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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.06.2002
Aktenzeichen: 4 Sa 57/02
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 613a
BGB § 623
BGB § 242
InsO § 125 Abs. 1
InsO § 128 Abs. 2
1. Spricht ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer betrieblichen Umstrukturierung, die er nicht mittragen will, eine mündliche Eigenkündigung aus, um nach Selbstbeurlaubung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist danach bei einem anderen Arbeitgeber der Branche einen neuen Arbeitsplatz anzutreten, dann kann in der Berufung auf die Formnichtigkeit der Kündigung ein widersprüchliches Verhalten gesehen werden.

2. Der Wiedereinstellungsanspruch in der Insolvenz ist zeitlich begrenzt: Seine Voraussetzungen müssen innerhalb der Höchstfrist des § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO entstanden sein. Ist dies der Fall, dann muß der Arbeitnehmer unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Wochen (ab 01.04.2002 im Hinblick auf § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB n.F.: einen Monat) nach Kenntniserlangung von den den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umständen den Wiedereinstellungsanspruch gegenüber dem Erwerber geltend machen.


LANDESARBEITSGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäfts-Nr.: 4 Sa 57/02

Verkündet am: 04.06.2002

Berichtigt durch Beschluss vom 21.10.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts HAMM auf die mündliche Verhandlung vom 04. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Berscheid sowie den ehrenamtlichen Richter Feldkamp und die ehrenamtliche Richterin Radek

für Recht erkannt:

Tenor:

Es werden auf die Berufung des Beklagten zu 1) das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 15.11.2001 (3 Ca 338/01) und auf die Berufung der Beklagten zu 2) das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 15.11.2001 (3 [1] Ca 1781/01) abgeändert:

Die Widerklage des Beklagten zu 1) wird abgewiesen.

Die durch die zweitinstanzliche Beweisaufnahme verursachten Kosten haben der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) als Gesamtschuldner zu tragen. Die übrigen Kosten der verbundenen Rechtsstreite hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch den Beklagten zu 1) sowie über den Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte zu 2).

Der Beklagte zu 1) ist durch Beschluß des Amtsgerichts Bielefeld vom 26.10.2000 (43 IN 589/00) zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter und durch weiteren Beschluß vom 01.01.2001 (43 IN 589/00) auch zum endgültigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma G1xx. S2xxxxxx GmbH & Co. KG, einer Möbelherstellerin aus B2x O1xxxxxxxx, bestellt worden.

Der am 24.17.18xx geborene, verheiratete und einem Kind gegenüber unterhaltspflichtige Kläger war bei der Insolvenzschuldnerin, bei der zuletzt noch 80 Arbeitnehmer beschäftigt waren, seit dem 17.02.1992 als Betriebsleiter zu einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 8.200,00 DM tätig.

Am 22.12.2000 schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte zu 1) als vorläufiger Insolvenzverwalter mit dem von der Belegschaft gewählten Betriebsrat einen Interessenausgleich, in dem unter Ziff. 2 die Verfahrenseröffnung für den 01.01.2001 ins Auge gefaßt wird und in dem es dann unter Ziff. 3 weiter heißt:

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sollen die vorliegenden Aufträge soweit wie möglich abgearbeitet werden. Dazu haben der vorläufige Insolvenzverwalter und der Betriebsrat ausführlich über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesprochen, die ab Insolvenzeröffnung im Rahmen der Aufarbeitung bis auf weiteres weiter beschäftigt werden. Das Aufarbeitungskonzept sieht vor, daß nicht sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter beschäftigt werden können, sondern aus betriebswirtschaftlichen Gründen folgende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab 01.01.2001 von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt werden:

...

Laszig, Norbert

...

Nach Verfahrenseröffnung schlossen der Beklagte zu 1) und der Betriebsrat zunächst am 17.01.2001 einen Interessenausgleich, in dem es u.a. heißt:

2. Während des Insolvenzeröffnungsverfahrens und auch bei Unterzeichnung dieses Interessenausgleichs läuft die Produktion des Betriebes weiter, um die Möglichkeiten einer übertragenden Sanierung des Unternehmens abzuklären und die vorhandenen Aufträge abzuarbeiten. Es wird mit zwei verschiedenen Interessentengruppen verhandelt. Über die wesentlichen Einzelheiten ist der Betriebsrat unterrichtet worden.

3. Sollte bis zum 26.01.2001 eine Betriebsveräußerung und/oder übertragende Sanierung nicht erfolgt sein, wird der Betrieb abgewickelt werden müssen.

4. Ausgehend von dieser Situation haben sich der Betriebsrat und der Insolvenzverwalter darauf geeinigt, daß die derzeit bestehenden Arbeitsverhältnisse mit sämtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen (§ 113 InsO) gekündigt werden müssen.

Am 25.01.2001 schlossen der Beklagte zu 1) und der Betriebsrat einen "Nachtrag zum Interessenausgleich vom 17.01.2001", in dem es heißt:

1. Da schon jetzt feststeht, daß es bis zum 26.01.2001 nicht zu einer Betriebsveräußerung an einen Dritten kommt, muß der Betrieb stillgelegt werden. Die Produktion der Kundenaufträge - soweit sie überhaupt bestätigt worden sind - endet am 28.02.2001.

2. Es bleibt bei der Kündigung sämtlicher bestehenden Arbeitsverhältnisse auf der Grundlage des Interessenausgleichs vom 17.01.2001 und des Sozialplans vom 22.01.2001.

3. Für den Fall, daß es während der Laufzeit der Fristen der noch auszusprechenden Kündigungen im Gegensatz zu der derzeit beschlossenen Stillegung doch noch zu einer Betriebsveräußerung kommen sollte, sind sich die Beteiligten einig, daß hierzu nicht nur die Zuführung erheblicher neuer finanzieller Mittel in den Betrieb, sondern auch eine Betriebsänderung in Gestalt der Reduzierung der vorhandenen Arbeitsplätze notwendig ist. Ungeachtet der Tatsache, daß eine Betriebsfortführung aus Mitteln der Insolvenzmasse nicht möglich ist, haben schon im Laufe des Insolvenzeröffnungsverfahrens angestellte betriebswirtschaftliche Analysen ergeben, daß - wenn überhaupt - nur 55 von insgesamt derzeit 80 Arbeitsplätzen erhalten bleiben können.

4. Ausgehend von dieser Situation haben sich Betriebsrat und Insolvenzverwalter gemäß § 125 InsO darauf geeinigt, daß die Kündigung von 25 Arbeitsverhältnissen in jedem Fall, d.h. selbst dann erforderlich ist, wenn es zu einem späteren Zeitpunkt noch zu einer Betriebsveräußerung kommt. Die insoweit betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der Namensliste, die diesem Nachtrag beigefügt und von beiden Seiten unterzeichnet ist, namentlich benannt.

Die lose beigefügte Namensliste sieht wie folgt aus:

Vermerk: Es handelt sich um ein eingescanntes Bild der Namensliste, die handschriftliche Änderungen enthält. Da eine Neutralisierung nicht möglich ist, wurde das Bild für die Aufnahme in die Datenbank gelöscht.]

Mit Schreiben vom 26.01.2001 kündigte der Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis des Klägers wie folgt:

Ihnen ist bekannt, daß am 1. Januar 2001 über das Vermögen der G1xx. S2xxxxxx GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Unterzeichner dieses Schreibens ist zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

Da ich über keine ausreichende Insolvenzmasse verfüge, um das Unternehmen fortzuführen und die Verhandlungen mit verschiedenen Investoren bisher erfolglos gewesen sind, ist eine Aufrechterhaltung des Betriebs und eine Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse nicht mehr möglich.

Mit dem Betriebsrat ist am 17.01.2001 mit Nachtrag vom 25.01.2001 ein Interessenausgleich und am 22.01.2001 ein Sozialplan abgeschlossen worden. Zu den auszusprechenden Kündigungen wurde der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört. Die erforderlichen Anzeigen an die entsprechenden Behörden sind unter Übersendung einer Stellungnahme des Betriebsrates rechtzeitig erfolgt.

In meiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter kündige ich daher das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (§ 113 Abs. 1 Insolvenzordnung) zum nächstmöglichen Termin. Das ist nach meiner Berechnung der 30.04.2001.

Die Aufarbeitungsphase endet, wie schon in den Betriebsversammlungen erläutert, am 28.02.2001.

Für Ihre Mitarbeit in dem Unternehmen danke ich Ihnen und weise darauf hin, daß eine Freistellung während der Kündigungsfrist bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung der noch bestehenden Resturlaubsansprüche und etwaiger Arbeitszeitguthaben erfolgt.

Hiergegen hat sich der Kläger mit der am 16.02.2001 beim Arbeitsgericht Minden per Telefax eingegangenen Klageschrift vom gleichen Tage zur Wehr gesetzt und geltend gemacht, daß die Kündigung nicht durch betriebsbedingte Gründe gerechtfertigt und mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats und mangels einer wirksamen Massenentlassungsanzeige unwirksam sei.

Der Kläger hat beantragt:

festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 26.01.2001 zum 30.04.2001 aufgelöst worden ist.

Der Beklagte zu 1) hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat sich wegen der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigungen und der Massenentlassungsanzeige auf dessen beiden zu den Gerichtsakten gereichten Stellungnahmen des Betriebsrats von 22.01.2002 und wegen der Massenentlassungsanzeige im übrigen auf den Bescheid des Arbeitsamtes H7xxxxx vom 20.02.2001 berufen und vorgetragen, die Kündigung sei wegen seinerzeit beabsichtigter Betriebsstillegung betriebsbedingt, denn eine Fortführungsmöglichkeit habe sich erst zu einem späteren Zeitpunkt ergeben.

Das Arbeitsgericht Minden hat durch Urteil vom 15.11.2001 (3 Ca 338/01) festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Beklagten [zu 1)] vom 26.01.2001 zum 30.04.2001 aufgelöst worden ist, dem Beklagten [zu 1)] die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 15.000,00 DM festgesetzt. Es hat die Kündigung für unwirksam gehalten, weil der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden sei.

Der Beklagte zu 1) hat gegen das ihm am 13.12.2001 zugestellte Urteil am 10.01.2002 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 04.03.2002 an diesem Tage begründet.

Zuvor haben der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2), die von der Firma S10xxxxxx M3xxx GmbH aus H8xxxxxxx zur Fortführung der Produktion der Insolvenzschuldnerin gegründet worden ist, am 28.02.2001 mit Wirkung vom 01.03. 2001 einen Betriebsfortführungsvertrag, der nach Gewährung einer Landesbürgschaft am 14.09.2001 in einem Kaufvertrag der Aktiva der Insolvenzschuldnerin mündete (UR-Nr. 198/2001 des Notars D2. U1xxxx W3xxxxxxx aus B1xxxxxxx). In einer Vorbemerkung zum Betriebsfortführungsvertrag heißt es:

... Zwischen Herrn D2. S1xxxx und der Fa. S10xxxxxx M3xxx GmbH, H8xxxxxxx, schweben derzeit Verhandlungen mit dem Ziel, daß die Fa. S10xxxxxx M3xxx GmbH durch eine neugegründete Fortführungsgesellschaft Aktiva der Schuldnerin, G1xx. S2xxxxxx GmbH & Co. KG, übernimmt, um sodann die Produktion der Fa. G1xx. S2xxxxxx GmbH & Co. KG an der bisherigen Betriebsstätte, S7xxxxxxxx 52, 32xxx B2x O1xxxxxxxx, weiterzuführen.

Da derzeit eine verbindliche Zusage des Landes Nordrhein-Westfalen über die Gewährung einer Landesbürgschaft nicht vorliegt, hat die Fa. S10xxxxxx M3xxx GmbH für die Fortführungsgesellschaft noch nicht die erforderliche Finanzierung des Kaufs vom Insolvenzverwalter darstellen können. Da die Produktion der Fa. G1xx. S2xxxxxx GmbH & Co. KG durch den Insolvenzverwalter per 28.02.2001 eingestellt werden soll, schließen die Parteien den vorliegenden Betriebsführungsvertrag, um zu erreichen, daß die Produkte der Fa. G1xx. S2xxxxxx GmbH & Co. KG nach wie vor für den Markt verfügbar sind.

Die Fa. S10xxxxxx M3xxx GmbH hat zu diesem Zwecke am 26.02.2001 unter der Fa. "S2xxxxxx M3xxx GmbH" bereits eine Fortführungsgesellschaft gegründet, die Vertragspartner dieses Betriebsführungsvertrages sein soll, um dann die Aktivitäten in die endgültige Fortführung zu überführen...

In dem Betriebsfortführungsvertrag ist hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse bestimmt:

§ 3 Arbeitsverhältnisse

Der Insolvenzverwalter hat mit dem Betriebsrat der Schuldnerin unter dem 17.01. 2001 einen Interessenausgleich vereinbart, der unter dem 25.01.2001 mit einem Nachtrag versehen worden ist. Dem Nachtrag vom 25.01.2001 ist eine Namensliste beigefügt worden, die als Anlage 2 zu diesem Vertrag genommen wird. Die Fa. S2xxxxxx M3xxx GmbH verpflichtet sich, mit allen Arbeitnehmern der Schuldnerin, die nicht auf der Namensliste, Anlage 2 dieses Vertrages, Erwähnung finden, für die Laufzeit dieses Betriebsführungsvertrages einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Noch nicht von der Schuldnerin bzw. dem Insolvenzverwalter in natura gewährter Urlaub ist diesen Arbeitnehmern, mit denen die Fa. S2xxxxxx M3xxx GmbH ein Arbeitsverhältnis eingehen wird, von der Fa. S2xxxxxx M3xxx GmbH zu gewähren.

