensliste der "Vorkündigung" namentlich und zahlenmäßig herauszufiltern. Der Hinweis des Beklagten zu 1), es stelle eine Selbstverständlichkeit dar, dass im Rahmen von Insolvenzverfahren nach Eröffnung des Verfahrens Kündigungen mit der Maximalkündigungsfrist von drei Monaten nach § 113 InsO ausgesprochen werden und in der Regel auch mit Betriebsräten verhandelt werden, ist zwar - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht völlig irrelevant, jedoch führt dieses Vorbringen für das vorliegende Verfahren deshalb nicht zu dem gewünschten Erfolg, nämlich der Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung, weil der Beklagte zu 1) sich nicht an das gehalten hat, was ansonsten im Rahmen der "Nachkündigung" selbstverständlich und üblich ist, nämlich dem Betriebsrat eine ordnungsgemäße Namensliste der "nachzukündigenden" Arbeitnehmer zu überreichen. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen - wie vorliegend - bereits "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin aufgrund Interessenausgleichs mit Namensliste gemäß § 1 Abs. 5 KSchG n.F. [2004] ausgesprochen worden ist, eben weil der (endgültige) Insolvenzverwalter sich die Vorteile der weiterreichenden Regelungen der §§ 125 Abs. 1, 128 Abs. 2 InsO durch Neuabschluss eines (weiteren) Interessenausgleichs mit Namensliste sichern will. Der Beklagte zu 1) hatte als sog. "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter, der den Kündigungen der Insolvenzschuldnerin zustimmen muss (BAG, Urt. v. 10.10.2002 - 2 AZR 532/01, BAGReport 2003, 209 = DZWIR 2004, 70 = NZA 2003, 909 = NZI 2003, 509 = ZInsO 2003, 817 = ZIP 2003, 1161; a.A. Berscheid, ZInsO 2001, 989, 991; Uhlenbruck, Anm. zu LAGE § 21 InsO Nr. 1), ohne große Schwierigkeiten die Möglichkeit, mit wenigen Mitteln und geringem Zeitaufwand dafür S2xxx zu tragen, dass die Namensliste um die Kündigungstermine für die "Nachkündigung" ergänzt worden wäre, wie dies auch sonst in der Insolvenzpraxis üblich ist. Ohne entsprechende Namensliste oder Personalliste ist das Herausfiltern der Arbeitnehmer, "welche eine längere Kündigungsfrist als drei Monate haben", aus der Namensliste zur "Vorkündigung" ein mühsames und zeitaufwendiges Unterfangen, das sich der Betriebsrat im Computerzeitalter nicht antun muss. Da der Betriebsrat mithin nicht ordnungsgemäß über den Kreis der von der "Nachkündigung" betroffenen Arbeitnehmer unterrichtet worden ist, ist das Anhörungsverfahren nach § 102 Abs. 1 BetrVG fehlerhaft und die Kündigung vom 14.07.2004 rechtsunwirksam. Auf die mit Schriftsatz der Klägerin vom 14.12.2005 aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Konsultationen mit der Arbeitnehmervertretung, die sich gemäß Art. 2 Abs. 2 RL 98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie) auch auf die Folgen der Entlassungen und ihre Milderungen erstrecken müssen, erst mit der Vereinbarung eines Sozialplanes - hier am 04.08.2004 - abgeschlossen sind, wenn dieser gemäß § 112a Abs. 1 BetrVG erzwingbar ist, kommt es mithin nicht mehr an.
II. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist aufgrund der "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin vom 29.06.2004 erst zum 31.12.2004 aufgelöst worden. Ihr Arbeitsverhältnis ist nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen, so dass die Klägerin gegen diese keinen gerichtlich durchsetzbaren Weiterbeschäftigungsanspruch hat. Von der Darstellung der Entscheidungsgründe wird in diesen beiden Punkten gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen, da das Berufungsgericht die Erwägungen des Arbeitsgerichts in seinen Entscheidungsgründen insoweit teilt und sich diese zu eigen macht. Mit Blick auf den Vortrag in der Berufungsbegründung sind die überzeugenden Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts noch um Folgendes zu ergänzen:
1.Vorliegend steht nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin fest, dass die Beklagte zu 2) die Arbeiten des medizinischen Schreibdienstes von Anbeginn ihres Tätigwerdens an, also ab dem 01.07.2004, durch die Firma Medizinisches Schreibbüro L1xxxxxxx H6xxxxx H7xxxxxxxx aus L1xxxxxxx-E6xxxx hat ausführen lassen. Es heißt dazu in der Berufungsbegründungsschrift vom 30.08.2005 wörtlich:
"Der Geschäftsführer der Gesundheitszentrum B3x W1xxxxxxxxxx GmbH, hatte sich entschlossen sämtliche notwendigen Schreibarbeiten von einem Subunternehmen, dem Schreibbüro H7xxxxxxxx in einem sogenannten Inhouse Outsourcing erledigen zu lassen.
Das Schreibbüro H7xxxxxxxx war und ist ausschließlich für den Beklagten zu 1) wie auch für die Beklagte zu 2) tätig, zum großen Teil mit Mitarbeitern, die auch für das Gesundheitszentrum B3x W1xxxxxxxxxx GmbH tätig waren, so zum Beispiel die Mitarbeiterin M5xxxx.
