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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.10.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 2340/04
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 615
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 209 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 209 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 209 Abs. 2 Nr. 3
1. Das nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) eintretende Vollstreckungsverbot aus § 210 InsO, erfasst nur die in § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO geregelten Masseverbindlichkeiten (sog. Altmasseverbindlichkeiten). Daraus folgt im Umkehrschluss: Verbindlichkeiten im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO (sog. Neumasseverbindlichkeiten) sind grundsätzlich weiterhin mit der Zahlungsklage zu verfolgen. Hiervon ist eine Ausnahme dann zu machen, wenn der Insolvenzverwalter mit Recht einwendet, die Insolvenzmasse genüge auch nicht zur vollständigen Tilgung der Neumasseverbindlichkeiten (weitere Masseunzulänglichkeit). Der Rechtsschutz des Neumassegläubigers ist nur in einem solchen Falle auf die Erhebung einer Feststellungsklage beschränkt.

2. Das nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) eintretende Vollstreckungsverbot erfasst nur die in § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO geregelten sog. Altmasseverbindlichkeiten. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die sog. Neumasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 209 Abs. 2 Nrn. 1- 3 InsO mit ihrer Fälligkeit grundsätzlich aus der Insolvenzmasse zu befriedigen sind. Der Rang einer Forderung auf Arbeitsentgelt als Alt - oder Neumasseverbindlichkeit wird durch die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu treffenden Entscheidung des Insolvenzverwalters bestimmt, ob er das Arbeitsverhältnis unverzüglich kündigt oder ob er es (zunächst) fortsetzt.

3. Beschließt der Insolvenzverwalter, die Arbeitskraft eines Arbeitnehmers nach der Anzeige der Masseunzulässigkeit weiter in Anspruch zu nehmen, auch nur für eine bestimmte Zeit bis zu einer geplanten Stilllegung oder - wie hier - bis zu eine Personalanpassung, spricht er in einem solchen Fall während der Weiterbeschäftigung eine Kündigung aus, die vom Arbeitnehmer erfolgreich mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen oder - wie hier - vom Insolvenzverwalter zurückgenommen wird, dann sind die daraus entstehenden Annahmeverzugsansprüche Neumasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 08.09.2004 - 3 Ca 448/04 - teilweise abgeändert.

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 6.187,63 € brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit gezahlter 4.102,49 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2004 zu zahlen.

Die Berufungen gegen die Beklagte zu 2) und gegen die Beklagte zu 3) werden als unzulässig verworfen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges haben der Beklagte zu 1) zu 3/4 und die Beklagte zu 3) zu 1/4 zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Beklagte zu 1) zu -1/3 und der Kläger zu 2/03 zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das erstinstanzliche Verfahren auf 2.731,24 € und für das Berufungsverfahren auf 2.085,14 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten noch über Entgeltansprüche gegen den Beklagten zu 1) als Insolvenzverwalter und gegen die Beklagte zu 2) und zu 3) als Betriebsübernehmerinnen.

Der Beklagte zu 1) ist der durch Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 01.02.2003 über das Vermögen der B2xxxx & H3xxxxx GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin) eingesetzt Insolvenzverwalter. Es zeigte unter Bezugnahme auf das Insolvenzeröffnungsgutachten vom 27.01.2003 noch am Eröffnungstag die Masseunzulänglichkeit an, die vom Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 03.02.2003 öffentlich bekannt gemacht worden ist. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung standen fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 19,5 Mio. € liquide Mittel und ggf. kurzfristig liquidierbare Vermögenswerte in Höhe von ca. 15,5 Mio. € gegenüber. Insoweit lag der Insolvenzeröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit vor. Ebenfalls lag Überschuldung vor, denn Verbindlichkeiten in Höhe von 47,0 Mio. € standen - unter Einreichung der noch in Ausführung befindlichen Aufträge - Vermögenswerte in Höhe von 43,1 Mio. € gegenüber. Der Beklagte zu 1) konnte das Insolvenzverfahren seinerzeit nur eröffnen und den Betrieb der Insolvenzschuldnerin - wenn auch in drastisch eingeschränkter Weise - fortsetzen, weil es ihm gelungen war, einen Massekredit von 1,25 Mio. € von der Sparkasse B6xxxxxxx zu erlangen. Trotz der mit Wirkung vom 01.01.2004 vorgenommenen Übertragungen der Niederlassung S3xxxxxxxx auf die Beklagte zu 2) und der Niederlassung E1xxx auf die Beklagte zu 3) sowie der beiden Niederlassungen D3xxxxx und L2xxxxx an zwei weitere, ebenfalls neu gegründete "B2xxxx & H3xxxxx"-Firmen besteht nach dem insoweit nicht bestrittenen Vorbringen des Beklagten zu 1) Masseunzulänglichkeit weiter fort.

Der am 01.02.1945 geborene, verheiratete Kläger ist gelernter Installateur und wurde in der Niederlassung E1xxx der Insolvenzschuldnerin seit dem 01.03.1980 als Monteur bzw. Obermonteur beschäftigt. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten richten sich nach einem unter dem 22.12.1983 abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Der monatliche Durchschnittsverdienst des Klägers belief sich zuletzt auf ca. 3.000,00 €.

Der Beklagte zu 1) stellte den Kläger während des vorläufigen Insolvenzverfahrens mit Schreiben vom 14.02.2003 ab dem 17.02.2003 von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Nachdem er hiergegen beim Arbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 5 Ca 1035/03 Klage erhoben und seinen Beschäftigungsanspruch geltend gemacht hatte, wurde der Kläger zu unveränderten Bedingungen ab dem 31.03.2003 weiterbeschäftigt. Er war zuletzt auf einer Baustelle in E2xxxx eingesetzt. Nach Insolvenzeröffnung kündigte der Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 14.08.2003 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger unter Bezugnahme auf § 113 InsO zum 30.11.2003 und stellte ihn unwiderruflich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger vor dem Arbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 5 Ca 2890/03 Kündigungsschutzklage. Nach Durchführung des Gütetermins am 07.11.2003 ließ der Beklagte zu 1) über seine Prozessbevollmächtigte den Kläger über dessen Prozessbevollmächtigte wie folgt zur Wiederaufnahme der Arbeit ab dem 01.12.2003 auffordern:

Aus der streitgegenständlichen Kündigung werden keine Rechte mehr hergeleitet. Die Freistellung wird mit Wirkung ab dem 01.12.2003 aufgehoben. Herr K1xxxxxxxxxxxx wird gebeten, sich noch in dieser Woche zwecks Arbeitseinteilung mit Herrn B7xxxxx in Verbindung zu setzen.

Danach nahm der Kläger unter dem 05.12.2003 seine Klage zurück. Der Beklagte zu 1) rechnete seinerseits unter dem gleichen Datum die Entgeltansprüche des Klägers für die Monate August, September, Oktober und November 2003 auf sog. Probeabrechnungen ab. In einer Probeabrechnung "für Dezember 2003" wurden die Entgeltansprüche des Klägers zusammen saldiert. Danach ergibt sich ein Auszahlungsbetrag von 6.187,63 €. Während der Beklagte zu 1) behauptet, dem Kläger zugleich unter Hinweis auf die Masseunzulänglichkeit erklärt zu haben, er werde aus diesen Abrechnungen keinerlei Auszahlungen zugunsten des Klägers vornehmen, behauptet dieser, der Beklagte zu 1) habe ihm die Abrechnung seiner Vergütungsansprüche für den Verzugslohnzeitraum zugesagt und entsprechende Abrechnungen auch vorgelegt. Der Kläger hat in der Zeit vom 20.08.2003 bis 30.11.2003 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 4.102,49 € erhalten. Dagegen wurde die Vergütung für die Zeit ab dem 01.12.2003 entsprechend einer Abrechnung vom 06.01.2004 gezahlt.

