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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.01.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 1959/04
Rechtsgebiete: InsO, BGB, KSchG, ZPO


Vorschriften:

InsO § 115
InsO § 116
BGB § 623
KSchG § 4 Satz 1
ZPO § 256
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 14.09.2004 - 5 Ca 587/04 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 35.790,44 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit um die Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses sowie um die Zahlung der Gehälter für den Zeitraum zwischen November 2003 und Februar 2004 in Höhe von insgesamt 20.451,68 € brutto als Masseverbindlichkeiten.

Der Beklagte wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Hagen vom 18.08.2003 - 103 IN 129/03 - zunächst als vorläufiger Insolvenzverwalter durch weiteren Beschluss vom 27.10.2003 als endgültiger Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma E1xxx G1xxxx GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin) in I1xxxxxx-L1xxxxxx eingesetzt. Die Insolvenzschuldnerin ist von dem Unternehmer E1xxx G1xxxx, dem wesentlich älteren Bruder des Klägers, im Jahre 1932 als Kommanditgesellschaft gegründet und nach dem Tode des Firmengründers (10.12.1998), der persönlich haftender Gesellschafter war, im Jahre 1999 in eine GmbH & Co. KG umgewandelt worden. Seinerzeit waren seine Ehefrau E2xxxxxxx G1xxxx, seine Tochter H4xxx W4xxxx und sein Sohn E1xxx G1xxxx jun. Kommanditisten. Ausweislich des Handelsregisterauszuges HRA 1557 des Amtsgerichts Iserlohn waren im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung als Kommanditisten eingetragen:

- E1xxx G1xxxx jun. aus H1xxx-B7xxxxx mit einer Stammeinlage von 975 TDM,

- W2xxxx G1xxxx, geb. am 01.02.14xx, aus S3xxxxxx mit einer Stammeinlage von 6.532,5 TDM,

- F3xxxxx W4xxxx, geb. am 24.03.15xx, aus H1xxx mit einer Stammeinlage von 2.246,25 TDM,

- T1xxxx W4xxxx, geb. am 04.01.16xx, aus H1xxx mit einer Stammeinlage von 2.246,25 TDM.

Persönlich haftende Gesellschafterin war die im Handelsregister HRB 11xx des Amtsgerichts Iserlohn eingetragene E1xxx G1xxxx B2xxxxxxxxxx-GmbH, über deren Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Hagen vom 09.12.2003 - 100 IN 171/03 - das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte ebenfalls zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist. Geschäftsführer der Komplementärin waren W2xxxx G1xxxx (einzelvertretungsberechtigt), F4xxxxxx W4xxxx (gesamtvertretungsberechtigt) und T1xxxx W4xxxx (gesamtvertretungsberechtigt).

Die Insolvenzschuldnerin war mit 800 Mitarbeitern eines der führenden Oberflächenveredlungs- und Kaltwalzwerke in Deutschland und hatte im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch 500-550 Mitarbeiter. Sie stellte an ihrem Hauptsitz im W3xxxxxx O1xxxxx in I1xxxxxx-L1xxxxxx hochwertige kaltgewalzte Bandstähle sowie Feinbleche her, darüberhinaus betrieb sie Oberflächenveredelung von Stahl durch elektrolytische Verzinkung, Verzinnung und Lackierung. Zur Feuerveredlung und Bandlackierung wurden zwei weitere Werke in H1xxx-H2xxxxxxxxxx unterhalten.

Zur Unternehmensgruppe E1xxx G1xxxx gehörten neben der E1xxx G1xxxx GmbH & Co. KG mit Werken in I1xxxxxx-L1xxxxxx und H1xxx, als Tochterunternehmen die Firma B3xxxx, C1xxxx & R2xxx GmbH u. Co. mit zuletzt 80-100 Beschäftigten in H1xxx-H2xxxxxxxxxx sowie die E1xxx G1xxxx-L2xxxxxxxx S5xx (société à responsabilité limitée = Gesellschaft mit beschränkter Haftung) mit zuletzt 160-170 Beschäftigten in D6xxxxxxxx/D7xxxxxxx (G4xxxxxxxxxxx L3xxxxxxx).

Die B3xxxx C1xxxx & R2xxx GmbH u. Co. wurde im Jahre 1979 der G1xxxx-Gruppe angegliedert. Sie war spezialisiert auf die Herstellung von hochwertigem Kaltband für besondere Einsatzzwecke. Auch über ihr Vermögen ist infolge der Insolvenz der Muttergesellschaft durch Beschluss des Amtsgerichts Hagen vom 05.11.2003 - 103 IN 132/03 - das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte ebenfalls zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Ausweislich des Handelsregisterauszuges HRA 1835 des Amtsgerichts Hagen waren im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung als Kommanditisten eingetragen:

- E1xxx G1xxxx jun. aus H1xxx-B7xxxxx mit einer Stammeinlage von 1.000 TDM,

- W2xxxx G1xxxx aus S3xxxxxx mit einer Stammeinlage von 650 TDM,

- F3xxxxx W4xxxx aus H1xxx mit einer Stammeinlage von 175 TDM,

- T1xxxx W4xxxx aus H1xxx mit einer Stammeinlage von 175 TDM.

Persönlich haftende Gesellschafterin war die im Handelsregister HRB 1105 des Amtsgerichts Hagen eingetragene B4x V1xxxxxxxxx-GmbH, deren erster alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer nach Gründung der Kläger war und danach dessen Großneffe W2xxxx G1xxxx wurde.

E1xxx G1xxxx-L2xxxxxxxx S5xx war 1980 als Gemeinschaftsunternehmen von der E1xxx-G1xxxx-Gruppe (2/3 der Anteile) zusammen mit der luxemburgischen A3xxx-Gruppe (1/3 der Anteile) gegründet worden. Ihre Unternehmensgegenstände sind die elektrolytische Verzinkung von kalt gewalzten Blechen und Bändern sowie die Electrozingage kalt gewalzte Breitbänder. Seit der Insolvenz der Muttergesellschaft, der E1xxx G1xxxx GmbH & Co. KG, der Insolvenzschuldnerin des hiesigen Verfahren, hält der Beklagte den Unternehmensanteil von 2/3 des Kapitals.

Der am 26.04.1926 geborene Kläger trat am 01.04.1942 als Lehrling in die Dienste der E1xxx G1xxxx KG, der Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin. Nach Abschluss der Ausbildung wurde er in ein Festanstellungsverhältnis übernommen. Nach einer Unterbrechung durch Kriegsdienst und französische Gefangenschaft setzte der Kläger das Arbeitsverhältnis 1948 fort. Er hat sich dann schrittweise bis zur Position des Prokuristen hochgearbeitet. Mit Schreiben vom 20.01.1961 teilte der ältere Bruder E1xxx seinem jüngeren Bruder F2xxx unter anderem folgendes mit:

"In Anerkennung Deiner Leistungen für die Firma und Deinen persönlichen Einsatz in der Fertigstellung der Materialien für die einzelnen Kunden und für den guten Kontakt, den Du mit unserer Kundschaft hastt, haben wir Dich ab heute zu Prokuristen ernannt.

Ich glaube, dass diese Beförderung Deine Spannkraft und Dein Interesse weiterhin wachhalten wird und dass Du ein würdiger Vertreter der Firma sein wirst.

Die in letzter Zeit eingespielte Gesamtplanung soll in der bisherigen Weise von Dir weitergeführt werden. ..."