Beweis: Zeugnis Frau M5xxxx, b.b, Frau H7xxxxxxxx b.b.
Weiterhin wurden und werden die notwendigen Arbeiten in den Räumen der Beklagten zu 2) auf Arbeitsmitteln der Beklagten zu 2) erbracht.
Beweis: Ortsbesichtigung
Die einzelnen Arbeiten des Subunternehmers werden auch auf Veranlassung der Beklagten zu 2), nämlich der Ärzte die bei der Beklagten zu 2) angestellt sind, erbracht.
Beweis: Zeugnis Frau M5xxxx, b.b, Frau H7xxxxxxxx b.b., Zeugnis der angestellten Ärzte der Beklagten zu 2)"
Die Klägerin räumt mit ihrem Vorbringen ein und stellt damit unstreitig,
- dass das Schreibbüro H7xxxxxxxx vormals in den Räumen der Insolvenzschuldnerin tätig war und nunmehr in den Räumen der Beklagten zu 2) tätig ist,
- dass das Schreibbüro H7xxxxxxxx vormals auf Arbeitsmitteln der Insolvenzschuldnerin erbracht hat und nunmehr auf Arbeitsmitteln der Beklagten zu 2) erbringt.
Die Klägerin stellt somit mit ihrem Vorbringen desweiteren unstreitig,
- dass die Arbeitsmitteln, nämlich die PCs, aus den Räumlichkeiten des medizinischen Schreibdienstes der Insolvenzschuldnerin abgebaut und in die Räumlichkeiten der Beklagten zu 2) verbracht worden sind,
- dass die Beklagte zu 2) seit Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit die bei ihr anfallenden medizinischen Schreibarbeiten an die Firma H7xxxxxxxx fremd vergibt, die diese Arbeiten in den Räumlichkeiten der vormaligen Klinik E5xxxxxx erledigt.
1.1. Zu Unrecht vergleicht die Klägerin die vorliegende Fallgestaltung mit Konstellationen, die als sog. unzulässige Austauschkündigungen angesehen werden. So stellt bspw. die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers, Kundenaufträge verstärkt durch Einsatz von Subunternehmen durchzuführen, kein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG zur Rechtfertigung von Kündigungen gegenüber eigenen Arbeitnehmern dar, soweit die bisherige Tätigkeit bei "unveränderten betrieblichen Organisationsstrukturen" nur von den billigeren Arbeitskräften eines Subunternehmers durchgeführt werden sollen (LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.02.2004 - 6/8 Sa 1723/03, LAGE § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 68). Mit anderen Worten, werden die bislang von den Arbeitnehmern des Betriebs ausgeführten Tätigkeiten nicht zur selbständigen Erledigung auf einen Dritten übertragen, sondern unterliegen dessen Mitarbeiter dem Direktionsrecht des Auftraggebers (Arbeitgeber), dann führt eine solche organisatorische Gestaltung allein noch nicht zum Wegfall der bisherigen betrieblichen Arbeitsplätze und/oder Beschäftigungsmöglichkeiten (BAG, Urt. v. 22.01.2004 - 2 AZR 111/02, AP Nr. 1 zu § 112 BetrVG 1972 Namensliste = AR-Blattei ES 1010.9 Nr. 102 = EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 11). Vorliegend kann jedoch keine Rede von "unveränderten betrieblichen Organisationsstrukturen" sein, denn durch die auf dem Sanierungskonzept der Unternehmensberatung B11xxx C1xxxxxxxx G3xxx beruhenden übertragenden Teilsanierung sind mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kernbereiche Orthopädie/Rheumatologie und Kardiologie/Angiologie des Betriebes der Insolvenzschuldnerin - räumlich in der vormaligen Klinik E5xxxxxx zusammengefasst - mit Wirkung ab 01.07.2004 in organisatorisch stark veränderten Form auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Weder die Insolvenzschuldnerin noch der beklagte Insolvenzverwalter hatten die rechtliche Möglichkeit, die Beklagte zu 2) zu verpflichten, den medizinischen Schreibdienst in eigener Regie durchzuführen.