Während die Beklagte zu 2) die Niederlassung S3xxxxxxxx erworben hat, hat die Beklagte zu 3) zum 01.01.2004 die Niederlassung E1xxx übernommen. Aufgrund des Betriebsteilsübergangs der Niederlassung E1xxx auf die Beklagte zu 3) ist das Arbeitsverhältnis des Klägers auf diese übergegangen. Diese hat das Arbeitsverhältnis des Klägers für den Monat Januar 2004 unter dem 03.02.2004 abgerechnet. Aus dieser Abrechnung ergibt sich ein restlicher Auszahlungsbetrag in Höhe von 646,10 €.

Die Klage gegen die Beklagte zu 2) hat der Kläger zurückgenommen und im Übrigen vorgetragen, ihm sei weder am 01.02.2003 noch im Dezember 2003 bekannt gewesen, dass der Beklagte zu 1) eine Masseunzulänglichkeit angezeigt habe. Da er in der Niederlassung E1xxx beschäftigt gewesen sei, habe er keine Veranlassung gehabt, eine evt. Massenentlassungsanzeige des Beklagten zu 1) in Zeitschriften bzw. Presseveröffentlichungen im B11xxxxxxxx Raum zu verfolgen. Er hat deshalb den Beklagten zu 1) - entsprechend den erteilten Abrechnungen - zur Zahlung für verpflichtet angesehen. Gleiches gelte für die Beklagte zu 3) als Betriebsübernehmerin. In Höhe des gegen die Beklagte zu 3) geltend gemachten Nettobetrages bestehe für die Beklagte zu 3) ein Aufrechnungsverbot, weil er, der Kläger, gegenüber einer Person, seiner Ehefrau, zum Unterhalt verpflichtet sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 6.187,63 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01.06.2004 abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit gezahlter 4.102,49 € in der Zeit vom 20.08. bis 30.11. zu zahlen,

2. die Beklagte zu 3) zu verurteilen, an den Kläger 646,10 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 10.02.2004 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) hat die Leistungsklage gegen sich für unzulässig gehalten, da es sich bei den vom Kläger verfolgten Ansprüchen um Altmasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO handele. Die geltend gemachten Bruttoansprüche stünden dem Kläger zwar rein rechnerisch als Nettoansprüche zu. Die unter dem 03.02.2003 bekannt gemachte Masseunzulänglichkeit habe jedoch in der Folgezeit weiter fortbestanden, weil sich die Situation auf dem Bausektor keineswegs positiv verändert habe. Sie habe auch zu dem Zeitpunkt noch vorgelegen, zu dem er, der Beklagte zu 1), die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers, die Gegenstande des Verfahrens 5 Ca 2890/03 gewesen sei, zurückgenommen gehabt habe. Aus Sinn und Zweck des § 209 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 InsO folge, dass Ansprüche aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit hätte kündigen können, Neumasseverbindlichkeiten gleichgestellt würden, die der Insolvenzverwalter selbst begründet oder deren Erfüllung er gewählt habe. Mit anderen Worten, Neumasseverbindlichkeiten gelangten nur zur Entstehung, wenn der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit eine Kündigung unterlasse, obwohl er kündigen könnte, bzw. weil er die Gegenleistung des Arbeitnehmers nicht mehr benötige, kündigen müsste. Daran habe auch die Rücknahme der seinerzeitigen Kündigung und die Aufforderung, ab dem 01.12.2003 wieder zur Arbeit zurückzukehren, nichts geändert. Das Schicksal der Kündigung könne nicht ausschlaggebend für die Qualifizierung der für die Zeit des Annahmeverzuges bestehenden Ansprüche in insolvenzrechtlicher Hinsicht sein. Es gebe keinen Annahmeverzug ersten und zweiten Ranges.

Die Beklagte zu 3) hat darauf hingewiesen, dass es sich bei dem abgezogenen Betrag in Höhe von 646,10 € netto um den Teil einer Überzahlung in Höhe von insgesamt 1.666,95 € handele. Dies habe der Kläger mit seinem Schreiben vom 07.04.2004 an die Buchhalterin Ober der Insolvenzschuldnerin auch anerkannt. Der Einwand des Klägers, dass auch nach erfolgter Abtretung des Überzahlungsanspruches durch den Beklagten zu 1) an die sie, die Beklagte zu 3), Pfändungsfreigrenzen zu beachten seien, dürfte wohl zutreffen. Bei einem Nettoverdienst von 1.300,00 € brutto und einer Unterhaltspflicht seien gerade einmal 5 Euro pfändbar, so dass sie sich vorbehalte, insoweit Widerklage zu erheben.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 08.09.2004 (3 Ca 448/04), in welchem im Beklagtenrubrum nur der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3) aufgeführt sind, unter Abweisung der Klage im übrigen lediglich die Beklagte zu 3) verurteilt, an den Kläger 646,10 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 10.02.2004 zu zahlen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 3/4 und der Beklagten zu 3) zu 1/4 auferlegt sowie den Wert des Streitgegenstandes auf 2.731,24 € festgesetzt.

Gegen das ihm am 22.11.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Berufungsschrift vom 09.12.2004, in welcher im Beklagtenrubrum nur der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) aufgeführt sind, am 14.12.2004 Berufung eingelegt. Nachdem die Beklagte zu 2) mit Schriftsatz vom 22.12.2004, beim Landesarbeitsgericht am 23.12.2004 eingegangen, sich gegen eine Einbeziehung in den Berufungsrechtsstreit mit dem Hinweis gewehrt hat, der Kläger habe ausweislich des Protokolls vom 08.09.2004 die klage gegen sie zurückgenommen, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28.12.2004, beim Landesarbeitsgericht am 29.12.2004 eingegangen, unter dem Kurzrubrum K1xxxxxxxxxxxx ./. B1xxxxxxx u.a. vorgetragen:

"... richtet sich die Berufung ausschließlich gegen die im Urteil verzeichneten Beklagten zu 1. und 3., zumal der Kläger im Hinblick auf die im angegriffenen Urteil nicht mehr verzeichnete Beklagte zu 2. nicht beschwert ist.

Es handelt sich insoweit um einen reinen Übertragungsfehler, der für die Beklagtenvertretung ohne weiteres zu erkennen ist.

Mehrkosten entstehen insoweit nicht."

Nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 22.02.2005 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21.02.2005, beim Landesarbeitsgericht per Telefax am 21.02.2005 eingegangen, unter dem Kurzrubrum

K1xxxxxxxxxxxx ./.1. Insolvenzverwalter B1xxxxxxx

2. B2xxxx & H3xxxxx GmbH

seine Berufung begründet.

Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und trägt vor, es handele sich bei den geltend gemachten Vergütungsansprüchen nicht um Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Er mache vielmehr Verzugslohnansprüche auf der Grundlage einer vom Beklagten zu 1) in einem laufenden Kündigungsschutzprozess erklärten Kündigungs-"Rücknahme" geltend. Diese Rücknahmeerklärung des Beklagten zu 1) sei mit der Aufforderung an ihn, den Kläger, verbunden gewesen, er solle seine Arbeit auf einer Baustelle der Beklagten zu 3) per 01.12.2003 wieder aufnehmen. Obwohl der Beklagte zu 1) behaupte, er habe bereits Anfang März 2003 die Masseunzulänglichkeit erklärt, sei er angesichts seines Verhaltens gegenüber ihm, dem Kläger, auch zur Erfüllung der Vergütungsansprüche verpflichtet, die vor der Wiederaufnahme der Arbeit, mithin vor dem 30.11.2003, entstanden seien.

