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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 01.08.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 694/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 17.11.2006 - 4 Ca 324/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung.

Von der Darstellung des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 100 - 102 d.A.) abgesehen.

Das Arbeitsgericht Bochum hat die Klage mit Urteil vom 17.11.2006 - 4 Ca 324/06 - abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen (Bl. 102 - 104 d.A.).

Das Urteil ist dem Kläger am 16.04.2007 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 17.04.2007 eingelegte und mit dem am 11.06.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.

Der Kläger wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage gegen das erstinstanzliche Urteil. Er trägt ergänzend vor:

Die Abmahnung vom 10.08.2005 sei weder einschlägig noch zu Recht ergangen. Er habe nicht zu viel Arbeitswerte eingetragen. Bei dem Ausfüllen des Wartungszettels habe er den vom Programm vorgegebenen Textbaustein "mit Ölwanne aus- und eingebaut und abgedichtet" gewählt. Hier müsse er sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er nicht einen 0,0-Wert mit Beschreibung der genauen Arbeit, also dem Herausdrehen der Schrauben und dem Hineindrehen mit Dichtungsmasse eingegeben habe. Er habe zuvor geprüft, ob eine Undichtigkeit an der Dichtung der Ölwanne erkennbar gewesen sei.

Am 11.01.2006 habe er dem Mitarbeiter J2 mitgeteilt, dass die Bremse der Hinterachse noch gemacht werden müsse und eine abschließende Überprüfung der Bremse an der Vorderachse "nicht durchzuführen sei", da Herr J2 über die einzige Handlampe im Betrieb verfügte und eine Überprüfung der Vorderachsbremse aufgrund der Lichtverhältnisse nicht durchgeführt werden konnte. Herr J2 sei im Betrieb wegen einer möglichen Zeugenaussage unter Druck gesetzt worden. Wegen eigener Verfehlungen suchten die Mitarbeiter G4 und L3, ihn loszuwerden. Die Kündigungen sollten auch das Erreichen der tariflichen Unkündbarkeit verhindern. Die Beklagte versuche, im Betrieb bestehende Organisationsdefizite zu nutzen, um ihn loszuwerden. Sie habe das Ausfüllen der einzelnen Wartungsblätter nach dem Fortschritt der Arbeit nicht durchsetzen können. Hierdurch entstünden bei der Übergabe der noch abzuarbeitenden Aufträge häufig Missverständnisse. Die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung bleibe bestritten. Er habe eine Alkoholproblematik.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 17.11.2006 - 4 Ca 324/06 - abzuändern und nach den Schlussanträgen 1. Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage. Sie trägt ergänzend vor:

Die Abmahnung vom 10.08.2005 sei zu Recht erteilt worden. Der zweitinstanzliche Vortrag des Klägers hierzu sei verspätet. Der Kläger sei ausdrücklich befragt worden, ob die Ölwanne aus- und eingebaut und ob eine neue Dichtung verbaut worden sei. Der Kläger habe dies wiederholt bejaht und erst nach Aufforderung, die Ölwanne zu Kontrollzwecken zu demontieren, zugegeben, dass die Arbeiten nicht durchgeführt, aber als Arbeitspositionen dokumentiert worden seien.

Am 11.01.2006 habe der Kläger gegenüber dem Mitarbeiter J2 erklärt, es müsse nur noch die Bremse an der Hinterachse gemacht werden. Ansonsten sei die Wartung komplett durchgeführt worden.

Der Betriebsrat sei zu beiden Kündigungen ordnungsgemäß angehört worden. Auch das Vortäuschen des Abschmierens der Vorderachse sei Gegenstand der Anhörung gewesen. Beim Kläger bestehe keine Alkoholabhängigkeit, wie der Betriebsarzt bestätigen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), wegen des Streitgegenstands zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. c ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und auch ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 iVm. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) begründet worden. Sie hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

I. Die Klage ist unbegründet.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die außerordentliche Kündigung vom 26.01.2006 aufgelöst. Der mit unechtem Hilfsantrag geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch bedarf wegen des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1) keiner Bescheidung. Die gegen die Kündigung vom 10.02.2006 gerichtete Klage ist unbegründet, weil im Zeitpunkt des Zugangs dieser ordentlichen Kündigung zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestand.