Der Geschäftsführer der Firma S10xxxxxx M3xxx GmbH hat den Betriebsfortführungsvertrag vom 28.02.2001 unter dem Zusatz mitunterzeichnet:

Der unterzeichnende D2. H3xxxxxx S6xxxxxxxxxxx bestätigt als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Fa. S10xxxxxx M3xxx GmbH, daß die Fa. S10xxxxxx M3xxx GmbH die Verpflichtungen aus dem vorstehenden Vertrag wie eigene Verpflichtungen behandeln wird und als Fa. S10xxxxxx M3xxx GmbH für die Erfüllung einsteht.

Mit Klageschrift vom 28.09.2001, bei dem Arbeitsgerichts am gleichen Tage per Telefax eingegangen, hat der Kläger die Beklagte zu 2) auf Feststellung in Anspruch genommen, daß er zu ihr seit dem 01.05.2001 zu den arbeitsvertraglichen Bedingungen, wie sie zur Insolvenzschuldnerin bestanden haben, in einem Arbeitsverhältnis stehe.

Er hat sich darauf berufen, daß sein Arbeitsverhältnis im Wege der "Übertragenden Sanierung" von der Insolvenzschuldnerin auf die Beklagte zu 2) übergegangen sei, denn diese habe den wesentlichen Teil des bisherigen Personals übernommen und bediene die Kunden der Insolvenzschuldnerin weiter. Sein Arbeitsplatz als Betriebsleiter sei zu keinem Zeitpunkt weggefallen, da der Beklagte zu 1) bis zur Übernahme der Produktion durch die Beklagte zu 2) weiter produziert habe, so daß ein nahtloser Betriebsübergang festzustellen sei. Er habe mit anwaltlichem Schreiben vom 30.07.2001 erfolglos den Übergang seines Arbeitsverhältnisses gegenüber der Beklagten zu 2) geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß der Kläger bei der Beklagten seit dem 01.05.2001 in einem Arbeitsverhältnis steht, und zwar zu den arbeitsvertraglichen Bedingungen, wie sie zwischen dem Kläger und dem Rechtsanwalt D2. S1xxxx als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma G1xx. S2xxxxxx GmbH & Co. KG bestanden haben.

Die Beklagte zu 2) hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf sie übergegangen sei, da es von dem mitbeklagten Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 26.01.2001 rechtswirksam zum 30.04.2001 gekündigt worden sei. Der Kläger habe zuvor am 27.11.2000 sein Arbeitsverhältnis gegenüber Geschäftsführer B5xxxxxxxxx der Insolvenzschuldnerin mündlich gekündigt habe, sei danach nicht mehr zur Arbeit erschienen und habe bereits vor Abschluß des Interessenausgleichs und Sozialplans eine neue Arbeitsstelle bei der Firma M4xxx K2xxxx gefunden. Der Kläger, der allenfalls mit dem Montagemeister Axxxx Gxxxx und dem Versandleiter und stellvertretenden Werkstattleiter M5xxxxx K3xxxxxxxxx vergleichbar gewesen sei, habe damit für die angestrebte Fortführungslösung nicht zur Verfügung gestanden.

Durch Urteil vom 15.11.2001 (3 [1] 1781/01), auf welches vollinhaltlich Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Minden festgestellt, daß der Kläger seit dem 01.05.2001 bei der Beklagten [zu 2)] in einem Arbeitsverhältnis steht, und zwar zu den arbeitsvertraglichen Bedingungen, wie sie zwischen dem Kläger und dem Rechtsanwalt Dr. S1xxxx als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin bestanden haben, der Beklagten [zu 2)] die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 24.600,00 DM festgesetzt.

Die Beklagte zu 2) hat gegen das ihr am 31.01.2002 zugestellte Urteil am 27.02.2002 Berufung eingelegt und diese am 27.03.2002 begründet.

Das Landesarbeitsgericht hat durch Beschluß vom 04.06.2002 die Berufungsverfahren 4 Sa 57/02 und 4 Sa 327/02 und zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden und unter Aktenzeichen 4 Sa 57/02 mit der Maßgabe fortgeführt, daß der Insolvenzverwalter die Stellung des Beklagten zu 1) und die Betriebsübernehmerin die der Beklagten zu 2) erhielt.

Der Beklagte zu 1) hält das angefochtene Urteil in der federführenden Rechtssache für rechtsfehlerhaft, weil das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage stattgegeben habe, obwohl die Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt und der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden sei. Das zukünftige Schicksal der Insolvenzschuldnerin sei Gegenstand mehrerer Gespräche mit dem Betriebsrat - auch unter Beteiligung des Gewerkschaftssekretärs H9xxx D7xxxx von I2 M7xxxx - gewesen. Im Insolvenzeröffnungsverfahren hätten Gespräche am 20.11., 07., 12. und 15.12.2000 stattgefunden, in denen der Stand der Verhandlungen mit potentiellen Übernahmeinteressenten und Fortführungsmodellen erörtert worden sei. Auch die Übernahme der Arbeitnehmer durch eine Qualifizierungsgesellschaft sei erörtert worden, wobei das Arbeitsamt H7xxxxx am 15.12.2000 Qualifizierungsmöglichkeiten dargestellt habe. Nach Verfahrenseröffnung habe er mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich verhandelt. Die diesbezüglichen Gespräche hätten am 12.01.2001 um 12.30 Uhr und am 17.01.2001 ab 09.00 Uhr im Betrieb der Insolvenzschuldnerin stattgefunden. Als Ergebnis sei der zu den Gerichtsakten gereichte Interessenausgleich vom 17.01.2001 abgeschlossen worden. Zuvor habe er am 16.01.2001 das Anhörungsverfahren gemäß § 102 BetrVG für die Kündigung aller Mitarbeiter der Schuldnerin und der Übergabe einer Liste mit sämtlichen relevanten Sozialdaten im Rahmen der Betriebsratssitzung eingeleitet. Danach habe sich abgezeichnet, daß u.U. Möglichkeiten zur Betriebsfortführung mit einer reduzierten Belegschaft bestehen könnten. Dies habe er dem Betriebsrat in der Sitzung am 22.01.2001 mitgeteilt. Die von ihm dem Betriebsrat zugeleitete Namensliste sei zunächst auf dessen Veranlassung am 23.01.2001 dahingehend geändert worden, daß anstelle des Mitarbeiters U2x V1xxxxx der Mitarbeiter S11xxx G8xxxxxxxxxxx auf die maschinengeschriebene Liste gesetzt worden sei. Bei einem weiteren Treffen am 25.01.2001, an welchem der Gewerkschaftssekretär H9xxx D7xxxx teilgenommen habe, sei die Namensliste nochmals überarbeitet worden. Der Mitarbeiter K4xx J1xxxxxxxxxx sei gestrichen und an seine Stelle der Mitarbeiter A4xxx B6xxxx handschriftlich auf die Liste gesetzt worden. Danach habe er dem Betriebsrat nochmals erklärt, daß er die Arbeitsverhältnisse mit den Mitarbeitern auf der nun endgültig gefaßten Namensliste - wie angekündigt - kündigen wolle. Der Betriebsrat habe in den Verhandlungen vom 25.01.2001 den Kündigungen der Arbeitsverhältnisse mit den in der Anlage zum Interessenausgleich aufgeführten Mitarbeitern zugestimmt (Beweis: Zeugnis des P2xxx H15xx, des T2xxxxxx B7xxxxxx, des K5xxx W4xxxxxx, des J2xx H15xx und des H9xxx D7xxxx), nachdem er bereits zuvor in zwei getrennten Schreiben am 22.01.2001 die beabsichtigte Kündigung sämtlicher bestehender Arbeitsverhältnisse und die Massenentlassungsanzeige unter Hinweis auf den abgeschlossenen Interessenausgleich zur Kenntnis genommen habe.

Nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Betrieb seien die Aufgaben des Betriebsleiters von dem stellvertretenden Betriebsleiter M5xxxxx K3xxxxxxxxx erfüllt worden. Durch diese tatsächliche Übung habe man festgestellt, daß ein Betriebsleiter nicht mehr unbedingt erforderlich sei, und deshalb entschieden, daß im Falle der Betriebsübernahme die technische Betriebsleitung von der Firma S10xxxxxx GmbH miterledigt werden sollte. Des weiteren sei beschlossen worden, einige Abteilungen zu schließen und auch in den verbleibenden Abteilungen das Personal zu reduzieren. Die Betriebsänderung habe in der Stillegung des Fuhrparks, der Auflösung des sog. Werkes I am R2xxxx W5x und die Auslagerung der Lohn- und der Finanzbuchhaltung auf die Zentrale der Firma S10xxxxxx GmbH in H8xxxxxxx sowie in der Schließung der Telefonzentrale bestanden. Die technische Betriebsleitung, welche der Kläger innegehabt habe, sollte der Betriebsleiter H10xxxxx der Firma S10xxxxxx GmbH künftig mit erledigen. Dies sei in mehreren Gesprächen im Januar 2001 u.a. am 08.01.2001, beschlossen und so festgelegt worden, wobei damals allerdings noch nicht festgestanden habe, ob es zu einer Betriebsübernahme kommen würde, da die Finanzierung der Interessentin noch nicht gesichert gewesen sei (Beweis: Zeugnis des M5xxxxx K3xxxxxxxxx, des U1xxxx M6xxx und des D2. K5xxx A5xxxxx).

Das Klagebegehren müßte zudem aus einem anderen Grunde ohne Erfolg bleiben, denn am 27.11.2000 habe der Kläger gegenüber dem damaligen Geschäftsführer B5xxxxxxxxx der Insolvenzschuldnerin mündlich erklärt, er kündige sein Arbeitsverhältnis zum 31.12.2000. Da er noch Urlaub und Überstunden habe, werde ich nicht mehr zur Arbeit erscheinen und nur noch in der Personalabteilung seine Angelegenheiten regeln. Im Anschluß an dieses Gespräch habe er sich in die Personalabteilung begeben und sich von der Mitarbeiterin H11xxxxx seine Resturlaubsansprüche und Überstunden errechnen lassen. Am Nachmittag des 27.11.2000 sei per eMail eine Krankmeldung des Klägers eingegangen. Diese sei in der Folgezeit nicht mehr im Betrieb der Insolvenzschuldnerin erscheinen. Er sei dann am 10.01.2001 mit Wirkung vom 31.12.2000 bei der Sozialversicherung abgemeldet worden. Im Zusammenhang mit den "Wirren" der Insolvenzeröffnung sei es leider unterblieben, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers schriftlich zu fixieren. Deshalb finde sich der Name des Klägers auf der Namensliste zum Interessenausgleich, denn man habe das Arbeitsverhältnis mit ihm vorsorglich kündigen müssen. Zwar sei die formwidrig ausgesprochene mündliche Kündigung grundsätzlich nichtig, die Berufung auf die Nichteinhaltung der Form würde vorliegend jedoch eine unzulässige Rechtsausübung darstellen. Der Kläger habe - offenbar in Unkenntnis des Formerfordernisses - am 27.11.2000 eine formunwirksame Kündigung erklärt. Folgerichtig sei er danach der Arbeit ferngeblieben und habe widerspruchslos auch nach Ablauf der Kündigungsfrist die Arbeitspapiere entgegengenommen. Er habe damit dokumentiert, daß er das Arbeitsverhältnis als beendet betrachte, so daß ihm eine Berufung auf die Formwidrigkeit verwehrt sei. Damit stehe fest, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits mit dem 31.12.2000 geendet habe. Dies sei widerklagend festzustellen.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

das Urteils des Arbeitsgerichts Minden vom 15.11.2001 (3 Ca 338/01) abzuändern und die Klage abzuweisen, widerklagend festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Schuldnerin, der G1xx. S2xxxxxx GmbH & Co. KG, am 31.12.2000 geendet hat, den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil in der federführenden Rechtssache und trägt vor, er bestreite mit Nichtwissen, daß der Beklagte zu 1) mit den Betriebsrat am 12. und 17.01.2001 die behaupteten Gespräche geführt und am 16.01. 2001 das Anhörungsverfahren zu seiner Kündigung gemäß § 102 BetrVG eingeleitet habe. Ebenso werde mit Nichtwissen bestritten, daß dem Betriebsrat die zu den Gerichtsakten gereichte Mitarbeiterliste mit den Sozialdaten übergeben worden sei. Ferner werde mit Nichtwissen bestritten, dem Betriebsrat sei in dessen Sitzung am 22.01.2001 mitgeteilt worden, daß u.U. Möglichkeiten zur Betriebsfortführung mit einer reduzierten Belegschaft bestehen könnten. Der Beklagte zu 1) teile nicht mit, welche Mitglieder des Betriebsrats an dieser Sitzung teilgenommen haben sollen. Demgemäß werde bestritten, daß sämtliche Mitglieder des Betriebsrats informiert worden seien. Des weiteren werde mit Nichtwissen bestritten, daß der Betriebsrat und der Beklagte zu 1) eine Namensliste aufgestellt hätten. Mit Nichtwissen werde bestritten, daß auf Veranlassung des Betriebsrats am 23.01.2001 diese Liste geändert worden sei und daß Mitarbeiter auf der Namensliste ausgetauscht worden seien. Auch werde mit Nichtwissen bestritten, daß am 25.01.2001 ein Treffen zwischen dem Betriebsrat, dem Beklagten zu 1) und dem Gewerkschaftssekretär D7xxxx erfolgt sei, daß man in diesem Gespräch die Namensliste zum Interessenausgleich erneut überarbeitet habe und daß Namen gestrichen bzw. hinzugesetzt worden seien. Bestritten werde, daß der Beklagte zu 1) erklärt habe, er wolle die Arbeitsverhältnisse mit den Mitarbeitern auf der nun endgültig gefaßten Namensliste jetzt kündigen, und daß er auf die Sozialdaten der zu kündigenden Mitarbeiter Bezug genommen habe. Insbesondere werde bestritten, daß sämtliche Mitglieder des Betriebsrats an dem Informationsgespräch vom 25.01.2001 teilgenommen und den Kündigungen der Arbeitsverhältnisse mit den in der Anlage zum Interessenausgleich aufgeführten Mitarbeitern zugestimmt hätten. Bestritten werde, daß der Betriebsrat bereits am 22.01.2001 der Kündigung aller Arbeitsverhältnisse zugestimmt habe. Im übrigen sei der Betriebsrat über die Sozialdaten der zu kündigenden Mitarbeiter nicht vollständig informiert worden. Insbesondere gehe aus der Mitarbeiterliste nicht hervor, welche bzw. wieviel Unterhaltspflichten der einzelne Mitarbeiter habe. Auch sei nicht ersichtlich, ob der Ehepartner des zu kündigenden Mitarbeiters ein eigenes Einkommen habe oder nicht. Die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses sei auch deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat über seine Sozialdaten nicht informiert worden sei. Aus der vorgelegten Mitarbeiterliste sei für den Betriebsrat nicht ersichtlich, daß er gegenüber zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet sei.

