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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.11.2002
Aktenzeichen: 4 Ta 220/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 4
ZPO § 118 Abs. 2 Satz 4
1. Eine Ablehnung der Prozeßkostenhilfe nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO wegen mangelnder Mitwirkung des Antragstellers bei der Ermittlung der Bewilligungsvoraussetzungen setzt daher eine wirksame Fristsetzung durch das Gericht voraus. Gleiches gilt für eine Ablehnung der Prozeßkostenhilfe analog § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO wegen Vorlage einer unvollständig ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.

2. In der Regel scheidet eine nachträgliche Bewilligung von Prozeßkostenhilfe aus, wenn die Bewilligungsreife für die begehrte Prozeßkostenhilfe erst nach Abschluß der Instanz oder des Verfahrens eintritt, weil die nach § 117 Abs. 2 ZPO vorzulegenden Erklärungen und/oder Belege erst nach diesem Zeitraum übermittelt werden. Gleiches muß gelten, wenn der PKH-Vordruck und/oder die Unterlagen erst nach Instanz- oder Verfahrensbeendigung vervollständigt werden.

3. Nach Eingang eines PKH-Gesuchs darf das Arbeitsgericht nicht bis zur Instanz- bzw. Verfahrensbeendigung zuwarten und dann den PKH-Antrag wegen Unvollständigkeit des Vordrucks und/oder der Unterlagen zurückweisen. Das Arbeitsgericht muß den Antragsteller zwar nicht unverzüglich (§ 121 Abs. 1 BGB), wohl aber so rechtzeitig unter Fristsetzung auf die Mängel des PKH-Gesuchs hinweisen, daß diese vor dem (nächsten) Termin, der je nach dem Zeitpunkt der Einreichung des PKH-Gesuchs der Güte- oder der Kammertermin sein kann, und damit vor der (möglichen) Instanz- oder Verfahrensbeendigung behoben werden können.


LANDESARBEITSGERICHT HAMM BESCHLUSS

Geschäfts-Nr.: 4 Ta 220/02

In dem

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts HAMM ohne mündliche Verhandlung am 19. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Berscheid

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde wird der PKH-Ablehnungsbeschluß des Arbeitsgerichts vom 28.03.2002 -2 Ca 4267/01 - aufgehoben:

wird für den ersten Rechtszug mit Wirkung vom 07.03. 2002 in vollem Umfang Prozeßkostenhilfe bewilligt und zur Wahrnehmung Rechte in diesem Rechtszug Rechtsanwalt D2. M2xxxx S2xxxxx unter Ausschluß der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeldern sowie etwaiger Reisekosten vom Orte der Kanzlei (M3xxxxx) zum Gerichtsort (B7xxxxxxx) mit der Maßgabe beigeordnet, daß einstweilen keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozeßverfolgung zu leisten braucht.

Gründe:

I. hat mit Klageschrift vom 19.12.2001, bei dem Arbeitsgericht am 27.12.2001 eingegangen, eine Lohnklage erhoben. Gleichzeitig hat um ratenfreie Prozeßkostenhilfe sowie um Beiordnung von D2. M2xxxx S2xxxxx aus M3xxxxx nachgesucht.

Der Vorsitzende hat am 02.01.2002 das PKH-Beiheft der Rechtspflegerin mit dem nach § 20 Nr. 4 Buchst. a RPflG erteilten Auftrag vorlegen lassen, die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der PKH-Bewilligung (§ 114 Satz 1 ZPO) im Rahmen des § 118 Abs. 2 ZPO zu prüfen und aufzuklären, insbesondere nötigenfalls fehlende Belege anzufordern und gebotene Auskünfte einzuholen sowie die Höhe der in Betracht kommenden Monatsraten zu ermitteln. Die Rechtspflegerin hat am 07.01.2002 verfügt: "z.T.".

Im Gütetermin vom 07.03.2002 haben die Parteien den Rechtsstreit im Vergleichswege beendet. Die Rechtspflegerin hat das PKH-Beiheft dem Vorsitzenden am 13.03.2002 mit dem Vermerk vorlegen lassen:

Der Antrag blieb unbegründet und sollte daher zurückgewiesen werden.