1. Die Kündigung ist nicht gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

1.1. Nach § 102 Abs.1 S.1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat nach § 102 Abs. 1 BetrVG dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen, d. h. er muss dem Betriebsrat neben den näheren Informationen über die Person des betroffenen Arbeitnehmers die Art und den Zeitpunkt sowie die Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitteilen (BAG 30. November 1989 - 2 AZR197/89). So hat der Arbeitgeber insbesondere Alter, Familienstand, Betriebszugehörigkeit und besonders soziale Umstände (z.B. Schwerbehinderteneigenschaft) des zu kündigenden Arbeitnehmers mitzuteilen (BAG 16. September 1993 - 2 AZR267/93). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Art der beabsichtigten Kündigung, insbesondere also mitteilen muss, ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden soll. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat nur diejenigen Gründe mitteilen, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind. Diese Gründe darf der Arbeitgeber dem Betriebsrat in der Regel aber nicht nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig bezeichnen. Vielmehr muss er den als maßgebend erachteten Sachverhalt unter Angabe von Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluss hergeleitet wird, näher so beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über eine Stellungnahme schlüssig zu werden. Andererseits bedarf der Vortrag des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren wegen des Überblicks, den der Betriebsrat regelmäßig über die betrieblichen Verhältnisse hat, nicht derselben Substantiierung wie im Kündigungsschutzprozess. Durch ergänzenden Vortrag im Prozess darf aber das Mitwirkungsrecht des Betriebsrats nicht verkürzt werden. Dies bedeutet, dass die Erläuterungen zu den dem Betriebsrat mitgeteilten Kündigungsgründen weder zusätzliche Kündigungsgründe noch Vorwürfe oder Tatsachen enthalten dürfen, die den bisherigen Vortrag erst zu einem kündigungsrechtlich relevanten Grund machen oder dem Kündigungsgrund erheblich mehr Gewicht verleihen (BAG 18 Dezember 1980 - 2 AZR 1006/87). Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§§ 2, 74 BetrVG) gebietet es dem Arbeitgeber, dem Betriebsrat Informationen zu geben bzw. nicht vorzuenthalten, aufgrund derer bzw. ohne die bei ihm ein falsches Bild über den Kündigungssachverhalt entsteht. Eine bewusst und gewollt unrichtige Mitteilung der für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers maßgebenden Kündigungsgründe führt zu einem fehlerhaften und damit unwirksamen Anhörungsverfahren.

Eine Kündigung ist nicht nur dann unwirksam gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG, wenn eine Anhörung des Betriebsrats zu der beabsichtigten Kündigung überhaupt nicht erfolgt ist, sondern auch dann, wenn die Anhörung des Betriebsrates nicht ordnungsgemäß ist (BAG 16 September 1993 - 2AZR267/93).

Die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung. Ist die Existenz eines Betriebsrats durch Parteivortrag in den Prozess eingeführt, gehört es zu einem schlüssigen Vortrag des Arbeitgebers, in tatsächlicher Hinsicht darzutun, dass der Betriebsrat angehört worden ist. Daher obliegt es zunächst dem Arbeitgeber, im Bestandsschutzverfahren eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats im Detail schlüssig darzulegen. Sodann ist es im Rahmen der abgestuften Darlegungslast Sache des Arbeitnehmers, konkret zu beanstanden, in welchen Punkten er die Betriebsratsanhörung für fehlerhaft hält (BAG 16. März 2000 - 2 AZR 75/99; BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 378/99), wobei auch ein völliges oder teilweises Bestreiten mit Nichtwissen wegen fehlender eigener Wahrnehmung möglich und zulässig ist (BAG 16. März 2000 - 2 AZR 75/99). Hat der Arbeitnehmer jedoch die Angaben des Arbeitgebers weder substantiiert noch mit Nichtwissen, sondern nur pauschal ohne Berufung auf fehlende eigene Wahrnehmungen bestritten, ist ein solches Bestreiten unzureichend mit der Folge des § 138 Abs. 3 ZPO (BAG 18. September 1997 - 2 AZR 657/96; BAG 22. Januar 1998 - 2 AZR 267/97; BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 378/99). Geht es um einen komplexen Sachverhalt wie die Anhörung des Betriebsrats, so muss die nicht beweisbelastete Partei nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast auf substantiierte Darlegungen der Gegenseite hin deutlich machen, welche Angaben sie für zutreffend erachtet und welche nicht. In diesem Fall kann es nämlich durchaus sein, dass die nicht beweisbelastete Partei einzelne der gegnerischen Angaben, sei es aufgrund eigener Wahrnehmungen, aufgrund von Informationen beteiligter Personen ihres Vertrauens oder aufgrund der Plausibilität und voraussichtlich problemlosen Beweisbarkeit des Vorbringens, für glaubhaft erachtet und nicht länger in Zweifel zieht, oder dass sie einen anderen Sachverhalt darlegen kann. Bei solch komplexen Sachverhalten genügt deshalb kein undifferenziertes pauschales Bestreiten, vielmehr muss die nicht beweisbelastete Partei ihr Bestreiten zumindest soweit substantiieren, dass für das Gericht erkennbar wird, über welche einzelnen Behauptungen der beweisbelasteten Partei Beweis erhoben werden soll (BAG 16. März 2000 - 2 AZR 75/99).