Es sei nicht erkennbar, daß der Beklagte zu 1) mit dem Betriebsrat einen wirksamen Interessenausgleich gemäß § 125 InsO abgeschlossen habe. Unter dem 17.01.2001 sei ein als Interessenausgleich tituliertes Schreiben unterzeichnet worden, nach dessen Ziff. 4 die Unterzeichner davon ausgegangen seien, daß allen Mitarbeitern die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werde. Eine entsprechende Namensliste sei nicht angefertigt worden. Unter dem 25.01.2001 sei ein "Nachtrag zum Interessenausgleich vom 17.01.2001" unterzeichnet worden. Ausweislich Ziff. 3 dieser Vereinbarung handele es sich um einen bedingten Interessenausgleich. Der Abschluß eines Interessenausgleichs mit Namensliste gemäß § 125 InsO unter einer Bedingung sei unwirksam. Auch wenn das Gericht von einem wirksamen Interessenausgleich mit Namensliste ausgehen sollte, sei die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung unwirksam, weil sie sozial nicht gerechtfertigt sei. Er sei bei der Insolvenzschuldnerin als Betriebsleiter tätig gewesen. Der Beklagte zu 1) begründe in dem Interessenausgleich und in dem Nachtrag dazu die Kündigung der betroffenen Mitarbeiter damit, daß die Kündigung von 25 Arbeitsverhältnissen in jedem Fall erforderlich sei. Eine Begründung dazu, weshalb sein Arbeitsverhältnis habe gekündigt werden müssen, sei durch den Beklagten zu 1) zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Insbesondere habe der Beklagte zu 1) zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, daß die Stelle des Betriebsleiters nicht mehr besetzt werde, gestrichen werde oder von einem anderen Mitarbeiter besetzt worden sei. Allein die Tatsache, daß er auf eine Namensliste gesetzt worden sei, rechtfertige seine Kündigung nicht.

Unzutreffend sei, daß er sich am 27.11.2000 in das Büro des vormaligen Geschäftsführers B5xxxxxxxxx begeben und ihm gegenüber erklärt habe, er kündige sein Arbeitsverhältnis zum 31.12.2000. Er habe auch nicht erklärt, da er noch Urlaub und Überstunden habe, werde er nicht mehr kommen und nur noch in der Personalabteilung seine Angelegenheiten regeln. Richtig sei lediglich, daß er sich seine Resturlaubs- und Überstundenansprüche habe errechnen lassen. Für ihn habe keine Veranlassung bestanden, auf diese Ansprüche zu verzichten. Es sei schließlich zu erwarten gewesen, daß das Insolvenzverfahren eröffnet werden würde, so daß er evtl. einen Teil seiner Ansprüche verloren hätte. Richtig sei, daß er arbeitsunfähig erkrankt sei und deshalb nicht mehr im Betrieb der Schuldnerin erschienen sei. Mit Nichtwissen werde allerdings bestritten, daß er mit Wirkung vom 31.12.2000 bei der Sozialversicherung abgemeldet worden sei.

Bestritten werde, daß seit Insolvenzantragstellung festgestanden habe, daß der Betrieb der Insolvenzschuldnerin eine Zukunft nur haben könnte, wenn eine Betriebsänderung vorgenommen würde. Bestritten werde, daß es erforderlich gewesen sei, einige Abteilungen zu schließen und auch in den verbleibenden Abteilungen das Personal zu reduzieren. Mit Nichtwissen werde bestritten, daß die Betriebsänderung in der Stillegung des Fuhrparks, der Auflösung des sog. Werkes I und der Auslagerung der Lohn- und der Finanzbuchhaltung auf die Zentrale der Firma S10xxxxxx GmbH in H8xxxxxxx bestanden habe. Es dürfte für den vorliegenden Rechtsstreit auch nicht relevant sein, daß die Schließung der Telefonzentrale beschlossen worden sei, da er in dieser nicht gearbeitet habe. Bestritten werde, daß die technische Betriebsleitung, welche er innegehabt habe, von der Firma S10xxxxxx GmbH in H8xxxxxxx ebenfalls miterledigt werde von dem dort tätigen Zeugen H12xxxx und daß dies in mehreren Gesprächen im Januar 2001 u.a. am 08.01.2001 so beschlossen und festgelegt worden sei. Ein derartiger Beschluß sei jedenfalls mit dem Betriebsrat - insbesondere in bezug auf seine Person - nicht besprochen worden (Beweis: Zeugnis des J2xx H15xx, des K4xx J1xxxxxxxxxx, des T2xxxxxx B7xxxxxx und des K5xxx W4xxxxxx). Entsprechende Angaben dazu fänden sich auch im Interessenausgleich und im Sozialplan nicht wieder. Bestritten werde, daß der Beklagte zu 1) am 25.01.2001 das Anhörungsverfahren zu den Kündigungen der Arbeitsverhältnisse mit den in der Namensliste zum Interessenausgleich aufgeführten Mitarbeitern eingeleitet habe. Bestritten werde, daß der Beklagte zu 1) dabei dem Betriebsrat die Art der geplanten Betriebsänderungen und den Stand der Übernahmeverhandlungen mit der Firma S10xxxxxx GmbH erläutert habe. Bestritten werde, daß der Betriebsrat den Kündigungen, insbesondere der seiner Person, zugestimmt habe.

Die Beklagte zu 2) hält das angefochtene Urteil in der verbundenen Rechtssache für rechtsfehlerhaft, weil das Arbeitsgericht ihren Sachvortrag nur unzureichend gewürdigt und deshalb der Klage stattgegeben habe. Der Beklagte zu 1) habe als Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 26.01.2001 nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats eine rechtswirksame Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers ausgesprochen. Deshalb stehe dem Kläger kein Weiterbeschäftigungsanspruch ihr gegenüber zu. Mit der Fragestellung des Interessenausgleichs und der Namensliste habe sich das Arbeitsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht auseinander gesetzt, so daß sie sich an dieser Stelle weiteren Sachvortrag erspare. Bereits erstinstanzlich habe sie ausgeführt, daß der Kläger am 27.11.2000 eine Eigenkündigung ausgesprochen habe. Einige Tage später habe der Kläger zudem die Eigenkündigung mündlich nochmals gegenüber dem Lohnbüro bestätigt. Zwar sei die Eigenkündigung des Klägers formunwirksam, da sie nicht schriftlich, sondern mündlich erfolgt sei, jedoch sei der Kläger gehindert, sich auf die Unwirksamkeit der ihm gegenüber ausgesprochenen arbeitgeberseitigen Kündigung zu berufen, nachdem er bereits eine Eigenkündigung - wenn auch formunwirksam - ausgesprochen habe. Diese Kündigung habe der Kläger schließlich dadurch bestätigt, daß er ab Januar 2001 eine neue Arbeitsstelle angenommen habe. Zumindest müsse das Verhalten des Klägers als Widerspruch gegen die Überleitung seines Arbeitsverhältnisses auf sie, die Beklagte zu 2), aufgefaßt werden. Nach Insolvenzantragstellung und Bestellung des Beklagten zu 1) zum vorläufigen Insolvenzverwalter seien ab Ende Oktober / Anfang November 2000 im Unternehmen Planungen durchgeführt worden, unter welchen Voraussetzungen eine Auffanglösung bzw. eine Weiterführung des Betriebes möglich sein würde (Beweis: Zeugnis des U1xxxx M6xxx und des D2. K5xxx A5xxxxx). Der seinerzeitige Geschäftsführer B5xxxxxxxxx habe in diesem Zusammenhang eine Runde der im Betrieb beschäftigten Meister einberufen, um die Fertigungsstrukturen des Unternehmens von der personellen Seite und den Produktionsabläufen her zu überarbeiten. Durch diese Beratungen habe der Kläger den Eindruck gewonnen, daß seine Stelle als Betriebsleiter eingeschränkt werden würde, da vorgesehen gewesen sei, den Meistern K3xxxxxxxxx und G6xxxxx mehr Verantwortung für die Fertigungsabläufe zu übertragen. Insbesondere habe die Verantwortung für die Fertigungsleitung gleichberechtigt auf den Kläger und den Mitarbeiter K3xxxxxxxxx übertragen werden sollen. Am Morgen des 27.11.2000 sei der Kläger in dem Büro erschienen und habe gegenüber dem Geschäftsführer B5xxxxxxxxx erklärt, er könne die Neustrukturierung der Fertigung nicht mittragen und stehe deshalb für eine Auffanglösung nicht zur Verfügung. Er kündige deshalb zum 31.12.2000. Er werde nicht wieder erscheinen, da ihm noch Resturlaub zustehe und er Überstunden abfeiern könne (Beweis: Zeugnis des U1xxxx B5xxxxxxxxx). Entsprechend habe er die Personalabteilung informiert (Beweis: Zeugnis der H13xxxxxxx H11xxxxx). Demzufolge habe sie davon ausgehen müssen, daß ihr der Kläger als leitender Mitarbeiter nicht zur Verfügung stehen würde. Im Sinne der Auffanglösung hätte sie grob fahrlässig gehandelt, wäre nach diesem Vorfall der Kläger noch in die Personalplanung einbezogen worden. Aus ihrer Sicht gehe es nicht darum, ob die Kündigung des Klägers durch den Insolvenzverwalter wirksam sei oder nicht. Vielmehr sei entscheidend, daß der Kläger einer Überleitung seines Arbeitsverhältnisses auf sie, die Beklagte zu 2), widersprochen habe. Der Kläger habe von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht, indem er dem Geschäftsführer B5xxxxxxxxx gegenüber deutlich gemacht habe, für eine Auffanglösung nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Minden vom 15.11.2001 abzuweisen sowie den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil in der verbundenen Rechtssache und trägt vor, es träfe nicht zu, daß er am 27.11.2000 eine Eigenkündigung ausgesprochen habe. Eine mündlich ausgesprochene Eigenkündigung sei unwirksam, weil die Kündigung der Schriftform bedürfe. Auch führe die Anwendung des § 242 BGB nicht dazu, daß der absolute Unwirksamkeitsgrund "ausgehebelt" würde. Selbst der Beklagte zu 1) habe dies ebenso gesehen, denn er habe in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter ihm, dem Kläger, unter dem 22.12.2000 einen Aufhebungsvertrag mit der Aufforderung zugeleitet, diesen unterzeichnet an ihn zurückzusenden. Selbstverständlich habe er diesen Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet, denn er sei davon ausgegangen, daß das Unternehmen der Insolvenzschuldnerin weitergeführt werden würde und damit sein Arbeitsverhältnis auf das Nachfolgeunternehmen übergehen werde.

Es treffe zu, daß bereits vor Stellung des Insolvenzantrags von dem seinerzeitigen Geschäftsführer B5xxxxxxxxx ein "Schlachtplan" erstellt worden sei. In diesem Zusammenhang habe der Geschäftsführer B5xxxxxxxxx versucht, den Mitgeschäftsführer E2xxxx S2xxxxxx aus dem Betrieb zu verdrängen. Er habe geplant, sich selbst als Fertigungsleiter zu statuieren und ihn, den Kläger, zu seinem Stellvertreter zu machen. Das ganze habe über einen Zeitraum von sechs Monaten laufen sollen. Danach hätte er, der Kläger, wiederum die Produktionsleitung übernehmen sollen. Es sei also keinesfalls so gewesen, daß er in seiner Stellung habe irgendwie eingeschränkt werden sollen. Überschneidungen mit den Meistern K8xxxxxxxxx und G6xxxxx hätten sich deshalb nicht ergeben, weil er, der Kläger, mehr im Ausland zur Überprüfung von Waren und Aufbau der Produktion eingesetzt gewesen sei. Richtig sei, daß am 24.11.2000 eine Mitarbeiterschulung auf Meisterebene stattgefunden habe. Er habe an dieser Schulung nicht teilnehmen können, weil er einen Geschäftspartner aus Tschechien zu betreuen gehabt habe. Am folgenden Montag, dem 27.11.2000, habe er eine Menge von Zetteln vorgefunden, die an den Wänden befestigt gewesen seien. Diese hätten von der Schulung am vorangegangenen Freitag gestammt. Beim näheren Studium der Zettel habe er feststellen müssen, daß dort rot vermerkt gewesen sei:

"Betriebsleitung nicht Herr L2xxxx".