Den Ausführungen der angegriffenen Entscheidung, wonach die geltend gemachten Vergütungsansprüche tatsächlich keine neuen Masseverbindlichkeiten verkörpern sollen, sei nicht zu folgen. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass den Beklagten vor dem 30.11.2003 und auch danach in der Masse ausreichend Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um die Leistungen zu vergüten, die den Parteien aufgrund der Besetzung des Arbeitsplatzes zugeflossen seien, den er, der Kläger, von Anfang an hätte bekleiden müssen. Aus diesem Grunde könne das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.

Im Übrigen hätten die Parteien im erstinstanzlichen Verfahren unstreitig gestellt, dass die Beklagte zu 3) im Sinne von § 613a BGB durch Übernahme des Betriebes in E1xxx in die Arbeitgeberstellung gegenüber ihm, dem Kläger, eingetreten sei. In sämtlichen bislang geführten Kündigungsschutzverfahren habe der Beklagtenvertreter sich stets darauf bezogen, er, der Kläger, sei ausschließlich dem Betrieb der Insolventen B2xxxx & H3xxxxx-Gruppe in E1xxx zugeordnet. Ausschließlich von dort werde die Arbeitgeberfunktion ausgeübt. Infolge des Betriebsüberganges gemäß § 613a BGB, über den er bis zum heutigen Tage nicht in der von § 613a Abs. 5 BGB geforderten Form informiert worden sei, führe dazu, dass die Beklagte zu 3) gesamtschuldnerisch für rückständige Vergütungsbestandteile hafte.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 08.09.2004 zu Geschäftsnummer 3 Ca 448/04 teilweise abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger weitere EUR 6.187,63 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01.06.2004 abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit für die Zeit vom 20.08. - 30.11.2004 gezahlter EUR 4.102,49 zu zahlen, sowie den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen und den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Die Beklagte zu 2) und auch die Beklagte zu 3) wenden sich gegen ihre Einbeziehung in das vorliegende Berufungsverfahren. Gegen sie, die Beklagte zu 2), habe der Kläger die erstinstanzliche Klage zurückgenommen. Unabhängig davon, dass schon ihre Passivlegitimation zu verneinen sei, wende sie sich auch dagegen, dass ihr durch dieses kaum erklärliche Hin und Her des Klägers eine Instanz genommen werde. Gegen sie, die Beklagte zu 3), fehle es bereits an einer Beschwer des Klägers, nachdem dieser ihr gegenüber erstinstanzlich in vollem Umfang obsiegt habe. Sie wehre sich im Übrigen gegen eine "Klageerweiterung" in der Berufungsinstanz, da ihr insoweit eine Instanz genommen würde.

Der Beklagte zu 1) trägt vor, der arbeitsrechtlich frühestmögliche Termin bestimme sich auch innerhalb der Insolvenzordnung nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG. Man könne nämlich von einem Insolvenzverwalter nicht verlangen, dass er unmittelbar nach Insolvenzeröffnung quasi Vorratskündigungen ausspreche und praktischer Weise allen Arbeitnehmern kündige, auch wenn er einige vorübergehend oder sogar auf Dauer noch weiter beschäftigen könne. Erst im August 2003 habe sich abgezeichnet, dass die Auslastung der Niederlassung E1xxx die Aufrechterhaltung der seinerzeit noch existenten Belegschaft nicht mehr rechtfertige. Erst ab diesem Zeitpunkt hätten dringende betriebliche Gründe für die Kündigung von 12 Monteuren vorgelegen. Damit habe er dem Kläger frühestens im August 2003 kündigen können und müssen. Dies habe er getan, wenn er auch - zugestandenermaßen - mit dem Kläger im Hinblick auf die vorgenommene Sozialauswahl den falschen Arbeitnehmer getroffen habe. Der Kläger sei nicht beschäftigt worden, ein anderer, später entlassener Arbeitnehmer sei beschäftigt und bezahlt worden. Durch seine Freistellung sei die Masse geschont worden, so dass die Argumentation des Klägers, es sei doch genügend Masse vorhanden gewesen, um alle zu bezahlen, nicht greife. Der Kläger behaupte selbst nicht einmal, er, der Beklagte zu1), hätte ihn doch früher kündigen können und müssen, so dass er vorliegend gerade nicht den frühestmöglichen Kündigungstermin versäumt habe. Denn nur in diesem Fall wären die Entgeltansprüche des Klägers Neumasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO. Für die Anwendung des § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Zeitpunkt maßgeblich, in dem sämtliche Kündigungsvoraussetzungen vorlägen. Mit dem Begriff des "Könnens" im Sinne von § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO sei ein rechtliches Können gemeint. Dass er, der Beklagte zu 1), ihm überhaupt rechtlich wirksam habe kündigen können, habe der Kläger aber gerade immer in Abrede gestellt. Dass die Sozialauswahl insoweit unzutreffend gewesen sei, unterstütze dies zusätzlich. Es bleibe deshalb dabei, dass er, der Beklagten zu 1), die Gegenleistung des Klägers nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit und vor dem Zeitpunkt abgelehnt habe, indem der Beklagte dem Kläger hätte kündigen können. § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO greife insoweit also nicht. Die Ansprüche des Klägers seien mithin Altmasseverbindlichkeiten im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Das möge für den Kläger unbefriedigend sein, sei aber von der Insolvenzordnung so gewollt und daher hinzunehmen. Das bedeute, dass der Kläger gegen ihn nach wie vor eine unzulässige Klage führe, denn einen Feststellungsantrag - und dies nicht einmal als Hilfsantrag - habe der Kläger nicht gestellt. Unabhängig davon ist die Klageforderung auch der Höhe nach nicht nachzuvollziehen, worauf bereits im letzten Kammertermin vom 08.09.2004 hingewiesen wurde.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Gerichtsakten gereichten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist, soweit sie gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) gerichtet ist, unzulässig und soweit sie gegen den Beklagten zu 1) gerichtet ist, zulässig und unbegründet.

1.Die Berufung gegen die Beklagte zu 2) und gegen die Beklagte zu 3) ist unzulässig. Die ursprüngliche Klage vom 09.02.2004 war auf Verurteilung der Beklagten zu 2) zusammen mit dem Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner auf Zahlung von 6.187,53 € brutto (ursprünglicher Klageantrag zu 1) gerichtet gewesen. Der Kläger hat ausweislich des Protokolls vom 08.09.2004 seine Klage gegen die Beklagte zu 2) zurückgenommen. Insofern besteht nach der erstinstanzlichen Klagerücknahme ein Prozessrechtsverhältnis nur noch zu dem Beklagten zu 1). Zwar hätte der Kläger die zurückgenommene Klage "von neuem anstellen" (§ 269 Abs. 6 ZPO), also nochmals erheben können, dies wäre dann aber eine Klageerweiterung gegen einen Dritten im Berufungsrechtszug. Die Problematik der Zulässigkeit einer solchen Klageerweiterung stellt sich jedoch vorliegend nicht, weil der Kläger mit Schriftsatz vom 28.12.2004 mitgeteilt hat, dass "... sich die Berufung ausschließlich gegen die im Urteil verzeichneten Beklagten zu 1. und 3." richtet.

