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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 06.09.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 1430/05
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 16
VVG § 17
Nichtspezifische Rückenbeschwerden sind regelmäßig nicht ohne Weiteres als gefahrerheblich im Sinne von §§ 16, 17 VVG einzuordnen. Zu den nicht gefahrerheblichen Beschwerden müssen im Hinblick auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung vielmehr auch diejenigen gezählt werden, die regelmäßig mit der Ausübung des Berufs verbunden sind. Zu diesen "üblichen" Beschwerden zählen bei Berufen mit schwerem Heben und Tragen Rücken- und Wirbelsäulenbeschwerden, sofern kein Bandscheibenvorfall vorliegt, keine neurologischen Ausfälle zu verzeichnen sind und keine nicht nur altersbedingte degenerativen Veränderungen bestehen (sog. nichtspezifische Rückenbeschwerden).
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 16.06.2005 - 1 Ca 3045/04 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Versorgungsverhältnis nach Maßgabe der Versorgungszusage der Beklagten zu 1. vom 08.08.2001 (Direktversicherungszusage) und der Versorgungsbescheinigung der Beklagten zu 2. vom 01.10.2001 (Unterstützungskassenzusage) fortbesteht mit der gegenwärtigen Pflicht zur Leistung von Versorgungsraten aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und dass eine während der Berufsunfähigkeit des Klägers beitragsfreie Versorgungsanwartschaft fortbesteht nach Maßgabe der Versorgungszusage der Beklagten zu 1. vom 08.08.2001 (Direktversicherungszusage) und der Versorgungsbescheinigung der Beklagten zu 2. vom 01.10.2001 (Unterstützungskassenzusage) mit der künftigen Pflicht zur Leistung einer Altersleistung bzw. Hinterbliebenenleistung aus einer Kapitallebensversicherungszusage nebst Überschussbeteiligung.

2. Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an den Kläger 28.759,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz aus monatlich 639,11 EUR seit dem 01.11.2002 und dem jeweiligen 1. der Folgemonate zu zahlen.

3. Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an den Kläger monatlich 639,11 EUR zu zahlen, beginnend mit dem 01.10.2006 und letztmalig am 01.09.2024, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz aus den Monatsbeträgen ab dem jeweiligen Folgetag.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Gerichtskosten tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 28%, die Beklagte zu 2. zu weiteren 36% und der Kläger zu 36%. Die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 28%. Der Kläger trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. zu 36%. Die Beklagte zu 2. trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 36%.

Im Übrigen tragen die Parteien die außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um das Fortbestehen einer Versorgungsanwartschaft bzw. eines Versorgungsverhältnisses und um die Ansprüche auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsrente.

Von der Darstellung des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 194-220 d.A.) abgesehen.

Das Arbeitsgericht Bocholt hat die Klage mit Urteil vom 16.06.2005 - 1 Ca 3045/04 - abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen (Bl. 220-223 d.A.).

Das Urteil ist dem Kläger am 30.06.2005 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 19.07.2005 eingelegte und mit dem - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.09.2005 - am 30.09.2005 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.

Der Kläger wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage gegen das erstinstanzliche Urteil.

Er trägt ergänzend vor: Wegen Erfüllungsverweigerung des Beklagten zu 2. lebe die Erfüllungsverpflichtung der Beklagten zu 1. wieder auf. Der Rücktritt vom Rückdeckungsvertrag habe auf die Versorgungszusage keinen Einfluss, weil der Vorbehalt zur Rückdeckungsversicherung nur für den Fall des Nichtzustandekommens, nicht jedoch für den Fall des späteren Rücktritts greife. Tatsächlich sei der Rückdeckungsvertrag zu Stande gekommen. Der Rücktritt vom Rückdeckungsvertrag wirke nur ex nunc. Der Rückdeckungsversicherer sei zudem gegenüber der Beklagten zu 2. nicht zum Rücktritt berechtigt gewesen. Der Rücktritt sei nicht fristgerecht nach § 20 VVG erklärt worden. Der Rückdeckungsversicherer müsse sich das Wissen des Versicherungsagenten W3xxxxx zurechnen lassen, dem die vorversicherungsvertraglichen Beschwerden des Klägers bekannt gemacht worden seien. Diesem sei von den aufgetretenen Rückenproblemen und Arztbesuchen berichtet worden. Der Versicherungsantrag sei ihm trotz bestehender Sprachschwierigkeiten weder vorgelesen noch zur ausführlichen Lektüre, sondern lediglich zur Unterzeichnung vorgelegt worden. Die Gefahrerheblichkeit der Rückenschmerzen sei bei Unterzeichnung des Versicherungsantrags nicht absehbar gewesen.

Er sei durchgehend berufsunfähig. Insoweit kämen ihm auch die Beweiserleichterungen der Versicherungsbedingungen zugute. Der Leistungsfall sei zum 01.11.2002 eingetreten. Die Beklagte zu 2. sei nicht berechtigt gewesen, die Leistungszusage mit Schreiben vom 01.04.2004 auf "0 EUR" zu kürzen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den in der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz gestellten Anträgen zu verurteilen, wobei die Anträge zu 1) und 2) wie folgt geändert werden:

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 23.007,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus monatlich jeweils 639,11 EUR, beginnend mit dem 01.11.2002 an ihn zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, beginnend mit dem 31.10.2005 bis einschließlich 30.09.2024 an jedem Monatsletzten 639,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem ersten Tag des jeweiligen Folgemonats an ihn zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage.