Daraufhin habe er den seinerzeitigen Geschäftsführer B5xxxxxxxxx angesprochen. Dieser habe dazu keine Erklärung abgegeben, sondern ihn aufgefordert, Resturlaub und Überstunden abzufeiern, was er dann auch getan habe. Es träfe nicht zu, daß er, der Kläger, erklärt habe, er stehe für eine Auffanglösung nicht zur Verfügung. Es träfe auch nicht zu, daß er sein Arbeitsverhältnis zum 31.12.2000 gekündigt habe. Richtig sei, daß er sich in der Personalabteilung nach dem ihm zustehenden Resturlaub für 2000 und der Mehrarbeit erkundigt habe, die er abzufeiern gedacht habe. Richtig sei, daß er danach für ca. eine Woche arbeitsunfähig erkrankt sei. Daß er für die Auffanggesellschaft zur Verfügung gestanden habe, habe die Beklagte zu 2) spätestens seit dem Zusammentreffen am 13. oder 14.12.2000 gewußt, weil er bei der Begehung nicht nur den gesamten Maschinenpark der (späteren) Insolvenzschuldnerin vorgestellt, sondern auch sein Interesse an einer Weiterbeschäftigung bei der Nachfolgefirma bekundet habe. Der Geschäftsführer A5xxxxx habe erklärt, dies sei durchaus möglich, eine Entscheidung würde noch getroffen.

Der Kläger hat ab 01.01.2001 bei der Firma M4xxx K2xxxx in K6xxxxxxxxxx einen zunächst zum 31.03.2001 befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen, der dann bis 31.10.2001 verlängert worden ist.

Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des kaufmännischen Angestellten U1xxxx B5xxxxxxxxx und der kaufmännischen Angestellten H13xxxxxxx H11xxxxx. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 04.06.2002 verwiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Gerichtsakten gereichten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die aufgrund entsprechender Beschwer statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sowie rechtzeitig ordnungsgemäß begründete Berufung des Beklagten zu 1) hat teilweise Erfolg und führt zu einer entsprechenden Abänderung des angefochtenen Urteils in der federführenden Rechtssache. Die aufgrund entsprechender Beschwer statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sowie rechtzeitig ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten zu 2) hat Erfolg und führt zur entsprechenden Abänderung des angefochtenen Urteils in der verbundenen Rechtssache.

Die Widerklage des Beklagten zu 1), die die Beklagte zu 2) durch Beweisantritte streithelfend unterstützt hat, bleibt ohne Erfolg, da das Arbeitsverhältnis des Klägers durch dessen Eigenkündigung nicht zum 31.12.2000 geendet hat. Hingegen ist es durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 26.01.2001 zum 30.04.2001 beendet worden, ohne daß dem Kläger ein durchsetzbarer Wiedereinstellungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) zusteht.

1. Die Eigenkündigung des Klägers vom 27.11.2000 zum 31.12.2000 ist mangels Wahrung der Schriftform rechtsunwirksam (§ 623 BGB i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB) und hat gem. § 125 Satz 1 BGB die Nichtigkeit einer mündlich ausgesprochenen Kündigung zur Folge (LAG Düsseldorf v. 27.2.1976 - 4 Sa 1703/75, BB 1976, 1076 = DB 1976, 1726). Die Einführung der Schriftform für Kündigung von Arbeitsverträgen und für den Abschluß von Auflösungsvertrag verfolgt den Zweck, der besonderen Bedeutung dieser Beendigungstatbestände Rechnung zu tragen und größtmögliche Rechtssicherheit herbeizuführen, in dem unergiebige Rechtsstreitigkeiten mit zweifelhaften Beweisantritten vermieden werden. Darüber hinaus schützt die Schriftform vor Übereilung beider Arbeitsvertragsparteien bei Beendigung ihrer Rechtsbeziehungen und beugt damit gleichzeitig der Gefahr der Umgehung zwingender Kündigungsschutzvorschriften vor. Die gewählte Gesetzesformulierung "... bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform", stellt klar, daß es sich bei § 623 BGB um eine konstitutive Formvorschrift handelt (Backmeister/Trittin, 1. Aufl., Nachtrag § 623 BGB Rn. 16; Berscheid, ZInsO 2000, 208; Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348, 349; Trittin/Backmeister, DB 2000, 618, 621), deren Nichteinhaltung zwingend zur Unwirksamkeit führt (so zu Tarifnormen BAG v. 09.02.1972 - 4 AZR 149/71, AP Nr. 1 zu § 4 BAT; BAG v. 27.03.1987 - 7 AZR 527/85, BB 1987, 1885 = DB 1987, 1996; BAG v. 11.08.1988 - 2 AZR 95/88, NZA 1989, 891).

1.1. Anders als bei einem Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bei welchem eine Heilung eines formungültig geschlossenen Vertrages möglich ist, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen (§ 313 Satz 2 BGB a.F. = § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.), sieht § 623 BGB bei Kündigungen und Aufhebungsverträgen keine vergleichbare Heilungsmöglichkeit vor, so daß eine Heilung der formnichtigen Kündigung ausscheidet. Die Kündigung muß vielmehr unter Beachtung der anzuwendenden Kündigungsfristen und -termine wiederholt werden (ErfK/Müller-Glöge, 2. Aufl. § 623 BGB Rn. 29; ferner APS-Preis, 1. Aufl., § 623 BGB Rn. 57; KR-Spilger, 6. Aufl., § 623 BGB Rn. 196). Zwar ließ sich bislang eine formunwirksame Kündigungserklärung im allgemeinen gemäß § 140 BGB in den Antrag auf Abschluß eines Aufhebungsvertrages umdeuten, jedoch schlägt die Umdeutung in einem solchen Falle nach nunmehr geltendem Recht fehl, weil auch der Aufhebungsvertrag gemäß § 623 BGB der Schriftform bedarf (APS-Preis, 1. Aufl., § 623 BGB Rn. 58; ErfK/Müller-Glöge, 2. Aufl. § 623 BGB Rn. 30; KR-Spilger, 6. Aufl., § 623 BGB Rn. 191). Die Nichtigkeitsfolge des § 125 Satz 1 BGB wird durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eingeschränkt. Die Berufung auf die Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts ist dann ausgeschlossen, wenn die Nichtigkeitsfolgen für den Vertragsgegner zu "schlechthin unerträglichen Ergebnissen" führen würden (BGH v. 13.10.1983 - III ZR 158/82, NJW 1984, 606, 607; BAG v. 15.01.1987 - 6 AZR 602/85, EzBAT § 4 BAT Betriebliche Übung Nr. 3 = ZTR 1987, 244; BGH v. 23.06.1994 - VII ZR 167/93, BauR 1994, 651 = MDR 1995, 39; BGH v. 24.04.1998 - V ZR 197/97, JR 2000, 17 [Schwarz] = MDR 1998, 958 = NJW 1998, 2350 = ZIP 1998, 1373). Diese Grundsätze gelten auch für die Formnichtigkeit einer Kündigung (BAG v. 28.09.1983 - 7 AZR 83/82, AP Nr. 1 zu § 62 SeemG [Bemm] = AR-Blattei "Seearbeitsrecht: Entsch. 16" [Sahmer] = MDR 1984, 345; BAG v. 20.08.1998 - 2 AZR 603/97, AP Nr. 5 zu § 127 BGB = NJW 1999, 596 = NZA 1998, 1330).

1.2. Eine Ausprägung des Gebotes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Für den Fall der gewillkürten Schriftform ist höchstrichterlich anerkannt, daß es im Falle einer vom Arbeitnehmer selbst unmißverständlich und definitiv erklärten außerordentlichen Kündigung diesem wegen widersprüchlichen Verhaltens nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sein kann, sich auf die Unwirksamkeit seiner eigenen Kündigung zu berufen (BAG v. 04.12.1997 - 2 AZR 799/96, MDR 1998, 542 = NJW 1998, 1659 = NZA 1998, 420). Bei der Übertragung dieser zur gewillkürten Schriftform entwickelten Grundsätze auf die gesetzliche Schriftform des § 623 BGB sind -um den Zweck dieser Vorschrift (vor Übereilung zu schützen) durch § 242 BGB nicht ins Leere laufen zu lassen- strenge Maßstäbe anzulegen (APS-Preis, 1.Aufl., § 623 BGB Rn.74; KR-Spilger, 6.Aufl. § 623 BGB Rn.206; ferner Bader/Bram/Dörner/Wenzel, Lsbl., § 623 BGB Rn.52; ErfK/Müller-Glöge, 2.Aufl. § 623 BGB Rn.31; Kittner/Däubler/Zwanziger, Kündigungsschutzrecht, 5.Aufl., § 623 BGB Rn.36; Kittner/Zwanziger/Appel, Arbeitsrecht, 1.Aufl., § 89 Rn.5; Müller-Glöge/von Senden, AuA 2000, 1999, 203; Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348, 353). Spricht ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer betrieblichen Umstrukturierung, die er nicht mittragen will, eine mündliche Eigenkündigung aus, um nach Selbstbeurlaubung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist danach bei einem anderen Arbeitgeber der Branche einen neuen Arbeitsplatz anzutreten, dann kann in der Berufung auf die Formnichtigkeit der Kündigung ein widersprüchliches Verhalten gesehen werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts zwar fest, daß der Kläger am Morgen des 27.11.2000 im Büro erschienen ist und gegenüber dem Geschäftsführer B5xxxxxxxxx sein Arbeitsverhältnis zum 31.12.2000 gekündigt hat, um sofort seinen Resturlaub zu nehmen und Überstunden abzufeiern. Nicht erhärtet ist das Vorbringen der Beklagten zu 2), der Kläger habe seine Kündigung damit begründet, er könne die Neustrukturierung der Fertigung nicht mittragen und stehe deshalb für eine Auffanglösung nicht zur Verfügung. Der Zeuge B5xxxxxxxxx hat auf Vorhalt ausgesagt, es sei seinerzeit bei dem Gespräch mit dem Kläger nicht um das konkrete Sanierungskonzept, sondern um Vorgänge gegangen, die bereits seit Monaten geschwelt hätten. Daher läßt die Eigenkündigung keinen Rückschluß dahingehend zu, daß der Kläger einer Überleitung seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 2) widersprochen habe. Da er nach dem Interessenausgleich vom 22.12.2000 ohnehin ab 01.01.2001 von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt war, läßt die Aufnahme der Tätigkeit bei der Fa. M4xxx K2xxxx zunächst nicht den Schluß zu, er habe damit seine unwirksame Eigenkündigung zum 31.12.2000 manifestieren wollen. Die Widerklage mußte daher ohne Erfolg bleiben.

2.Die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 26.01.2001 ist weder nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG noch nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB rechtsunwirksam, sondern das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Insolvenzschuldnerin wegen Wegfalls seines Arbeitsplatzes zum 30.04.2001 aufgelöst hat. Werden vor oder nach Betriebsübergang Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt, kann hierauf eine betriebsbedingte Kündigung des Veräußerers bzw. des Erwerbers gestützt werden. Der § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB schützt nicht vor Risiken, die sich jeweils unabhängig vom Betriebsübergang ergeben. Insofern ist auch eine Anpassung an die wirtschaftliche Lage und eine Sanierung eines Unternehmens im Rahmen eines Betriebsübergangs möglich (Ascheid, NZA 1991, 873, 878, m.w.N. in Fn. 17; Commandeur, NZA 1991, 705, 707; Hanau/Berscheid, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 1541, 1555 Rn. 26). In der Insolvenz ermöglicht § 128 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO Rationalisierungsplanungen im Vorgriff auf eine Betriebs(teil-)veräußerung (Schrader, NZA 1997, 70, 78; zust. APS-Dörner, 1. Aufl., InsO Rn. 32; Berscheid, Arbeitsverhältnisse in der Insolvenz, 1. Aufl., S. 235 Rn. 676; BKB-Berscheid, Praxis des Arbeitsrecht, 2. Aufl., Teil 8 Rn. 145; ErfK-Ascheid, 2. Aufl., § 128 InsO Rn. 1; Haarmeyer/Wutzke/Förster, 3. Aufl., Handbuch der InsO, Kap 5 Rn. 285). Bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste wird vermutet, daß die Kündigung der bezeichneten Arbeitnehmer aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durch dringende betriebliche Erfordernisse, die im Falle einer Beendigungskündigung seiner Weiterbeschäftigung entgegenstehen, bedingt ist (§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO). Im Falle eines Betriebsübergangs erstreckt sich diese Vermutung auch darauf, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt (§ 128 Abs. 2 InsO).