Der Vorsitzende hat die Prozeßbevollmächtigten mit Zwischenverfügung vom 15.03.2002 darauf hingewiesen, daß der PKH-Antrag vom 19.12.2001 bisher nicht begründet worden sei und daß nach zwischenzeitlichem Abschluß des Verfahrens dies auch nicht mehr relevant nachgeholt werden könne, da Prozeßkostenhilfe nur rückwirkend auf den Zeitpunkt bewilligt werden könnte, in dem die erforderlichen Unterlagen vorlägen. Unter Fristsetzung von zehn Tagen wurde angefragt, ob der Antrag zurückgenommen werde.

Unter Vorlage eines Beratungshilfeformulars vom 01.02.2002 hat die Klägerin über ihre Prozeßbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 20.03.2002 ihre Einkommensverhältnisse, Mietbelastungen und Kreditverpflichtungen offengelegt und gerügt, daß bis zum gerichtlichen Schreiben vom 15.03.2002 zu keiner Zeit ein richterlicher Hinweis auf eine fehlende Begründung des PKH-Gesuchs ergangen sei.

Das Arbeitsgericht hat sodann das PKH-Gesuch durch Beschluß vom 28.03.2002 (2 Ca 4267/01) mit der Begründung zurückgewiesen, die PKH-Bewilligung könne rückwirkend nur für den Zeitpunkt erfolgen, in dem die Partei einen formgerechten Antrag gestellt habe. Dies erfordere die Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Sofern der Antrag erst nach Abschluß der Instanz formgerecht eingereicht werde, sei der Antrag dementsprechend zurückzuweisen. Vorliegend sei das Verfahren durch Vergleich vom 07.03.2002 in diesem Instanzenzug beendet worden. Bis dahin habe ein formgerechter Antrag auf Prozeßkostenhilfe nicht vorgelegen. Es habe die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gefehlt, die erst mit Schriftsatz vom 20.03.2002 in Kopie vorgelegt worden sei.

Gegen diese Entscheidung hat mit vom 06.04.2002, bei dem Arbeitsgericht am 09.04.2002 eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Unter Nachreichung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und einer Aufstellung über die monatlichen Einnahmen und Ausgaben rügt weiterhin die fehlenden richterlichen Hinweise und meint, daß eine rückwirkende PKH-Bewilligung rechtlich zulässig sei, so daß das PKH-Gesuch neu zu verbescheiden sei.

II. Die nach §§ 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

1. Gemäß §§ 114, 119 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, daß bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers besteht und das PKH-Gesuch den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt. Vollständig ist die PKH-Antragstellung, wenn sie § 117 ZPO Abs. 2 entspricht, mit anderen Worten, es muß die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem amtlichen Vordruck abgegeben und es müssen alle "entsprechenden Belege" eingereicht sein.

1.1. § 117 Abs. 4 ZPO schreibt für die Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Benutzung des amtlichen Vordrucks vor. Die Nichtverwendung des Vordrucks macht den PKH-Antrag zwar nicht unzulässig, aber das Gericht kann ihn allein wegen der Nichtvorlage des Vordrucks als unbegründet (weil die Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht ist) zurückweisen, nachdem es vorher auf den Vordruckszwang hingewiesen hat (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl. 1999, S. 44 Rz. 133, m.w.N. in Fn. 114). Die eigenhändige Unterzeichnung des Vordrucks ist grundsätzlich Wirksamkeitsvoraussetzung der Vordruckserklärung (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., S. 43 Rz. 131). Der Vordruck ist nämlich eine Hilfe für das Gericht zur Feststellung der Bedürftigkeit der Antragstellerin, die mit ihrer Unterschrift versichert, daß ihre Angaben vollständig und wahr sind. Der Vordruck muß außerdem mit einem Datum versehen sein, damit das Gericht prüfen kann, ob es sich um eine aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse handelt oder nicht.