1.2. Die Klägerin hat zwar richtig erkannt, es ergäbe sich aus dem von dem Beklagten zu 1) überreichten Sanierungskonzept nicht, dass der medizinische Schreibdienst an das Büro H7xxxxxxxx vergeben werden sollte, die Vergabe der Schreibarbeiten an das Büro H7xxxxxxxx sei jedenfalls nicht Bestandteil der im Interessenausgleich vom 15.06.2004 geregelten Betriebsänderung, so dass sich die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG nicht erstrecke. Sie verkennt jedoch, dass dem Interessenausgleich vom 15.06.2004 als Betriebsänderung nach dem vorgelegten das Sanierungskonzept eine Personalanpassung von ca. 45% (= rd.145 Mitarbeiter) vorsah. § 613a BGB wird zwar Ersatz für die Nichtanwendung des § 111 BetrVG auf Betriebsinhaberwechsel angesehen, so dass der Betriebsübergang für sich allein genommen keine interessenausgleichs und ggf. sozialplanpflichtige Betriebsänderung darstellt. Daher schließen die Stilllegung eines Betriebes und dessen Übergang einander aus, denn sie lösen unterschiedliche Schutzregelungen zugunsten der Arbeitnehmer aus. Wird der Betriebsübergang (§ 613a Abs. 1 BGB) jedoch von Betriebsänderungen im Sinne des § 111 Satz 3 BetrVG n.F. [2001] begleitet, sind diese interessenausgleichs und ggf. sozialplanpflichtig, aber wiederum nicht in Bezug auf die Nachteile, die sich aus dem Betriebsübergang selbst ergeben (BAG, Bes. v. 25.01.2000 - 1 ABR 1/99, NZA 2000, 1069 = ZInsO 2000, 568 = ZIP 2000, 2039). Auch ein bloßer Personalabbau ohne Verringerung der sächlichen Betriebsmittel kann eine Betriebseinschränkung sein, wenn eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist. Richtschnur, wann erhebliche Teile der Belegschaft betroffen sind, sind die Zahlen und Prozentangaben in § 17 Abs. 1 KSchG. Für Großbetriebe ist eine Betriebseinschränkung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG n.F. [2001] allerdings erst bei einem Personalabbau von 5% der Gesamtbelegschaft gegeben (so zu § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG a.F. [1972]: BAG, Urt. v. 07.08.1990 - 1 AZR 445/89, NZA 1991, 113 = ZIP 1990, 1426; BAG, Urt. v. 22.01.2004 - 2 AZR 111/02, AP Nr. 1 zu § 112 BetrVG 1972 Namensliste = AR-Blattei ES 1010.9 Nr. 102 = EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 11). Nach den Festlegungen im Interessenausgleich vom 15.06.2004 plante die Insolvenzschuldnerin nach dem Sanierungskonzept eine übertragende Teilsanierung der Kernbereiche der beiden Kliniken und einen Personalabbau der 315 Beschäftigten um ca. 45% (= rd. 145 Arbeitnehmer). Damit waren mehr als 25 Arbeitnehmer bzw. mehr als ein Anteil von 10% der Gesamtbelegschaft gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG erfasst. Der beabsichtigte Personalabbau stellt sich deshalb als eine Betriebseinschränkung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG n.F. [2001], so dass die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG n.F. [2004] mit der Beweislastumkehr eingreift (so zu § 1 Abs. 5 KSchG a.F. [1996] BAG, Urt. v. 21.02.2002 - 2 AZR 581/00, BAGReport 2003, 16 = NZA 2002, 1360 = ZInsO 2002, 1103).
2.Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäfte auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs (noch) bestehenden Arbeitsverhältnissen ein (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB). Dazu hat das Gesetz in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB als Tatbestand folgende Voraussetzungen normiert:
- das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses,
- das Vorhandensein eines Betriebes oder Betriebsteils,
- den Übergang der Leitungsmacht auf einen anderen Inhaber,
- durch Rechtsgeschäft,
- kein Widerspruch des Arbeitnehmers.
Es kommt noch ein weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmale hinzu:
- Zuordnungsmöglichkeit des Arbeitnehmers.
Desweiteren muss der bisherige Inhaber seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen. Die Leitungsmacht muss auf den Betriebsübernehmer übergehen, ohne dass es einer besonderen Übertragung derselben bedarf (BAG, Urt. v. 12.11.1998 - 8 AZR 282/97, ZIP 1999, 589).
2.1.Vorliegend ist der medizinische Schreibdienst der Insolvenzschuldnerin vom Beklagten zu 1) endgültig eingestellt worden. Als Indiz spricht hierfür die Namensliste zum Interessenausgleich vom 15.06.2004, wo auf Seite 4/6 nach dem Klinikleiter B9xxx sämtliche zwölf Mitarbeiterinnen des medizinischen Schreibdienstes einschließlich der Abteilungsleiterin W6xxxxxx namentlich als zu Kündigende (darunter an 7. Stelle die Klägerin) aufgeführt worden sind. Im Übrigen steht, nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin fest, dass die Beklagte zu 2) die Arbeiten des medizinischen Schreibdienstes von Anbeginn ihres Tätigwerdens an, also ab dem 01.07.2004, durch die Firma Medizinisches Schreibbüro L1xxxxxxx H6xxxxx H7xxxxxxxx aus L1xxxxxxx-E6xxxx hat ausführen lassen. Es heißt dazu in der Berufungsbegründungsschrift vom 30.08.2005 wörtlich:
"So werden die anzufertigenden Berichte in Räumen der Beklagten zu 2) auf der Computeranlage, die von der Beklagten zu 2) gewartet werden, angefertigt. Alsdann werden die Berichte in Datensätzen zusammengefaßt, die bei der Beklagten zu 2) gepflegt werden. Die Schreibarbeiten werden in der Regel vom medizinischen Personal, sprich den Ärzten direkt in Auftrag gegeben und abgerufen. Bei Bedarf werden Berichte, sofern Krankenkassen oder sonstige Leistungsträger diese anfordern, direkt vom Schreibbüro versandt. Desweiteren ist der Schreibdienst innerbetrieblich an die Telefonanlage angeschlossen und hat eine eigene Rufnummer über die Beklagte zu 2) erhalten, so dass bei Anrufen von Dritten überhaupt nicht ersichtlich ist, dass das Schreibbüro von einem Subunternehmer betrieben wird. Die Mitarbeiter des Schreibbüros machen bei Telefonanrufen auch nicht deutlich, dass sie keine Mitarbeiter der Beklagten zu 2) sind. Letztlich haben die Mitarbeiter des Schreibbüros ungehinderten Zugang zu Datensätzen der Beklagten zu 2) und auch zu 1)!!"