Der Kläger hat am 26.04.1991 das 65. Lebensjahr vollendet und bezieht seit dem 01.05.1991 Altersruhegeld. Er war weiterhin für die Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin als deren Prokurist tätig. Er saß auf Arbeitgeberseite im Verwaltungsrat der E1xxx G1xxxx-L2xxxxxxxx S5xx und war ab Gründung eine ganze Zeit lang als Geschäftsführer der B4x V1xxxxxxxxx-GmbH eingesetzt (genaure Zeitangaben fehlen, da der Kläger sie nicht mitgeteilt hat), und zwar ohne gesellschaftsrechtlich an diesen Firmen beteiligt zu sein. Er war zu keinem Zeitpunkt an dem Unternehmen der Insolvenzschuldnerin beteiligt, auch wenn er nach dem Tode seines Bruders in deren Beirat saß; die Beiratstätigkeit endete mit der Insolvenzeröffnung. Nach dem Tode seines Bruders am 10.12.1998 war der Kläger als dessen Testamentsvollstrecker bestellt und hat in dieser Funktion in Vollzug des letzten Willens des Erblassers die gesellschaftsrechtliche Umwandlung der bisherigen KG in eine GmbH & Co. KG eingeleitet und begleitet. Desweiteren hat der Kläger nach seiner eigenen Einlassung das Schuldnerunternehmen bis zum Eintritt der drei Großneffen als Kommanditisten mit Wirkung ab 01.01.2000 geführt. Es heißt in dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 14.07.2004, dessen Wortlaut der Beklagte sich insoweit mit seinem zweitinstanzlichen Schriftsatz vom 28.12.2005 ausdrücklich zu eigen gemacht hat, wörtlich:

"Dies war für den Fortbestand der Firma existentiell notwendig. Die durch Erbschaft in die Position der Mehrheitseigentümer und Geschäftsführer aufgestiegenen Herren W2xxxx G1xxxx und F5xxxxxx und T1xxxx W4xxxx waren aufgrund ihrer Vorbildung gar nicht in der Lage, die Geschäfte der Firma ohne den Kläger zu führen. Alle drei Herren waren in der Belegschaft nur als Enkel des Erblassers bekannt und genossen in keiner Weise die für eine Führungskraft notwendige Akzeptanz.

[...]

Allen war klar, dass tatsächlich die Firma vom Kläger geleitet wurde. Alle sahen ihn als den eigentlichen Führer der Geschäfte an."

Mit Rundschreiben vom 21.12.1999, gerichtet an die "lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" und an die "lieben Ehemaligen", hat der Kläger den vorgenannten Personenkreis wie folgt zu seiner Verabschiedung eingeladen:

"Nachdem ich über einen Zeitraum von fast 58 Jahren meine ganze Energie und Schaffenskraft in den Aufbau und die Entwicklung unseres Unternehmens investiert habe und meinem Bruder auch nach Vollendung meines 65. Lebensjahres weiterhin zur Seite gestanden habe, sowie nach seinem Tod mein Ausscheiden aus dem Unternehmen um ein Jahr verschoben habe, um in der Phase des Übergangs meinen Großneffen hilfreich zur Seite zu stehen, habe ich mich nun entschlossen, zum 31.12.1999 in den Ruhestand zu gehen.

Nach einem langen Arbeitsleben möchte ich nun endlich Gelegenheit nehmen, die Dinge nachzuholen, die ich in den letzten Jahren aufgrund meiner Tätigkeit für unser Unternehmen vernachlässigen mußte.

Insbesondere möchte ich endlich mehr Zeit für meine Familie haben, die bei weitem nicht immer damit einverstanden war, daß ich meine privaten Interessen stets zurückgestellt habe.

Nachdem ich viele Jahre sehr angenehm mit Ihnen allen zusammengearbeitet habe, möchte ich mich im Rahmen einer Feier von Ihnen verabschieden und würde mich sehr freuen, Sie am

Freitag, dem 21.01.2000, ab 18.30 Uhr

im Hotel Holzrichter, Veserde

begrüßen zu können.

Ob und in welchem Umfang sowie auf welcher rechtlichen Grundlage (Arbeitsvertrag oder Beratervertrag) der Kläger in der Folgezeit noch für das Schuldnerunternehmen tätig gewesen ist, ist zwischen den Parteien streitig. Über seine Tätigkeit im Beirat der Insolvenzschuldnerin und Teilnahmen an Verwaltungsratssitzungen in Luxemburg hinaus war der Kläger nach dem Vorbringen des Beklagten nach seinem Abschiedsfest, also ab Februar 2000 (und nicht erst ab Februar 2002, wie es im erstinstanzlichen Tatbestand heißt) "nur noch sporadisch und auch [zuletzt]) nicht mehr in der Firma, sondern nur noch von zu Hause aus tätig"; nach seiner eigenen, bereits erstinstanzlichen Einlassung hat der Kläger "von diesem Zeitpunkt an ... in der Tat das Firmengelände nur noch in Ausnahmefällen betreten. ... In der Folgezeit nahm die Inanspruchnahme des Kläger ab ...". Dennoch hat der Kläger bis Juli 2003 von der Insolvenzschuldnerin ein Gehalt in Höhe von zuletzt 5.112,92 € brutto, was 10.000,00 DM entspricht.

Unter dem 19.01.2001 wurde ihm von dem Geschäftsführer W2xxxx G1xxxx der Entwurf eines Beratervertrages, der mit der Insolvenzschuldnerin abgeschlossen werden sollte, mit folgendem Inhalt zugeleitet:

Herr F2xxx G1xxxx steht der Fa. E1xxx G1xxxx GmbH & Co. KG ab dem 01.01.2001 als Berater in verschiedenen Angelegenheiten zur Verfügung.

Er erhält hierfür ab dem 01.01.2001 eine Vergütung in Höhe von DM 10.000,- brutto monatlich.

Mit dieser Vergütung sind ab dem 01.01.2001 gleichzeitig folgende Tätigkeiten und Leistungen abgegolten:

1. Tätigkeit im Beirat.

2. Die ab 01.01.2001 zu beanspruchende Firmenrente aus der E1xxx-G1xxxx-Stiftung in Höhe von DM 290,-- monatlich für 58 Jahre Betriebszugehörigkeit bei der E1xxx G1xxxx GmbH & Co. KG.

Dieser Vertrag kann beiderseitig mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Es entstehen keine weitergehenden gegenseitigen Ansprüche.

Mit Abschluß dieses Vertrages sind alle in der Vergangenheit getroffenen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien gegenstandslos geworden.

Dieses Vertragsangebot wurde vom Kläger nicht akzeptiert bzw. gegengezeichnet. Seine Prokura ist allerdings im Jahre 2001 erloschen.

Mit Schreiben vom 12.05.2004 teilte der Beklagte als Insolvenzverwalter dem Kläger zunächst mit, dass "das Arbeitsverhältnis ... zum 31.12.1999 mit Ihrer Verabschiedung aus dem Unternehmen" endete, kündigte "vorsorglich ... jedoch nochmals zum 31.08.2004". Gegen diese Kündigung hat der Kläger sich mit der beim Arbeitsgericht Iserlohn am 03.06.2004 eingegangenen Klageschrift vom 02.06.2004 zur Wehr gesetzt. Dieses Kündigungsschutzverfahren ist durch Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 15.07.2004 - 5 Ca 1717/04 - "bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits 5 Ca 587/04 ausgesetzt" worden.

Der Kläger hat beantragt:

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 20.451,68 Euro brutto als rückständige Arbeitsvergütung für die Monate November 2003 bis Februar 2004 zu zahlen;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers unverändert fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Iserlohn hat durch Urteil vom 14.09.2004, auf welches zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Tatbestands vollinhaltlich Bezug genommen wird, wie folgt für Recht erkannt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien unverändert fortbesteht.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.451,68 Euro brutto an rückständiger Arbeitsvergütung für die Monate November 2003 bis Februar 2004 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

4. Der Streitwert wird auf 35.790,44 Euro festgesetzt.

Gegen das ihm am 24.09.2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 22.10.2004 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.12.2004 am 23.12.2004 begründet.

Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und trägt vor, unstreitig sei im Jahre 1942 zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin ein Arbeitsverhältnis begründet worden. Dieses Arbeitsverhältnis sei - insoweit wird die erstinstanzlich vertretende Rechtsauffassung nicht weiter aufrechterhalten - nicht automatisch durch Erreichen des 65. Lebensjahres aufgelöst worden. Es bedürfe vielmehr zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines entsprechenden Aktes, entweder in Form einer Kündigung oder in Form einer Aufhebungsvereinbarung. Der Ausspruch einer Kündigung gegenüber dem Kläger lasse sich aus den bei der Insolvenzschuldnerin geführten Personalunterlagen nicht entnehmen. Allerdings lasse sich anhand der bereits dem Arbeitsgericht vorgelegten Beweismittel belegen, dass der Kläger im Wege einer Aufhebungsvereinbarung zum 31.12.1999 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und seitdem im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages für die Insolvenzschuldnerin tätig gewesen sei. Dieser Geschäftsbesorgungsvertrag sei jedoch gemäß §§ 115, 116 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen, so dass vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien ab Insolvenzeröffnung nicht mehr bestünde und der Kläger insoweit keine Vergütungsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens herleiten könne. So dokumentiere das Einladungsschreiben eindeutig den Willen des Klägers, zum 31.12.1999 aus seinem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Zum Beweis für die Behauptung, dass zwischen den Geschäftsführern der Insolvenzschuldnerin und dem Kläger im Dezember 1999 Einvernehmen darüber bestanden, das bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.12.1999 zu beenden, würden daher als Zeugen die drei (ehemaligen) Geschäftsführer benannt. Selbst wenn die Behauptung des Klägers zutreffend sein sollte, wonach eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen den Geschäftsführern und ihm geschlossen worden sei, dass er nach außen nicht weiter in Erscheinung treten, jedoch im Innenverhältnis weiterhin beratend tätig sein sollte, spräche dies für die von ihm, dem Beklagten, bereits erstinstanzlich vertretene Auffassung, wonach das zum 31.12.1999 beendete Arbeitsverhältnis durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag ersetzt worden sei.

Für diese rechtliche Einordnung der vertraglichen Beziehungen zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Kläger als Geschäftsbesorgungsvertrag spräche - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - auch der ebenfalls erstinstanzlich bereits vorgelegte Vertragsentwurf vom 19.01.2001. Der Vertragsentwurf habe offensichtlich die bereits seit dem 01.01.2000 geübte Praxis schriftlich fixieren sollen (Beweis: Vernehmung der drei vormaligen Geschäftsführer als Zeugen). Das Arbeitsgericht würdige in diesem Zusammenhang nicht in hinreichendem Umfang den Umstand, dass der Kläger unstreitig ab dem 01.01.2000 das Betriebsgelände der Insolvenzschuldnerin allenfalls noch sporadisch und auch zuletzt überhaupt nicht mehr betreten und sich seine Tätigkeit für die Schuldnerin auf die Wahrnehmung der Tätigkeit im Beirat der Gesellschaft und gelegentlichen Teilnahmen an Verwaltungsratsitzungen in Luxemburg beschränkt habe. Das Arbeitsgericht verkennt insoweit, dass sich damit der ursprüngliche Aufgabenbereich des Klägers (kaufmännischer Angestellter und Prokurist) grundlegend geändert habe, und zwar hinsichtlich nicht nur des Inhalts, sondern auch der Form der vertraglichen Beziehungen der Parteien. Denn für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses fehle es insbesondere an der erforderlichen persönlichen Abhängigkeit von der Insolvenzschuldnerin bzw. von den ausführenden Organen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 14.09.2004 die Klage abzuweisen sowie den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, das Arbeitsgericht habe zutreffend festgestellt, dass zwischen ihm und der Insolvenzschuldnerin geschlossene Arbeitsverhältnis unverändert fortbestehe. Einen Beendigungstatbestand habe der Beklagte auch in der Berufungsbegründung nicht ansatzweise dargelegt. Wann, wo, mit wem und mit welchem Inhalt eine Aufhebungsvereinbarung zum 31.12.1999 geschlossen worden sein solle, lasse der Beklagte nämlich offen. Das Einladungsschreiben von ihm, dem Klägers, zum "Abschiedsfest" am 21.01.2000 stelle keine rechtlich relevante Willenserklärung dar. Die Tatsache, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Insolvenzschuldnerin auch nach dem 31.12.1999 unverändert fortgeführt worden sei, beweise, dass ein Aufhebungsvertrag nicht zustande gekommen sei. Dies werde auch durch den vom Beklagten vorgelegten Vertragsentwurf vom 19.01.2001 bestätigt. Eines solchen Vertragsentwurfes und der ihn begleitenden Verhandlungen der damaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin und ihm hätte es nicht bedurft, wenn sein Arbeitsverhältnis zum damaligen Zeitpunkt bereits beendet gewesen wäre. Unstreitig seien die damaligen Verhandlungen aber ohne Ergebnis verlaufen und damit ohne Auswirkungen auf sein mit der Insolvenzschuldnerin bestehendes Arbeitsverhältnis geblieben. Diese sei wie eh und je - insbesondere unter Zahlung der bisherigen Bezüge - weitergelaufen.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Gerichtsakten gereichten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die aufgrund entsprechender Beschwer statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sowie rechtzeitig ordnungsgemäß begründete Berufung des Beklagten hat in vollen Umfang Erfolg und führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Abweisung der Klage.

Die vertraglichen Beziehungen zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Kläger sind - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - nach dem Tode des Firmengründers E1xxx G1xxxx (10.12.1998), spätestens jedoch ab dem 01.01.2000 rechtlich nicht mehr als Arbeitsverhältnis, sondern als Geschäftsbesorgungsverhältnis einzuordnen. Der Geschäftsbesorgungsvertrag ist gemäß §§ 115, 116 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen, so dass vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien ab Insolvenzeröffnung nicht mehr bestehen und der Kläger folglich keine Vergütungsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens herleiten kann.

1. Soweit das Arbeitsgericht in Ziff. 1 des Urteilstenors feststellt, "dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien unverändert fortbesteht", geht diese Feststellung zu weit, denn damit wird völlig außer Acht gelassen, dass der Beklagte als Insolvenzverwalter dem Kläger mit Schreiben vom 12.05.2004 "vorsorglich" zum 31.08.2004". Diese Kündigung, die mit der gesetzlichen Höchstfrist des § 113 Satz 2 InsO n.F. [2004] ausgesprochen worden ist, wäre - falls die Rechtsbeziehungen des Klägers zur Insolvenzschuldnerin rechtlich als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren wäre - augenscheinlich rechtswirksam. Zumindest hat der Kläger nichts vorgetragen, was auch nur ansatzweise für eine Unwirksamkeit sprechen könnte. Angesichts der Kündigung vom 12.05.2004 zum 31.08.2004 hätte das Arbeitsgericht in seinem Urteil vom 14.09.2004 (5 Ca 587/04) nicht die Feststellung treffen dürfen, "dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien unverändert fortbesteht". Denn damit kommt das Arbeitsgericht zu der unzutreffenden Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers noch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, also am 14.09.2004 und damit über den von Beklagten im Kündigungsschreiben vom 12.05.2004 genannten Kündigungstermin, dem 31.08.2004, hinaus "... unverändert fortbesteht". Dieses Zwischenergebnis erhellt sich aus den Streitgegenstandstheorien.