1.2. Vollständig ist die PKH-Antragstellung, wenn sie § 117 ZPO Abs. 2 entspricht, mit anderen Worten, es muß die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem amtlichen Vordruck abgegeben und es müssen alle "entsprechenden Belege" eingereicht sein. Ausfüllungsmängel können durch eine dem Vordruck beigefügte oder nachgereichte Erklärung ergänzt werden, wobei Lücken der Vordruckserklärung auch durch Belege, z.B. aussagekräftige Verdienstbescheinigungen, Arbeitslosengeld-, Arbeitslosenhilfe- oder Sozialhilfebescheinigungen, geschlossen werden. Grundsätzlich ist der Vordruck aber vollständig auszufüllen, eine Lückenfüllung durch andere Erklärungen und Belege kann nur in engem Rahmen hingenommen werden, insbesondere um zu verhindern, daß bloße Unbeholfenheit dem Antragsteller zum Nachteil gereicht (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., S. 44, Rz. 132, m.w.N. in Fn. 111). Die Beifügung entsprechender Belege gemäß § 117 Abs. 2 ZPO zur Vordruckserklärung hat ohne gerichtliche Aufforderung zu erfolgen. Die Belege sollen die erklärten Tatsachen glaubhaft machen, können aber im Prinzip die Erklärung nicht ersetzen, eben weil sie nur der Glaubhaftmachung dienen. Solange der Vordruck nicht lückenlos ausgefüllt ist, ist der Antrag nicht formgerecht gestellt (LAG Hamm v. 31.01.2001 - 4 Ta 127/00, LAGE § 117 ZPO Nr. 9 = AE 2001, 141, unter Hinweis auf Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., S. 194, Rz. 503, vor Fn. 66).

1.3. Das Gericht kann gem. § 118 Abs.2 ZPO auch selbst "Erhebungen anstellen" und ist deshalb auch verpflichtet, von sich aus auf die Vervollständigung einer in wesentlichen Punkten unvollständigen Erklärung hinzuwirken. Das in § 118 Abs.2 Satz 4 ZPO vorgeschriebene Verfahren betrifft nach dem Wortlaut der Vorschrift zwar nur die Fristsetzung im Zusammenhang mit der Glaubhaftmachung von Angaben über persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse des Antragstellers und regelt die verfahrensrechtliche Sanktion für den Fall, daß der Antragsteller Fragen des Gerichts innerhalb einer gesetzten Frist nicht oder ungenügend beantwortet, dennoch wird man diese Vorschrift entsprechend her-anziehen müssen, wenn der amtliche Vordruck betreffend die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unvollständig ausgefüllt ist. Eine Ablehnung der Prozeßkostenhilfe nach § 118 Abs.2 Satz 4 ZPO wegen mangelnder Mitwirkung des Antragstellers bei der Ermittlung der Bewilligungsvoraussetzungen setzt daher eine wirksame Fristsetzung durch das Gericht voraus (LAG Düsseldorf v. 22.06.1989 - 14 Ta 210/89, LAGE § 118 ZPO Nr.6 = JurBüro 1989, 1443; LAG Hamm v. 30.03.2001 - 4 Ta 617/00, LAGE § 117 ZPO Nr. 10 = AE 2001, 141 = BuW 2002, 264 = RenoR 2001, 270). Gleiches gilt für eine Ablehnung der Prozeßkostenhilfe analog § 118 Abs.2 Satz 4 ZPO wegen Vorlage einer unvollständig ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Auch hier muß eine wirksame Fristsetzung durch das Gericht erfolgen, innerhalb die Ausfüllungsmängel zu beheben sind (LAG Hamm v. 08.11.2001 - 4 Ta 708/01, LAGReport 2002, 89 = BuW 2002, 704).

2. Eine Frist für das PKH-Gesuch sieht das Gesetz nicht vor, jedoch muß das Gesuch bis zum Abschluß der Instanz oder des Verfahrens beim zuständigen Gericht eingehen, denn sonst bietet die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung keine Aussicht auf Erfolg mehr (Zöller/Philippi, Zivilprozeßordnung, 21. Aufl. 1999, § 117 ZPO, Rz. 2a). Etwas anderes kann bei einem sog. "steckengebliebenen" PKH-Gesuch gelten. Von einem solchen wird gesprochen, wenn das PKH-Gesuch rechtzeitig eingegangen, aber vom Gericht vor Instanzbeendigung nicht hat verbeschieden werden können (LAG Hamm v. 06.02.2002 - 4 Ta 49/02, LAGReport 2002, 88, 89; LAG Hamm v. 02.02.2002 - 4/14 Ta 24/02, LAGReport 2002, 117 = ZInsO 2002, 344 = ZIP 2002, 579) oder infolge nichtordnungsgemäßer Sachbehandlung nicht entschieden worden ist (LAG Hamm v. 08.11.2001 - 4 Ta 708/01, LAGReport 2002, 89, 91).