1.1. Der Kläger glaubt, durch den nicht formgerechten Schriftsatz vom 28.12.2004 mit der Begründung, "es handelt sich insoweit um einen reinen Übertragungsfehler, der für die Beklagtenvertretung ohne weiteres zu erkennen ist", eine bloße Rubrumsberichtigung von der Beklagten zu 2) auf die Beklagte zu 3) erreichen zu können. Dies ist jedoch rechtsirrig, denn die Beklagte zu 3), die erstinstanzlich hinsichtlich des Klageantrags zu 2) in Höhe von 646,10 € netto unterlegen gewesen ist, hat das Urteil vom 08.09.2004 selbst nicht angegriffen. Für die Beklagtenvertretung war es - entgegen der Ansicht der Klägervertretung - nicht "ohne weiteres zu erkennen", dass der Kläger mit der Berufungsschrift vom 09.12.2004 seine Klage gegen die Beklagte zu 3) hat erweitern und sie zusammen mit dem Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner auf Zahlung von 6.187,53 € brutto hat in Anspruch nehmen wollen. Damit hat die Beklagtenvertretung - entgegen der Ansicht der Klägervertretung - nicht rechnen müssen, denn nach der (kleinen) ZPO-Reform 2002 ist eine Klageänderung im Berufungsverfahren nur noch in Ausnahmefällen zulässig, nämlich bei Einwilligung des Prozessgegners oder nach Sachdienlicherklärung durch das Berufungsgericht (§ 533 Nr. 1 ZPO), und das auch nur dann, wenn über die geltend gemachten Ansprüche auf Grund von Tatsachen entschieden werden könnte, die das Gericht seinem Urteil nach § 529 ZPO ohnehin zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Die Voraussetzungen der beiden Nummern des § 533 ZPO müssen kumulativ erfüllt sein. Da die Klägervertretung die Beklagtenvertretung nicht um Einwilligung in die Klageerweiterung, nämlich Erstreckung des Klageantrags zu 1) auf die Beklagte zu 3) als Gesamtschuldnerin mit dem Beklagten zu 1), ersucht hat, kann keine Rede davon sein, dass es sich bei der Anführung der Beklagten zu 2) im Beklagtenrubrum der Berufungsschrift vom 09.12.2004 "insoweit um einen reinen Übertragungsfehler [handelt], der für die Beklagtenvertretung ohne weiteres zu erkennen ist". Die Klägervertretung muss sich vielmehr daran festhalten, dass sie im Beklagtenrubrum der Berufungsschrift vom 09.12.2004 mit der Beklagten zu 2) die falsche Partei ins Berufungsverfahren hineingezogen hat. Mit Schriftsatz vom 28.12.2004 ist zwar eine Rubrumsberichtigung von de Beklagten zu 2) auf die Beklagte zu 3) angestrebt, aber eine Rücknahme der Berufung gegen die Beklagte zu 2) nicht eindeutig erklärt worden. Prozesshandlungen sind bedingungsfeindlich und müssen eindeutig und klar sein. Diesen Anforderungen genügt de Schriftsatz vom 28.12.2004 in Bezug auf eine Teilrücknahme der Berufung nicht, so dass die nicht form und fristgerechte begründete Berufung gegen die Beklagte zu 2) gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 522 Abs. 1 ZPO n.F. zu verwerfen war.

1.2. Mit Schriftsatz vom 28.12.2004, beim Landesarbeitsgericht am 29.12.2004 eingegangen, hat der Kläger unter dem Kurzrubrum K1xxxxxxxxxxxx ./. B1xxxxxxx u.a. zwar mitgeteilt hat, dass "... sich die Berufung ausschließlich gegen die im Urteil verzeichneten Beklagten zu 1. und 3." richtet. Ob in diesem nicht formgerechten Schriftsatz bereits die Berufungseinlegung im Verhältnis zur Beklagten zu 3) zu sehen ist, oder ob der Kläger erst mit Schriftsatz vom 21.02.2005, beim Landesarbeitsgericht per Telefax am 21.02.2005 eingegangen, unter dem Kurzrubrum

K1xxxxxxxxxxxx ./. 1. Insolvenzverwalter B1xxxxxxx

2. B2xxxx & H3xxxxx GmbH

die Berufung gegen die Beklagte zu 3) eingelegt (und gleichzeitig begründet) hat, kann letztendlich dahingestellt bleiben, denn bereits der erstgenannte Schriftsatz ist verspätet. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG n.F. beträgt die Frist für die Einlegung der Berufung einen Monat, sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils (§ 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG n.F.). Ausweislich des anwaltlich unterzeichneten Empfangesbekenntnis (§ 174 Abs. 1 ZPO n.F.) ist das arbeitsgerichtliche Urteil vom 08.09.2004 den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 22.11.2004 zugestellt worden. Daher begann die Berufungsfrist am 23.11.2004 (§ 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB) und endete am 22.12.2004 (§ 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB). Der erst am 29.12.2004 eingegangene, nicht formgerechte Schriftsatz vom 28.12.2004 ist als Berufungseinlegung gegen die Beklagte zu 3) mithin verspätet. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind vorliegend nicht erfüllt. Nach § 233 ZPO kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist -hier: die Berufungsfrist - einzuhalten. Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden (§ 234 Abs. 1 ZPO). Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten (§ 236 Abs. 1 ZPO). Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen (§ 236 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 ZPO); ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 236 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 ZPO). Letzteres ist allerdings nur dann möglich, wenn innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 234 ZPO entweder Tatsache und Grund der unverschuldeten Fristversäumung von der Partei zumindest erkennbar gemacht werden (= schlüssiger Antrag) oder die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Umstände aktenkundig oder sonst offenkundig sind (§ 291 ZPO) sind, so dass eine Gewährung der Wiedereinsetzung von Amts wegen in Betracht kommt (Zöller/Greger, 24. Aufl., § 236 ZPO Rn. 3). Weder die eine noch die andere Variante ist vorliegend erfüllt. Aus dem tatsächlichen Vorbringen im Schriftsatz vom 28.12.2004 erhellt sich nicht, warum es sich bei der Verwechslung der Beklagten zu 2) mit der Beklagten zu 3) im Beklagtenrubrum der Berufungsschrift "insoweit um einen reinen Übertragungsfehler" handeln soll, denn während im Sitzungsprotokoll vom 08.09.2004 noch alle drei Beklagten angeführt sind, werden im Beklagtenrubrum des in vollständiger Form abgefassten Urteil vom 08.09.2004 nur noch zwei Beklagte aufgeführt, nämlich unter Beibehaltung ihrer ursprünglichen Nummernbezeichnung der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3). Sollte den Kanzleikräften der Prozessbevollmächtigten des Klägers beim Schreiben der Berufungsschrift das erstinstanzliche Urteil vorgelegen haben, erscheint ein "Übertragungsfehler" kaum möglich zu sein. Zur Verifizierung des nicht gänzlich auszuschließenden "Übertragungsfehlers" wäre daher weiterer Sachvortrag erforderlich gewesen. Da die Berufungsschrift vom 09.12.2004, in welcher im Beklagtenrubrum nur der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) aufgeführt sind, (zulässigerweise) keine Berufungsanträge, die auf eine Verurteilung der Beklagten zu 3) hinzielten, enthielt, waren keine eine Wiedereinsetzung rechtfertigende Umstände aktenkundig, so dass diese auch von Amts wegen nicht hat gewährt werden können. Mangels Gewährung von Wiedereinsetzung ist die Berufung, soweit sie gegen die Beklagte zu 3) gerichtet ist, verspätet und damit unzulässig, so dass sie hat verworfen werden müssen (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 522 Abs. 1 ZPO n.F.).