2.1. In einem solchen Fall beschränkt sich die Darlegungs- und Beweislast des Erwerbers auf die "Vermutungsbasis", nämlich auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschriften des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO (so zu § 1 Abs. 5 KSchG a.F. [1996] LAG Köln v. 01.08.1997 - 11 Sa 355/97, LAGE § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 1 = NZA-RR 1998, 160; bestätigt durch BAG v. 07.05.1998 - 2 AZR 55/98, NZA 1998, 1110 = ZIP 1998, 1885; ferner LAG Hamm v. 02.09.1999 - 4 Sa 962/99, ZInsO 2000, 352; so zu § 125 InsO LAG Hamm v. 06.07.2000 - 4 Sa 233/00, ZInsO 2001, 336; LAG Hamm v. 06.07. 2000 - 4 Sa 799/00, DZWIR 2001, 107 [Weisemann] = ZInsO 2000, 569):

- daß der Interessenausgleich wegen einer bestimmten Betriebsänderung rechtswirksam zustande gekommen ist,

- daß der Arbeitnehmer wegen der diesem Interessenausgleich zugrunde liegenden Betriebsänderung entlassen worden ist,

- ggf., daß der Arbeitnehmer einem bestimmten Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet worden ist;

- daß der gekündigte Arbeitnehmer in diesem Interessenausgleich namentlich bezeichnet ist.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, daß der Vortrag des Beklagten zu 1) diesen Anforderungen genügt; wirksame Rügen gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen des Interessenausgleichs und/oder der Namensliste sind nicht erhoben worden. Der Kläger ist "wegen" der dem Interessenausgleich zugrunde liegenden Betriebsänderung entlassen worden und in der Namensliste genannt.

2.1.1. Soweit der Kläger einwendet, unter dem 25.01.2001 sei lediglich ein "Nachtrag zum Interessenausgleich vom 17.01.2001" unterzeichnet worden und es handele sich ausweislich Ziff. 3 dieser Vereinbarung um einen bedingten Interessenausgleich, der rechtlich unwirksam sei und deshalb nicht die Wirkungen des § 125 InsO habe, vermag ihm das Berufungsgericht nicht zu folgen. Richtig ist zwar, daß nach § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO eine abschließende Festlegung der zu kündigenden Arbeitnehmer im Interessenausgleich erforderlich ist (so zu § 1 Abs. 5 KSchG a.F. [1996] BAG v. 06.12.2001 - 2 AZR 422/00, NZA 2002, 999), eine solche ist jedoch im Interessenausgleich vom 25.01.2001 auch getroffen worden. Der als "Nachtrag zum Interessenausgleich vom 17.01.2001" vom 25.01.2001 schreibt diese Vereinbarung fort. Am 17.01. 2001 haben sich die Betriebspartner in einen Interessenausgleich ausweislich seiner Ziff. 4 "darauf geeinigt, daß die derzeit bestehenden Arbeitsverhältnisse mit sämtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen (§ 113 InsO) gekündigt werden müssen", ohne daß -wie der Kläger insoweit zutreffend erkannt hat - eine entsprechende Namensliste angefertigt worden ist. Am 25.01.2001 haben sich die Betriebspartner in dem besagten Nachtrag zunächst in Ziff. 3 darauf verständigt, daß "es ... bei der Kündigung sämtlicher bestehenden Arbeitsverhältnisse auf der Grundlage des Interessenausgleichs vom 17.01.2001 und des Sozialplans vom 22.01.2001" bleibt. Desweiteren waren sich die Betriebspartner einig, selbst dann, falls "es während der Laufzeit der Fristen der noch auszusprechenden Kündigungen im Gegensatz zu der derzeit beschlossenen Stillegung doch noch zu einer Betriebsveräußerung kommen sollte, ... auch eine Betriebsänderung in Gestalt der Reduzierung der vorhandenen Arbeitsplätze notwendig ist". In Ziff. 3 des Nachtrags heißt es dann weiter, "schon im Laufe des Insolvenzeröffnungsverfahrens angestellte betriebswirtschaftliche Analysen (haben) ergeben, daß - wenn überhaupt - nur 55 von insgesamt derzeit 80 Arbeitsplätzen erhalten bleiben können". Ausgehend von dieser Situation haben sich Betriebsrat und Insolvenzverwalter gemäß § 125 InsO darauf geeinigt, "daß die Kündigung von 25 Arbeitsverhältnissen in jedem Fall, d.h. selbst dann erforderlich ist, wenn es zu einem späteren Zeitpunkt noch zu einer Betriebsveräußerung kommt", wie es in Ziff. 4 des Nachtrags heißt. Die insoweit betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der Namensliste, die diesem Nachtrag beigefügt und von beiden Seiten unterzeichnet ist, namentlich benannt worden. Daß die Betriebspartner sich nur auf eine "Teilliste" verständigt haben, ist rechtlich deshalb unerheblich, denn der Kläger zu den in dieser Namensliste aufgeführten Mitarbeitern. Im übrigen verbietet nicht, eine Liste mit den zu kündigenden Arbeitnehmern als Anlage zu einem Interessenausgleich zu nehmen, soweit zweifelsfrei feststeht, daß die Namensliste und der Interessenausgleich eine Urkunde bilden. In einem solchen Falle reicht es aus, wenn die Namensliste von den Betriebsparteien unterzeichnet ist und in ihr oder im Interessenausgleich auf sie Bezug genommen ist (so zu § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG a.F. [1996] BAG v. 21.02.2002 - 2AZR 581/00, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 10).

2.1.2. Anwendbar ist § 125 Abs. 1 InsO bei allen Betriebsänderungen i.S.d. § 111 BetrVG, und zwar auch dann, wenn der Insolvenzverwalter die vollständiger Stillegung des Betriebes und somit die Entlassung aller Arbeitnehmer plant. Ist nur eine Betriebsänderung Gegenstand des Interessenausgleiches, wird dieser Kausalzusammenhang zwischen Betriebsänderung und Kündigung in der Regel vermutet. Regelt der Interessenausgleich mehrere Betriebsänderungen oder eine mehrgliedrige Betriebsänderung, die entweder nicht gleichzeitig oder einheitlich oder von der eine oder ein Teil schließlich gar nicht durchgeführt wird, ist vom Insolvenzverwalter im Prozeß darzulegen und ggf. zu beweisen, daß die Kündigung gerade in Vollzug der tatsächlich durchgeführten bzw. des tatsächlich durchgeführten Teils der Betriebsänderung ausgesprochen wurde. Dieser Kausalzusammenhang nimmt in einem solchen Falle nicht an der Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO teil (ArbG Jena v. 15.02.2002 - 4 Ca 24/01, ZInsO 2002, 644). Die Vermutungswirkungen eines Interessenausgleichs mit namentlicher Benennung der zu kündigenden Arbeitnehmer gelten desweiteren dann nicht, wenn die Arbeitnehmer nicht aufgrund der dem Interessenausgleich zugrunde liegenden Betriebsänderung, sondern aufgrund anderer betrieblicher Gründe entlassen werden sollen (ArbG Siegburg v. 17.07.1997 - 1 Ca 3510/96, MDR 1997, 1038 [Moll] = ZAP ERW 1998, 67 [Berscheid]; ebenso Berscheid, BuW 1997, 831, 832; ders., MDR 1998, 816, 817; BKB-Berscheid, Praxis des Arbeitsrecht, 2. Aufl., Teil 8 Rn. 130; Oetker/Friese, DZWIR 2001, 177, 179 m.w.N. in Fn. 111; Uhlenbruck/Berscheid, 12. Aufl., § 125 InsO Rn. 17). Die Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO kann nur an die von Insolvenzverwalter und Betriebsrat gemeinsam zugrunde gelegte Betriebsänderung anknüpfen (LAG Düsseldorf v. 27.09.2001 - 11 Sa 782/01, LAGReport 2002, 125 = ZInsO 2002, 740). Deshalb ist es Sache des Insolvenzverwalters, den Kausalzusammenhang zwischen der Betriebsänderung und den Entlassungen darzulegen (mit dieser Maßgabe zutreffend ArbG Bonn v. 05.02.1997- 2 Ca 3268/96, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 1 = BuW 1998, 196 [Sander] = DB 1997, 1517 [Schiefer] = ZAP ERW 1997, 109 [Berscheid]; ebenso LAG Hamm v. 02.09.1999 - 4 Sa 962/99, ZInsO 2000, 352; LAG Hamm v. 06.07.2000 - 4 Sa 799/00, DZWIR 2001, 107, 111 [Weisemann] = ZInsO 2000, 569; Berscheid, MDR 1998, 816, 817; B. Gaul, AuA 1998, 168; Kohte, BB 1998, 646, 649 bei Fn. 53; Oetker/Friese, DZWIR 2001, 177, 179). Dies kann bereits im Interessenausgleich selbst geschehen, wenn dort das Sanierungskonzept und seine Folgewirkungen auf die Arbeitsplätze kurz dargestellt werden (ArbG Ludwigshafen v. 11.03.1997 - 1 Ca 3094/96, ARST 1997, 235 = AuR 1997, 416 = ZAP ERW 1997, 109 [Berscheid]; zust. BKB-Berscheid, Praxis des Arbeitsrechts, 2. Aufl., Teil 8 Rz. 130; FK-Eisenbeis, 2. Aufl., § 125 InsO Rdn 3; Uhlenbruck/Berscheid, 12. Aufl., § 125 InsO Rz. 19), ansonsten muß der Insolvenzverwalter die Betriebsänderung darlegen. Dabei ist zu beachten, daß auch ein bloßer Personalabbau ohne Verringerung der sächlichen Betriebsmittel kann eine Betriebseinschränkung sein, wenn eine größere Anzahl von Arbeitnehmern betroffen ist (BAG v. 10.12.1996 - 1 AZR 290/96, NZA 1997, 787 = ZIP 1997, 1471). Nach den Festlegungen im Nachtrag vom 25.01.2001 plante der Beklagte zu 1) einen Personalabbau der 80 Beschäftigten um 25 Arbeitnehmer. Damit waren mehr als ein Anteil von 10% der Gesamtbelegschaft gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG erfaßt (BAG v. 02.08.1983 - 1 AZR 516/81, AP Nr. 12 zu § 111 BetrVG 1972 [Fabricius/Pottmeyer] = NJW 1984, 1781 = SAE 1984, 148 [Gitter] = ZIP 1984, 359). Der beabsichtigte Personalabbau stellt sich deshalb als eine Betriebseinschränkung i.S.d. § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG a.F. [1972] und damit auch als eine interessenausgleichspflichtige Personalmaßnahme dar (BAG v. 21.02.2002 - 2AZR 581/00, EzA § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 10).

2.2. Bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste kehrt sich im Kündigungsschutzprozeß, in dem nach bisherigem Recht der Insolvenzverwalter gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG für das Vorliegen von dringenden betrieblichen Erfordernissen darlegungs- und beweispflichtig war (BAG v. 23.03.1984 - 7 AZR 407/82, AuR 1984, 154; BAG v. 23.03.1984 - 7 AZR 409/82, ZIP 1984, 1524, 1525), die Darlegungs- und Beweislast um (BAG v. 07.05.1998 - 2 AZR 536/97, NZA 1998, 933 = ZIP 1998, 1809; BAG v. 02.12.1999 - 2 AZR 757/98, NZA 2000, 531 = ZInsO 2000, 411 = ZIP 2000, 676).

2.2.1. Bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs mit Namensliste hat der Arbeitnehmer bei einer Betriebs(teil-)veräußerung im Insolvenzverfahren eine "doppelte" Vermutung zu entkräften (so bereits Berscheid, AnwBl 1995, 8, 17; ders., Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 1395, 1423 Rn. 61; ders., Arbeitsverhältnisse in der Insolvenz, 1. Aufl., S. 234 Rn. 675; BKB-Berscheid, Praxis des Arbeitsrecht, 2. Aufl., Teil 8 Rn. 140; Grunsky/Moll, Arbeitsrecht und Insolvenz, 1. Aufl., Rn. 362; Haarmeyer/Wutzke/Förster, 3. Aufl., Handbuch der InsO, Kap. 5 Rn. 285; Hanau, ZIP 1998, 1817, 1819; Hanau/Berscheid, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 1541, 1563 Rn. 42; HK-Irschlinger, 2. Aufl., § 128 InsO Rn. 4; Nerlich/Römermann/Hamacher, Lsbl., § 128 InsO Rn. 75; Uhlenbruck/Berscheid, 12. Aufl., § 128 InsO Rn. 26; a.A. Tretow, ZInsO 2000, 309, 311; Oetker/Friese, DZWIR 2001, 177, 185; ferner Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 93 Rn. 98), nämlich

- daß die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt ist (§ 128 Abs. 2 InsO) und

- daß die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist (§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO).

Mit anderen Worten, der Arbeitnehmer muß bei Zustandekommen eines Interessenausgleichs i.S.d. § 125 InsO den Vollbeweis dafür erbringen, daß die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht "auf anderen Gründen" (§ 613a Abs. 4 Satz 2 BGB) -bspw. auf einem Sanierungs- oder Reorganisationskonzept - beruht (siehe dazu Kraemer/Bertram, Handbuch zur InsO, Lsbl., Fach 6, Kap. 3 Rn. 112), sondern einen Verstoß gegen § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB darstellt (Berscheid, BuW 1999, 75, 78; HK-Irschlinger, 2. Aufl., § 128 InsO Rn. 4; ähnl. APS-Dörner, 1. Aufl., InsO Rn. 33; Kittner/Zwanziger/Lakies, Arbeitsrecht, 1. Aufl., § 121 Rn. 84; KR-Pfeiffer, 6. Aufl., § 613a BGB Rn. 199; KR-Weigand, 6. Aufl., § 128 InsO Rn. 3; Kübler/Prütting/Moll, Lsbl., § 128 InsO Rn. 28). Daher ist es möglich, die Teilstillegung unrentabler Betriebsteile und die dadurch verursachte Massenentlassung über einen zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleich mit Namensliste "abzusichern" (Berscheid, BuW 1997, 831, 833; ders., MDR 1998, 1129, 1130; BKB-Berscheid, Praxis des Arbeitsrecht, 2. Aufl., Teil 8 Rn. 145; Uhlenbruck/Berscheid, 12. Aufl., § 128 InsO Rn. 27; a.A. Kittner/Zwanziger/Däubler, KSchR, § 128 InsO Rn. 6, und Tretow, ZInsO 2000, 309, 312, die § 128 InsO auf einen Betriebsteilübergang nicht anwenden wollen).