Falls überhaupt, dann könnte ein Betriebsteilübergang - betreffend den medizinischen Dienst - allenfalls auf die Firma Medizinisches Schreibbüro L1xxxxxxx H6xxxxx H7xxxxxxxx stattgefunden haben. Für die Anwendung der gesetzlichen Regelungen des § 613a BGB ist kein unmittelbares Rechtsgeschäft zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Betriebserwerber erforderlich. Es genügt jeder Wechsel der Inhaberschaft, also der Übergang der Leitungsmacht, der durch ein Rechtsgeschäft vollzogen oder veranlasst worden ist. Daher liegt ein Betriebsübergang auch dann vor, wenn das Rechtsgeschäft mit Dritten, z. B. Banken, Sparkassen, Verpächter etc., abgeschlossen wird. Nach seinem Wortlaut verlangt § 613a Abs. 1 BGB kein einheitliches Rechtsgeschäft, sondern lässt auch mehrere Rechtsgeschäfte genügen, wenn sie nur in ihrer Gesamtheit auf die Übernahme eines lebendigen, funktionstüchtigen Betriebes und den Übergang der Leitungsmacht gerichtet sind, wenn also mit dieser Zielvorgabe ein "Bündel von Rechtsgeschäften" vorliegt (BAG, Urt. v. 22.05.1985 - 5 AZR 73/84, NZA 1985, 773 = ZIP 1985, 1343; BAG, Urt. v. 03.07.1986 - 2 AZR 68/85, NZA 1987, 123 = ZIP 1986, 1595; BAG, Urt. v. 18.02.1999 - 8 AZR 485/97, NZA 1999, 648 = ZInsO 1999, 483 = ZIP 1999, 1142). Diese Grundsätze gelten bei einem Betriebsteilübergang entsprechend. Für einen solchen reicht zwar nicht aus, wenn der Erwerber mit einzelnen, bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln erst einen Betrieb oder Betriebsteil gründet (siehe dazu grundlegend BAG, Urt. v. 09.02.1994 - 2 AZR 666/93, NZA 1994, 686 = ZIP 1994, 1041; BAG, Urt. v. 24.04.1997 - 8 AZR 848/94, CR 1997, 548 = NZA 1998, 253; BAG, Urt. v. 08.08.2002 - 8 AZR 583/01, NZA 2003, 315 = ZInsO 2003, 99; BAG, Urt. v. 18.12.2003 - 8 AZR 621/02, BAGReport 2004, 230 = ZInsO 2004, 696 = ZIP 2004, 1068), denn die bloße Fortführung einer Tätigkeit durch einen Auftragnehmer (Funktionsnachfolger) stellt noch keinen Betriebsübergang dar (BAG, Urt. v. 17.04.2003 - 8 AZR 253/02, ZInsO 2003, 1010; BAG, Urt. v. 05.02.2004 - 8 AZR 639/02, ARST 2004, 258 = DB 2004, 1436). Für die Beantwortung der Frage, ob zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis besteht oder nicht, braucht nicht entschieden werden, ob der (vermeintliche) Betriebsübergang zwischen der Beklagten zu 2) und der Firma H7xxxxxxxx stattgefunden hat oder ob ein "doppelter", "zweifacher", "mehrstufiger" oder "geschachtelter" Betriebsübergang - von der Insolvenzschuldnerin über die Beklagte zu 2) an die Firma H7xxxxxxxx - vorliegt oder ob es sich nur um eine reine Funktionsnachfolge handelt. Im letztgenannten Falle läge kein Betriebsübergang vor, im erstgenannten Falle müsste die Klägerin sich an die Firma H7xxxxxxxx halten.
2.2.Im Schriftsatz vom 04.11.2005 beruft sich die Klägerin darauf, "dass die Verträge, die die Beklagten zu 1) und zu 2) mit dem Schreibbüro H7xxxxxxxx geschlossen haben, sämtlichst nach §§ 134, 138 BGB nichtig sind". Sie stützt diese Ansicht darauf, dass die Ärzte wie auch die Beklagten grundsätzlich S2xxx dafür zu tragen hätten, Patientendaten vor Einsichtnahme durch Personen zu schützen, die nicht gemäß § 203 StGB zu den zum Wissen Berufenen gehörten. Nur der in § 203 StGB genannte Personenkreis könne das Patientengeheimnis wahren. Die Mitarbeiter des Schreibbüros H7xxxxxxxx gehörten, laut Vortrag der Beklagten zu 2) nicht zu den Gehilfen der Ärzte wie der Krankenhausverwaltung im Sinne des § 203 Abs. 3 StGB. Eine vertragliche Ausweitung der ärztlichen Schweigepflicht auf die Mitarbeiter des Schreibbüros sei nicht möglich. Es heißt dann wörtlich weiter:
"Damit ist festzustellen, dass durch die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) und zu 2) in erheblichem Umfang gegen geltende Gesetzte verstoßen wird. Damit ist die Entscheidung des Beklagten zu 1), den medizinischen Schreibdienst aufzulösen und auf Drittfirmen zurückzugreifen, sehr wohl der gerichtlichen Überprüfung voll zugänglich. Diese unternehmerische Entscheidung ist, da sie nur mittels erheblichen Rechtsverstoßes umgesetzt werden kann, nicht geeignet, die Kündigung zu begründen. Ein Outsourcing jeglicher Art ist für die in § 203 StGB genannten Berufsgruppen ausgeschlossen, sofern Geheimnisse der Mandanten oder Patienten hierdurch betroffen werden."