Die Beklagte zu 1. trägt ergänzend vor: Sie sei durch dreiseitigen Vertrag und die dadurch bewirkte Erfüllungsübernahme durch die Beklagte zu 2. von der Erfüllungspflicht frei geworden. Ein Leistungsstörungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. berühre die Leistungsbefreiung nicht.

Die Beklagte zu 2. trägt ergänzend vor: Der wirksam erklärte Rücktritt wirke ex tunc. Die Zinsforderung sei vom Zeitpunkt her fehlerhaft bezeichnet worden. Der Versicherungsagent W3xxxxx habe keine Kenntnis von dem Rückenleiden des Klägers erlangt. Der Kläger sei ständig in ärztlicher Behandlung gewesen und habe wiederholt sehr lange Arbeitsunfähigkeitszeiten gehabt. Es lägen keine Bagatellvorerkrankungen vor. Jede einzelne Gesundheitsfrage sei vorgelesen worden. Die Antworten des Klägers seien exakt in das Antragsformular eingetragen worden. Der Kläger habe die gestellten Fragen verstanden. Eine Gefahrerheblichkeit liege vor.

Im - zweiten - Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.06.2006 vor dem Landesarbeitsgericht ist von den Parteien vorgetragen worden, die Versorgungszusage sei mit Schreiben der Beklagten zu 1. vom 27.12.2004 (Abl. Bl. 331-335 d.A.) angefochten worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und auch ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 iVm. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) begründet worden. Sie hat in der Sache Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Mit den Anträgen zu 1. und 2. nimmt der Kläger die Beklagten als Gesamtschuldner auf Leistung der Versorgungsraten aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Anspruch. So weit die Klage auf künftige Entrichtung erhoben ist, folgt die Zulässigkeit aus § 258 ZPO.

2. Mit den Anträgen zu 3., 4. und 5. macht der Kläger das Fortbestehen eines Versorgungsverhältnisses zwischen ihm als Versorgungsgläubiger einer Kapitallebensversicherung und einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und den Beklagten als Versorgungsgesamtschuldnern geltend. Trotz der missverständlichen Fassung des Antrags zu 3. zielt dieser Antrag nicht auf die bestimmte Leistung einer Überschussbeteiligung, sondern auf Klärung des Versorgungsverhältnisses (einschließlich der Pflicht zur Leistungen einer Überschussbeteiligung) als Grundverhältnis. Auch die missverständliche Fassung des Antrags zu 5. ist auf Klärung des Fortbestehens des Versorgungsverhältnisses, nicht auf die - unzulässige - Klärung der Rechtswirksamkeit einzelner Willens- oder Wissenserklärungen (z.B. der Änderungsmitteilungen oder der Anfechtung) gerichtet. Dies ergibt die Auslegung der Klageanträge unter Berücksichtigung der Klagebegründung und der Erklärungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.06.2006. Für die Feststellung des Fortbestehens des Versorgungsverhältnisses bzw. der Versorgungsanwartschaft besteht ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO. Für den Versorgungsberechtigten ist es wichtig, dass Meinungsverschiedenheiten über Bestand, Umfang und Ausgestaltung der Versorgungsrechte unverzüglich geklärt werden. Vom Umfang der Versorgungsrechte hängt es ab, in welchem Umfang Versorgungslücken entstehen (BAG 07. März 1995 - 3 AZR 282/84; BAG 28. Juli 1998 - 3 AZR 77/98; BAG 28. Juli 1998 - 3 AZR 100/98). Das Feststellungsinteresse besteht für Feststellungsklagen gegenüber beiden Beklagten. Insoweit braucht noch nicht geklärt zu werden, ob z.B. im Versorgungsfalls für die Altersleistung die Beklagte zu 2. als (ggf.) Unterstützungskasse oder die Beklagte zu 1. aufgrund ihrer Einstandspflicht für das erteilte Versorgungsversprechen heranzuziehen ist. Die Feststellungsklage ist auch geeignet, den Streitstoff der Parteien vollständig zu erledigen. Bei fortbestehendem Versorgungsverhältnis ist die Pflicht zur Berufsunfähigkeitsleistung, zur Überschussbeteiligung und zur Altersleistung bzw. Hinterbliebenenleistung nicht streitig. So weit der Kläger bei dem Feststellungsbegehren von den Beklagten als Gesamtschuldnern spricht, meint er nach den Erklärungen des Prozessbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.06.2006 das gemeinsame Versorgungsverhältnis zwischen dem Kläger als Versorgungsgläubiger und den Beklagten als Versorgungsschuldnern aus der Direktversicherungszusage bzw. der Unterstützungskassenzusage.

II. Die Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Versorgungsverhältnisses bzw. einer Versorgungsanwartschaft zwischen der Beklagten zu 1. und dem Kläger und der Beklagten zu 2. und dem Kläger ist begründet.

1. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. wurde ein Versorgungsverhältnis durch die Entgeltumwandlungsabrede und die Direktversicherungszusage vom 08.08.2001 (Abl. Bl. 13 d.A.) begründet.