2.1. In der Regel scheidet eine nachträgliche Bewilligung von Prozeßkostenhilfe aus, wenn die Bewilligungsreife für die begehrte Prozeßkostenhilfe erst nach Abschluß der Instanz oder des Verfahrens eintritt, weil die nach § 117 Abs.2 ZPO vorzulegenden Erklärungen und/oder Belege erst nach diesem Zeitraum übermittelt werden (OLG Bamberg v. 09.01.1997 - 7 WF 190/96, FamRZ 1998, 250). Gleiches muß gelten, wenn der PKH-Vordruck und/oder die Unterlagen erst nach Instanz- oder Verfahrensbeendigung vervollständigt werden. Das PKH-Gesuch ist in solchen Fällen zwar im allgemeinen zurückzuweisen (LAG Hamm v. 06.02.2002 - 4 Ta 49/02, LAGReport 2002, 88, 89). Jedoch setzt eine solche Vorgehensweise voraus, daß das Arbeitsgericht seinerseits das PKH-Gesuch ordnungsgemäß behandelt hat (LAG Hamm v. 08.11.2001 - 4 Ta 708/01, LAGReport 2002, 89, 91), denn nur eine vom Antragsteller zu vertretende Verzögerung der PKH-Entscheidung kann zu seinen Lasten gehen (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., S. 194 Rz. 503, m.w.N. in Fn. 62). Nach Eingang eines PKH-Gesuchs darf das Arbeitsgericht nicht -wie vorliegend geschehen- bis zur Instanz- bzw. Verfahrensbeendigung zuwarten und dann den PKH-Antrag wegen Unvollständigkeit des Vordrucks und/oder der Unterlagen zurückweisen. Das Arbeitsgericht muß den Antragsteller zwar nicht unverzüglich (§ 121 Abs.1 BGB), wohl aber so rechtzeitig unter Fristsetzung auf die Mängel des PKH-Gesuchs hinweisen, daß diese vor dem (nächsten) Termin, der je nach dem Zeitpunkt der Einreichung des PKH-Gesuchs der Güte- oder der Kammertermin sein kann, und damit vor der (möglichen) Instanz- oder Verfahrensbeendigung behoben werden können (LAG Hamm v. 08.11.2001 - 4 Ta 708/01, LAGReport 2002, 89, 91). An einer Fristsetzung zur Vervollständigung des PKH-Vordrucks mangelt es vorliegend überhaupt. Obwohl der Vorsitzende am 02.01.2002 das PKH-Beiheft der Rechtspflegerin mit dem nach § 20 Nr. 4 Buchst. a RPflG erteilten Auftrag vorlegen lassen, die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der PKH-Bewilligung (§ 114 Satz 1 ZPO) im Rahmen des § 118 Abs. 2 ZPO zu prüfen und aufzuklären, insbesondere nötigenfalls fehlende Belege anzufordern und gebotene Auskünfte einzuholen sowie die Höhe der in Betracht kommenden Monatsraten zu ermitteln, ist die Rechtspflegerin in der PKH-Sache überhaupt nicht tätig geworden, sondern hat am 07.01.2002 lediglich verfügt: "z.T.".