Ob dieses Vorbringen angesichts der Tatsache, dass in der Berufungsbegründungsschrift nur erwähnt wird, die Schreibarbeiten würden in der Regel vom medizinischen Personal, sprich den Ärzten direkt in Auftrag gegeben und abgerufen und die Mitarbeiter des Schreibbüros H7xxxxxxxx hätten ungehinderten Zugang zu Datensätzen der Beklagten zu 2), überhaupt beachtlich ist, kann letztlich dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn man darin lediglich eine zulässige rechtliche Konkretisierung sehen wollte, würde diese nicht zu dem gewünschten Erfolg führen. Für die Frage, ob ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft im Sinne des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vom Veräußerer auf den Erwerber übergegangen ist, kommt es auf die Frage, ob dieses Rechtsgeschäft wirksam ist oder nicht, nämlich nicht an. Dies ist höchstrichterlich für den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Erwerbers anerkannt: Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam oder nichtig, kommt es im (Außen)Verhältnis zu den Arbeitnehmern entscheidend nur darauf an, ob der Erwerber den Betrieb tatsächlich übernommen und im eigenen Namen fortgeführt hat, während im (Innen)Verhältnis zwischen Veräußerer und geschäftsunfähigen Erwerber die Regelungen der §§ 104 und 105 BGB uneingeschränkt wirksam bleiben (BAG, Urt. v. 06.02.1985 - 5 AZR 411/83, NZA 1985, 735 = ZIP 1985, 1525). Diese Grundsätze lassen sich auf alle Fälle übertragen, bei denen das dem Betriebsübergang zugrunde liegende Rechtsgeschäft rechtsunwirksam ist. Bei solchen Fallgestaltungen kommt es nach dem Sinn und Zweck des § 613a BGB lediglich darauf an, dass der Erwerber den Betrieb tatsächlich übernommen und im eigenen Namen fortgeführt hat. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll diese Vorschrift neben der Kontinuität der Betriebsverfassung und der Haftungsverteilung zwischen dem alten und neuen Arbeitgeber vor allem den Bestand der Arbeitsverhältnisse sichern (vgl. die Begründung zu § 123 E-BetrVG, BT-Drs. VI/1786, S. 27/28). Das Tatbestandsmerkmal "durch Rechtsgeschäft" soll den Anwendungsbereich der Vorschrift des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht einschränken, sondern ihn lediglich gegenüber den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge abgrenzen. Denn während bei der Gesamtrechtsnachfolge die Arbeitsverhältnisse ohnehin kraft Gesetzes auf den neuen Betriebsinhaber übergehen, war vor der Schaffung des § 613a BGB ein Betriebsübergang im Wege der Einzelrechtsnachfolge insbesondere für die Arbeitnehmer mit der Unsicherheit belastet, ob und unter welchen Voraussetzungen ihre Arbeitsverhältnisse auf den neuen Betriebsinhaber übergingen oder ob diesem ein Ablehnungsrecht zustand (vgl. BAG, Urt. v. 06.02.1985 - 5 AZR 411/83, a.a.O., m.w.N.). Da der maßgebliche Anknüpfungs- und Schwerpunkt des § 613a BGB in der tatsächlichen Übernahme des Betriebs und der arbeitstechnischen Organisations- und Leitungsmacht liegt, käme es für die Beantwortung der Frage, ob ein irgendwie gearteter Betriebsteilübergang auf die Firma H7xxxxxxxx stattgefunden haben sollte, nicht darauf an, ob das dann dem (behaupteten) Betriebsteilübergang zugrunde liegende Rechtsgeschäft rechtswirksam ist oder nicht.
2.3. Auf die Behauptung der Klägerin, "das Schreibbüro H7xxxxxxxx war und ist ausschließlich für den Beklagten zu 1) wie auch für die Beklagte zu 2) tätig, zum großen Teil mit Mitarbeitern, die auch für das Gesundheitszentrum B3x W1xxxxxxxxxx GmbH tätig waren, so zum Beispiel die Mitarbeiterin M5xxxx (richtig: M4xxxx)", kommt es zwar nicht an, jedoch sei zur Richtigstellung erwähnt, dass die Zeugin M4xxxx als einzige Mitarbeiterin aus dem ehemaligen Schreibbüro der Insolvenzschuldnerin erst nach Erlass des Urteils vom 22.03.2005 - 3 Ca 1673/04 L - durch das Arbeitsgericht Hamm/Gerichtstag Lippstadt, mit welchem ihrer Klage hinsichtlich der beiden Kündigungen der Insolvenzschuldnerin bzw. des Beklagten zu 1) stattgegeben und in Bezug auf einen vermeintlichen Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) die Klage abgewiesen worden ist, und zu geänderten (verschlechterten) Bedingungen von der Firma H7xxxxxxxx neu eingestellt worden ist. Selbst wenn es zutreffend sein sollte, dass das Schreibbüro H7xxxxxxxx ausschließlich für die Insolvenzschuldnerin tätig war und nunmehr ausschließlich auch für die Beklagte zu 2) tätig ist, wie die Klägerin behauptet, spräche dies nur dann gegen eine Selbständigkeit und Eigenständigkeit der Firma H7xxxxxxxx, wenn diese entweder vollständig in den Betrieb der Beklagten zu 2) eingegliedert wäre oder die beiden Firmen einen gemeinsamen Betrieb bildeten. Um entsprechende Feststellungen treffen zu können, ist das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründungsschrift vom 30.08.2005 zu pauschal, denn es heißt dazu lediglich:
"... der Schreibdienst [ist] voll in die betriebliche Arbeitsorganisation bei der Beklagten zu 2) eingebunden und die Beklagte zu 2) übt Arbeitgeberfunktion gegenüber den Schreibkräften aus, wie er es auch schon bei dem Gesundheitszentrum B3x W1xxxxxxxxxx GmbH eingebunden war. Es ist sogar zum Teil noch nicht einmal zu einem Austausch der Mitarbeiter gekommen, wie im Fall der benannten Zeugin M5xxxx, die vorher für das Gesundheitszentrum B3x W1xxxxxxxxxx GmbH tätig war und nunmehr dem Subunternehmen angehört. Die Arbeitsabläufe sind unverändert."