2.Die zulässige, form und fristgerecht eingelegte sowie rechtzeitig ordnungsgemäß begründete Berufung des Klägers hat - soweit sie gegen den Beklagten zu 1) gerichtet ist - Erfolg und führt zu einer entsprechenden Teilabänderung des angefochtenen Urteils. Der Beklagte zu 1) schuldet dem Kläger aus der Insolvenzmasse die Zahlung von 6.187,63 € brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit gezahlter 4.102,49 € netto nebst Zinsen als Neumasseverbindlichkeit.

2.1.Die Klage gegen den Beklagten zu 1) ist als Leistungsklage zulässig. Das nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) eintretende Vollstreckungsverbot aus § 210 InsO (vgl. dazu BAG, Urt. v. 11.12.2001 - 9 AZR 459/00, BAGReport 2002, 295 = DZWIR 2002, 371 [Oetker] = NZA 2002, 975 = ZInsO 2002, 891 = ZIP 2002, 628) erfasst nur die in § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO geregelten Masseverbindlichkeiten (sog. Altmasseverbindlichkeiten). Daraus folgt im Umkehrschluss: Verbindlichkeiten im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO (sog. Neumasseverbindlichkeiten) sind grundsätzlich weiterhin mit der Zahlungsklage zu verfolgen. Hiervon ist eine Ausnahme dann zu machen, wenn der Insolvenzverwalter mit Recht einwendet, die Insolvenzmasse genüge auch nicht zur vollständigen Tilgung der Neumasseverbindlichkeiten (weitere Masseunzulänglichkeit). Der Rechtsschutz des Neumassegläubigers ist nur in einem solchen Falle auf die Erhebung einer Feststellungsklage beschränkt (BGH, Urt. v. 03.04.2003 - IX ZR 101/02, BGHReport 2003, 759 [Ringstmeier] = NZI 2003, 369 [Uhlenbruck] = ZInsO 2003, 465 = ZIP 2003, 914; BAG, Urt. v. 04.06.2003 - 10 AZR 586/02, DZWIR 2004, 67 = NZA 2003, 1087 = NZI 2003, 619 = ZInsO 2003, 1054 = ZIP 2003, 1848; BGH, Urt. v. 04.12.2003 - IX ZR 222/02, BGHReport 2004, 484 [Lützenkirchen] = NZI 2004, 209 [Uhlenbruck] = ZInsO 2004, 151, 153 = ZIP 2004, 326; BAG, Urt. v. 15.06.2004 - 9 AZR 431/03, AP Nr. 4 zu § 209 InsO = BAGReport 2004, 328 = NZA 2005, 354 = NZI 2004, 636 = ZIP 2004, 1660, unter I 2 der Gründe). Vorliegend besteht nach dem insoweit vom Kläger nicht bestrittenen sowohl erst als auch zweitinstanzlichen Vorbringen des Beklagten zu 1) die angezeigte Masseunzulänglichkeit zwar weiter fort, jedoch ist davon, dass die Insolvenzmasse nicht zur vollständigen Tilgung der Neumasseverbindlichkeiten genüge, keine Rede. Der Beklagte zu 1) beschränkt sich vielmehr darauf, in lichtvollen Ausführungen darzulegen, warum die vom Kläger geltend gemachten Forderungen Alt und nicht Neumasseforderungen sein sollen. Damit ist die Leistungsklage zulässig.

2.2.Die Leistungsklage ist auch begründet, auch wenn die Hauptbegründung des Klägers fehlschlägt, dass dem Beklagten zu 1) vor dem 30.11.2003 und auch danach in der Insolvenzmasse ausreichend Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um die Leistungen zu vergüten, die den Parteien aufgrund der Besetzung des Arbeitsplatzes zugeflossen seien, den er, der Kläger, von Anfang an hätte bekleiden müssen. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil ihm weder am 01.02.2003 noch im Dezember 2003 bekannt gewesen sei, dass der Beklagte zu 1) eine Masseunzulänglichkeit angezeigt habe. Da er in der Niederlassung E1xxx beschäftigt gewesen sei, glaubt er, keine Veranlassung gehabt zu haben, eine evt. Massenentlassungsanzeige des Beklagten zu 1) in Zeitschriften bzw. Presseveröffentlichungen im B11xxxxxxxx Raum zu verfolgen. Dieses Vorbringen des Klägers ist unbeachtlich, denn ob den Massegläubigern die Anzeige der Masseunzulänglichkeit förmlich zugestellt worden ist, wie § 208 Abs. 2 Satz 2 InsO es vorsieht, ist unerheblich, weil gemäß § 9 Abs. 3 InsO die öffentliche Bekanntmachung zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten genügt (BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 253/03, AP Nr. 3 zu § 209 InsO = ZIP 2004, 1323; BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 254/03, ZInsO 2005, 50, jeweils unter B III 1 a der Gründe; BAG, Urt. v. 21.07.2005 - 6 AZR 592/04, AP Nr. 50 zu § 113 BetrVG 1972 = NZA 2006, 162 = ZIP 2006, 199, unter II 2 a der Gründe). Dass das Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 InsO ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht hat, hat der Kläger nicht bestritten. Die in Übereinstimmung mit § 208 Abs. 1 und 2 InsO angezeigte Masseunzulänglichkeit ist für das Prozessgericht bindend (BAG, Urt. v. 11.12.2001 - 9 AZR 459/00, BAGReport 2002, 295 = DZWIR 2002, 371 [Oetker] = NZA 2002, 975 = ZInsO 2002, 891 = ZIP 2002, 628, 631; BGH, Urt. v. 03.04.2003 - IX ZR 101/02, BGHReport 2003, 759 [Ringstmeier] = NZI 2003, 369 [Uhlenbruck] = ZInsO 2003, 465). Die gesetzliche Regelung soll es dem Insolvenzverwalter ermöglichen, die noch vorhandene Insolvenzmasse gemäß § 208 Abs. 3 InsO auf rechtlich gesicherter Grundlage abzuwickeln. Der Gesetzgeber hat schon der Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter eine konstitutive Wirkung beigemessen. Als Folge davon hat der Insolvenzverwalter vorauszuplanen, wie er künftig die Insolvenzmasse möglichst günstig abzuwickeln vermag. Jede verlässliche Berechnungsgrundlage würde aber zerstört, wenn sie aufgrund einer Vielzahl von Klagen der Altmassegläubiger laufend und sogar unbefristet zur Überprüfung durch unterschiedliche Prozessgerichte gestellt werden könnte. Zwar bewirkt die Anzeige, dass die Altmassegläubiger keine quotale Befriedigung aus der Verteilung der vorhandenen Insolvenzmasse erhalten. Stattdessen geraten sie in einen Nachrang gegenüber den Neumassegläubigern (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Diese im Interesse einer möglichst günstigen Masseverwertung - potentiell zugunsten aller Gläubiger des betroffenen Insolvenzschuldners - getroffene Regelung des Gesetzgebers ist hinzunehmen (LAG Hamm, Urt. v. 14.10.2004 - 4 Sa 1740/03, LAGReport 2005, 219 [Schwab], unter 1.2.3. der Gründe). Es stellt auch keine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes dar, wenn der Insolvenzverwalter die Lohnansprüche der von ihm weiterbeschäftigten Arbeitnehmer erfüllt, gegenüber den von ihm freigestellten Arbeitnehmern jedoch Massearmut einwendet (BAG, Urt. v. 11.12.2001 - 9 AZR 80/01, BAGReport 2002, 261 = NZA 2002, 902 = NZI 2002, 449 = ZInsO 2002, 889 = ZIP 2002, 1261). Die Leistungsklage hat vorliegend jedoch deshalb Erfolg, weil es sich bei geltend gemachten Forderungen des Klägers - entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) - nicht um Altmasseverbindlichkeiten nach § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO, sondern um Neumasseverbindlichkeiten, zwar nicht um solche nach § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO, wohl aber um solche im Sinne von § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO handelt.