1.1.Gegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist nach der Lehre vom sog. punktuellen Streitgegenstandsbegriff die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine konkrete, mit dieser Klage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin. Die stattgebende rechtskräftige Entscheidung über einen Antrag gem. § 4 Satz 1 KSchG beinhaltet nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zugleich die Feststellung, dass noch zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis existiert (so grundlegend BAG, Urt. v. 13.11.1958 - 2 AZR 573/57, AP Nr. 17 zu § 3 KSchG 1951 [Habscheid] = AR-Blattei ES 1020 Nr. 38 = "Kündigungsschutz: Entsch. 38" [Herschel] = AuR 1959, 377 [Trieschmann] = JZ 1960, 219 [Lüke] = SAE 1959, 165 [Molitor]; BAG, Urt. v. 17.11.1958 - 2 AZR 277/58, AP Nr. 18 zu § 3 KSchG 13xx [Habscheid] = AuR 1959, 349 [Herschel] = BB 1959, 1032 [Bötticher]; zuletzt BAG, Urt. v. 24.05.2005 - 8 AZR 398/04, DB 2005, 2472 = NZA 2005, 1302 = ZIP 2005, 1978; BAG, Urt. v. 16.06.2005 - 6 AZR 451/04, DB 2005, 2141 = NZA 2005, 1109 = ZIP 2005, 1931). Dagegen hat sich die Ansicht, Streitgegenstand des Kündigungsschutzprozesses sei der Bestand des Arbeitsverhältnisses zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung (Bötticher, BB 1959, 1032; Lüke, NJW 1961, 1390; Güntner, AuR 1974, 110 ff; LAG Tübingen vom 31.05.1967 - 4 Sa 20/67, BB 1967, 1423 = DB 1967, 2079), nicht durchgesetzt. Dieses weitergehende Ziel kann der Kläger nur dadurch erreichen, dass er eine Kündigung mit einer Klage angreift, in der der Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG mit dem allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO verbunden wird, nämlich dass das Arbeitsverhältnis über die Kündigung hinaus fortbestehe (BAG, Urt. v. 21.01.1988 - 2 AZR 581/86, AP Nr. 19 zu § 4 KSchG 1969 = AR-Blattei ES 1020 Nr. 295 = "Kündigungsschutz: Entsch. 295" [Löwisch] = EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 33 [Vollkommer/Weinland] = SAE 1990, 83 [Mummenhoff]; BAG, Urt. v. 27.10.1988 - 2 AZR 160/88, RzK I 2b Nr. 9; BAG, Urt. v. 27.01.1994 - 2 AZR 484/93, AP Nr. 28 zu § 4 KSchG 1969 = AR-Blattei ES 1020.3 Nr. 2 = EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 48 [Franzen]; BAG, Urt. v. 07.12.1995 - 2 AZR 772/94, AP Nr. 33 zu § 4 KSchG 1969 [Boemke] = AR-Blattei ES 1020.3 Nr. 4 = EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 56 = EWiR 1996, 521 [Künzl] = NZA 1996, 334 = WiB 1996, 640 [Boemke] = ZIP 1996, 388; BAG, Urt. v. 13.03.1997 - 2 AZR 512/96, AP Nr. 38 zu § 4 KSchG 1969 [Boemke] = EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 57 = EWiR 1997, 713 [Künzl] = NZA 1997, 844 = WiB 1997, 930 [Boemke] = ZIP 1996, 388). Die Ausgestaltung der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG als besondere Feststellungsklage lässt sich rechtssystematisch allein aus der Erwägung heraus rechtfertigen, dass den Arbeitsvertragsparteien in aller Regel grundsätzlich daran gelegen ist zu wissen, ob eine bestimmte Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat oder nicht, weil, wie dem Rechtsverkehr allgemein bekannt ist, aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis Rechtspflichten verschiedenster Art folgen.

1.2.Ist zwischen den Parteien - unabhängig von einer konkreten Kündigung - streitig, ob überhaupt arbeitsvertragliche Beziehungen zueinander (noch) bestehen, dann kommt nur eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO mit der Rechtskraftwirkung, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers noch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch besteht, in Betracht. Wird nach Erhebung einer solchen allgemeinen Feststellungsklage - was in der täglichen Praxis häufig vorkommt - "vorsorglich" eine Kündigung "nachgeschoben", dann ist vielfach eine anwaltliche Unsitte festzustellen, dass nicht etwa die bereits erhobene, noch nicht entschiedene Feststellungsklage lediglich erweitert wird, vielmehr wird - wohl aus gebührenrechtlichen Gründen - meist eine gesonderte Kündigungsschutzklage erhoben. Noch bedenklicher ist es, dass einige Arbeitsgerichte solche getrennt erhobenen Feststellungsklagen nicht zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbinden, sondern - wie vorliegend - das (spätere) Kündigungsschutzverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das (laufende) Feststellungsverfahren aussetzen. Diese Unsitte ist vor allem auch bei Streit über mehrere, zeitlich nacheinander ausgesprochenen Kündigungen oder bei Klagen gegen einen Betriebserwerber nach zeitlich vorausgegangener Kündigung festzustellen. Dabei müsste es an sich ohne weiteres einleuchten, dass die Arbeitsgerichte den Arbeitgeber jedenfalls dann durch Aussetzung des Zweitverfahrens nicht "hängenlassen" dürfen, wenn der Arbeitnehmer im Erstverfahren obsiegt. Dies gilt vor allem in den Fällen, in den nicht nur im Erstverfahren, sondern auch im Zweitverfahren jeweils (?) den Antrag stellt "festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers unverändert fortbesteht". Denn in diesen Fällen liegt nicht nur doppelte Rechtshängigkeit vor, sondern es bestehen für den Feststellungsantrag im Erstverfahren erhebliche Bedenken, ob für den allgemeinen Feststellungsantrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO vorliegt. Der Arbeitnehmer hat nämlich die Möglichkeit, im Wege einer Leistungsklage das Arbeitsentgelt bis zum Kündigungstermin der Kündigung in dem Zweitverfahren unter dem Gesichtpunkt des Annahmeverzuges gerichtlich geltend zu machen. Für eine selbständige allgemeine Feststellungsklage muss - anders als für die sog. Zwischenfeststellungsklage des § 256 Abs. 2 ZPO - nach § 256 Abs. 1 ZPO ein Feststellungsinteresse vorgetragen werden. Nach dieser Vorschrift kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses - nur diese Alternative des Gesetzes kommt vorliegend in Betracht - geklagt werden. Ist die Forderung bezifferbar, dann ist wegen des grundsätzlichen Vorrangs einer Leistungsklage (vgl. BAG, Urt. v. 24.10.1996 - 2 AZR 845/95, AP Nr. 37 zu § 256 ZPO 1977 = MDR 1997, 370 = NZA 1997, 59; BAG, Urt. v. 18.03.1997 - 9 AZR 84/96, AP Nr. 8 zu § 17 BErzGG = AuR 1998, 253 [Schirge] = NZA 1997, 1168 = WiB 1997, 1254 [Groeger]; zuletzt BAG, Urt. v. 15.06.2004 - 9 AZR 431/03, AP Nr. 4 zu § 209 InsO = BAGReport 2004, 328 = NZA 2005, 354 = NZI 2004, 636 = ZIP 2004, 1660) die Erhebung einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO nur dann zulässig, wenn das zu erwartende Feststellungsurteil - trotz der fehlenden Vollstreckbarkeit - kraft seiner inneren Wirkung geeignet ist, die Klageseite zu dem von ihr angestrebten Ziel zu führen und den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen (BAG, Urt. v. 16.07.1998 - 6 AZR 672/96, AP § 4 TVG Rationalisierungsschutz Nr.27 = NZA 1999, 217). Bei einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO wird der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, und zwar unter Einbeziehung eventueller Kündigungen und sonstiger Beendigungsformen geprüft; es sind deshalb alle möglichen Beendigungsgründe zu erörtern. Die Rechtskraft eines positiven Feststellungsurteils erfasst alle diese Beendigungsgründe. Ist eine weitere Kündigung in den Prozess eingeführt worden, kommt es nicht darauf an, wann dies geschehen ist (BAG, Urt. v. 13.03.1997 - 2 AZR 512/96, AP Nr. 38 zu § 4 KSchG 1969 [Diller] = AR-Blattei ES 1020.3 Nr. 9 [Mayer-Maly] = EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 57 [Dauner-Lieb] = EWiR 1997, 713 [Künzl] = MDR 1997, 849 = NZA 1997, 844 = WiB 1997, 930 [Boemke]). Da das angefochtene Urteil vom 14.09.2004 (5 Ca 587/04) nach dem im Schreiben des Beklagten vom 12.05.2004 angegebenen Kündigungstermin, dem 31.08.2004, verhandelt und verkündet worden ist, würde die Anwendung der genannten Grundsätze vorliegend bedeuten, dass bei Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils feststehen würde, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers am 14.09.2004 noch bestanden hat. Damit wäre zugleich auch das durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 15.07.2004 (5 Ca 1717/04) ausgesetzte Folgeverfahren miterledigt. Würde die erkennende Arbeitnehmereigenschaft des Klägers bejahen, stünde es vor der Frage, ob es das in I. Instanz ausgesetzte Verfahren an sich ziehen könnte oder gar müsste und über den gesamten Streitstoff entscheiden dürfte, da der Rechtsstreit insgesamt entscheidungsreif ist. Im Falle der Gefahr widersprechender Entscheidungen im Instanzenzug hat sich die erkennende Kammer als befugt gehalten, den fehlerhaften Trennungsbeschluss der Vorinstanz dadurch zu korrigieren, dass es das noch in der Vorinstanz befindliche abgetrennte Verfahren von Amts wegen an sich zieht und den gesamten Rechtsstreit entscheidet (LAG Hamm, Urt. v. 14.10.2004 - 4 Sa 1740/03, LAGReport 2005, 219 mit zust. Anm. von Schwab). Ob diese Grundsätze auf den Fall des Erlasses eines unzulässigen Aussetzungsbeschlusses entsprechend gelten, braucht vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden. Der Kläger stand nämlich im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zur Insolvenzschuldnerin nicht in einem abhängigen Arbeitsverhältnis, sondern als Berater in einem Geschäftsbesorgungsverhältnis.