Es fehlt an einer Darlegung der Fakten, aus denen auf die Einbindung der Mitarbeiterinnen in die betriebliche Arbeitsorganisation bei der Beklagten zu 2) und auf die Ausübung der Arbeitgeberfunktion gegenüber den Schreibkräften durch die Beklagte zu 2) rückgeschlossen werden könnte. Die bloße Fortführung einer Tätigkeit durch einen Auftragnehmer (Funktionsnachfolger) stellt - wie bereits erwähnt - noch keinen Betriebsübergang dar (BAG, Urt. v. 17.04.2003 - 8 AZR 253/02, ZInsO 2003, 1010; BAG, Urt. v. 05.02.2004 - 8 AZR 639/02, ARST 2004, 258 = DB 2004, 1436) und führt auch nicht ohne weiteres zu der Annahme, dass das Subunternehmen und damit "der Schreibdienst in den betrieblichen Ablauf der Beklagten zu 2) integriert" ist. Aber selbst wenn auch hinsichtlich des Schreibdienstes der Insolvenzschuldnerin nicht bloß eine Funktionsnachfolge gegeben sein, sondern ein irgendwie gearteter Betriebsteilübergang stattgefunden haben sollte, dann wäre dieser Vorgang letztendlich nur auf die Firma H7xxxxxxxx geschehen, denn im Rahmen von § 613a BGB findet ein vollständiger Austausch der Vertragsparteien statt. Das Arbeitsverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber 'erlischt' (ArbG Siegen, Urt. v. 14.03.1989 - 1 Ca 780/88, AR-Blattei ES 500 Nr. 84 = "Betriebsinhaberwechsel: Entsch. 84"; LAG Hamm, Urt. v. 12.12.1996 - 4 Sa 1258/94, LAGE § 613a BGB Nr. 60 = MDR 1997, 950; LAG Hamm, Urt. v. 25.11.2004 - 4 Sa 1120/03, LAGE § 125 InsO Nr. 5 = ZInsO 2005, 616) beim Betriebsübergang kraft Gesetzes, denn § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt eine gesetzlich vorgesehene Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar, die zwingend mit dem gesetzlichen Übergang des unveränderten Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber verbunden ist (BAG, Urt. v. 30.10.1986 - 2 AZR 101/85, NZA 1987, 524 = ZIP 1987, 529). Hieraus folgt, dass die Klägerin sich im "falschen Prozess" befindet. Sie mag die Firma H7xxxxxxxx in Anspruch nehmen, wobei zu beachten ist, dass die Geltendmachung eines Betriebsübergangs durch den Arbeitnehmer - wie jeder andere Anspruch auch - verwirkt werden kann (BAG, Urt. v. 27.01.2000 - 8 AZR 106/99, RzK I 5 Nr. 128 = ZInsO 2000, 411; BAG, Urt. v. 08.08.2002 - 8 AZR 583/01, NZA 2003, 315 = ZInsO 2003, 99).