1.1. Der Antrag auf Abschluss der Entgeltumwandlungsabrede und der Direktversicherungsvereinbarung wurde auf Seiten der Beklagten zu 1. durch Frau I2xxxx B2xxx, der Mutter des Geschäftsführers der Beklagten zu 1., erteilt. Diese handelte zumindest mit Duldungsvollmacht. Denn eine Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dieses Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH 14. Mai 2002 - XI ZR 148/01; BGH 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01; BGH 10. März 1953 - I ZR 76/52; BGH 15. Dezember 1955 - II ZR 181/54; BGH 13. Mai 1992 - IV ZR 79/91). So liegt der Fall hier. Frau B2xxx gibt in Personalangelegenheiten mit Wissen des Geschäftsführers der Beklagten zu 1. Wissens- und Willenserklärungen für die Beklagte zu 1. ab. Der dies ausweisende Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers, wonach Frau B2xxx die Personalangelegenheiten im Betrieb regele, ist im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.06.2006 unbestritten geblieben. Es kann dem Vortrag der Beklagten zu 1. auch nicht entnommen werden, dass dies Handeln der Frau B2xxx dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1. verborgen blieb. Der Kläger durfte daher darauf vertrauen, dass Frau B2xxx mit Wissen und Wollen des Geschäftsführers der Beklagten zu 1. auch die Entgeltumwandlungsabrede und die Versorgungsvereinbarung traf. Das Fehlen einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht und das Nichtvorliegen einer Duldungsvollmacht unterstellt, ist hier zumindest von einer konkludenten Genehmigung nach §§ 177 Abs. 1, 182 Abs. 1 BGB auszugehen. Die konkludente Genehmigung folgt aus der kontinuierlichen Umsetzung der Entgeltumwandlungsabrede durch Verwendung der umgewandelten Entgelte für die Lebensversicherung und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (vgl. zur kontinuierlichen Erfüllung als konkludenter Genehmigung Erman-Palm, § 182 BGB Rn. 5).

1.2. Die Annahme des Antrags erfolgte durch Unterzeichnung der Entgeltumwandlungsabrede durch den Kläger, wodurch zugleich die angetragene Versorgungsvereinbarung vom 08.08.2001 angenommen wurde.

2. Die Versorgungsvereinbarung wurde nicht wirksam mit Schreiben vom 27.12.2004 (Abl. Bl. 331-333 d.A.) nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten. Insoweit kann dahinstehen, ob die Versorgungsvereinbarung getrennt von der Entgeltumwandlungsabrede angefochten werden kann.

2.1. Voraussetzung für die Anfechtung ist nach § 123 Abs. 1 BGB, dass die Beklagte zu 1. zur Abgabe der Willenserklärung durch arglistige Täuschung des Klägers bestimmt wurde. Erforderlich ist, dass die Täuschung für einen Irrtum des Getäuschten und dieser Irrtum für die Abgabe der Willenserklärung ursächlich ist.

2.2. Im Streitfall fehlt es bereits an einem Vortrag der Beklagten zu 1. zur Kausalität der angeblichen Täuschungshandlung. Dem Vortrag der Beklagten zu 1. kann nicht entnommen werden, dass die angebliche Täuschung des Klägers über seinen Gesundheitszustand vor dem Antrag auf Abschluss der Entgeltumwandlungsabrede und der Versorgungsvereinbarung erfolgte. Die beiden dem Kläger angetragenen Abreden und der "Antrag auf Kapitallebensversicherung im Rahmen einer Unterstützungskassen-Zusage" datieren sämtlich vom 08.08.2001. Der Versicherungsantrag wurde von dem Versicherungsagenten in der Wohnung des Klägers ausgefüllt. Die Datumsangabe auf der Entgeltumwandlungsabrede stammt ersichtlich von dem Versicherungsagenten. Bei der Versorgungszusage der Beklagten zu 1. wurde das Datum maschinenschriftlich eingesetzt. Die Zusage muss daher vorbereitet gewesen sein. Den Unterlagen kann nicht entnommen werden, dass die Angaben des Klägers zu den Gesundheitsfragen vor den Abreden zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. erfolgten. Die Zusagen der Beklagten zu 1. wurden nach ihrem eigenen Vortrag unter dem Vorbehalt des endgültigen Zustandekommens des Rückdeckungsvertrags abgegeben. Nach diesem Vortrag ist es möglich, dass die Abreden bereits vor Ausfüllen des Antrags an die Versicherung angetragen und angenommen wurden. Ein Vortrag der Beklagten zu 1. zum Zeitpunkt der Abreden fehlt. Es ist nicht ersichtlicht, dass die für die Beklagte zu 1. handelnde Frau B2xxx überhaupt Kenntnis von den Antworten des Klägers auf die Gesundheitsfragen erhielt und dass sie wegen der Antworten die Angebote abgab.

2.3. Des Weiteren hat die Beklagte zu 1. nicht ausreichend den Vortrag des Klägers widerlegt, wonach über den Polier B2xxx im Betrieb die aufgetretenen Rückenprobleme bekannt gewesen seien. Die für das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes darlegungs- und beweispflichtige Beklagte zu 1. hat den Vortrag zum Nichtwissen von den Rückenproblemen nicht ausreichend unter Beweis gestellt.

3. Der Versorgungsvereinbarung steht nicht der seitens der Rückdeckungsversicherung erklärte Rücktritt entgegen.

3.1. Für den Rücktritt fehlt es an einem ausreichenden Rücktrittsgrund (dazu später).

3.2. Der erklärte Rücktritt, ein Rücktrittsgrund und eine ordnungsgemäße und rechtzeitige Rücktrittserklärung unterstellt, betrifft nach seinem Erklärungsinhalt nur die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, nicht jedoch das Altersgeld bzw. das Hinterbliebenengeld. Insoweit kann dahinstehen, ob ein ggf. nach § 30 VVG möglicher Teilrücktritt auch nach "arbeitsrechtlichen Grundsätzen" (siehe Nr. 4 der Versorgungszusage vom 08.08.2001) und damit nach betriebsrentenrechtlichen Grundsätzen überhaupt zulässig ist bzw. auf das (gesamte) Versorgungsverhältnis durchschlägt.