1.2. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten zur Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung. Die Beklagte hat bereits auf Seiten 9 und 10 des Schriftsatzes vom 03.04.2006 (Bl. 24 f. d.A.) im Einzelnen den Ablauf des Anhörungsverfahrens vorgetragen. Ergänzend hat sie auf das Protokoll vom 20.01.2006 (Abl. Bl. 14 d.A.) und die Stellungnahme des Betriebsrats vom 23.01.2006 (Abl. Bl. 13 d.A.) verwiesen. Schließlich hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 01.08.2007 die Hausmitteilung vom 13.01.2006 (Abl. Bl. 172 f. d.A.) zu den Akten gereicht und vorgetragen, diese Mitteilung sei dem Betriebsrat anlässlich der Anhörung am 19.01.2006 vorgelesen worden. Dieser Vortrag und die vorgelegten Urkunden enthalten alle für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung erforderlichen Angaben.

1.3. Zu diesem substantiierten Tatsachenvortrag der Beklagten hätte der Kläger sich im Einzelnen erklären müssen (§ 138 Abs. 2 ZPO; BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 193/04). Tatsächlich hat der Kläger die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung nicht weiter bestritten.

1.3.1. Der Arbeitnehmer muss nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast deutlich machen, welche detaillierten Angaben des Arbeitgebers er aus welchem Grunde weiterhin bestreiten will (BAG 20.09.2006 - 6 AZR 219/06). Der Arbeitnehmer kann sich zwar gem. § 138 Abs. 4 ZPO auf Nichtwissen berufen, soweit es um Tatsachen außerhalb seiner eigenen Wahrnehmung geht. Ein pauschales Bestreiten des Arbeitnehmers ohne jede Begründung genügt jedoch nicht (BAG 16. März 2000 - 2 AZR 75/99). Denn gegenüber der prozessualen Mitwirkungspflicht des § 138 Abs. 2 ZPO stellt § 138 Abs. 4 ZPO eine Ausnahmeregelung dar, die in ihren Voraussetzungen eng auszulegen ist. Der Arbeitnehmer muss daher im Einzelnen bezeichnen, in welchen Punkten er die tatsächlichen Erklärungen des Arbeitgebers über die Betriebsratsanhörung für falsch oder die dem Betriebsrat mitgeteilten Tatsachen für unvollständig hält (BAG 20.09.2006 - 6 AZR 219/06; BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 193/04).

1.3.2. Im Streitfall hat der Kläger die Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsanhörung nicht konkret aufgezeigt. In der Klageschrift hat der Kläger sich noch in zulässiger Weise mit Nichtwissen zu Frage der Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung erklärt. Auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 11.04.2006 hat der Kläger die Betriebsratsanhörung zur außerordentlichen Kündigung außer Streit gestellt. Er hat dort vorgetragen, der Betriebsrat sei in der Anhörung nach § 102 BetrVG nur zur außerordentlichen Kündigung angehört worden. In der Berufungsbegründung hat der Kläger die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung "nochmals im Berufungsverfahren bestritten" und angeführt, der Vorwurf unterlassener "Abschmierarbeiten" sei nicht Gegenstand der Betriebsratsanhörungen zu beiden Kündigungen gewesen. Gegenstand der Betriebsratsanhörung sei lediglich die "detaillierte Stellungnahme zur Vorder- u. Hinterachsbremse" gewesen. Dem Vortrag der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 01.08.2007, die Personalleiterin habe während der mündlichen Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung die Hausmitteilung des Teamleiters S3 vom 13.01.2006 verlesen, ist der Kläger nicht entgegengetreten. In der Hausmitteilung ist jedoch u.a. von den unterlassenen Abschmierarbeiten die Rede.

Es fehlt an einem Vortrag des Klägers, welche Angaben der Beklagten der Kläger für zutreffend erachtet und welche er in Zweifel ziehen will.