2. Unstreitig war der Kläger einmal Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin; er ist nämlich im Jahre 1942 als Lehrling in die Firma seines Bruders E1xxx G1xxxx, des Firmengründers und persönlich haftenden Gesellschafters der Rechtsvorgängerin, eingetreten. Nach Abschluss der Ausbildung ist er in ein Festanstellungsverhältnis übernommen und hat sich dann schrittweise bis zur Position des Prokuristen (1961) hochgearbeitet. Es können die Behauptungen des Klägers als wahr unterstellt werden:

"Der Firmengründer E1xxx G1xxxx leitete die Firma als eine Art Patriarch. Er traf seine Entscheidungen völlig allein. ... Der Firmeninhaber hat noch bis kurz vor seinem Tod jeden Tag die Firma aufgesucht und seine Leitungsfunktionen wahrgenommen. Dem Kläger war insoweit keine über seine normale Stellung als Arbeitnehmer hinausgehende Verantwortung oder Entscheidungsbefugnis gegeben."

Obwohl er am 26.04.1991 das 65. Lebensjahr vollendet hatte und seit dem 01.05.1991 Altersruhegeld bezog, war der Kläger weiterhin für die Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin als deren Prokurist tätig. Auch in dieser Zeit war der Kläger noch als Arbeitnehmer anzusehen. Jedoch die weitere Einlassung des Klägers, nach dem Tode seines Bruders bzw. nach Übernahme der Firmenleitung durch die Erben habe sich an seiner Position innerhalb der Firma nichts geändert, lediglich die ihm seinerzeit erteilte Prokura habe geendet und er sei auch weiterhin in vollem Umfang weisungsgebunden geblieben, vermag die erkennende Kammer nicht zu teilen. Das ursprünglich zur Insolvenzschuldnerin bestehende Arbeitsverhältnis des Klägers mit Übernahme der Geschäftsführung nach dem Tode seines Bruders E1xxx G1xxxx, spätestens jedoch mit Eintritt der drei Großneffen in die Geschäftsführung erloschen bzw. so umgestaltet worden, dass der Kläger zuletzt nicht mehr als Arbeitnehmer anzusehen ist, sondern als Berater in einem Geschäftsbesorgungsverhältnis, welches mit der Insolvenzeröffnung erloschen ist, gestanden hat. Zu diesem Ergebnis kommt die erkennende Kammer aus folgenden Überlegungen:

2.1.Wird ein Arbeitnehmer einer KG zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bestellt, so wird im Zweifel mit Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages das bisherige Arbeitsverhältnis stillschweigend aufgehoben (LAG Niedersachsen, Urt. v. 19.01.1999 - 13 Sa 633/98, juris Dok-Nr: KARE536910333). Dies gilt jedenfalls so lange, wie § 623 BGB noch keine Wirkung entfaltet (LAG Hessen, Urt. v. 31.08.2004 - 13 Sa 340/04, LAGReport 2005, 239). Die Frage, ob "die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch ... Auflösungsvertrag ... zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform [bedürfen]", wenn die Auflösung des Arbeitsverhältnis nach Inkrafttreten des § 623 BGB, also nach dem 01.05.2000 vereinbart worden ist, kann hier dahingestellt bleiben, denn vorliegend spielten sich die entscheidenden Vorgänge in der Zeit davor ab. Nach dem Tode seines Bruders am 10.12.1998 war der Kläger als dessen Testamentsvollstrecker bestellt und hat in dieser Funktion in Vollzug des letzten Willens des Erblassers die gesellschaftsrechtliche Umwandlung der Unternehmensgruppe E1xxx G1xxxx eingeleitet und begleitet. Dabei hat der Kläger zunächst die in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betriebene Rechtsvorgängerin in die einer GmbH & Co KG vornehmen lassen und damit die der Insolvenzschuldnerin geschaffen. Ebenso ist er wie der Firma B3xxxx, C1xxxx & Römer vorgegangen und hat diese ebenfalls in eine GmbH & Co umwandeln lassen. Er ist zugleich als Geschäftsführer der Komplementärin der letztgenannten Firma, der B4x V1xxxxxxxxx-GmbH, geworden, ehe ihn sein Großneffe W2xxxx G1xxxx im Zuge dessen Eintritts als Gesellschafter auf dieser Position aufgelöst hat. Mit der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit ist er als Arbeitnehmer bei der Insolvenzschuldnerin ausgeschieden. Der Geschäftsführer einer GmbH wird für diese in aller Regel auf der Grundlage eines Dienstvertrags, nicht eines Arbeitsvertrags tätig. Dies gilt unabhängig davon, ob der Fremdgeschäftsführer einen starken Anteilseigner, Mitgeschäftsführer etc. neben sich hat, der die konkrete Geschäftstätigkeit bestimmend mitgestaltet, oder - wie hier - der Geschäftsführer nach einem Gesellschaftertod erst einmal die Erb und Rechtsnachfolge prüfen und umsetzen muss; dabei geht die Übernahme der Geschäftsführertätigkeit über die Aufgaben eines Testamentsvollstreckers hinaus. Zwar hat die Gesellschaft auch gegenüber einem Geschäftsführer als freiem Dienstnehmer ein unternehmerisches Weisungsrecht (BAG, Urt. v. 26.05.1999 - 5 AZR 664/98, AP Nr. 10 zu § 35 GmbHG), jedoch kann eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie darüber hinaus auf einen Status des betroffenen GmbH-Geschäftsführers als Arbeitnehmer schließen lässt, allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht kommen (BAG, Urt. v. 24.11.2005 - 2 AZR 614/04, EzA-SD 2005, Nr. 25, S. 3). Da der "Patriarch", der Bruder E1xxx G1xxxx, verstorben und die drei Großneffen noch nicht bzw. nicht sattelfest im Amt waren, liegt ein solcher Ausnahmefall hier nicht vor. Dafür, dass neben der Geschäftsführertätigkeit das ursprünglich bestehende Arbeitsverhältnis des Klägers fortbestehen sollte, hat der Kläger - außer der entsprechenden Behauptung - nichts, aber auch gar nichts vorgetragen, was Rückschlüsse auf ein Arbeitsverhältnis ermöglichen würde. Nach seiner eigenen Einlassung saß er auf Arbeitgeberseite im Verwaltungsrat der E1xxx G1xxxx-L2xxxxxxxx S5xx und war - neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der B4x V1xxxxxxxxx-GmbH - im Beirat der Insolvenzschuldnerin. Auch wenn er zu keinem Zeitpunkt an einem der Tochterunternehmen oder an der Insolvenzschuldnerin selbst gesellschaftsrechtlich beteiligt gewesen ist, ist dies kein Indiz dafür, dass der Kläger nach der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit bei der B4x V1xxxxxxxxx-GmbH weiterhin Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin geblieben ist.