2.2.1.Für die Abgrenzung der sog. Neumasseverbindlichkeiten im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO von den sog. Altmasseverbindlichkeiten nach § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO nach angezeigter Masseunzulänglichkeit kommt es allein darauf an, ob der Insolvenzmasse die "Gegenleistung" - sprich: die vom Arbeitnehmer nach § 611 Abs. 1 BGB zu erbringende Arbeitsleistung - auch "tatsächlich" zugeflossen ist (so BAG, Urt. v. 15.06.2004 - 9 AZR 431/03, AP Nr. 4 zu § 209 InsO = BAGReport 2004, 328 = NZI 2004, 636 = ZIP 2004, 1660, unter II 4 d der Gründe). Ein Arbeitnehmer, der von seiner Arbeitspflicht freigestellt wird und daraufhin nicht mehr arbeitet, erbringt keine Gegenleistung. Dass er gleichwohl für die Zeiten seiner Nichtbeschäftigung Anspruch auf Entgelt unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges (§ 615 i.V.m. §§ 293 ff. BGB) hat, ändert daran nichts. Der Insolvenzverwalter ist bei seiner Freistellungsentscheidung -wie außerhalb der Insolvenz der Arbeitgeber - nicht frei von rechtlichen Schranken, sondern muss sich an die Grenzen des billigen Ermessens gemäß § 315 Abs. 1 und 3 BGB halten. Dabei sind insolvenzspezifische Besonderheiten, insbesondere die Bindung des Insolvenzverwalters an die in § 1 InsO formulierten Ziele des Insolvenzverfahrens zu berücksichtigen, können aber auch soziale Gesichtspunkte wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Familienstand, Schwerbehinderung und finanzielle Interessen eine Rolle spielen; diese gegenläufigen Gesichtspunkte sind bei der Freistellungsentscheidung vom Insolvenzverwalter gegeneinander abzuwägen (LAG Hamm v. 27.09.2000 - 2 Sa 1178/00, MDR 2001, 472 = NZA-RR 2001, 654 = NZI 2001, 499 = ZInsO 2001, 333 = ZIP 2001, 435; LAG Hamm, Urt. v. 06.09.2001 - 4 Sa 1276/01, AR-Blattei ES 915 Nr. 13 = LAGReport 2001, 22 = ZInsO 2002, 45). Eine Privilegierung von Entgeltansprüchen rechtfertigt sich regelmäßig nur, wenn der Arbeitnehmer durch "tatsächliche" Arbeitsleistung zur Anreicherung der Insolvenzmasse beigetragen hat (so BAG, Urt. v. 15.06.2004 - 9 AZR 431/03, AP Nr. 4 zu § 209 InsO = BAGReport 2004, 328 = NZI 2004, 636 = ZIP 2004, 1660, unter II 4 d der Gründe). Dieses Verständnis wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Dort ist in der Begründung zu § 321 RegE, der hinsichtlich der Abgrenzung der sog. "Altmassegläubiger" von den sog. "Neumassegläubiger" den Regelungen des heutigen § 209 InsO entspricht, hervorgehoben, dass "ein Arbeitnehmer, der seine Leistung voll zu erbringen hat -der also nicht vom Verwalter 'freigestellt' worden ist -, Anspruch auf volle Vergütung für diese Arbeitsleistung haben" muss (BR-Drs. 1/92, S. 220). Im Umkehrschluss heißt das: "Ein Arbeitnehmer, der vom Verwalter unwiderruflich von jeder Arbeitspflicht freigestellt worden war, hat keinen Anspruch auf vorrangige Befriedigung als Neumassegläubiger" (so wörtlich BAG, Urt. v. 15.06.2004 - 9 AZR 431/03, AP Nr. 4 zu § 209 InsO = BAGReport 2004, 328 = NZI 2004, 636 = ZIP 2004, 1660, unter II 4 d der Gründe). Nur den sog. Neumassegläubigern im massearmen Verfahren, die tatsächlich Sach- oder Dienstleistungen zugunsten der Masse erbracht haben, soll nach dem Willen des Gesetzgebers ein möglichst ungekürzter Zahlungsanspruch gegen die Masse zustehen. Ist das nicht gewährleistet, vermindern sich zum Nachteil aller Gläubiger die Chancen, das Insolvenzverfahren mit ihrer Hilfe ordnungsgemäß zu Ende zu führen (BAG, Urt. v. 15.06.2004 - 9 AZR 431/03, AP Nr. 4 zu § 209 InsO = BAGReport 2004, 328 = NZI 2004, 636 = ZIP 2004, 1660, unter II 4 d der Gründe). Nach angezeigter Masseunzulänglichkeit sind diejenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsleistung der Insolvenzverwalter tatsächlich in Anspruch genommen hat, als Neumassegläubiger vorrangig, die von der Arbeit freigestellten Arbeitnehmer dagegen als Altmassegläubiger nachrangig zu befriedigen (Bertram, NZI 2001, 625, 626; Lakies, BB 1998, 2638, 2639; Schaub, DB 1999, 217, 219; Uhlenbruck/Berscheid, 12. Aufl., Vorbem. vor § 113 InsO Rn. 103). Ein wie auch immer geartetes "Verpflichtetgewesensein" des Beklagten zu 1) zur Gewährung von Arbeit ist mithin gerade keine Voraussetzung für das Durchdringen des Klägers mit seinem Zahlungsanspruch. Dieser beurteilt sich vielmehr allein nach insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten (LAG Hamm, Urt. v. 14.10.2004 - 4 Sa 1740/03, LAGReport 2005, 219 [Schwab], unter 1.1. der Gründe). Da der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter infolge der Freistellung des Klägers die Gegenleistung gerade nicht in Anspruch genommen hat, liegt keine Neumasseverbindlichkeit nach § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO vor.