2. Für die außerordentliche Kündigung liegt ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vor.

2.1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, so bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (BAG 02.03.1989 - 2 AZR 280/88; BAG 17. Mai 1984 - 2 AZR 3/83). Die persönlichen Umstände des Gekündigten gehören nicht zum Kündigungsgrund, sondern zur Interessenabwägung für die Entscheidung über die Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses (BAG 02.03.1989 - 2 AZR 280/88). Der Maßstab für die Prüfung, ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist objektiv zu bestimmen. Es müssen Umstände gegeben sein, die nach verständigem Ermessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar erscheinen lassen. Der subjektive Standpunkt des Kündigenden ist ebenso wenig entscheidend wie die subjektive Würdigung des Gekündigten (BAG 02.06.1960 - 2 AZR 91/58). Eine außerordentliche Kündigung kann erfolgreich nur auf solche Gründe gestützt werden, die sich konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken (BAG 17.03.1988 - 2 AZR 576/87).

Unzumutbar ist die Weiterbeschäftigung nur, wenn alle anderen, nach den jeweiligen Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel unzumutbar sind (ultima ratio - Prinzip), das Arbeitsverhältnis in seiner gegenwärtigen Form also nicht mehr fortgesetzt werden kann (BAG 30.05.1978 - 2 AZR 630/76). Das Arbeitsverhältnis ist dann fortzusetzen, wenn es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar ist, den Arbeitnehmer überhaupt noch sinnvoll in derselben oder einer anderen Abteilung seines Unternehmens zu gleichen oder geänderten Bedingungen einzusetzen. Als milderes Mittel ist bei einer Vertragsverletzung grundsätzlich eine Abmahnung denkbar. Schließlich ist eine Interessenabwägung durchzuführen.

Die außerordentliche Kündigung aus einem verhaltensbedingten Grund erfordert in der Regel, dass der Gekündigte die Pflichtverletzung auch rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Eine vorwerfbare Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund unverschuldeten Rechtsirrtums sein Tun für berechtigt gehalten hat (BAG 17.05.1984 - 2 AZR 3/83; BAG 12.04.1973 - 2 AZR 291/72).

Beim Vortrag mehrerer Kündigungsgründe ist zunächst jeder einzelne zu prüfen. Sodann ist zu überprüfen, ob die Kündigungsgründe in ihrer Gesamtheit ausreichen (BAG 11.04.1985 - 2 AZR 88/54). Der Kündigende trägt die Darlegungs- und Beweislast für alle Umstände, die als wichtige Gründe geeignet sein können.

2.2. Im Streitfall liegen Sachverhalte vor, die ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet sind, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Dem Kläger ist vorzuwerfen, dass er vorsätzlich am 23.07.2005 und trotz erfolgter Abmahnung am 11.01.2006 die Beklagte über die Ableistung von sicherheitsrelevanten Arbeiten zu täuschen versuchte. Die Kammer folgt insoweit den Ausführungen des Arbeitsgerichts zum Vorliegen eines wichtigen Grundes und sieht von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Berufungsbegründung gibt zu folgenden Ergänzungen Anlass.

2.2.1. Qualitativ schlechte Leistungen des Arbeitnehmers sind ein typischer Anlass für eine ordentliche Kündigung. Sie können nur ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (BAG 20.03.1969 - 2 AZR 283/68). Im Streitfall geht es aber nicht lediglich um fahrlässige Schlechtleistungen, sondern um das vorsätzliche Unterlassen von - auch - sicherheitsrelevanten Arbeiten und um das Vortäuschen der Erledigung solcher Arbeiten.

2.2.2. Für den 23.07.2005 wirft die Beklagte dem Kläger vor, er habe an einem Kundenfahrzeug die Ölwanne nicht abgedichtet, die Aufbauschrauben nicht erneuert, die Motorwäsche nicht durchgeführt, die Ventile nicht eingestellt und das aus Sicherheitsgründen erforderliche Nachziehen von Räder nicht durchgeführt, jedoch diese Arbeiten als erledigt dokumentiert und damit zu hohe Arbeitswerte aufgeführt, was zu einer falschen Rechnungsstellung gegenüber dem Kunden und zu einem überhöhten Leistungslohn habe führen können. Der Kläger sei darauf befragt worden, ob er die Ölwanne aus- und eingebaut und eine neue Dichtung verbaut habe. Er habe dies bejaht und sei selbst nach einigen Minuten Bedenkzeit bei dieser Aussage geblieben. Die Beklagte habe das Fahrzeug vom Kunden zurückgeholt, um die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Zu diesen Vorwürfen hat der Kläger sich erklären müssen (§ 138 Abs. 2 ZPO). Er hätte deutlich machen müssen, welche detaillierten Angaben des Arbeitgebers er aus welchem Grunde bestreiten will. Zugestanden hat der Kläger den Vorwurf der unterlassenen Abdichtung der Ölwanne. Nicht ausreichend erklärt hat er sich du den weiteren Vorwürfen. Der Kläger bestreitet zwar, überhöhte Arbeitswerte aufgeschrieben zu haben. Er hat aber nicht vorgetragen, welcher der angeblich nicht erbrachten Leistungen von ihm oder einem anderen Mitarbeiter erbracht worden sein sollen. Er hat auch nicht den Vorwurf, den Vorfall "unterlassene Ölwannenabdichtung" später wiederholt geleugnet zu haben, bestritten. Damit ist davon auszugehen, dass die Vorwürfe der Beklagten im vollen Umfang zutreffen (§ 138 Abs. 3 und 4 ZPO).