2.2.2. Die dargestellte "doppelten" Vermutung hat der Kläger, die in der Namensliste an elfter Stelle genannt ist, vorliegend nicht widerlegen können. Bei der Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO, auf die in § 128 Abs. 2 InsO verwiesen wird, handelt es sich zwar nur um eine widerlegliche Vermutung i.S.v. § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 292 Satz 1 ZPO, aber widerlegliche Vermutungen haben die Funktion von Beweislastregeln. Der bei widerleglichen Vermutungen offene Beweis des Gegenteils ist Hauptbeweis und erst dann geführt, wenn das Gericht vom Vorliegen eines Sachverhalts überzeugt ist, der das Gegenteil der Vermutung ergibt (ArbG Berlin v. 16.04.1997 - 69 Ca 49520/96, ZAP ERW 1998, 45 [Berscheid]; LAG Hamm v. 02.09.1999 - 4 Sa 962/99, ZInsO 2000, 352; LAG Hamm v. 06.07.2000 - 4 Sa 799/00, EzInsR § 125 InsO Nr. 3 = DZWIR 2001, 107 [Weisemann] = ZInsO 2000, 569). Diesen Anforderungen genügt der Sachvortrag des Klägers nicht einmal ansatzweise. Da die Betriebsänderung nicht im Interessenausgleich selbst beschrieben worden ist, was zwar nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgeschrieben ist, wohl aber zur Beweiserleichterung bzw. zur Vermeidung von Rechtsverlusten dringend empfohlen werden kann (vgl. dazu LAG Düsseldorf v. 27.09.2001 - 11 Sa 782/01, LAGReport 2002, 125 = ZInsO 2002, 740), hat der Beklagte zu 1) die vorgenommene Betriebsänderung noch im Prozeß schriftsätzlich erläutern dürfen. Er hat dazu in Bezug auf den Arbeitsplatz des Klägers vorgetragen, nach dem tatsächlichen Ausscheiden des Klägers aus dem Betrieb im November 2000 seien die Aufgaben des Betriebsleiters von dem stellvertretenden Betriebsleiter M5xxxxx K3xxxxxxxxx erfüllt worden. Durch diese tatsächliche Übung habe man festgestellt, daß ein Betriebsleiter nicht mehr unbedingt erforderlich sei, und deshalb entschieden, daß im Falle der Betriebsübernahme die technische Betriebsleitung von der Firma S10xxxxxx GmbH miterledigt werden sollte. Die technische Betriebsleitung, welche der Kläger innegehabt habe, sollte nach der Auflösung des sog. Werkes I am R2xxxx W5x der Betriebsleiter H10xxxxx der Firma S10xxxxxx GmbH künftig mit erledigen. Dies sei in mehreren Gesprächen im Januar 2001 u.a. am 08.01.2001, beschlossen und so festgelegt worden, wobei damals allerdings noch nicht festgestanden habe, ob es zu einer Betriebsübernahme kommen würde, da die Finanzierung der Interessentin noch nicht gesichert gewesen sei. Dieses Vorbringen ist als sozial rechtfertigendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung schlüssig, auch wenn von der unternehmerischen Entscheidung nur ein einziger Arbeitnehmer betroffen ist (BAG v. 12.04.2002 - 2AZR 740/00, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 117). Die Entscheidung des Arbeitgebers, Führungsebenen abzubauen und den Personalbestand auf Dauer zu reduzieren, gehört zu den sog. unternehmerischen Maßnahmen, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und damit den entsprechenden Beschäftigungsbedarf entfallen lassen können (LAG Hamm v. 06.09.2001 - 4 Sa 24/01, BuW 2002, 660 = ZInsO 2002, 95). Entschließt sich der Insolvenzverwalter, im Hinblick auf das Erwerberkonzept bestimmte Leitungsaufgaben anders zu verteilen oder ab dem Zeitpunkt des Übergangs der Leitungsmacht auf Mitarbeiter im Unternehmen der Betriebserwerberin zu übertragen, dann führt diese Organisationsentscheidung ab diesem Zeitpunkt zum Wegfall des Arbeitsplatzes des Leitungsmitarbeiters. Diese Darlegungen des Beklagten zu 1) sind in sich schlüssig. Der Kläger hätte nunmehr den Beweis des Gegenteils als Hauptbeweis zu führen gehabt. Er hat diesen jedoch nicht erbracht, sondern lediglich vorgetragen, "insbesondere hat der Beklagte zu 1) zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, daß die Stelle des Betriebsleiters nicht mehr besetzt werde, gestrichen werde oder von einem anderen Mitarbeiter besetzt o.ä." worden sei. Damit hat der Kläger nicht schlüssig dargetan, daß die Kündigung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

2.3. Der Interessenausgleich mit Namensliste im Sinne des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO erleichtert die Massenentlassung, denn er ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG (§ 125 Abs. 2 InsO), er entbindet den Insolvenzverwalter jedoch nichz von der Betriebsratsanhörung zu den konkret auszusprechenden Kündigungen nach § 102 BetrVG (so zu § 1 Abs. 5 KSchG a.F. [1996] vor allem LAG Düsseldorf v. 21.04.1998 - 3/11/18 Sa 1968/97, LAGE § 102 BetrVG 1972 Nr. 69; ebenso Hess, AR-Blattei SD 915.6 Rn. 79; Kohls, ZInsO 1998, 220, 221; a.A. Giesen, ZfA 1997, 145, 175, und Schrader, NZA 1997, 70, 75, die eine gesonderte Anhörung nach § 102 BetrVG als sinnlosen Formalismus ansehen; ähnl. J.H. Bauer, DB 1994, 217, 223; Kania, DStR 1996, 832, 834; Rinke NZA 1998, 77, 86; Schiefer, DB 1998, 925, 926; Warrikoff, BB 1994, 2338, 2342). Gegen ein Redaktionsversehen spricht einerseits der Umkehrschluß aus dem Wortlaut des § 125 Abs. 2 InsO, wonach der Interessenausgleich mit Namensliste die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG ersetzt, und andererseits der unterschiedliche Regelungszweck beider Vorschriften (so zu § 1 Abs. 5 Satz 4 KSchG a.F. [1996] BAG v. 20.05.1999 - 2 AZR 148/99, NZA 1999, 1039 = ZInsO 1999, 601 = ZIP 1999, 1647).

2.3.1. Ob der Kläger als Betriebsleiter leitender Angestellter i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG gewesen ist, so daß die Regelung des § 105 BetrVG zum Tragen kommt, oder ob er mangels Befugnis zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern nicht als leitender Angestellter anzusehen ist, so daß der Betriebsrat vor seiner Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG anzuhören gewesen ist, kann dahingestellt bleiben. Der Beklagte zu 1) hat das Anhörungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Er hat sich in einem Schreiben vom 16.01.2001 an den Betriebsratsvorsitzenden P2xxx H15xx darauf berufen, "das Anhörungsverfahren zu den Kündigungen ... heute unter Übergabe einer Liste mit sämtlichen relevanten Sozialdaten im Rahmen der Betriebsratssitzung eingeleitet" zu haben. Der Betriebsratsvorsitzende hat dem Beklagten mit Schreiben vom 22.01.2001 mitgeteilt:

"Die beabsichtigte Kündigung sämtlicher bestehender Arbeitsverhältnisse zwischen der Belegschaft und der G1xx. S2xxxxxx GmbH & Co. KG hat der Betriebsrat zur Kenntnis genommen. Auf den abgeschlossenen Interessenausgleich wird verwiesen."

Dies ist als abschließende Erklärung anzusehen, so daß damit -entgegen den erstinstanzlichen Feststellungen und Darlegungen - durch Urkunden belegt ist, daß das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG vorzeitig beendet worden ist. Daß der Beklagte zu 1) keine Originale, sondern nur Kopien vorlegt hat, ist unschädlich. Da die Zivilprozeßordnung von einem einheitlichen Urkundenbegriff ausgeht, ist wegen ihrer Duplikationseigenschaft auch eine lesbare Schriftstückskopie (Fotokopie oder Telekopie) als Urkunde anzusehen und steht als Reproduktion dem Original inhaltlich gleich (LAG Hamm v. 02.02.1995 - 4 Sa 1850/94, LAGE § 67 ArbGG 1979 Nr.3 [Brehm] = EzBAT § 54 BAT Nr.40; a.A. LAG Berlin v. 16.10.1998 - 6 Sa 49/98, ARST 1999, 189); sie ist unter allen, den Urkundstatbestand voraussetzenden Normen der §§ 415 ff. ZPO subsumierbar (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 53. Aufl., Übers. § 415 ZPO Rz. 1; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, 4. Aufl., § 58 ArbGG Rz. 28; a.A. Zöller/Geimer, 23. Aufl., Vor § 415 ZPO Rz. 2). Der Kläger hätte hier ggf. die Vorlage der Originale verlangen können.

2.3.2. Der Kläger hat im Zusammenhang mit der Frage der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung zwar in seiner Berufungserwiderungsschrift mit Nichtwissen bestritten:

- daß der Beklagte zu 1) am 16.01.2001 das Anhörungsverfahren zu seiner Kündigung gemäß § 102 BetrVG eingeleitet habe,

- daß dem Betriebsrat die zu den Gerichtsakten gereichte Mitarbeiterliste mit den Sozialdaten übergeben worden sei,

- daß dem Betriebsrat in dessen Sitzung am 22.01.2001 mitgeteilt worden sei, u.U. könnten Möglichkeiten zur Betriebsfortführung mit einer reduzierten Belegschaft bestehen,

- daß sämtliche Mitglieder des Betriebsrats informiert worden seien,

- daß der Betriebsrat und der Beklagte zu 1) eine Namensliste aufgestellt hätten, daß auf Veranlassung des Betriebsrats am 23.01.2001 diese Liste geändert worden sei und daß Mitarbeiter auf der Namensliste ausgetauscht worden seien,

- daß am 25.01.2001 ein Treffen zwischen dem Betriebsrat, dem Beklagten zu 1) und dem Gewerkschaftssekretär D7xxxx erfolgt sei, daß man in diesem Gespräch die Namensliste zum Interessenausgleich erneut überarbeitet habe und daß Namen gestrichen bzw. hinzugesetzt worden seien,

- daß der Beklagte zu 1) am 25.01.2001 erklärt habe, er wolle die Arbeitsverhältnisse mit den Mitarbeitern auf der nun endgültig gefaßten Namensliste jetzt kündigen, und daß er auf die Sozialdaten der zu kündigenden Mitarbeiter Bezug genommen habe,

- daß sämtliche Mitglieder des Betriebsrats an dem Informationsgespräch vom 25.01.2001 teilgenommen und den Kündigungen der Arbeitsverhältnisse mit den in der Anlage zum Interessenausgleich aufgeführten Mitarbeitern zugestimmt hätten,

- daß der Betriebsrat bereits am 22.01.2001 der Kündigung aller Arbeitsverhältnisse zugestimmt habe,

jedoch ist dieses Bestreiten unzulässig, denn der Beklagte hat sein Schreiben vom 16.01.2001 an den Betriebsrat und dessen Antwortschreiben vom 22.02.2001 in Kopie vorgelegt. Steht bei einer im Original vorgelegten Urkunde die Echtheit der Namensunterschrift fest, so hat die über der Unterschrift stehende verkörperte Gedankenäußerung die Vermutung der Echtheit für sich (§ 440 Abs. 2 ZPO). Gleiches gilt für eine Schriftstückskopie (Fotokopie oder Telefax). Soweit bei Vorlage der Schriftstückskopie keine Zweifel an der Echtheit und Unverfälschtheit des Originals oder der Reproduktion, insbesondere wegen Fehlens eines entsprechenden Parteivortrags, bestehen, ist die Aussagekraft der Kopie, verglichen mit der des Originals, gleichwertig, denn, daß die unbestritten echte Erklärung den lesbaren und keinen anderen Inhalt enthält, läßt sich einer Kopie so gut wie einem Original entnehmen (Zoller, NJW 1993, 429, 432; zust. LAG Hamm v. 02.02.1995 - 4 Sa 1850/94, LAGE § 67 ArbGG 1979 Nr.3 [Brehm] = EzBAT § 54 BAT Nr.40). Von der Existenz der Urkunde und der Übereinstimmung der Ablichtung mit dem Original kann dann ausgegangen werden, wenn der Gegner die Vorlage der Fotokopie nicht rügt (OLG Köln v. 23.09.1982 - 1 U 13/82, DB 1983, 104, 105 = VersR 1983, 569; zust. BGH v. 28.09.1989 - VII ZR 298/88, DB 1990, 109 = MDR 1990, 232 = NJW 1990, 1170). Hat der Insolvenzverwalter im Kündigungsschutzprozeß zum Nachweis einer ordnungsgemäßen Unterrichtung des Betriebsrats und zum Abwarten der Wochenfrist im Rahmen der Betriebsratsanhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG dem Gericht in Kopie einen Anhörungsbogen sowie Empfangsquittung und Stellungnahme des Betriebsrats vorgelegt und sind diese Urkunden jeweils datiert und von ihm selbst bzw. vom Betriebsratsvorsitzenden unterzeichnet, dann ersetzen die vorgelegten Kopien die Originale, wenn die Unterschriftsleistung vom Arbeitnehmer nicht in Abrede gestellt werden (LAG Hamm v. 02.02.1995 - 4 Sa 1850/94, LAGE § 67 ArbGG 1979 Nr.3 [Brehm] = EzBAT § 54 BAT Nr.40). Es spricht im Rechtsleben eine tatsächliche Vermutung dafür, daß Datums- und Ortsangaben in Privaturkunden regelmäßig richtig sind. Wollte man einen solchen Erfahrungssatz verneinen, dann müßte man von vornherein jede Datums- und Ortsangabe in einer Urkunde in Zweifel ziehen und man würde den Inhalt von Privaturkunden in einer mit der Verkehrsauffassung nicht zu vereinbarenden Weise reduzieren (A. Mayer/ M. Mayer, ZZP 105 [1992], 287, 291 f.; zust. LAG Hamm v. 02.02. 1995 - 4 Sa 1850/94, LAGE § 67 ArbGG 1979 Nr.3 [Brehm] = EzBAT § 54 BAT Nr.40). Das bloßes Bestreiten des Klägers mit Nichtwissen, daß der Beklagte zu 1) am 16.01.2001 das Anhörungsverfahren zu seiner Kündigung gemäß § 102 BetrVG eingeleitet und daß der Betriebsrat bereits am 22.01. 2001 der Kündigung aller Arbeitsverhältnisse zugestimmt habe, ist unbeachtlich.