2.2. Die vorstehenden Grundsätze sind auch heranzuziehen, wenn der Arbeitnehmer nicht Geschäftsführer bei seiner Arbeitgeberin, also bei der Komplementär-GmbH als Muttergesellschaft (hier: Insolvenzschuldnerin) wird, sondern zum Geschäftsführer eines Tochterunternehmens bestellt wird (LAG Niedersachsen, Urt. v. 19.01.1999 - 13 Sa 633/98, juris Dok-Nr: KARE536910333). Wird bspw. ein in leitender Position beschäftigter Arbeitnehmer zum Geschäftsführer einer neu gegründeten GmbH bestellt, die wesentliche Teilaufgaben des Betriebes seines bisherigen Arbeitgebers übernimmt, so wird im Zweifel mit Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages das bisherige Arbeitsverhältnis aufgehoben (BAG, Urt. v. 08.06.2000 - 2 AZR 207/99, AP Nr. 49 zu § 5 ArbGG 1979 [Neu] = DStR 2001, 717 [Cebulla] = EWiR 2000, 1045 [Oetker] = GmbHR 2000, 1092 [Haase] = MDR 2000, 1443 = NZA 2000, 1013 = ZIP 2000, 1844). Dabei ist zunächst zu beachten, der Anstellungsvertrag nicht mit der juristischen Person abgeschlossen werden muss, zu deren Organvertreter der Dienstnehmer bestellt werden soll; wird bspw. ein bei einer Konzernobergesellschaft beschäftigter Arbeitnehmer zum Geschäftsführer einer konzernabhängigen Gesellschaft bestellt, so kann der mit der Konzernobergesellschaft abgeschlossene Arbeitsvertrag nach wie vor die Rechtsgrundlage für die Geschäftsführerbestellung bei der Tochtergesellschaft sein (BAG, Urt. v. 08.06.2000 - 2 AZR 207/99, a.a.O.). Bfei nicht klaren und eindeutigen vertraglichen Vereinbarungen von der Vermutung auszugehen, dass mit Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages grundsätzlich das ursprüngliche Arbeitsverhältnis sein Ende findet, denn einem Arbeitnehmer in einer leitenden Position muss regelmäßig klar sein, dass er - wenn anderes nicht ausdrücklich vereinbart worden ist - mit dem Abschluss eines Geschäftsführerdienstvertrages mit einer anderen Gesellschaft seinen sozialen Besitzstand aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis aufgibt (BAG, Urt. v. 25.04.2002 - 2 AZR 352/01, AP Nr. 11 zu § 543 ZPO 1977 = NZA 2003, 272). Zwar kann bei einer solchen Fallkonstellation ein Arbeitsverhältnis neben dem Geschäftsführerdienstverhältnis (noch) weiter bestehen, etwa wenn der Arbeitnehmer sowohl Arbeitsleistungen für seine Arbeitgeberin erbringt als auch Arbeitsleistungen als Geschäftsführer im Rahmen des Geschäftsführerdienstverhältnisses. Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung ist die Weisungsgebundenheit. Hierzu hat der Kläger nicht nur nicht konkret behaupten können, er sei nach seiner Geschäftsführerbestellung weiterhin Arbeitgeberweisungen der Insolvenzschuldnerin unterworfen gewesen, denn nach dem Tode seines Bruders war der Kläger selbst der höchste Repräsentant der Insolvenzschuldnerin, er hatte faktisch deren Geschäftsführung inne und so bis zur Bestellung der drei Großneffen zu Geschäftsführern der Komplementärin der Insolvenzschuldnerin, der E1xxx G1xxxx B2xxxxxxxxxx-GmbH, die Geschicke des Schuldnerunternehmens geleitet. Da, wie ausgeführt, im Zweifel von der Ablösung des Arbeitsverhältnisses durch ein Geschäftsführerdienstverhältnis auszugehen ist, trägt die Beweislast für das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses derjenige, der sich auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses beruft (LAG Niedersachsen, Urt. v. 19.01.1999 - 13 Sa 633/98, juris Dok-Nr: KARE536910333), hier also der Kläger. Obwohl der Kläger darauf hingewiesen worden ist, dass das Berufungsgericht Zweifel daran habe, ob er bis zum 31.12.1999 überhaupt Arbeitnehmer gewesen sei und dass einiges dafür spreche, dass er zumindest ab 01.01.2000 als Berater "weiterbeschäftigt" worden sei, und ihm mit Beschluss vom 13.10.2005 nachgelassen wurde, bis 30.11.2005 Tatsachen vorzutragen, aus denen sich seine Arbeitnehmereigenschaft erhellen soll, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29.11.2005 nur über seine "Unterdrückung" durch seinen verstorbenen Bruder E1xxx G1xxxx referiert, aber keinerlei Tatsachen vorgetragen, aus denen auf ein fortbestehendes Arbeitsverhältnis hätte rückgeschlossen werden können. Demgegenüber hat der Beklagte auf die erstinstanzliche Einlassung des Klägers im Schriftsatz vom 14.07.2004, die auszugsweise im Tatbestand wiedergeben worden ist, verwiesen und sich diese zweitinstanzlich zu eigen gemacht. Danach steht aufgrund der eigenen Einlassung des Klägers fest, dass sich die nach dem Tode des Bruders durch Erbschaft in die Position der Mehrheitseigentümer und Geschäftsführer gerückten drei Großneffen außer Stande sahen, die Geschäfte der Firma allein weiterzuführen. Aus diesem Grunde wurden alle wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen vom Kläger allein getroffen und umgesetzt. Dazu war dieser aufgrund seiner jahrzehntelangen Tätigkeit in der Firma bestens geeignet. Dagegen waren die drei Großneffen "in der Belegschaft nur als Enkel des Erblassers bekannt und genossen in keiner Weise die für eine Führungskraft notwendige Akzeptanz. ... Allen war klar, dass tatsächlich die Firma vom Kläger geleitet wurde. Alle sahen ihn als den eigentlichen Führer der Geschäfte an." Von einer irgendwie gearteten Abhängigkeit des Klägers kann mithin keine Rede sein.