3.3. Zudem führt der Rücktritt, seine Wirksamkeit unterstellt, nicht zum Eintritt der auflösenden Bedingung nach Nr. 5 Sätze 1und 2 der Versorgungsabrede vom 08.08.2001. Nach dieser Regelung steht die Versorgungszusage unter dem "Vorbehalt", dass die Beklagte zu 2. die vorgesehenen Leistungen rückdecken kann. Kommt der Rückdeckungsvertrag gleich aus welchen Gründen endgültig nicht zu Stande, entfällt der Verzicht auf die Barbezüge rückwirkend. Eventuell einbehaltene Beträge werden zurückgezahlt.

Im Streitfall ist der Rückdeckungsvertrag endgültig zu Stande gekommen. Der Kläger hat den Antrag vom 08.08.2001 unterzeichnet. Der Rückdeckungsversicherer hat mit der Beklagten zu 2. mit Einwilligung des Klägers einen Versicherungsvertrag geschlossen. Hierüber wurde der Versicherungsschein vom 22.08.2001 (Abl. Bl. 16-19 d.A.) von dem Rückdeckungsversicherer ausgestellt. Ein Rücktritt nach §§ 16, 17 VVG wirkte zwar ex tunc, setzte jedoch das Zustandekommen des Versicherungsvertrags voraus, von dem zurückgetreten werden soll. Ein - endgültig - nicht zu Stande gekommener Vertrag bedarf keines Rücktritts.

Selbst wenn die Regelungen unter Nr. 5 Sätze 1 und 2 der Versorgungsabrede auch dahin verstanden werden könnten, dass mit dem endgültigen Nichtzustandekommen auch Fälle des Rücktritts nach §§ 16, 17 VVG gemeint sind, bliebe es bei zwei sachlich möglichen Auslegungsalternativen. Insoweit müsste die eine vorformulierte Versorgungsabrede verwendende Beklagte zu 1. sich wegen der Unklarheitenregel die für den Kläger günstigere Auslegungsalternative entgegenhalten lassen. Das Bundesarbeitsgericht hat auch vor Geltung der §§ 305-310 BGB die Unklarheitenregel auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung zur Anwendung gebracht (BAG 25. Mai 1973 - 3 AZR 405/72).

4. Durch das Schreiben der Beklagte zu 2. vom 18.11.2004 (Abl. Bl. 32 d.A.) wurde das Versorgungsverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien und zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. nicht beendet. Das Schreiben enthält keine auf Beendigung des Versorgungsverhältnisses gerichtete Willenserklärung, insbesondere keinen Widerruf, keine Anfechtung und keinen Rücktritt. Die Beklagte zu 2. hat lediglich eine sog. Wissenserklärung abgegeben.

5. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. wurde ein auf das Versorgungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. bezogenes Versorgungsverhältnis (Unterstützungskassen-Versorgungsverhältnis) begründet. Das Angebot zur Begründung des Versorgungsverhältnisses erfolgte durch die Versorgungsbescheinigung vom 01.10.2001 (Abl. Bl. 14 f. d.A.). Die erfolgte Annahme des Angebots durch den Kläger bedurfte nach § 151 Satz 1 BGB keiner Erklärung gegenüber der Beklagten zu 2. Das Versorgungsverhältnis wurde nicht rechtswirksam durch Erklärungen der Beklagten zu 2. oder des Rückversicherers aufgelöst, wie sogleich begründet wird. Es wurde auch ebenso wenig durch Erklärungen der Beklagten zu 1. aufgelöst, wie diese das zwischen dem Kläger und ihr bestehende Versorgungsverhältnis aufzulösen vermochte. Es endete auch nicht aufgrund auflösender Bedingung. Eine solche ist nicht Inhalt der Versorgungsbescheinigung.

III. Die Leistungsklagen mit Anträgen zu 1. und 2., gerichtet gegen die Beklagte zu 1., sind zurzeit unbegründet. Bei einer Unterstützungskassenzusage hat sich der Arbeitnehmer zunächst an die Unterstützungskasse zu halten.

Ausweislich des Antrags vom 08.08.2001 (Abl. Bl. 114 d.A.) dient der Rückdeckungsvertrag der Absicherung einer Unterstützungskassenzusage. Diese wurde dem Kläger von der Beklagten zu 2. durch die Versorgungsbescheinigung vom 01.10.2001 (Abl. Bl. 13-15 d.A.) erteilt. Dabei stellt die Durchführung einer betrieblichen Altersversorgung über eine Unterstützungskasse lediglich eine besondere Form der Abwicklung der vom Arbeitgeber gegebenen Versorgungszusage dar (BAG 11. Februar 1992 - 3 AZR 138/91). Ein Arbeitgeber übernimmt mit einer Unterstützungskassenzusage die Rechtspflicht, unter Einschaltung einer Unterstützungskasse Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu verschaffen. Er verpflichtet sich hierdurch, für eine Leistungsfähigkeit der Unterstützungskasse, für deren ausreichende Dotierung, zu sorgen. Aufgrund der ihnen erteilten Zusagen haben sich die Arbeitnehmer mit ihren Versorgungsansprüchen grundsätzlich an die Unterstützungskasse zu halten. Ist diese jedoch nicht leistungsfähig, muss der Arbeitgeber die zugesagten Versorgungsleistungen auf andere Weise verschaffen, ggf. auch durch Selbsteintritt (BAG 14. September 1999 - 3 AZR 273/98). Primär ist also bei der Unterstützungskassenzusage die Unterstützungskasse in Anspruch zu nehmen (BAG 10. November 1977 - 3 AZR 705/76; BAG 28. April 1977 - 3 AZR 300/76). Es entspricht ständiger und verfassungsgerichtlich gebilligter Rechtsprechung, dass ein Arbeitnehmer, dem eine Altersversorgung durch eine selbständige Unterstützungskasse zugesagt ist, einen klagbaren Anspruch gegen die Kasse hat (BAG 03. Februar 1987 - 3 AZR 208/85). Der Arbeitnehmer kann nach Eintritt des Versorgungsfalls den Arbeitgeber anstelle der Unterstützungskasse in Anspruch nehmen, wenn diese vermögenslos ist (BAG 28. April 1977 - 3 AZR 300/76) oder wenn die vorgesehene Versorgungsform über die Unterstützungskasse aus sonstigen Gründen scheitert (BAG 25. Januar 2000 - 3 AZR 908/98). Will oder kann der Arbeitgeber sich zur Einlösung seiner Versorgungszusagen nicht mehr einer Unterstützungskasse bedienen, muss er selbst zahlen; ihn trifft jetzt die Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrVG (BAG 25. Januar 2000 - 3 AZR 908/98).