2.3.3.Die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung könnte allenfalls dann in Zweifel gezogen werden, wenn es zutreffen sollte, daß der Betriebsrat über die Sozialdaten der zu kündigenden Mitarbeiter nicht vollständig informiert worden sei, weil aus der Mitarbeiterliste nicht hervorgehe, welche bzw. wieviel Unterhaltspflichten der einzelne Mitarbeiter habe, und nicht ersichtlich sei, ob der Ehepartner des zu kündigenden Mitarbeiters ein eigenes Einkommen habe oder nicht. Dieses Vorbringen ist unzutreffend. Zunächst ist daran festzuhalten, daß der Insolvenzverwalter im Rahmen des § 102 Abs. 1 BetrVG gegenüber dem Betriebsrat seiner Substantiierungspflicht Genüge getan, wenn er die Berücksichtigung der Kriterien Lebensalter, Betriebszugehörigkeitsdauer, Familienstand und Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder "laut Steuerkarte" angegeben hat (LAG Hamm v. 06.07.2000 - 4 Sa 233/00, ZInsO 2001, 336). Auch bei der Aufstellung von Sozialplänen dürfen die Betriebspartner Praktikabilitätsgesichtspunkten Rechnung tragen und die Gewährung von Erhöhungsbeträgen (lediglich) für "jedes Kind ausweislich der Steuerkarte" vorsehen, also in der Lohnsteuerkarte nicht eingetragene Kinder außer Acht lassen (BAG v. 12.03.1997 - 10 AZR 648/96, BB 1997, 680 = BuW 1997, 639 = DB 1997, 683). An dieser Stelle wird auch die Problematik des sog. Doppelverdienstes aktuell. Dabei ist darauf abzustellen, ob der Ehegatte überhaupt erwerbstätig ist, zu den Geringverdienern zählt oder aus eigener Arbeit so viel verdient, daß sein Ehepartner insoweit keine Unterhaltspflichten hat (Berscheid, WiPra 1996, 354, 356). Da der Insolvenzverwalter hier Schwierigkeiten hat, überhaupt an die notwendigen Daten heranzukommen, kann er sich darauf beschränken, die Unterhaltspflichten "laut Steuerkarte" zu berücksichtigen, zumal die in den Personalunterlagen erfaßten Daten vom Insolvenzverwalter zügig ermittelt werden können (LAG Hamm v. 21.08.1997 - 4 Sa 166/97, LAGE § 102 BetrVG 1972 Nr. 62, unter Hinweis auf Berscheid, BuW 1997, 672, 675; Giesen, ZfA 1997, 145, 150; a.A. LAG Hamm v. 29.03.1985 - 2 Sa 560/85, LAGE § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 1). Maßgeblich für die Ermittlung der Unterhaltspflichten sind die Verhältnisse, von denen der Insolvenzverwalter bei Zugang der Kündigung ausgehen mußte (Bader, NZA 1996, 1125, 1128). Die ihm nach der Steuerkarte zur Verfügung stehenden Daten muß der Insolvenzverwalter bei der Sozialauswahl auswerten (LAG Hamm v. 06.07.2000 - 4 Sa 233/00, ZInsO 2001, 336). Dies hat der Beklagte zu 1) getan. Aus der vorgelegten Personalliste war für den Betriebsrat zu entnehmen, daß der Kläger verheiratet ist, die Steuerklasse III hat und einem King gegenüber unterhaltverpflichtet ist. Aus der vorgelegten Mitarbeiterliste war für den Betriebsrat allerdings nicht ersichtlich, daß er gegenüber zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet sein soll. Ob der Kläger heute zwei Kindern gegenüber unterhaltverpflichtet ist, hat nicht weiter aufgeklärt zu werden brauchen. Nach seinen eigenen Angaben in der Klageschrift vom 16.02.2001 ist der Kläger seinerzeit nur "gegenüber einem Kind zum Unterhalt verpflichtet" gewesen. Diese zum Kündigungszeitpunkt und damit zur Betriebsratsanhörung zeitnahen Angaben stimmen mit den Daten überein, die in der Personalliste dem Betriebsrat mitgeteilt worden sind. Die Rüge des Klägers geht insoweit mithin ins Leere.

2.3.4. Ohne Bedeutung ist vorliegend für die Frage der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG, daß die Betriebsparteien am 25.01.2001 einen "Nachtrag zum Interessenausgleich vom 17.01.2001" vereinbart und in einer Anlage dazu eine unterschriebene Namensliste aufgestellt haben. Der Beklagte hat nämlich seine Kündigungsabsicht nicht geändert. Es heißt nämlich unter Ziff. 2 des Nachtrags:

"Es bleibt bei der Kündigung sämtlicher bestehenden Arbeitsverhältnisse auf der Grundlage des Interessenausgleichs vom 17.01.2001 und des Sozialplans vom 22.01.2001."

Der Betriebsrat und der beklagte Insolvenzverwalter haben sich gemäß § 125 InsO lediglich zusätzlich darauf geeinigt, daß die Kündigung von 25 Arbeitsverhältnissen, zu denen auch das des Klägers gehörte, "in jedem Fall, d.h. selbst dann erforderlich ist, wenn es zu einem späteren Zeitpunkt noch zu einer Betriebsveräußerung kommt". Die Betriebspartner haben sich sodann auf die im Tatbestand in Kopie wiedergegebene Namensliste verständigt. Die Namensliste im Sinne des § 125 Abs. 1 InsO kann völlig losgelöst vom Zeitpunkt der Durchführung des Anhörungsverfahrens nach § 102 Abs. 1 BetrVG aufgestellt werden. Wirksamkeitsvoraussetzung ist lediglich, daß die Namensliste vor Ausspruch der Kündigung (so zu § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG a.F. [1996] ArbG Offenbach/Main v. 18.06.1997- 3 Ca 694/96, AiB 1997, 728 [Isensee] = DB 1998, 926; a.A. ArbG Stralsund v. 13.02.1997 - 1 Ca 647/96, AuA 1998, 27 = ZAP ERW 1998, 67 [Berscheid]) und zeitgleich mit dem Interessenausgleich vereinbart werden muß (so zu § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG a.F. [1996] LAG Düsseldorf v. 25.02.1998 - 17/4 Sa 1788/97, LAGE § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 9). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, so daß sich die Kündigung des Klägers letztlich aus rechtswirksam erweist und sein Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin zum 30.04.2001 fristgemäß (§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO) aufgelöst hat.

3. Dem Kläger steht kein durchsetzbarer Wiedereinstellungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) zu. Außerhalb der Insolvenz wird ein Wiedereinstellungsanspruch bejaht,

- wenn der Arbeitgeber sich zunächst entschieden hatte, eine Betriebsabteilung stillzulegen, sich dann aber noch während der Kündigungsfrist entschließt, die Betriebsabteilung mit einer geringeren Anzahl von Arbeitnehmern doch selbst fortzuführen (BAG v. 04.12.1997 - 2 AZR 140/97, MDR 1998, 723 = NZA 1998, 701; BAG v. 02.12.1999 - 2 AZR 757/98, NZA 2000, 531 = ZIP 2000, 676),

- wenn es nach Zugang der Kündigung wegen ursprünglich beabsichtigter Betriebsstillegung noch während des Laufs der Kündigungsfrist zu einem Betriebsübergang auf einen neuen Betriebsinhaber kommt (BAG v. 27.02.1997 - 2 AZR 160/96, MDR 1997, 749 = NZA 1997, 757; BAG v. 13.11.1997- 8 AZR 295/95, MDR 1998, 420 = NZA 1998, 249 = ZIP 1998, 344).

3.1. Der Wiedereinstellungsanspruch wird mit der Notwendigkeit, die deutsche Zivilrechtsdogmatik und die europarechtlichen Vorgaben möglichst weitgehend zu vereinbaren, begründet (siehe wegen Einzelheiten BGB-Bertram, Praxis des Arbeitsrechts, 2. Aufl., Teil 4 Rn. 1391-1403; Kraemer/Bertram, Handbuch zur InsO, Lsbl., Fach 6, Kap. 3 Rn. 185-208; Oetker, ZIP 2000, 643 ff.; Raab, RdA 2000, 147 ff.; Schubert, ZIP 2002, 554 ff.). Die Bejahung eines Wiedereinstellungsanspruchs ist danach das notwendige Korrektiv für die Zulässigkeit einer betriebsbedingten Kündigung wegen "beabsichtigter" Betriebsstillegung (LAG Hamm v. 11.11.1998 - 2 Sa 1111/98, InVo 1999, 384 = NZA-RR 1999, 576 = ZInsO 1999, 302). Bei einem nachträglichen Wegfall dieses Kündigungsgrundes - also bei einer Fehlprognose - muß ein Anspruch des Arbeitnehmers bestehen, die Wirkungen der ausgesprochenen Kündigungen wieder rückgängig zu machen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Dogmatisch erscheint es geboten zu sein, den Wiedereinstellungsanspruch aus einer Nebenleistungspflicht des Arbeitgebers abzuleiten, weil die beiderseitigen arbeitsvertraglichen Nebenpflichten nicht bereits mit dem Zugang der Kündigungserklärung enden, sondern bestehen zumindest bis zur endgültigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses fort. Es kommt entscheidend darauf an, ob die Interessenwahrungspflicht des Arbeitgebers bei nachträglich veränderten Umständen zur Wiederbegründung oder Fortsetzung des gekündigten Arbeitsverhältnisses führt. Der Arbeitgeber hat auf das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, weil sich aus den Wertungen des Kündigungsschutzgesetzes ergibt, daß der Arbeitsplatzverlust nur aus den dort genannten Gründen eintreten solle (Oetker, ZIP 2000, 643, 646). Die Interessen des Arbeitgebers fallen weniger stark ins Gewicht, wenn sein Interesse an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachträglich, aber noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegfällt. Die arbeitsvertraglichen Interessenwahrungspflichten können den Arbeitgeber bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verpflichten, dem Wegfall des Kündigungsgrundes dadurch Rechnung zu tragen, daß er dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbietet bzw. ein entsprechendes Angebot des Arbeitnehmers annimmt (Oetker, ZIP 2000, 643, 653). Außerhalb der Insolvenz besteht daher ein Anspruch auf Wiedereinstellung bzw. Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, wenn eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit noch vor Ablauf der Kündigungsfrist entsteht (BAG v. 06.08.1997 - 7 AZR 557/96, MDR 1998, 422 = NZA 1998, 254; BAG v. 26.06.2000 - 7 AZR 904/98, MDR 2000, 1440 [Adam] = NZA 2000, 1097 = RdA 2001, 243 [Raab] = SAE 2001, 125 [Kort] = ZIP 2000, 1781 [Oetker]), unter folgenden Bedingungen: Der Betriebserwerber darf mit Rücksicht auf die Wirksamkeit der Kündigung noch keine Disposition getroffen haben, ihm muß die unveränderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und der Arbeitnehmer muß von ihm unverzüglich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verlangt haben (LAG Hamm v. 11.11.1998 - 2 Sa 1111/98, InVo 1999, 384 = NZA-RR 1999, 576 = ZInsO 1999, 302).