3. Wenn auch ein zwischen der Schuldnerin und dem Betriebsrat mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters vereinbarter Interessenausgleich mit Namensliste nicht zu der erleichterten Kündigungsmöglichkeit gemäß § 125 Abs. 1 InsO führt (LAG Hamm, Urt. v. 22.05.2002 - 2 Sa 1560/01, LAGReport 2003, 60 = NZA-RR 2003, 378 = ZInsO 2002, 1104) und damit die Klägerin "doppelte" Vermutung, nämlich,
- dass die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt ist (§ 128 Abs. 2 InsO) und
- dass die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist (§ 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO),
nicht zu entkräften braucht (siehe dazu LAG Hamm, Urt. v. 04.06.2002 - 4 Sa 57/02, AR-Blattei ES 915 Nr. 21 = LAGReport 2003, 31 = ZInsO 2003, 52; LAG Hamm, Urt. v. 04.06.2002 - 4 Sa 81/02, AR-Blattei ES 915 Nr.22 = InVo 2003, 106 = LAGReport 2003, 14 = NZA-RR 2003, 293 = ZInsO 2003, 47; LAG Hamm, Urt. v. 27.11.2003 - 4 Sa 767/03, ZInsO 2004, 576; ähnl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 23.01.2003 - 11/12 Sa 1057/02, LAGE § 125 InsO Nr. 3 = ZInsO 2004, 402 = ZIP 2003, 817), verbleibt es aber bei der Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG n.F. [2004]. Danach ist es bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste Sache des gekündigten, namentlich bezeichneten Arbeitnehmers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass keine dringenden betrieblichen Erfordernisse für die Kündigung vorliegen (so bereits BAG, Urt. v. 07.05.1998 - 2 AZR 536/97, InVo 1998, 283 = NZA 1998, 933 = ZIP 1998, 1809; BAG, Urt. v. 07.05.1998 - 2 AZR 55/98, MDR 1998, 1485 = NZA 1998, 1110 = ZIP 1998, 1885) und dass seine Beschäftigungsmöglichkeit am bisherigen Arbeitsplatz nicht weggefallen ist (BAG, Urt. v. 21.02.2002 - 2 AZR 581/00, BAGReport 2003, 16 = NZA 2002, 1360 = ZInsO 2002, 1103) oder eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens besteht (LAG Hamm, Urt. v. 02.09.1999 - 4 Sa 962/99, ZInsO 2000, 352). Insoweit liegt eine Umkehr der Beweislast vor, d.h., die Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung führt gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zur Anwendung des § 292 ZPO. Stellt das Gesetz (§ 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG n.F. [2004]) für das Vorhandensein einer Tatsache - hier: die Betriebsbedingtheit der Kündigung - eine Vermutung auf, so ist der Beweis des Gegenteils zulässig. Es ist substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der den gesetzlich vermuteten Umstand nicht nur in Zweifel zieht, sondern ausschließt (BAG, Urt. v. 22.01.2004 - 2 AZR 111/02, AP Nr. 1 zu § 112 BetrVG 1972 Namensliste = AR-Blattei ES 1010.9 Nr. 102 = EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 11). Dies ist der Klägerin vorliegend nicht gelungen, wie das Arbeitsgericht überzeugend ausgeführt hat, so dass eine Ergänzung diesbezüglich auch unter Berücksichtigung des zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin nicht erforderlich ist. Im übrigen steht aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme und der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts fest, dass es zwar nach dem Gutachten der B11xxx Cxxxxxxx G3xxx in der dortigen Mitarbeiterliste noch einen medizinischen Schreibdienst geben sollte, dass aber Mitte Juni 2004 in einem Gespräch zwischen dem damaligen Geschäftsführer v1x B4xx, einem Herrn R5xxxx, dem Beklagten zu 1) und der Zeugin R4xx gemeinsam entschieden worden sei, den medizinischen Schreibdienst nicht weiterzuführen, sondern ihn aufzulösen. Hieraus hat das Arbeitsgericht die Schlussfolgerung gezogen, dass es der Beklagten zu 2) deshalb freigestanden habe, die bisherigen betriebseigenen Aktivitäten der Insolvenzschuldnerin auf eine Fremdfirma zu vergeben, nämlich die Arbeiten des medizinischen Schreibdienstes von Anbeginn an (01.07.2004) durch die Firma Medizinisches Schreibbüro L1xxxxxxx H6xxxxx H7xxxxxxxx aus L1xxxxxxx-E6xxxx ausführen lassen. Die erstinstanzliche Beweiswürdigung und die aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme gezogenen Schlussfolgerungen sind nicht angreifbar und in vollem Umfang nachvollziehbar. Sie entsprechen insbesondere den Anforderungen des § 286 ZPO sowie sonstigen Beweisregeln. Gemäß § 286 ZPO muss der Richter aufgrund der Beweisaufnahme entscheiden, ob er die Tatsache für wahr oder unwahr hält. Auf diese eigene Überzeugung des Gerichts, also der Richter, die insoweit nur ihrem Gewissen unterworfen und an die gesetzlichen Beweisregeln gebunden sind (§ 286 Abs. 2 BGB), kommt es an, auch wenn andere Personen erhebliche Zweifel haben oder zu einer anderen Auffassung gelangt sein würden. Die Klägerin hat das erstinstanzlich festgestellte Ergebnis der Beweisaufnahme nicht dadurch in Zweifel ziehen können, dass sie - ohne sich mit den Ausführungen zu der unternehmerischen Entscheidung im Gespräch von Mitte Juni 2004 auseinanderzusetzen - ihrerseits einfach die Behauptung aufstellt:
"Das Schreibbüro H7xxxxxxxx war und ist ausschließlich für den Beklagten zu 1) wie auch für die Beklagte zu 2) tätig,..."
und diese Behauptung mit dem unzutreffenden Hinweis zu untermauern versucht, das Schreibbüro H7xxxxxxxx sei
"... zum großen Teil mit Mitarbeitern, die auch für das Gesundheitszentrum B3x W1xxxxxxxxxx GmbH [der Insolvenzschuldnerin] tätig waren,..."