2.2.3. Den Vorfall vom 23.07.2005 mahnte die Beklagte ordnungsgemäß mit Schreiben vom 10.08.2005 (Abl. Bl. 27 f. d.A.) ab.

2.2.4. Für den 11.01.2006 ist aufgrund der Feststellungen des Arbeitsgerichts nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO davon auszugehen, dass der Kläger tatsächlich nicht vorgenommene sicherheitsrelevante Wartungsarbeiten als vollständig erledigt meldete.

Insoweit steht zur Sicherheit des Gerichts fest, dass der Kläger zum Arbeitsende dem Meister L3 mitteilte, die Wartung sei abgeschlossen. Bestimmte Mängel müssten noch beseitigt werden, nämlich die Bremsbelege an der Hinterachse, die Wasserpumpe und einige Beleuchtungsteile seien noch zu reparieren. Die Bremse vorne sei in Ordnung, weil sie erst vor kurzem erneuert worden sei. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellungen begründen können, hat der Kläger nicht vorgetragen. Die Aussage des Zeugen L3 steht im Übereinklang mit dem vom Kläger ausgefüllten Serviceschild (Abl. Bl. 29 f. d.A.). Dort hatte der Kläger eingetragen, dass an der Vorderachsbremse keine Bremsklötze zu erneuern seien, sondern nur an der Hinterachsbremse. Diese Angaben konnten die Mitarbeiter der Beklagten und der Kunde nur dahin verstehen, dass der Kläger die gebotene Überprüfung der Bremsen ordnungsgemäß vorgenommen und die dokumentierte Feststellung getroffen hatte. Hierzu passt auch, dass der Kläger in einer handschriftlichen Notiz (Abl. Bl. 45 d.A.) über die noch zu erledigenden Arbeiten lediglich "Bremsklötze h" eintrug, ohne die Vorderachsbremse überhaupt zu erwähnen. Anhaltspunkte dafür, dass die Notiz nur unvollständig kopiert wurde, bestehen nicht. Der von dem Arbeitsgericht als glaubwürdig angesehene Meister L3 hat bestritten, dass er die Kopie der Notiz manipuliert habe. Es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb auf der Notiz völlig außerhalb des räumlichen Zusammenhangs mit der Angabe zur Hinterachsbremse noch etwas zu der Vorderachsbremse gestanden haben sollte, was von dem Eintrag des Klägers auf dem Wartungsschild abweichen soll. Insoweit muss der Kläger sich auch vorhalten lassen, dass er noch mit Schriftsatz vom 11.04.2006 vortragen lassen hat, er habe gegenüber dem Meister L3 und dem Mitarbeiter J2 "keinerlei Angaben über den Zustand der Vorderachse" gemacht. Im gleichen Schriftsatz hat der Kläger zudem angeführt, in der handschriftlichen Notiz habe er angegeben, dass die Bremsen hinten noch überprüft werden müssten.

Des Weiteren täuschte der Kläger die Beklagte über das ordnungsgemäße Abschmieren der Vorderachse. Unstreitig waren die Abschmierarbeiten an der Vorderachse nicht vollständig erledigt worden. Das ordnungsgemäße Abschmieren war nicht technisch unmöglich, sondern erforderte einen weiteren Arbeitsschritt, den der Kläger am 11.01.2006 nicht vorgenommen hatte, sondern erst nach Aufdeckung der Schlechtleistungen am 12.01.2006 nachholte. Vielmehr hatte er etwas Abschmierfett von außen aufgetragen, um über die Erledigung der Abschmierarbeiten zu täuschen. Dies stellte der Teamleiter S3 bei der Gütekontrolle am 12.01.2006 fest, wie er als Zeuge in erster Instanz glaubhaft bekundet hat.