Im Streitfall wurde das Deckungsverhältnis zwischen der Beklagten zu 2. und der Beklagten zu 1. nicht rechtswirksam gelöst (dazu später). Es fehlt an einem ausreichenden Rücktrittsgrund (auch dazu später). Es bleibt damit bei der primären Leistungspflicht der Beklagten zu 2. Erst bei deren endgültigem Leistungsausfall wäre die Beklagte zu 1. zur Verschaffung der zugesagten Leistungen aus der Versorgungsvereinbarung verpflichtet.

IV. Die Leistungsklagen mit in zweiter Instanz aktualisierten Anträgen zu 1. und 2., gerichtet gegen die Beklagte zu 2., sind dagegen begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gegen die Beklagte zu 2. aus der mit Versorgungsschein vom 01.10.2001 erteilten Versorgungszusage zu.

1. Der Vorbehalt nach Nr. 6 Satz 1 der Versorgungsbescheinigung steht den Klageforderungen nicht entgegen. Dies ist höchstrichterlich für Unterstützungskassenzusagen geklärt (BAG 03. Februar 1987 - 3 AZR 208/85).

2. Das Versorgungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. ist nicht durch Rücktritt mit Wirkung ex tunc beseitigt worden. Der Rücktritt wurde nicht von der Beklagten zu 2., sondern durch den Rückversicherer erklärt. Der Rücktritt betraf allein das durch Versicherungsvertrag begründete Verhältnis zwischen der Beklagten zu 2. als Versicherungsnehmerin, dem Rückversicherer als Versicherer und dem Kläger als versicherte Person. Der spätere rückwirkende Wegfall der Rückversicherung wurde nicht - wie in der Versorgungszusage der Beklagten zu 1. vom 08.08.2001 zumindest unter Nr. 5 Sätze 1 und 2 unzureichend versucht - zur auflösenden Bedingung der Versicherungszusage der Beklagten zu 2. nach Maßgabe der Versorgungsbescheinigung vom 01.10.2001 gemacht, die Zulässigkeit eines solchen Bestrebens einmal trotz der nur begrenzt gegebenen Möglichkeiten des Widerrufs einer Versorgungszusage im Recht der betrieblichen Altersversorgung und nach Nr. 4 der Versorgungszusage vom 08.08.2001 ("Eine Änderung dieser Zusage kann nur nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen erfolgen.") unterstellt. Es geht im Verhältnis Kläger - Beklagte zu 1. (Valutaverhältnis) und Kläger - Beklagte zu 2. (Deckungsverhältnis) auch nicht um Einwendungen nach oder entsprechend § 334 BGB, weil hier die Einwendung nicht dem Schuldner, sondern dem Versicherer (Rückversicherer) nach §§ 16, 17 VVG zustehen könnten.

3. Doch selbst dann, wenn im Zusammenhang mit einer Unterstützungskassenzusage ein Rücktritt des Rückversicherers nach §§ 16 Abs. 2 und 17 Abs. 1 VVG letztendlich auf die Versorgungsverpflichtungen aus den Versorgungszusagen der Arbeitgeberin (unter Beseitigung der Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG) und der Unterstützungskasse durchschlüge und wenn insoweit die Klage der versicherten Person (und nicht der Versicherungsnehmerin) nach § 12 Abs. 3 VVG als ausreichend erachtet würde, führte dies im Streitfall nicht zur Klageabweisung. Weder der Beklagten zu 2. noch dem Rückversicherer stand ein Rücktrittsgrund zur Seite.

3.1. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 VVG kann der Rücktritt des Versicherers erfolgen, wenn die Anzeige eines erheblichen Umstandes unterblieb. Nach § 17 kann der Versicherer von dem Vertrag zurücktreten, wenn über einen erheblichen Umstand eine unrichtige Anzeige gemacht wurde. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 VVG sind gefahrerheblich solche Umstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, einen Einfluss auszuüben. Dabei gilt ein Umstand, nach dem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich fragt, im Zweifel als gefahrerheblich (§ 16 Abs. 1 Satz 3 VVG). Insoweit kann unterstellt werden, dass der Kläger anlässlich der Aufnahme der Daten in den Versicherungsantrag vom 08.08.2001 bei Beantwortung der Fragen zu Nr. 6.a) und b) unrichtige Angaben gemacht hat, indem er sein Rückenleiden, die darauf beruhenden Arbeitsunfähigkeitszeiten und die ärztlichen Behandlungen verschwieg. Die im Zeitpunkt der Beantwortung der Gesundheitsfragen vorliegenden Umstände können noch nicht als erheblich im Sinne von § 17 Abs. 1 VVG iVm. § 16 Abs. 1 S 2 VVG angesehen werden, wobei auch die Zweifelsregelung nach § 16 Abs. 1 Satz 3 VVG keine Entscheidung zu Gunsten der Beklagten zu 2. rechtfertigt.