2.3. Folgt man der hier vertretenen Auffassung nicht, dann sprechen alle Umstände dafür, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin durch einvernehmliches Ausscheiden des Klägers im Rahmen eines formlosen Aufhebungsvertrages zum 31.12.1999 geendet hat. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages war seinerzeit noch formlos, also auch mündlich möglich, denn § 623 BGB ist erst um 01.05.2000 in Kraft getreten. Auch wenn der Beklagte für das wirksame Zustandekommens eines Aufhebungsvertrages darlegungs und beweispflichtig ist, kommen ihm die Grundsätze der sog. abgestuften Darlegungs und Beweislast zugute. Weil der Beklagte seinerzeit nicht Vertragspartner gewesen und der Aufhebungsvertrag nicht schriftlich abgeschlossen worden ist, kommen Indizien, die einen Rückschluss auf das Zustandekommen einer entsprechenden Auflösungsvereinbarung zum 31.01.1999 zulassen, eine ganz besondere Bedeutung zu. Dies gilt zuerst einmal für die Einladung des Klägers an die Mitarbeiter der Insolvenzschuldnerin vom 21.12.1999. Hier teilt die erkennende Kammer die Ansicht des Arbeitsgerichts nicht, wonach die Einladung vom 21.12.1999 "allenfalls schwache Indizfunktion für ein solches einvernehmliches Ausscheiden. Sie schließt sich vielmehr der Ansicht des Beklagten an, wonach das Einladungsschreiben eindeutig den Willen des Klägers, zum 31.12.1999 aus seinem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, dokumentiert. In dem Einladungsschreiben lautet die entscheidende Passage wie folgt:

"nachdem ich ... meinem Bruder auch nach Vollendung meines 65. Lebensjahres weiterhin zur Seite gestanden habe, sowie nach seinem Tod mein Ausscheiden aus dem Unternehmen um ein Jahr verschoben habe, um in der Phase des Übergangs meinen Großneffen hilfreich zur Seite zu stehen, habe ich mich nun entschlossen, zum 31.12.1999 in den Ruhestand zu gehen.

Diese Worte sprechen eine eindeutige Sprache: Der Kläger gibt sein Ausscheiden aus dem Unternehmen der (späteren) Insolvenzschuldnerin zum 31.12.1999 bekannt. Ob dies durch eine Eigenkündigung oder durch einen Aufhebungsvertrag geschehen sollte, brauchte Kläger dem Empfängerkreis seiner Einladung, nämlich den "lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" und den "lieben Ehemaligen", nicht bekanntzugeben. Die Einlassung des Klägers, er habe sich nur nach außen hin zugunsten der Geschäftsführer G1xxxx und W4xxxx zurückziehen wollen, nicht überzeugen. Gleiches gilt für die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts, das die weitere Begründung des Klägers für den (aus damaliger Sicht) unmittelbar bevorstehenden Schritt überhaupt nicht würdigt. Denn es heißt in dem Einladungsschreiben vom 21.12.1999 wie folgt weiter:

"Nach einem langen Arbeitsleben möchte ich nun endlich Gelegenheit nehmen, die Dinge nachzuholen, die ich in den letzten Jahren aufgrund meiner Tätigkeit für unser Unternehmen vernachlässigen musste.

Insbesondere möchte ich endlich mehr Zeit für meine Familie haben, die bei weitem nicht immer damit einverstanden war, dass ich meine privaten Interessen stets zurückgestellt habe."

Diese Begründung müsste alle Empfänger des Einladungsschreibens vom 21.12.1999 überzeugt haben. Auch das Einladungsschreiben zum "Abschiedsfest" am 21.01.2000 keine rechtlich relevante Willenserklärung des Klägers darstellt, spricht doch einiges dafür, dass diese Verlautbarung inhaltlich richtig ist. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Kläger - wiederum für die Allgemeinheit erkennbar - nach seinem Abschiedsfest, also ab Februar 2000 "nur noch sporadisch und auch [zuletzt]) nicht mehr in der Firma, sondern nur noch von zu Hause aus tätig" gewesen ist (so das Vorbringen des Beklagten), bzw. nach seiner eigenen, bereits erstinstanzlichen Einlassung "von diesem Zeitpunkt an ... in der Tat das Firmengelände nur noch in Ausnahmefällen betreten" hat. Auch dies spricht für die inhaltliche Richtigkeit der Verlautbarung in dem Einladungsschreiben: "[nun] habe ich mich ... entschlossen, zum 31.12.1999 in den Ruhestand zu gehen". Diese Indiztatsachen hat der Kläger nicht einfach mit der Frage:

"Wann, wo, mit wem und mit welchem Inhalt soll eine Aufhebungsvereinbarung zum 31.12.1999 geschlossen worden sein?",

beiseite schieben können. Auch mit seinem weiteren Vorbringen, "dass das Arbeitsverhältnis mit der Insolvenzschuldnerin auch nach dem 31.12.1999 unverändert fortgeführt worden ist, beweist, dass ein Aufhebungsvertrag nicht zustande gekommen ist", erfüllt der Kläger nicht seine Gegendarlegungslast.