2.2.5. Die Vorfälle vom 23.07.2005 und 11.01.2006 sind zumindest insgesamt geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abzugeben.

Nach der Stellenbeschreibung vom 11.03.1997 ( Abl. Bl. 26 d.A.) gehörte zu den Hauptaufgaben des Klägers die qualifizierte und zeitgerechte Ausführung der auf dem Reparaturauftrag aufgelisteten Arbeitspositionen nach M1-B4-Vorgaben, ferner die Feststellung und Dokumentation vorhandener Mängel am Fahrzeug und Weiterleitung an den zuständigen Kundendienstberater.

Durch die unvollständige Erledigung der genannten Aufgaben erbrachte der Kläger vorsätzlich und wiederholt Schlechtleistungen. Die Reparaturaufträge wurden unvollständig und damit fehlerhaft erledigt. Von einer qualifizierten Ausführung der Arbeitspositionen kann nicht die Rede sein. Insoweit liegt eine Verletzung der Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis vor. Dies allein rechtfertigte allenfalls eine ordentliche Kündigung. Hinzu kommt aber, dass der Kläger sicherheitsrelevante Aufgaben nicht ordnungsgemäß erledigte. Bereits am 23.07.2005 hatte der Kläger die Räder nicht ordnungsgemäß nachgezogen.

Das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Kontrolle der Vorderachsbremse am 11.01.2006 ist sodann unannehmbar. Dieser Vorfall und die fehlende Einsichtsbereitschaft des Klägers lassen eine Weiterbeschäftigung des Klägers auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar erscheinen. Unstreitig befand sich die gesamte Bremsanlage an dem Kundenfahrzeug in einem katastrophalen Zustand. Die Bremsscheiben der Hinterachse waren defekt. Der Bremsbelag dort war zerschlissen. An der Bremse an der Vorderachse war kein Bremsbelag vorhanden. Bei dieser Bremse bremste Metall auf Metall. Auch die Bremsscheiben der Vorderachse waren defekt. Zu diesem Zustand gab der Kläger gegenüber dem Meister L4 die Erklärung ab, die Bremse vorne sei in Ordnung, weil sie erst vor kurzem erneuert worden sei, was frei erfunden war. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers wurden der Meister L4 nur darüber informiert, die Bremsklötze an der Hinterachsbremse müssten erneuert werden. Entsprechende Angaben des Klägers finden sich auch auf dem Serviceschild, welches üblicherweise erst nach Abschluss der Wartungsarbeiten angebracht wird. Unstreitig nahm der Mitarbeiter J2 den vorgefundenen Zustand der Hinterachsbremse zum Anlass, die Vorderachsbremse näher zu prüfen.

Die Einlassungen des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 01.08.2007 lassen keinerlei Einsichtsbereitschaft des Klägers erkennen. Der Kläger hat sich zum einen darauf berufen, die Vorderachsbremse sei für ihn nicht prüfbar gewesen, weil nur der Mitarbeiter J2 über eine Handlampe verfügt habe. Selbst wenn dies zuträfe, hätte der Kläger gegenüber dem Meister L4 nicht von einem ordnungsgemäßen Zustand der Vorderachsbremse berichten und keine entsprechenden Angaben auf dem Serviceschild machen dürfen. Zudem hätte er die Nichtprüfung der Vorderachsbremse auf seiner handschriftlichen Notiz dokumentieren müssen, wenn schon nicht in dem dafür vorgesehen Wartungsunterlagen. Es ist dann auch nicht ersichtlich, wie der Kläger zu der Beurteilung gekommen sein will, dass an der Hinterachsbremse lediglich Bremsklötze auszuwechseln seien. Es will schließlich nicht einleuchten, weshalb der Kläger sich die Handlampe nicht für die Durchführung seiner Arbeiten hat besorgen können. Zum anderen hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung allen Ernstes darzulegen versucht, dass er die Vorderachse genau nach den Vorgaben von M1-B4 untersucht habe und dass auf diese Weise der katastrophale Zustand der Bremse nicht feststellbar gewesen sei. Unterstellt, die Wartungshinweise von M1-B4 sind so unzureichend, dass selbst schwerstwiegende Schäden an Bremsanlagen nicht feststellbar sind, hätte es zu den Aufgaben des Klägers gehört, in Abweichung von den Herstellervorgaben für eine gewissenhafte Prüfung der Bremsanlage zu sorgen oder das Unterlassen der Prüfung ordnungsgemäß anzuzeigen. Auf keinen Fall dufte der Kläger die Ordnungsgemäßheit der Vorderachsbremse dokumentieren und entsprechende Mitteilungen an seinen Vorgesetzten machen. Immerhin war der nachfolgend tätige Mitarbeiter durchaus in der Lage, den Zustand der Hinterachsbremse festzustellen, auf den vermutlich entsprechenden Zustand der Vorderachsbremse zu schließen und auch den Zustand dieser Bremse festzustellen.