3.2. Es bestehen erhebliche rechtliche Bedenken, diese Grundsätze auf eine Betriebsveräußerung in der Insolvenz zu übertragen. Es ist zwar europarechtlich anerkannt, daß der Übergang der Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse notwendigerweise zum Zeitpunkt des Übergangs des Unternehmens erfolgt und nicht nach Gutdünken des Veräußerers oder des Erwerbers auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden kann. Daraus folgt, "daß die zum Zeitpunkt des Übergangs eines Unternehmens zwischen dem Veräußerer und den bei dem übertragenen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern bestehenden Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse ipso iure allein aufgrund des Übergangs des Unternehmens vom Veräußerer auf den Erwerber übergehen, und zwar trotz des entgegenstehenden Willens des Veräußerers oder des Erwerbers und trotz der Weigerung des Erwerbers, seine Verpflichtungen zu erfüllen" (EuGH v. 14.11.1996 - C-305/94, ARST 1997, 94 = DB 1996, 2546 = EWS 1997, 68). Grundsätzlich läßt sich daraus aber kein Anspruch auf Rückgängigmachung von Kündigungsfolgen und schon gar kein Übergang von bereits beendeten Arbeitsverhältnissen herleiten (Hanau, ZIP 1999, 324, 325). Liegt kein Verstoß gegen das Kündigungsverbot (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 RL 77/187/EWG = Art. 4 Abs. 1 Satz 1 RL 98/50/EG = Art. 4 Abs. 1 Satz 1 RL 2001/23/EG = § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB) vor, weil die Kündigung auf einem vernünftigen, nachvollziehbaren Sanierungskonzept beruht, besteht auch kein Bedürfnis, einen Wiedereinstellungsanspruch gegen den Betriebserwerber zu bejahen, eben weil sich die Rechtslage gerade in diesem Punkte nicht gegenüber dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung geändert hat. Ansonsten würden die Regelungen der §§ 125 Abs. 1, 128 Abs. 2 InsO leer laufen (Berscheid, ZInsO 1998, 159, 172; ders., Arbeitsverhältnisse in der Insolvenz, 1. Aufl., S. 241 Rn. 688; siehe zur Problematik Hanau, ZIP 1998, 1817, 1819 f.; Schubert, ZIP 2002, 554, 560 ff.) und wäre die durch § 113 Abs. 2 InsO erstrebte Rechtssicherheit beseitigt, zumindest aber gefährdet, wenn Wirksamkeit und Unangreifbarkeit von Kündigungen durch den Insolvenzverwalter dem Erwerber gar nichts nützen würden, weil dieser sich auch und gerade nach wirksamen Kündigungen Wiedereinstellungsansprüchen gegenüber sähe. Diese Gründe rechtfertigen es, den von der Rechtsprechung entwickelten Wiedereinstellungsanspruch bei Betriebsübergängen in der Insolvenz völlig auszuschließen (LAG Frankfurt/Main v. 25.01.2001 - 11 Sa 908/99, ZInsO 2002, 48; Hanau, ZIP 1998, 1817, 1820; Hess, AR-Blattei SD 915.8 Rn. 152; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch der InsO, 3. Aufl., Kap. 5 Rn. 289; Hanau/Berscheid, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 1541, 1579 Rn. 74; Uhlenbruck/Berscheid, 12. Aufl., § 128 InsO Rn. 33; a.A. LAG Hamm v. 11.11.1998 - 2 Sa 1111/98, InVo 1999, 384 = NZA-RR 1999, 576 = ZInsO 1999, 302; Bertram, Arbeits- und Sozialrecht in der Insolvenz, DAI-Skript 2001, S. 44; BKB-Bertram, Praxis des Arbeitsrechts, 2. Aufl., Teil 4 Rn. 1401; Kraemer/Bertram, Handbuch zur InsO, Lsbl., Fach 6, Kap. 3 Rn. 206, 207; Raab, RdA 2000, 147, 159/160).

3.2.1. Zumindest aber ist der Wiedereinstellungsanspruch in der Insolvenz zeitlich begrenzt: Seine Voraussetzungen müssen innerhalb der Höchstfrist des § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO entstanden sein (Berscheid, MDR 1998, 1129, 1132; Hess, AR-Blattei SD 915.6 Rn. 75; Schubert, ZIP 2002, 554, 563; a.A. Beckschulze, DB 11998, 417, 421; Ricken, NZA 1998, 460, 464). Bei Bejahung eines Wiedereinstellungsanspruchs, der auf einen nach Ablauf der gesetzlichen Höchstfrist entstandenen Sachverhalt gestützt wird, würden die Regelungen der §§ 125 Abs. 1, 128 Abs. 2 InsO leer laufen (Berscheid, ZInsO 1998, 159, 172). Ein Wiedereinstellungsanspruch nach Ablauf der gesetzlichen Höchstfrist würde im Zuge einer teleologischen Extension die Interessen der gekündigten Arbeitnehmer einseitig bevorzugen (Schubert, ZIP 2002, 554, 559) und damit den Vorstellungen des Gesetzgebers, daß er mit der Kündigungsfrist von höchstens drei Monaten zum Monatsende für die Kündigung von Dienstverhältnissen in der Insolvenz "einen Ausgleich zwischen den sozialen Belangen der Arbeitnehmer und sonstigen Dienstverpflichteten des insolventen Unternehmens sowie den Interessen der Insolvenzgläubiger an der Erhaltung der Masse als Grundlage ihrer Befriedigung" hat schaffen wollen (BT-Drs 12/7302, S. 170), zuwiderlaufen (Berscheid, BuW 1999, 75, 79). An der Höchstfrist des § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO wird man sich bei Bejahung eines Wiedereinstellungsanspruchs einheitlich orientieren müssen, so daß auch Arbeitnehmer, deren Kündigungsfrist kürzer ist, die aber unter sozialen Gesichtspunkten schutzwürdiger sein können als Arbeitnehmer mit den längsten Kündigungsfristen, in den Genuß des Wiedereinstellungsanspruchs kommen können (Uhlenbruck/Berscheid, 12. Aufl., § 128 InsO Rn. 34). Kommt es nach Zugang der Kündigung entgegen der ursprünglich beabsichtigten Betriebsstillegung zu einem Betriebsübergang auf einen neuen Betriebsinhaber, so kann der Wiedereinstellungsanspruch - wenn überhaupt - dann aber nur, wie vorliegend vom Kläger insoweit zutreffend geltend gemacht, gegen den Übernehmer gerichtet werden (LAG Hamm v. 04.04.2000 - 4 Sa 1220/99, DZWIR 2000, 244 [Franzen] = ZInsO 2000, 292) und darf nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden, deren Eintritt vom Erwerber nicht beeinflußt werden kann (BAG v. 12.11.1998 - 8 AZR 265/97, MDR 1999, 551 = NZA 1999, 311 = ZIP 1999, 670). Sofern man - entgegen der hier vertretenen Auffassung - einen Wiedereinstellungsanspruch in der Insolvenz bejahen sollte, wird man von dem Arbeitnehmer im übrigen erwarten können, daß er innerhalb von drei Wochen nach Kenntniserlangung von den den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umständen den Wiedereinstellungsanspruch gegenüber dem Erwerber geltend macht (ArbG Frankfurt/Main v. 20.07.1999 - 5 Ca 7905/97, NZA-RR 1999, 580 = ZInsO 2000, 56). Hierfür spricht auch die Regelung des § 113 Abs. 2 InsO, denn ansonsten würde diese Klagefrist leerlaufen (Hanau/Berscheid, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 1541, 1580 Rn. 76; Schubert, ZIP 2002, 554, 557; Uhlenbruck/Berscheid, 12. Aufl., § 128 InsO Rn. 34). Im Hinblick auf die Interessenlage beim Veräußerer einerseits und beim Erwerber andererseits müssen die Zeitschranken für die Ausübung des Widerspruchsrechts bzw. für die Geltendmachung des Fortsetzungsverlangens identisch sein, denn insofern besteht ein "Gleichklang" (LAG Hamm v. 11.05.2000 - 4 Sa 1469/99, DZWIR 2000, 457 [Oetker] = ZInsO 2001, 384). Künftig wird man für neue Fallgestaltungen eine Heraufsetzung der von der Rechtsprechung entwickelten Geltendmachungsfrist von drei Wochen auf einen Monat -im Hinblick auf den zuvor beschworenen Gleichklang - aus der Anhebung der Widerspruchsfrist durch § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB n.F. vornehmen können.

3.2.2. Vorliegend haben der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2), die von der Firma S10xxxxxx M3xxx GmbH aus H8xxxxxxx zur Fortführung der Produktion der Insolvenzschuldnerin gegründet worden ist, am 28.02.2001 mit Wirkung vom 01.03.2001 einen Betriebsfortführungsvertrag, der nach Gewährung einer Landesbürgschaft am 14.09.2001 in einem Kaufvertrag der Aktiva der Insolvenzschuldnerin mündete (UR-Nr. 198/2001 des Notars D2. U1xxxx W3xxxxxxx aus B1xxxxxxx). Da die Übernahme der Leitungsmacht durch die Beklagte zu 2) noch während des Laufes der Kündigungsfrist -der Kläger ist mit Schreiben vom 26.01.2001 zum 30.04.2001 gekündigt worden - erfolgt ist, kommen die von der Rechtsprechung zum Wiedereinstellungsanspruch entwickelten Grundsätze zur Anwendung, falls man einen solchen Anspruch bei Betriebsübergängen in der Insolvenz nicht völlig auszuschließen will (LAG Frankfurt/Main v. 25.01.2001 - 11 Sa 908/99, ZInsO 2002, 48; a.A. LAG Hamm v. 11.11.1998 - 2 Sa 1111/98, InVo 1999, 384 = NZA-RR 1999, 576 = ZInsO 1999, 302). Mit seinem Klageantrag in der verbundenen Rechtssache begehrt der Kläger zwar die Feststellung, bei der Beklagten unmittelbar nach Ablauf der Kündigungsfrist, nämlich seit dem 01.05.2001 in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, jedoch hat er jenseits der für ihn noch gültigen Drei-Wochen-Frist erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 30.07.2001 den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagten zu 2) dieser gegenüber geltend gemacht. Die Frist zur Geltendmachung des Wiedereinstellungsanspruchs beginnt, sobald der Arbeitnehmer Kenntnis von denjenigen Tatsachen erhält, die für den Betriebsübergang maßgeblich sind. Wenn er weder vom Veräußerer noch vom Erwerber über den Betriebsübergang unterrichtet worden ist, kann er sein Widerspruchsrecht noch nach erfolgtem Betriebsübergang ausüben (BAG v. 22.04.1993 - 2 AZR 50/92, NZA 1994, 360 = ZIP 1994, 389; seit 01.04.2002 ausdrücklich in § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB n.F. festgeschrieben). Wegen des "Gleichklangs" in Bezug auf die Interessenlage von Veräußerer und Erwerber gilt dies auch für die Geltendmachung des Wiedereinstellungsanspruchs. Der Arbeitnehmer muß grundsätzlich persönlich bei dem neuen Betriebsinhaber vorstellig werden und die Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses oder Wiedereinstellung zu unveränderten Arbeitsbedingungen unter Anrechnung der früheren Beschäftigungsdauer verlangen. Der Kläger hat weder innerhalb von drei Wochen nach Übernahme der Leitungsmacht ab 01.03.2001 durch die Beklagte zu 2) noch innerhalb von drei Wochen nach Ablauf der Kündigungsfrist am 30.04.2001, sondern ein Vierteljahr später erstmals seinen vermeintlichen Wiedereinstellungsanspruch geltend gemacht, ohne darzulegen, daß das anwaltliche Schreiben vom 30.07.2001 noch fristgemäß sei, weil er erst so spät von den den Betriebsübergang ausmachenden tatsächlichen Umständen Kenntnis erlangt habe. Zwar hat die Beweisaufnahme nicht das Ergebnis gebracht, der Kläger habe einer Überleitung seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 2) widersprochen, indem er dem Geschäftsführer B5xxxxxxxxx gegenüber deutlich gemacht habe, für eine Auffanglösung nicht mehr zur Verfügung zu stehen, aber der Kläger hat aus den Gesprächen mit dem Zeugen B5xxxxxxxxx gewußt, daß die Fertigungsbereiche umstrukturiert werden sollten und daß der Mitarbeiter K3xxxxxxxxx künftig gleichberechtigt neben ihm stehen würde. Dem Kläger wußte vor seiner Eigenkündigung von der Insolvenzantragstellung durch seine damalige Arbeitgeberin und der Zeuge B5xxxxxxxxx hat den betroffenen Mitarbeitern das Sanierungskonzept sowohl in Einzelgesprächen und gemeinsamen Gesprächen erläutert. Angesichts dieser Umstände genügt der bloße Hinweis auf das anwaltliche Schreiben vom 30.07.2001 nicht, um den (möglichen) Wiedereinstellungsbegehren schlüssig darzutun. Vielmehr stellt sich diese Geltendmachung als ein Eingeständnis dar, daß die bei der Firma M4xxx K2xxxx begonnene Beschäftigung doch nicht von D6xxx sein würde. Der "Rückzug" auf den Wiedereinstellungsanspruch kam aber zu spät.

4. Nach alledem haben die Berufung des Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) teilweise Erfolg und führen unter Abweisung der Widerklage zur Abweisung der beiden Klagen in verbundenen Verfahren.

4.1. Die durch die zweitinstanzliche Beweisaufnahme verursachten Kosten haben der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) als Gesamtschuldner zu tragen (§§ 96, 100 Abs. 3, 4 ZPO). Die übrigen Kosten der verbundenen Rechtsstreite hat der Kläger § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. zu tragen, da die Widerklage sich streitwertmäßig und damit gebührenmäßig nicht erhöhend auswirkt.

4.2. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 1 ArbGG ist bei der vorliegenden Einzelfallgestaltung nicht ersichtlich, denn die von den Parteien aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits sämtlich beantwortet bzw. konnten dahingestellt bleiben. Die Nichtzulassung der Revision war in den Urteilstenor aufzunehmen, da die Parteien bereits nach Verkündung des Urteils wissen müssen, ob der zwischen ihnen bestehende Konflikt entschieden ist oder nicht (§ 72 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 64 Abs. 3a ArbGG).

Ende der Entscheidung

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