3.2. Zwar gilt nun ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, im Zweifel als erheblich (§ 16 Abs. 1 Satz 3 VVG). Es liegt jedoch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf der Hand, dass nicht jede frühere Erkrankung und jeder frühere Krankenhausaufenthalt geeignet ist, einen Versicherer zu veranlassen, den Abschluss eines Versicherungsvertrags (z.B. Krankenversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung; Krankentagegeldversicherung) abzulehnen oder sich nur auf einen Vertrag mit einem vom üblichen abweichenden Inhalt (z.B. mit erhöhter Prämie, längeren Wartezeiten, bestimmten Versicherungsausschlüssen) einzulassen. Entscheidend ist demnach, ob der Versicherer bei Kenntnis der verschwiegenen Angaben Veranlassung gehabt hätte, entweder den Vertragsschluss überhaupt abzulehnen oder ihn zumindest mit anderen Bedingungen abzuschließen, als dies tatsächlich geschehen ist. Damit das Gericht diese Frage beurteilen kann, muss der Versicherer (hier ggf. die Unterstützungskasse bzw. die Arbeitgeberin) vortragen, von welchen Grundsätzen sie (oder ihr Versicherer) sich bei der dem Vertragsschluss vorausgehenden Risikoprüfung leiten lässt. Darauf, ob der in Frage stehende Umstand allgemein nach den den Betrieb des betreffenden Versicherungszweigs beherrschenden Anschauungen dem Versicherer hätte Anlass bieten können, den Abschluss des Versicherungsvertrages schlechthin oder mit dem vorgesehenen Inhalt abzulehnen, kommt es nach der heutigen Fassung des § 16 Abs. 1 Satz 2 VVG nicht mehr an. Mit diesen Ausführungen leugnet die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht den allgemein anerkannten Grundsatz, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Unerheblichkeit der Umstände, nach denen der Versicherer ausdrücklich gefragt hat, den Versicherungsnehmer trifft. Sie berücksichtigt lediglich, dass es dem Versicherungsnehmer (hier ggf. dem Arbeitnehmer als versicherte Person) in aller Regel nicht möglich ist, sich substanziiert über die von einem Versicherungsunternehmen beachteten Geschäftsgrundsätze zu erklären. Dieser genügt daher seiner Darlegungslast, wenn er global behauptet, dass der betreffende Umstand nicht gefahrerheblich sei; um diesen Vortrag prozessual wirksam zu bestreiten, muss der Versicherer sich substanziiert darüber äußern, von welchen Grundsätzen er bei der Risikoprüfung ausgeht; soweit sich solche Grundsätze im konkreten Fall nicht feststellen lassen, wird man annehmen können, dass sich das Versicherungsunternehmen an die allgemein anerkannten Regeln einer vernünftigen Versicherungstechnik hält. Auf die Darlegung der für die Risikoprüfung maßgeblichen Grundsätze kann allerdings verzichtet werden, wenn die Gefahrerheblichkeit des verschwiegenen Umstands auf der Hand liegt. Hat der Versicherer insoweit seiner Substanziierungspflicht genügt, dann gehen Zweifel darüber, ob der Umstand, nach dem schriftlich gefragt war, gefahrerheblich ist, nach der gesetzlichen Beweislastverteilung zu Lasten des Versicherungsnehmers (grundlegend: BGH 28. März 1984 - IVa ZR 75/82; BGH 08. März 1989 - IVa ZR 17/88; BGH 20. Februar 1991- IV ZR 77/90; BGH 07. Juli 1993 - IV ZR 119/92; BGH 20. September 2000 - IV ZR 203/99).

3.3. Im Streitfall hat der Kläger das Vorliegen der Gefahrerheblichkeit wiederholt gerügt. Die Beklagte zu 2. hat hierauf nicht substanziiert erwidert. Sie hat ihre Grundsätze der Risikoprüfung nicht vorgetragen.

3.4. Auf die Darlegung der für die Risikoprüfung maßgeblichen Grundsätze kann hier auch nicht verzichtet werden. Die Gefahrerheblichkeit der verschwiegenen Umstände liegt nicht auf der Hand. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Versorgungszusage eine Altersleistung bzw. Hinterbliebenenleistung und eine Berufsunfähigkeitsleistung vorsieht. Die Gefahrerheblichkeit ist für diese beiden Versicherungsfälle gesondert zu beurteilen. Für die Berufsunfähigkeitsversicherung liegt die Gefahrerheblichkeit zumindest näher als für die Lebensversicherung, kann aber im Streitfall auch für die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht als auf der Hand liegend bejaht werden.

3.4.1. Rückenbeschwerden sind nicht immer als gefahrerheblich einzuordnen. Die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung verfährt insoweit fallbezogen (OLG Hamm 28. September 1990 - 20 U 38/90 - betr. öfter auftretende Schmerzen im LWS-Bereich mit Kribbeln im rechten Bein; OLG Koblenz 19. Juni 1998 - 10 U 640/97 betr. über viele Jahre hinaus behandelte Rückenbeschwerden; OLG Frankfurt 28. Januar 1998 - 7 U 33/97 betr. Verspannungsschmerzen im Schulter-Nacken-Bereich; Hanseatisches OLG 18. Oktober 1989 - 5 U 42/89 - betr. Schmerzen in Lendengegend nach Fußballspiel; OLG Düsseldorf 30. November 1993 - 4 U 216/92 betr. kurzzeitige und teils länger zurückliegende Erkrankungen und Behandlungen wegen HWS- und LWS-Syndrom; BGH 20. Februar 1991 - IV ZR 77/90 betr. Lumbalgie infolge gewöhnlicher Sportverletzungen ohne Bandscheibenvorfall; BGH 07. Juli 1993 - IV ZR 119/92 betr. erstmaliger Beschwerden und Rüttelmassage).