Die Tatsache, dass die Fehlleistungen des Klägers noch rechtzeitig bemerkt und ausgeglichen werden konnten, vermag den Kläger nicht zu entlasten. Es muss nicht Näheres zur elementaren Bedeutung einer tauglichen Bremsanlage ausgeführt werden. Von einem Kundenfahrzeug mit unvollständig gewarteter Bremsanlage wäre eine erhebliche Gefährdung des Verkehrs ausgegangen. Solche vorsätzlichen Fehlleistungen im sicherheitsrelevanten Bereich machen eine Weiterbeschäftigung regelmäßig unzumutbar.

Hinzu kommt das Vortäuschen des Abschmierens der Vorderachse. Dies steht ebenfalls nach der glaubhaften Aussage des als glaubwürdig angesehenen Teamleiters S3 fest. Es ist nicht hinnehmbar, dass der Kläger allein deshalb, weil das Abschmieren nicht auf einfache Weise zu bewerkstelligen war, die weiteren Arbeitsschritte zunächst unterließ, die Wartung als komplett erledigt meldete und die Abschmierarbeiten erst nach Aufdeckung der unterlassenen Arbeiten nachholte.

Die vorsätzliche Dokumentation tatsächlich nicht durchgeführter Arbeiten als erledigt konnte schließlich zu einem höheren Leistungslohn führen. Bereits hierin kann ein versuchter Lohnbetrug gesehen werden. Hinzu kommt, dass dem Kunden Leistungen in Rechnung gestellt worden wären, die tatsächlich nicht erbracht worden waren. Die Kunden hätten dies als Betrug werten können. Schließlich wäre die Beklagte bei einem Unfall des Kundenfahrzeugs wegen der unvollständigen Wartung einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt gewesen.

2.3. Die Kündigung genügt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Mögliche und angemessene mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Der Kläger beruft sich auch nicht hierauf. Das Verhalten des Klägers war ordnungsgemäß abgemahnt worden. Die Abmahnung vom 10.08.2005 ist auch einschlägig. Sowohl am 23.07.2005 als auch am 11.01.2006 ging es um die Dokumentation tatsächlich nicht erledigter Wartungs- bzw. Reparaturarbeiten. Hinzu kommt, dass der Vorfall "Vorderachsbremse" wegen der schon im Ansatz fehlenden Einsichtsbereitschaft des Klägers auch ohne Abmahnung eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen vermag.

2.4. Die gebotene Interessenabwägung führt nicht zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung.

2.4.1. Liegt ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich vor, so kann eine hierauf gestützte beabsichtigte außerordentliche Kündigung gleichwohl das Arbeitsverhältnis nur wirksam beenden, wenn bei der umfassenden Interessenabwägung das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers das Bestandsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt (BAG 27.04.2006 - 2 AZR 415/05; BAG 16. Dezember 2004 - 2 ABR 7/04; BAG 17. März 1988 - 2 AZR 576/87). Die bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände lassen sich nicht abschließend für alle Fälle festlegen. Zunächst kommt der Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen beanstandungsfreiem Bestand ein besonderes Gewicht zu. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist auch zu berücksichtigen, wenn eine Kündigung auf ein Vermögensdelikt zu Lasten des Arbeitgebers gestützt wird (BAG 13. Dezember 1984 - 2 AZR 454/83; BAG 2. März 1989 - 2 AZR 280/88). Ferner können das Bestehen einer Wiederholungsgefahr, das Maß der dem Arbeitgeber entstandenen Schädigung und auch die Frage in Betracht zu ziehen sein, ob dem Verhalten des Arbeitnehmers eine besondere Verwerflichkeit innewohnt. Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können - je nach Lage des Falles - Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls nicht von vornherein von der Berücksichtigung ausgeschlossen (BAG 16. Dezember 2004 - 2 ABR 7/04; BAG 27. Februar 1997 - 2 AZR 302/96; BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 378/99; BAG 16. März 2000 - 2 AZR 75/99; einschränkender für die Frage der Mitteilung im Rahmen der Betriebsratsanhörung: BAG 2. März 1989 - 2 AZR 280/88), wenn sie auch im Einzelfall in den Hintergrund treten und im Extremfall sogar völlig vernachlässigt werden können (BAG 16. Dezember 2004 - 2 ABR 7/04; BAG 20. Januar 2000 - 2 AZR 378/99 - und BAG 27. Februar 1997 - 2 AZR 302/96).