2.2. Im Zeitpunkt der Entscheidung über den PKH-Antrag am 28.03.2002 lag zwar mit dem Beratungshilfeformular der falsche amtliche Vordruck vor (hierauf hat das Arbeitsgericht die Versagung der PKH-Bewilligung nicht gestützt), aber die Einkommensverhältnisse, Mietbelastungen und Kreditverpflichtungen waren darin offengelegt. Obwohl zu diesem Zeitpunkt das Verfahren bereits durch Vergleich vom 07.03.2002 beendet war, hat das Arbeitsgericht die begehrte Prozeßkostenhilfe ausnahmsweise nicht versagen dürfen. Denn bei einem sog. "steckengebliebenen" PKH-Antrag kann die Behebung von Mängeln der Antragstellung nach Verfahrensbeendigung nicht zu Lasten der PKH-Partei gehen, wenn das Arbeitsgericht auf vorhandene Mängel überhaupt nicht hingewiesen und/oder keine Frist zur Beseitigung derselben gesetzt hat (LAG Hamm v. 08.11.2001 - 4 Ta 708/01, LAGReport 2002, 89, 92). Die Rüge , daß bei einem Hinweis des Arbeitsgerichts im Gütetermin die PKH-Unterlagen zu den Gerichtsakten hätten gereicht werden können, greift mithin durch. Des weiteren hat das Arbeitsgericht sich weder in dem PKH-Ablehnungsbeschluß vom 28.03.2002 noch in der Nichtabhilfeentscheidung vom 09.04.2002 mit der Rüge, daß bis zum gerichtlichen Schreiben vom 15.03.2002 zu keiner Zeit ein richterlicher Hinweis auf eine fehlende Begründung des PKH-Gesuchs ergangen sei, auseinandergesetzt. Es hat sich lediglich auf die formale Position zurückgezogen, vorliegend sei das Verfahren durch Vergleich vom 07.03.2002 beendet worden. Bis dahin habe ein formgerechter Antrag auf Prozeßkostenhilfe nicht vorgelegen. Es habe die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gefehlt, die erst mit Schriftsatz vom 20.03.2002 in Kopie vorgelegt worden sei. Angesichts der vorangegangenen Untätigkeit der Rechtspflegerin ist die Position nicht haltbar.

3. Wäre das Fehlen der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der Belege sofort gerügt worden, hätte dies bis zum Gütetermin vom 07.03.2002 beheben können, so daß rückwirkend zu diesem Zeitpunkt Prozeßkostenhilfe zu bewilligen war. Folglich war auch der Anwalt ihrer Wahl antragsgemäß beizuordnen (§ 121 Abs. 1 ZPO), und zwar Ausschluß der Erstattung von Reisekosten und Tagegeldern (§ 121 Abs. 3 ZPO). Da durch die Einreichung der Unterlagen (Verdienstbescheinigung, Mietnachweis, Kreditbelastungen) Bedürftigkeit hinreichend dargetan hat, hat das Beschwerdegericht die Ratenberechnung ausnahmsweise selbst vornehmen können. Zieht man von dem durch Vorlage des Kontoauszuges nachgewiesenen Nettoeinkommen, nämlich der Rente in Höhe von 986,01€ den Selbstbehalt (353,00€), die Kosten für Wohnung (600,00 DM = 306,78€) und Nachtspeicherheizung (37,4 €), die Kreditraten (153,90 €) und die Bestattungskosten (102,26 €) ab, so verbleibt für eine Ratenzahlungsverpflichtung kein einzusetzendes Einkommen mehr übrig, so daß ratenfrei bleibt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, sich bei nicht gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen, wie z.B. private Unfall-, Hausrat- und Haftpflichtversicherungen die Frage nach der Angemessenheit (siehe dazu LAG Hammv. 29.01.2001 - 4 Ta 499/00, n.v.); ob die angesetzten Prämien abzugsfähig sind, braucht wegen der Ratenfreiheit im übrigen nicht weiter aufgeklärt werden. Eine Sonderstellung nehmen -wie gerade die vorliegende Fallgestaltung zeigt - Lebensversicherungen ein. Soweit es sich bei ihnen um reine Kapitalbildung handelt, können die Beiträge nicht abgesetzt werden (ArbG Regensburg v. 10.05.1990 - 6 Ca 347/90, JurBüro 1990, 1303). Soweit Lebensversicherungen im übrigen einer sachgerechten zusätzlichen Altersversorgung dienen und nach der Höhe der Monatsbeiträge in einem angemessenen Verhältnis zum Einkommen des Antragstellers stehen, sind die Prämien im Rahmen der Prozeßkostenhilfe zu berücksichtigen (ArbG Regensburg v. 09.04.1992 - 6 Ca 2641/91 S, JurBüro 1992, 697), es sei denn, sie sind nach PKH-Antragstellung abgeschlossen worden (OLG Bamberg v. 28.03.1990 - 7 WF 63/90, JurBüro 1990, 1644). Da Lebensversicherungen bei einer Rentnerin nicht einer sachgerechten zusätzlichen Altersversorgung, sondern der Kapitalbildung dienen, können die Prämien nicht abgesetzt werden. Die Kosten für die Telefon, Rundfunk- und Fernsehgebühren gehören zur privaten Lebensführung und damit nicht zur sog. Warmmiete; sie sind somit nicht absetzbar (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., S. 92 Rz. 274).

Ende der Entscheidung

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