2.4.Aber selbst wenn die Behauptung des Klägers zutreffend sein sollte, wonach eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen den drei Geschäftsführern und ihm geschlossen worden sei, dass er nach außen nicht weiter in Erscheinung treten, jedoch im Innenverhältnis weiterhin beratend tätig sein sollte, spräche dies nicht gegen die vom Beklagten in beiden Instanzen vertretene Auffassung, wonach das zum 31.12.1999 beendete Arbeitsverhältnis durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag ersetzt worden sei. Es geht mithin um die Abgrenzung des Arbeitnehmerbegriffes von dem des selbständigen Dienstverpflichteten. Weder die arbeitsrechtlichen Spezialgesetze noch das Bürgerliche Gesetzbuch treffen klare Regelungen. Lediglich im Handelsvertreterrecht findet sich recht allgemein die Formulierung in § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB, dass "selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann". Nach § 84 Abs. 2 HGB "gilt" als Angestellter, wer Geschäfte vermittelt, "ohne selbständig im Sinn des Abs. 1 zu sein". Der Angestelltenbegriff ist also negativ definiert. Er ist dann erfüllt, wenn eine Selbständigkeit im Sinn des § 84 Abs. 1 HGB nicht vorliegt. Die Aussagen der Absätze 1 und 2 des § 84 HGB machen deutlich, dass sich die Prüfung nicht direkt auf die Voraussetzungen des Angestelltenbegriffs beziehen kann und darf. Ausgangspunkt der Prüfung ist der Selbständigenbegriff; die Angestellteneigenschaft stellt sich gleichsam nur als (automatische) Folge der Ablehnung der Selbständigeneigenschaft dar. Bei dieser Bestimmung der Angestellteneigenschaft aus der Perspektive von Selbständigen treten die Spezifika unternehmerischer Tätigkeit auch schärfer hervor (LAG Nürnberg, Urt. v. 26.01.1999 - 7 Sa 657/98, AuA 1999, 380 [Hunold], m.w.N.; LAG Nürnberg v. 26.01.1999 - 7 Sa 658/98, LAGE § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 35, m.w.N.). Die Legaldefinition des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB (so BAG, Urt. v. 24.03.1992 - 9 AZR 76/91, AP Nr. 28 zu Internationales Privatrecht, Arbeitsrecht) nennt die Kriterien, nach denen die Abgrenzung zu erfolgen hat. Danach ist selbständig nur diejenige kaufmännische Hilfsperson, die ihre Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten und ihre Arbeitszeit selbst bestimmen kann. Damit sieht § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB zwei Tatbestandsmerkmale vor: Die Freiheit, seine Arbeitszeit frei zu bestimmen (»Arbeitszeithoheit«), und die Freiheit, seine Tätigkeit zu gestalten (»Tätigkeitsgestaltungsfreiheit«). Dieser Prüfungsaufbau ist nicht nur von formaler, sondern auch von inhaltlicher Bedeutung, weil nur die Selbständigkeit im wesentlichen Umfang vorliegen muss (um eine Handelsvertretereigenschaft zu bejahen), nicht jedoch die Beschränkung der Freiheiten (um eine Angestellteneigenschaft zu bejahen). Die mit der Legaldefinition vorgegebenen Abgrenzungskriterien stehen nicht zur Disposition der Rechtsprechung (LAG Nürnberg v. 26.01.1999 - 7 Sa 657/98, a.a.O.; LAG Nürnberg v. 26.01.1999 - 7 Sa 658/98, a.a.O.). Widersprechen sich Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung, so ist letztere maßgebend. Dabei kommt es auf eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles an (BAG, Urt. v. 06.05.1998 - 5 AZR 347/97, AP 4 zu § 611 BGB Abhängigkeit Nr. 9). Nur wenn die Gesamtschau der tatsächlichen Handhabung nicht zu einer klaren statusrechtlichen Einordnung führt, es sich also um einen Grenzfall handelt, bei dem die für und die gegen die Abhängigkeit sprechenden Indizien sich die Waage halten, geben formelle Kriterien den Ausschlag zugunsten einer Einordnung als selbständiges Beschäftigungsverhältnis. Wird auch nur eines der beiden Merkmale des gesetzlichen Leitbildes in seinem Kernbereich beschränkt, dann ist die Selbständigkeit zu verneinen und die Angestellteneigenschaft zu bejahen. Zwar gilt die Regelung des §84 HGB unmittelbar nur für die Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters vom abhängig beschäftigten kaufmännischen Angestellten. Diese Bestimmung enthält jedoch über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus mit dem ausschlaggebenden Kriterium für die Arbeitnehmereigenschaft der persönlichen Abhängigkeit eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrages vom Arbeitsvertrag zu beachten ist. Arbeitnehmer ist danach derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Diese Kriterien werden vom Kläger spätestens seit seinem "Rückzug" aus der Firma, also seit seinem Abschiedsfest am 21.01.2000, nicht mehr erfüllt. Der Kläger hat die nach dem Tode seines Bruders E1xxx G1xxxx gewonnenen beiden Grundfreiheiten des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB (»Arbeitszeithoheit« und »Tätigkeitsgestaltungsfreiheit«) nicht mehr verloren. Während der Kläger bis dato alle wesentlichen Entscheidungen für die Insolvenzschuldnerin selbst vor Ort getroffen und umgesetzt hatte, beriet er nun nur noch sporadisch telefonisch von Zuhause aus. Die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin haben sich gewandelt. Der Kläger war seit seinem Abschiedsfest nur noch beratend tätig, die Entscheidungen bei der Insolvenzschuldnerin trafen die drei jungen Geschäftsführer, wenn auch vielfach erst, nachdem sie beim Kläger R3x eingeholt haben. Mit anderen Worten, der Kläger stand der Insolvenzschuldnerin bzw. den drei Geschäftsführern als Berater zur Seite. Nicht gegen, sondern für diese rechtliche Einordnung der vertraglichen Beziehungen zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Kläger spricht auch der erstinstanzlich vorgelegte Vertragsentwurf vom 19.01.2001. Der Vertragsentwurf sollte wohl - worauf der Beklagte hinweist - die bereits seit dem 01.01.2000 geübte Praxis schriftlich fixieren. Dass der Kläger diesen Vertragentwurf nicht unterschrieben hat, spricht nicht gegen die hier getroffenen Feststellungen, denn man wollte mit der Pauschalvergütung von 10 TDM nicht nur seine Beratertätigkeit vergüten, sondern ihm zugleich auch "die ab 01.01.2001 zu beanspruchende Firmenrente aus der E1xxx-G1xxxx-Stiftung in Höhe von DM 290,-- monatlich für 58 Jahre Betriebszugehörigkeit bei der E1xxx G1xxxx GmbH & Co. KG" "abkaufen". Möglicherweise wollte man den Kläger auch mit der im Beratervertrag vorgesehenen Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende "billig loswerden". Andererseits sprechen die im Vertragsentwurf erwähnten "58 Jahre Betriebszugehörigkeit" für die Auslegung des Beklagten, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers, der in seinem Einladungsschreiben für seinen Abschied ebenfalls nur auf "einen Zeitraum von fast 58 Jahren" zurückblickt, dass mit dem Abschiedsfest eine Änderung der Vertragsbeziehungen vereinbart worden ist, da der Kläger die Betriebsrente nicht ab Erhalt der Altersrente, sondern erst ab Ende der Betriebszugehörigkeit hat beanspruchen können. Ein weiteres Indiz für eine Vertragsänderung ist darin zu sehen, dass der Kläger keine Lohnsteuerkarte vorgelegt und keinerlei Angaben zu seinen Steuerverhältnissen gemacht hat. Dazu Angaben zu machen, bestand deshalb Anlass, weil der Kläger sich darauf berufen hat, sein Arbeitsverhältnis sei "wie eh und je insbesondere unter Zahlung der bisherigen Bezüge" weitergelaufen. Die Worte "wie eh und je" schließen die Abführung von Lohn und Kirchensteuer ein.

3.Zusammenfassend ist mithin festzustellen, dass der Kläger spätestens ab dem Eintritt seiner drei Großneffen als Geschäftsführer in die Komplementär-GmbH nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat, sondern (nur noch) als Berater der Insolvenzschuldnerin bzw. der drei Geschäftsführer tätig gewesen ist. Dieser Beratervertrag, der auch mündlich rechtswirksam vereinbart werden kann, ist rechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag zu qualifizieren und als solcher mit der Verfahrenseröffnung erloschen (§§ 115, 116 InsO). Folglich stehen dem Kläger auch keinerlei Zahlungsansprüche für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung gegen die Insolvenzmasse zu, so dass auch sein Zahlungsantrag abzuweisen war.

4. Mithin hat die Berufung Erfolg und führt unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zur Abweisung der Klage in vollem Umfang. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Der Wert des Streitgegenstandes war für die gerichtliche Entscheidung nach § 63 Abs. 1 GKG n.F. i.V.m. § 32 Abs. 1 RVG sowie § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG n.F. und §§ 3 ff. ZPO auf den erstinstanzlich zutreffend ermittelten Gesamtbetrag festzusetzen. Der Streitwertbeschluss hat mit der Urteilsformel verbunden werden können. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 1 ArbGG ist bei der vorliegenden Einzelfallgestaltung nicht ersichtlich, denn die von den Parteien aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits sämtlich beantwortet bzw. konnten dahingestellt bleiben. Die Nichtzulassung der Revision war in den Urteilstenor aufzunehmen, da die Parteien bereits nach Verkündung des Urteils wissen müssen, ob der zwischen ihnen bestehende Konflikt entschieden ist oder nicht (§ 72 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 64 Abs. 3a ArbGG).

Ende der Entscheidung

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