Es ist anerkannt, dass nicht gefahrerheblich sind diejenigen Krankheiten und Beschwerden, von denen fast alle Menschen von Zeit zu Zeit befallen werden, die aber nach der Lebenserfahrung alsbald und folgenlos vorübergehen und die deshalb für die Risikobeurteilung eines jeden Versicherers dieser Sparte unerheblich sind. Zu diesen nicht gefahrerheblichen Beschwerden müssen im Hinblick auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung auch diejenigen gezählt werden, die regelmäßig mit der Ausübung des Berufs verbunden sind. Zu diesen "üblichen" Beschwerden zählen bei Berufen mit schwerem Heben und Tragen sicherlich Rücken- und Wirbelsäulenbeschwerden, sofern kein Bandscheibenvorfall vorliegt, keine neurologischen Ausfälle zu verzeichnen sind und keine nicht nur altersbedingte degenerativen Veränderungen bestehen.

Das Auftreten von Schmerzen allein kann noch nicht als gefahrerheblich gewürdigt werden. Von den 1998 im Bundes-Gesundheitssurvey befragten Bundesbürgern gaben nur 12% der Männer und 6% der Frauen an, im vergangenen Jahr keine Schmerzen gehabt zu haben. Rückenschmerzen betreffen im Verlaufe eines Jahres 62% Frauen und 56% Männer. Einem Großteil der Rückenschmerzen liegt keine geklärte organische Ursache zu Grunde, sie bilden sich bei Beibehaltung der täglichen Aktivitäten meist wieder zurück. Durch Rückenleiden werden 15% der Arbeitsunfähigkeitszeiten verursacht. Für die Risikoprüfung erscheint die übliche Trennung in spezifische und nichtspezifische Rückenschmerzen geeignet. Im Gegensatz zu nichtspezifischen Rückenschmerzen haben spezifische Rückenschmerzen eine eindeutig feststellbare Ursache, z.B. Bandscheibenvorfall, Wirbelkörperbrüche, Tumore uam. Etwa 15% aller Rückenschmerzpatienten leiden unter spezifischen Rückenschmerzen; bei etwa 85% der Patienten mit Rückenschmerzen liegt dagegen ein nichtspezifischer Rückenschmerz vor. 80% aller Rückenschmerzpatienten sind nach zwei Monaten bereits wieder beschwerdefrei, d.h. Rückenbeschwerden haben eine sehr gute spontane Rückbildungstendenz. Allerdings kommt es bei einem Teil der Patienten zu episodischem Wiederauftreten und bei einem kleineren Teil zu einer Chronifizierung. Patienten mit Rückenschmerzen werden in Deutschland primär vom Hausarzt, bei ausstrahlenden oder besonders starken Schmerzen, gleichzeitig bestehenden Lähmungen oder Gefühlsstörungen von Orthopäden, Neurologen, Neurochirurgen und Schmerztherapeuthen behandelt (alle Daten aus: Robert Koch Institut / Statistisches Bundesamt, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 7, Chronische Schmerzen, S. 13-15).

Aus diesen statistischen Daten folgt, dass allein das Auftreten und auch das wiederholte Auftreten von nicht näher qualifizierten (Rücken) - Schmerzen keine relevante Gefahrerheblichkeit für eine Berufsunfähigkeitsversicherung begründet. Immerhin leiden 56% der Männer im Jahr an irgendwie gearteten Rückenschmerzen. Bei 85% der Patienten liegt ein nichtspezifischer Rückenschmerz vor, wobei 80% aller Rückenschmerzpatienten nach zwei Monaten beschwerdefrei sind. Hier kann keine relevante Gefahrerheblichkeit für die Berufsunfähigkeitsversicherung und überhaupt keine Gefahrerheblichkeit für die Lebensversicherung angenommen werden. Für die Gefahrerheblichkeit spricht aber, wenn den Rückenbeschwerden eine festgestellte organische Ursache zu Grunde liegt.

3.4.2. Im Streitfall hatte der Kläger zumindest seit 1997 wiederholt Rücken- und Wirbelsäulenbeschwerden (vgl. Stellungnahme Desmarattes v. 13.08.2004 - Abl. Bl. 144-146 d.A.). Diese führten in geringem Ausmaße zu Arbeitsunfähigkeitszeiten, nämlich in den Zeiträumen 22.09-26.09.1997 (5 Arbeitstage), 09.03.-11.03.1998 (3 Arbeitstage) und 06.07.-17.07.2000 (8 Arbeitstage). In dem von dem Rückversicherer benannten Zeitraum von fünf Jahren kam es damit zu durchschnittlich 3,2 Arbeitstagen pro Jahr Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Rückenbeschwerden. Im Zeitpunkt der verschwiegenen Angaben war der Kläger 13 Monate ohne bekannte Beeinträchtigungen. Die durchgeführten Behandlungen beschränkten sich auf Fango, Massage und Interferenzstrom. Der Verlauf wird ohne nähere Erläuterung als chronisch und recidivierend bezeichnet. Weitergehende Befunde wurden nicht erhoben. Es wurde weder eine radiologische Untersuchung noch eine Computertomographie angeordnet. Erst im Oktober 2002 wurde nach einer Computertomographie ein Massenprolaps festgestellt, aber auch keine wesentlichen degenerativ bedingten knöchernen Anbauten und eine unauffällige paravertebrale Muskulatur und miterfasste Weichteile (vgl. Stellungnahme Preiß und Kling - Abl. Bl. 143 d.A.). Nach dem Entlassungsbericht der Meduna-Klink (Abl. Bl. 137-142 d.A.) waren bislang keine stationären Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt worden, keine internistischen Grunderkrankungen bekannt, sondern erst ab Anfang Oktober 2002 an Intensität akut zunehmende orthopädische Beschwerden. Es fehlte bislang jegliche neurologische Symptomatik und zu den Befunden passende Lumboischialgien. Außer dem Massenprolaps wurden keine negativen orthopädisch-rheumatologischen Befunde erhoben.