Sind die von einem Kündigenden vorgetragenen Tatsachen an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zur rechtfertigen, so kann eine Interessenabwägung nach dieser Maßgabe aber nur beim Vorliegen besonders berücksichtigenswerter Belange des Gekündigten der Wirksamkeit der außerordentliche Kündigung entgegenstehen (BAG 6.8.1987 - 2 AZR 226/87).

2.4.2. Im Streitfall liegen keine solchen besonders berücksichtigenswerter Belange des Klägers vor.

Das Lebensalter des Klägers und die davon berührten Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben auf das Ergebnis der Interessenabwägung keinen entscheidenden Einfluss gewinnen können. Beide Aspekte standen im vorliegenden Fall in keiner erkennbaren Beziehung zum Kündigungsvorwurf (BAG 27.04.2006 - 2 AZR 415/05). Entsprechendes gilt für die Unterhaltspflichten des Klägers.

Dagegen kommt der außergewöhnlich langen Dauer der Betriebszugehörigkeit eine herausgehobene Bedeutung in der Interessenabwägung zu. Der Kläger konnte im Zeitpunkt der Kündigung auf eine fast 36 Jahre dauernde Betriebszugehörigkeit zurückblicken. Bei halbwegs erkennbarer Einsichtsfähigkeit und Einsichtsbereitschaft des Klägers hätten gute Gründe dafür gesprochen, der Beklagten ausnahmsweise eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zuzumuten. Im Streitfall scheint aber gerade die Dauer der Betriebszugehörigkeit zu einem Verlust der notwendigen Einsichtsbereitschaft geführt zu haben. Der Kläger leugnete sowohl anlässlich des Vorfalls vom 23.07.2005 als auch anlässlich des Vorfalls vom 11.01.2006 auf Befragen der Vorgesetzten, die gerügten Unterlassungen begangen zu haben. Selbst nach eingeräumter Bedenkzeit zeigte er keine Bereitschaft, vorsätzliche Fehlleistungen einzuräumen. Erklärungen wie die, das Abschmieren der Vorderachse sei nicht möglich gewesen oder er habe eventuell einige Punkte vergessen, lassen eine Gleichgültigkeit gegenüber der Aufgabenstellung und den Pflichten gegenüber der Beklagten und auch gegenüber den Kunden erkennen. Insbesondere die Erklärungen im vorliegenden Rechtsstreit zur Durchführung der Kontrolle der Vorderachsbremse und auch der Hinterachsbremse lassen eine unverzichtbare angemessene Berufseinstellung vermissen. Sogar während des intensiven Befragens im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 01.08.2007 vermochte die Kammer nicht zu erkennen, dass der Kläger Fehlleistungen im sicherheitsrelevanten Bereich auch nur ansatzweise eingesehen, geschweige denn bedauert hat. Der ernstliche Versuch, der Kammer die Nichtfeststellbarkeit der Mängel an der Bremsanlage nahezubringen, lassen generell an der Einsichtsfähigkeit, zumindest aber an der Einsichtsbereitschaft des Klägers Zweifeln. Aus diesem Grund und auch wegen der vergeblichen, zeitnahen und einschlägigen Abmahnung vom 18.08.2005 ist von einer erheblichen Wiederholungsgefahr mit nicht absehbaren Folgen für die Beklagte auszugehen. Im Außenverhältnis zu Kunden dürfte die Beklagte den Kläger nicht für Wartungs- und Reparaturarbeiten einsetzen, wollte sie sich nicht einem erheblichen Haftungsrisiko aussetzen. Die Möglichkeit einer anderweitigen zumutbaren Beschäftigung hat der Kläger nicht aufgezeigt.

Die vom Kläger angeführte Alkoholproblematik vermag am Ergebnis nichts zu ändern. Zum einen fehlt es an einem ausreichenden Vortrag zu den Umständen dieser Problematik. Zum anderen kann dem Vortrag des Klägers nicht entnommen werden, dass diese angebliche Problematik einen relevanten Einfluss hatte auf die Fehlleistungen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 S.1 ZPO iVm. § 97 ZPO.

III. Gründe, die Revision nach § 72 Abs.2 ArbGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist der aufgezeigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt. Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

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