(weiterhin) tätig. Wären diese Behauptungen zutreffend, dann hätte die Klägerin ihrerseits schon für das Schreibbüro H7xxxxxxxx tätig gewesen sein müssen. Dies wiederum wird von ihr nicht behauptet. Schließlich "erschöpft" sich der Großteil der Mitarbeiterinnen, die vormals bei der Insolvenzschuldnerin tätig waren und "nahtlos" von dem Schreibbüro H7xxxxxxxx weiterbeschäftigt worden sein sollen, auf die Benennung einer Mitarbeiterin, nämlich der Zeugin M5xxxx (richtig: M4xxxx), die als einzige Mitarbeiterin aus dem ehemaligen Schreibbüro der Insolvenzschuldnerin - wie oben dargelegt - erst nach Erlass des Urteils vom 22.03.2005 - 3 Ca 1673/04 L - durch das Arbeitsgericht Hamm/Gerichtstag Lippstadt, zu geänderten (verschlechterten) Bedingungen von der Firma H7xxxxxxxx neu eingestellt worden ist. Damit lässt sich weder die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG widerlegen noch die arbeitsgerichtliche Beweiswürdigung erschüttern, so dass die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss.
III. Nach alledem steht fest, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die vorgreifliche "Nachkündigung" des Beklagten zu 1) vom 14.07.2004 nicht vorzeitig zum 31.10.2004 beendet worden ist, sondern aufgrund der betriebsbedingten "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin vom 29.06.2004 erst mit Ablauf des 31.12.2004 fristgemäß sein Ende gefunden hat, und zwar ohne auf die Beklagte zu 2) übergegangen zu sein. Damit entfällt deren (mögliche) Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung der Klägerin. Der Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung, der nach heutigem Verständnis zusammen mit dem Vergütungsanspruch eine Einheit bildet und in der Bündelung dieser Berechtigungen den Hauptanspruch des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 611 BGB ausmacht (LAG Hamm, Urt. v. 05.05.1983 - 8 Sa 255/83, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 52; LAG Hamm, Urt. v. 11.03.1999 - 4 Sa 34/98, ZInsO 1999, 424; LAG Hamm, Urt. v. 11.03.1999 - 4 Sa 966/98, ZInsO 1999, 424; LAG Hamm, Urt. v. 24.02.2000 - 4 Sa 1731/99, ZInsO 2000, 467; LAG Hamm, Urt. v. 23.01.2003 - 4 Sa 720/02, ZInsO 2004, 1099 [Graner]; LAG Hamm, Urt. v. 04.12.2003 - 4 Sa 900/03, AR-Blattei ES 1010.2 Nr. 45 = LAGE § 623 BGB Nr.3 = DZWIR 2004, 192 [Weisemann] = NZA-RR 2004, 189 = ZInsO 2004, 163), kann -wenn die Wirksamkeit der Kündigung festgestellt wird - nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Der Weiterbeschäftigungsantrag setzt nämlich ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis voraus (BAG, Urt. v. 27.02.1985 - GS 1/84, NZA 1985, 702 = ZIP 1985, 1214). Vorliegend hat ein solches zur Beklagten zu 2) nie bestanden.
IV. Nach alledem haben die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten zu 1) ohne Erfolg bleiben müssen. Lediglich zur Titelklarstellung war festzustellen, dass "das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die "Nachkündigung" des Beklagten zu 1) vom 14.07.2004 nicht vorzeitig zum 31.10.2004 beendet worden ist, sondern aufgrund der "Vorkündigung" der Insolvenzschuldnerin vom 29.06.2004 erst mit Ablauf des 31.12.2004 fristgemäß sein Ende gefunden hat".
1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Kostenquotelung ergibt sich aus der HeldŽschen Kostenteilungstabelle (DRiZ 1984, 317, 319, 320) und orientiert sich an dem anteiligen Obsiegen und Unterliegen der Klägerin und des Beklagten zu 1), während die Beklagte zu 2) keinerlei Kosten zu tragen hat. Durch die Wiederholung der "Schlussanträge 1. Instanz" und damit auch des erstinstanzlichen "Klageantrages zu 2)" hat im Hinblick auf die Anschlussberufung keine höheren Kosten veranlasst, so dass es bei der für den Beklagten zu 1) ermittelten Quote ohne irgendwelche Gutschreibungen verbleibt (§ 92 Abs. 2 ZPO).
2. Der Wert des Streitgegenstandes hätte mithin für die gerichtliche Entscheidung nach § 63 Abs. 1 GKG n.F. i.V.m. § 32 Abs. 1 RVG festzusetzen. Für die Feststellungsanträge zu 1) ("Vorkündigung") und zu 3) (Bestand eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 2) war jeweils gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG n.F. das Vierteljahreseinkommen der Klägerin anzusetzen. Der Feststellungsantrag zu 2) war im Hinblick auf die mit der "Nachkündigung" angestrebte zwei Monate frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem doppelten Monatsverdienst der Klägerin zu bewerten. Gleiches gilt nach §§ 3 ff. ZPO für den Weiterbeschäftigungsantrag zu 4). Die Addition aller Einzelbeträge ergibt den Gesamtstreitwert. Der Streitwertbeschluss hat mit der Urteilsformel verbunden werden können.
3. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 1 ArbGG ist bei der vorliegenden Einzelfallgestaltung nicht ersichtlich, denn die von den Parteien aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits sämtlich beantwortet bzw. konnten dahingestellt bleiben. Die Nichtzulassung der Revision war in den Urteilstenor aufzunehmen, da die Parteien bereits nach Verkündung des Urteils wissen müssen, ob der zwischen ihnen bestehende Konflikt entschieden ist oder nicht (§ 72 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 64 Abs. 3a ArbGG).
Ende der Entscheidung
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