Die Feststellung organischer Ursachen ist bei dem Kläger aber erst anlässlich des Massenprolaps im Oktober 2002 und damit anlässlich des Versicherungsfalls erfolgt. Zuvor traten in geringem Umfang unspezifische Rückenbeschwerden auf. Der Kläger wurde zuvor lediglich durch einen Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin behandelt. Dieser verordnete lediglich Fango, Massage und Interferenzstrom. Die Befunde wurden weder röntgenologisch noch durch Computertomographie gesichert. Eine Überweisung an einen Orthopäden wurde nicht vorgenommen. Eine Steigerung der Intensität ist erst ab Oktober 2002 dokumentiert. Die Beschwerden traten in großen Abständen und mit geringen Ausfallzeiten auf. Eine degenerative Veränderung wurde nicht festgestellt. Neurologische Ausfälle traten noch nicht auf. Aus allen diesen Umständen folgt, dass der Kläger zunächst von unspezifischen Rückenbeschwerden ausgehen durfte. Diese unspezifischen Rückenbeschwerden sind als nicht gefahrerheblich zu würdigen.

4. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 2. seit dem 01.11.2002 ein Anspruch auf vierteljährlich zu zahlende Versorgungsraten in Höhe von 1.917,33 EUR zu.

4.1. Der Anspruch ist dem Grunde nach gegeben. Nach § 2 Abs. 2 der Beilage B 53 (Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung - Abl. Bl. 21-23 d.A.) iVm. § 2 Abs. 2 der Beilage C 70 (Besondere Vereinbarung zu den Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung - Abl. Bl. 20 d.A.) ist der Kläger als berufsunfähig anzusehen. Der Kläger war sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, die ärztlich nachgewiesen wurden, vollständig außer Stande, seinen Beruf auszuüben. Unstreitig bestand die gesundheitliche Beeinträchtigung noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht. Nach der Beilage C 70 hat der Versicherer auf die Möglichkeit der Verweisung auf eine anderweitige Tätigkeit verzichtet.

4.2. Der Anspruch auf die Versorgungsraten aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung entstand mit Ablauf des Oktober 2002. Nach § 1 Abs. 3 der Beilage B 53 entsteht der Anspruch auf Rente mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Die Berufsunfähigkeit wurde durch den Massenprolaps Anfang Oktober 2002 ausgelöst. Seitdem - also von Beginn an - besteht nach § 2 Abs. 2 der Beilage C 70 und nach § 2 Abs 2 der Beilage B 53 die Berufsunfähigkeit.

4.3. Die Versorgungsraten sind nach § 1 Buchst. b) der Beilage B 53 vierteljährlich im Voraus, erstmalig anteilig bis zum Ende des laufenden Versicherungsvierteljahres zu zahlen. Die monatliche Rente beläuft sich nach der Versorgungszusage vom 08.08.2001 und der Versorgungsbescheinigung vom 01.10.2001 auf 1.250 DM, damit auf 639,11 EUR. Die erste anteilige Versorgungsrate für die Zeit vom 01.11.-31.12.2002 beträgt 1.278,22 EUR. Die weiteren Versorgungsraten betragen vierteljährlich 1.917,33 EUR. Für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 30.09.2006 ergibt sich eine Summe von 28.759,95 EUR. Ab dem 01.10.2006 wären vierteljährlich 1.917,33 EUR zu zahlen. Die Versorgungsraten sind nach der Versorgungszusage und nach der Versorgungsbescheinigung bis zur Fälligkeit der Altersleistung aus der Kapitallebensversicherung am 01.10.2024, damit antragsgemäß bis zum 30.09.2024 zu leisten. Tatsächlich hat der Kläger keine im Voraus fällige vierteljährliche Leistung, sondern eine im Voraus fällige monatliche Leistung und damit ein Minus geltend gemacht, was bei der Tenorierung zu berücksichtigen ist.

5. Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO iVm. § 97 ZPO und § 100 ZPO. Dabei sind die Zahlungsanträge zu 1. und 2. ohne Berücksichtigung der Rückstände nach § 42 Abs. 3 GKG iVm. § 42 Abs. 5 Satz 1 GKG in Höhe von 23.007,96 EUR (36 x 639,11 EUR) bewertet worden. Wegen der wirtschaftlichen Teilidentität mit den Leistungsanträgen ist der Feststellungsantrag (Anträge zu 3., 4. und 5.) mit 1/3 der Altersleistung bewertet worden, damit mit 9.192,00 EUR.

VI. Gründe, die Revision nach § 72 Abs.2 ArbGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist der aufgezeigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt. Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

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