2.2.2. Die eingeklagten Forderungen sind Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Der Kläger verlangt unter dem rechtlichen Gesichtpunkt des Annahmeverzuges seinen Lohn nach §§ 611, 615 BGB gemäß "Probeabrechnung" für Dezember 2003 in Höhe von "EUR 6.187,63 brutto ... abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit ... gezahlter EUR 4.102,49". Hierbei handelt es sich um Nachberechnungen für die Zeit der Freistellung des Klägers vom 15.08.2003 bis 30.11.2003. Die Forderungen auf die monatliche Vergütung nach §§ 611, 615 BGB sind Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO (Bertram, NZI 2001, 625, 626; Lakies, NZA 2001, 521, 525). Es handelt sich damit um Ansprüche aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss (LAG Hamm, Urt. v. 14.10.2004 - 4 Sa 1740/03, LAGReport 2005, 219 [Schwab], unter 1.2.1. der Gründe). Das nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) eintretende Vollstreckungsverbot erfasst nur die in § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO geregelten sog. Altmasseverbindlichkeiten. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die sog. Neumasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 209 Abs. 2 Nrn.1-3 InsO mit ihrer Fälligkeit grundsätzlich aus der Insolvenzmasse zu befriedigen sind. Der Rang einer Forderung auf Arbeitsentgelt als Masseverbindlichkeit wird durch die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu treffenden Entscheidung des Insolvenzverwalters bestimmt, ob er das Arbeitsverhältnis unverzüglich kündigt oder ob er es (zunächst) fortsetzt (B8xxxxx/B5xxxxxxx, jurisPR-ArbR 49/2004, Anm. 6, S. 8, 11 [Lösung: Fallbeispiel 3]; Berscheid in: Piepenburg [Hrsg.], Festschrift für Greiner, 2005, S. 1, 20). Zu Neumasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 2 Nr.2 InsO zählen nur Forderungen aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Insolvenzverwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit hätte kündigen "können" (BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 253/03, AP Nr. 3 zu § 209 InsO = ZIP 2004, 1323; BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 254/03, ZInsO 2005, 50, jeweils unter B III 1 d bb der Gründe). Dabei ist mit dem Begriff des "Könnens" i.S.d. § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO nicht ein tatsächliches, sondern ein rechtliches Können (BAG, Urt. v. 11.12.2001 - 9 AZR 459/00, BAGReport 2002, 295 = DZWIR 2002, 371 [Oetker] = NZA 2002, 975 = ZInsO 2002, 891 = ZIP 2002, 628; BAG, Urt. v. 04.06.2003 - 10 AZR 586/02, DZWIR 2004, 67 = NZA 2003, 1087 = NZI 2003, 619 = ZInsO 2003, 1054 = ZIP 2003, 1848), also das rechtliche "Dürfen" (Bertram/Berscheid, jurisPR-ArbR 49/2004, Anm. 6, S. 8, 11 [Lösung: Fallbeispiel 3]; Berscheid in: Piepenburg [Hrsg.], Festschrift für Greiner, 2005, S. 1, 20) gemeint. Der maßgebliche Kündigungstermin richtet sich mithin nicht nach dem Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung des Insolvenzverwalters, den Betrieb stillzulegen oder - wie hier - Personalanpassuungsmaßnahmen durchzuführen, sondern bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem eine Kündigung unter Beachtung gesetzlicher Verpflichtungen, z.B. aus § 102 BetrVG, § 9 MuSchG, §18 BErzGG, § 85 SGB IX oder §§ 111, 112 BetrVG rechtlich zulässig ist. Der Beklagte zu 1) hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht sofort nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit (01.02.2003), sondern erst mit Schreiben vom 14.08.2003 zum 30.11.2003. Bei einer Kündigung im Februar 2003 mit der gesetzlichen Höchstfrist von drei Monaten zum Monatsende (§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO a.F.) wäre der 31.05.2003 der frühestmögliche Kündigungstermin gewesen. Sind - wie vorliegend - keine rechtlichen Schranken für eine Kündigung gegeben, handelt es sich bei den Ansprüchen auf Zahlung von Arbeitsentgelt für den Zeitraum der Freistellung des Klägers (15.08.2003 bis 30.11.2003) um Neumasseverbindlichkeiten i.S.v. § 209 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO, eben weil der Insolvenzverwalter es verabsäumt hat, noch im Monat Februar zum 31.05.2003 zu kündigen (Bertram/Berscheid, jurisPR-ArbR 49/2004, Anm. 6, S. 8, 11 [Lösung zu Fallbeispiel 3]; Berscheid in: Piepenburg [Hrsg.], Festschrift für Greiner, 2005, S. 1, 20), und weil die eingeklagten Zahlungsansprüche des Klägers alle nach dem frühestmöglichen Kündigungstermin fällig geworden sind.

2.3. Die gegen dieses (mögliche) Ergebnis vom Beklagten zu 1) bereits erstinstanzlich und wiederholend zweitinstanzlich ins Feld geführten Argumente greifen nicht. Der Beklagte zu 1) meint, der arbeitsrechtlich frühestmögliche Termin bestimme sich auch innerhalb der Insolvenzordnung nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG. Dieser Sichtweise kann nicht gefolgt werden. Dass es nicht darauf ankommt, ab welchem Zeitpunkt der Insolvenzverwalter eine Kündigung nach § 1 KSchG für wirksam hält, folgt aus der gesetzgeberischen Wertung, wie sie in § 209 InsO zum Ausdruck kommt (BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 253/03, AP Nr. 3 zu § 209 InsO = ZIP 2004, 1323; BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 254/03, ZInsO 2005, 50, jeweils unter B III 1 d cc der Gründe; BAG, Urt. v. 21.07.2005 - 6 AZR 592/04, AP Nr. 50 zu § 113 BetrVG 1972 = NZA 2006, 162 = ZIP 2006, 199, unter II 2 e der Gründe).

2.3.1. Hiernach ist für den Rang der Forderungen lediglich entscheidend, ob der Insolvenzverwalter die Arbeitskraft eines Arbeitnehmers nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit weiter in Anspruch nehmen will oder nicht. Verneint er dies und hat er alle gegebenenfalls erforderlichen formellen Voraussetzungen herbeigeführt, ist er nicht mehr rechtlich gehindert, eine Kündigung auszusprechen (BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 253/03, a.a.O.; BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 254/03, a.a.O., jeweils unter B III 1 d cc der Gründe). Darauf, ob die Kündigung materiell wirksam, insbesondere keine fehlerhafte Sozialauswahl getroffen worden ist, kommt es nicht an. Dies beurteilt sich entscheidend nach der vom Insolvenzverwalter zu treffenden Umsetzung der Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes und fällt daher in dessen Verantwortungsbereich (BAG, Urt. v. 21.07.2005 - 6 AZR 592/04, a.a.O., unter II 2 e der Gründe). Sobald Masseunzulänglichkeit droht oder eintritt, hat der Insolvenzverwalter zwei Möglichkeiten: Benötigt er ein Arbeitsverhältnis für die Abwicklung des masseunzulänglichen Verfahrens nicht mehr, hat er das Dauerschuldverhältnis unverzüglich zu kündigen, wenn er sich nicht schadenersatzpflichtig nach § 61 InsO machen will. Benötigt er den Arbeitnehmer jedoch noch, um die Abwicklung des masseunzulänglichen Verfahrens fortzuführen, wird er so behandelt, als hätte er eine neue Masseverbindlichkeit erst begründet, denn es stand in seiner Macht, den Eintritt dieser Verbindlichkeit durch rechtzeitige Kündigung zu verhindern (BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 253/03, AP Nr. 3 zu § 209 InsO = ZIP 2004, 1323; BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 254/03, ZInsO 2005, 50, jeweils unter B III 1 b der Gründe; BAG, Urt. v. 21.07.2005 - 6 AZR 592/04, a.a.O., unter II 2 b der Gründe). Beschließt der Insolvenzverwalter, die Arbeitskraft weiter in Anspruch zu nehmen, auch nur für eine bestimmte Zeit bis zu einer geplanten Stilllegung oder - wie hier - bis zu eine Personalanpassung, spricht er in einem solchen Fall während der Weiterbeschäftigung eine Kündigung aus, die vom Arbeitnehmer erfolgreich mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen oder - wie hier - vom Insolvenzverwalter zurückgenommen wird, dann sind die daraus entstehenden Annahmeverzugsansprüche ebenfalls Neumasseverbindlichkeiten (BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 253/03, a.a.O.; BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 254/03, a.a.O., jeweils unter B III 1 d cc der Gründe; BAG, Urt. v. 21.07.2005 - 6 AZR 592/04, a.a.O., unter II 2 f der Gründe). Mit dieser Rechtsprechung wird von einem Insolvenzverwalter nicht verlangt, dass er unmittelbar nach Insolvenzeröffnung quasi Vorratskündigungen ausspricht und praktisch allen Arbeitnehmern kündigt, auch wenn er einige vorübergehend oder sogar auf Dauer noch weiter beschäftigen könnte, sondern wird ihm nur eine klare unternehmerische Personalplanung abverlangt, da ihm das unternehmerische Risiko der Richtigkeit seiner Entscheidungen nicht abgenommen werden kann. Verwertet der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse mit Hilfe der Arbeitsleistung von Arbeitnehmern, bestimmt dies den Rang der daraus folgenden Arbeitsentgeltforderungen. Derselbe Umstand kann den Insolvenzverwalter nicht gleichzeitig am Ausspruch von Kündigungen rechtlich im Sinne des § 209 InsO hindern ((BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 253/03, a.a.O.; BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 254/03, a.a.O., jeweils unter B III 1 d cc der Gründe). Dass § 1 KSchG kein geeigneter Maßstab für den frühestmöglichen Zeitpunkt einer Kündigung im massearmen Insolvenzverfahren sein kann, wird auch daran deutlich, dass durch ihn personen- und verhaltensbedingte Kündigungen erfasst werden, die mit der Rangsystematik des § 209 InsO nichts zu tun haben (BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 253/03, a.a.O.; BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 254/03, a.a.O., jeweils unter B III 1 d cc der Gründe; BAG, Urt. v. 21.07.2005 - 6 AZR 592/04, a.a.O., unter II 2 f der Gründe).

2.3.2. Schließlich ist unbeachtlich, dass der Beklagte zu 1) den Kläger während des Laufes der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung freigestellt hat, denn dessen Ansprüche werden dadurch nicht den Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO herabgestuft (BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 253/03, a.a.O.; BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 254/03, a.a.O., jeweils unter B III 1 c der Gründe). Dies folgt insbesondere nicht aus § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO, der den Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO auch diejenigen aus einem Dauerschuldverhältnis gleichstellt, soweit der Insolvenzverwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch genommen hat. Hierdurch wären im Fall des Klägers nur die Ansprüche erfasst gewesen, die entstanden wären, wenn der Beklagte 1) das Arbeitsverhältnis vor oder unverzüglich nach Anzeige der drohenden Masseunzulänglichkeit gekündigt hätte. Dann hätte dieser sich entscheiden müssen, ob er die Arbeitsleistung des Klägers für die Zeit der Kündigungsfrist noch in Anspruch hätte nehmen wollen oder nicht. Im ersteren Fall hätte es sich um Ansprüche aus § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO gehandelt, im Falle der Freistellung um sonstige Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO (BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 253/03, a.a.O.; BAG, Urt. v. 31.03.2004 - 10 AZR 254/03, a.a.O., jeweils unter B III 1 c der Gründe).

3. Nach alledem war die Berufung, soweit sie gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) gerichtet ist, als unzulässig zu verwerfen. Gegen den Beklagten zu 1) war dem Rechtsmittel stattzugeben. Dem Kläger steht unter dem rechtlichen Gesichtpunkt des Annahmeverzuges seinen Lohn nach §§ 611, 615 BGB gemäß "Probeabrechnung" für Dezember 2003 in Höhe von 6.187,63 € zu. Hierbei handelt es sich um Nachberechnungen für die Zeit der Freistellung des Klägers vom 15.08.2003 bis 30.11.2003. Es handelt sich im Einzelnen um folgende Forderungen:

 aus Nachberechnung 08/2003529,38 € netto
aus Nachberechnung 08/20031.537,03 € netto
aus Nachberechnung 08/20031.537,03 € netto
aus Nachberechnung 08/20032.603,01 € netto
VWL AG-Anteil 12/200321,06 € netto
./. Vermögensbildung 12/2003- 39,88 € netto
Zwischensumme6.187,63 € netto
./. Leistungen der Bundesagentur für Arbeit- 4.102,49 € netto
Endsumme2.085,14 € netto

Während der Beklagte zu 1) erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 02.06.2004 eingeräumt hat, dass dem Kläger für den Freistellungszeitraum "rechnerisch ... die mit Klageantrag zu 1) geltend gemachten Bruttoansprüche als Nettoansprüche" zustanden, haben sowohl der Kläger als auch die beiden Gerichtsinstanzen dies überlesen und haben den Betrag in Höhe von 6.187,63 € fälschlicherweise als Bruttobetrag angesehen, obwohl sich aus der eingereichten "Probeabrechnung" für Dezember 2003 ergibt, dass es sich hierbei um den als Netto ausgewiesenen Auszahlungsbetrag handelt. Demgemäß ist der Beklagte zu 1) verurteilt worden, an den Kläger 6.187,63 € brutto abzüglich von der Bundesagentur für Arbeit gezahlter 4.102,49 € netto zu zahlen.

3.1. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz von Prozesszinsen (§ 291 BGB). Der Zinssatz beträgt nach § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB iVm. Art. 229 Abs. 1 Satz 3 EGBGB (BGBl. 2000 I S. 330, 331) für Geldforderungen, die nach dem 30.04.2000 fällig wurden, "fünf Prozentpunkte" über dem Basiszinssatz, der von der Deutschen Bundesbank gemäß § 247 Abs. 2 BGB bekannt gemacht wird (BAG, Urt. v. 02.03.2004 - 1 AZR 271/03, BAGReport 2004, 295, 297 = NZA 2004, 852, 858; BAG, Urt. v. 08.06.2004 - 1 AZR 308/03, MDR 2005, 280, 281 = NZA 2005, 66, 69). Dem Kläger waren daher antragsgemäß Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2004 zuzusprechen. Demgegenüber hat das Arbeitsgericht, soweit es die Beklagte zu 3) verurteilt hat, dem Kläger stattdessen nur Zinsen in Höhe von "5 %" über dem Basiszinssatz zuerkannt. Ein Wert von fünf Prozent über dem Basiszinssatz ist regelmäßig deutlich geringer als ein solcher von fünf Prozentpunkten über diesem Satz. Dieser Fehler hat im Berufungsrechtzug nicht korrigiert werden können.

3.2. Die Kostenentscheidung folgt für beide Rechtszüge aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Quote war an der Höhe des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens zu messen. Wegen der unterschiedlich hohen Streitwerte und zur Titelklarstellung war die Quotelung für beide Instanzen vorzunehmen. Mithin haben die Kosten des ersten Rechtszuges der Beklagte zu 1) zu 3/4 und die Beklagte zu 3) zu 1/4 zu tragen und waren die Kosten des Berufungsverfahrens dem Beklagten zu 1) zu ? und dem Kläger zu ? aufzuerlegen.

3.3. Der Wert des Streitgegenstandes war nach § 63 Abs. 1 GKG n.F. i.V.m. § 32 Abs. 1 RVG festzusetzen, und zwar wegen der unterschiedlichen Anträge für beide Instanzen. Er war für den ersten Rechtszug gemäß §§ 3 ff. ZPO auf den erstinstanzlich zutreffend ermittelten Gesamtbetrag in Höhe von 2.731,24 € festzusetzen und für das Berufungsverfahren auf 2.085,14 € zu ermäßigen. Der Streitwertbeschluss hat mit der Urteilsformel verbunden werden können. Die Revision war nach § 72 Abs. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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