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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.02.2003
Aktenzeichen: 7 Sa 1624/02
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 2
Aus den Gründen der ultima-ratio ist der Arbeitgeber vor einer Beendigungskündigung verpflichtet, eine Änderungskündigung unabhängig von der Tatsache auszusprechen, dass der von der betrieblichen Maßnahme betroffene Arbeitnehmer einer freiwilligen Verträgsänderung nicht zugestimmt hat. Hiervon ist der Arbeitgeber nur befreit, sobald der Arbeitnehmer unmissverständlich zu erkennen gibt, unter keinen Umständen zu den geänderten Arbeitsbedingungen arbeiten zu wollen (Fortsetzung der Rechtsprechung des BAG: Urteil vom 07.12.2000 - 2 AZR 391/99 - AP Nr. 113 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

Geschäfts-Nr.: 7 Sa 1624/02

Verkündet am: 04.02.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 04.02.2003 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Schulte als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Pohlmeyer und Petersen

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 26.06.2002 - 1 Ca 302/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 31.01.2002 mit dem 31.03.2002 beendet worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das zum 05.06.1996 begründete Anstellungsverhältnis als kaufmännische Angestellte aufgrund ordentlicher Kündigung der Beklagten vom 31.01.2002 zum 31.03.2002 beendet worden ist.

Die am 07.09.1965 geborene, ledige Klägerin ist seit dem 05.06.1996 als kaufmännische Angestellte tätig. Sie wurde zuletzt als Personnel Controller für die operative Abteilung "Entertainment" eingesetzt. Für ihre Tätigkeit bezog sie ein Gehalt von 5.240,00 DM brutto. Mit Abschnitt II. 1 des Anstellungsvertrages vom 24.07.1997 wurde festgehalten, dass mit dieser Vergütung sämtliche etwaigen Überstunden abgegolten sind. In der zuletzt ausgeübten Funktion war sie sogenanntes Bindeglied zwischen der Gruppe und der Hauptpersonalabteilung. Als Personnel Controller war die Klägerin für folgende Aufgabenbereiche zuständig:

- Kontrolle und Verwaltung des vorgegebenen Arbeitsstundenbudgets

- Erstellung der Personalbedarfsplanung anhand des Budgets und -kontrolle

- Mitwirkung bei der Rekrutierung von Saisonkräften in Form von Einzelgesprächen und Jobfairs

- Planung und Teilnahme bei Künstlercastings für Schauspieler, Sänger und Tänzer

- Planung und Teilnahme bei Künstlercastings sowie etwaiger Reise- und Hotelplanung für das Castingteam im benachbarten Ausland in den Anfangsjahren einschließlich Preisermittlung für Werbung

- Wocheneinsatzplanung für Supervisor und Teamleader

- Disposition der Künstler in unseren Liveshows

- Beschaffung von Ersatzpersonal/-künstlern bei Ausfällen zwecks Sicherstellung unserer Liveshows

- Personalbetreuung, Erstellen von Beurteilungen nach Angaben durch die Fachvorgesetzten

- Beurteilung der zugeordneten Mitarbeiter

- Vorbereitung und Einleitung von Disziplinarmaßnahmen

- Einarbeitung neuer Teamleader und Supervisor bzgl. der Personalangelegenheiten

- 1997 - 1999 Einarbeitung und Beaufsichtigung einer weiteren Mitarbeiterin

- Festlegung der Vertragsmodalitäten in Übereinstimmung mit den Abteilungsbudgets

- Führen von abteilungsinternen Personalakten und Personalstammdaten

- Kontrolle und Überprüfung abrechnungsrelevanter Daten auf manuell erstellten Wochenstundenberichten

- Abwicklung administrativer Arbeiten im Zusammenhang mit Urlaub und sonstigen Fehlzeiten

- Erstellen von Urlaubs-, Kranken- und Unfallstatistiken.

In der operativen Abteilung "Entertainment" waren in der Saison 2001 69 fest angestellte Mitarbeiter und 180 - 200 Saisonkräfte tätig. Hinzu kamen im Herbst Aushilfskräfte für zwei Nachmittage zur angemessenen Begehung des Festes "Halloween". Da die Beklagte für die Saison 2002 entschieden hatte, Veranstaltungen wie "Police-Academy" und "Batman" extern zu vergeben und hierüber Arbeitsplätze im künstlerischen Bereich, bei den Kostümbildnern und Einlasshelfern etc. einzusparen, plante sie, die operativen Abteilungen "Entertainment" und "Operations" im Personalbereich zusammenzufassen und der Klägerin zu übertragen. Hierzu sah sie sich berechtigt, zumal ihrer Einschätzung nach der Aufgabenbereich der Klägerin in der operativen Abteilung "Entertainment" auf 60 % zurückgegangen sei bzw. zurückgehen würde. Diese Zusammenfassung hielt sie auch deshalb für durchführbar, zumal die operative Abteilung "Operations" im Personnel Controlling lediglich in der Hauptsaison mit einer Teilzeitkraft besetzt war. Zudem stellte die Beklagte fest, dass aus Anlass ihrer Zukunftsplanung die Mitarbeiterzahl gerade im künstlerischen Bereich verringert, damit die Betreuungsaufgaben reduziert würden.

Über diese geplante Veränderung führte die Beklagte mit der Klägerin im Januar 2002 einige Gespräche. Am 17.01.2002 bot die Beklagte der Klägerin durch ihren Personaldirektor W5xxxx die zusätzliche Übernahme der Abteilungen "Operations und Entertainment" an. In der Saison sollte sie Unterstützung erhalten durch eine Vollzeitkraft. Sie erwartete von der Klägerin die uneingeschränkte Annahme dieses Angebots. Am 25.01.2002 erfolgte ein weiteres Gespräch zur beabsichtigten Vertragsänderung. Für die Klägerin wurde noch einmal deutlich, dass lediglich das Aufgabengebiet, nicht jedoch auch weitere Bedingungen des Vertrages wie z. B. das geschuldete Gehalt verändert werden sollte. Aus Anlass dieses Gesprächs wurde ihr eröffnet, sie erhalte zur Annahme des Änderungsangebots eine Überlegungszeit bis zum 31.01.2002. Sollte sie auf dieses Angebot der Aufgabenveränderung bei sonstiger Beibehaltung der Vertragsbedingungen, damit auch des fortbestehenden Ausschlusses einer Mehrarbeitsvergütung für persönlich geleistete Mehrarbeit, nicht positiv reagieren, so sei ihr Arbeitsplatz gefährdet. Vor Fristablauf reagierte die Klägerin mit einer Email vom 29.01.2002. Hierüber teilte die Klägerin der Beklagten mit:

Ich danke Euch für das große Vertrauen, das Ihr in mich gesetzt habt, indem Ihr mir zusätzlich zur Leitung des Personalbereiches Entertainment, auch noch die Leitung des Personalbereiches Operations angeboten habt.

Gerne bin ich bereit auch diese Aufgaben zusätzlich zu übernehmen.

Wie bereits mündlich besprochen, würde es mir ausreichen, dass diese zusätzliche Arbeitsbelastung nicht mit einer Gehaltserhöhung, sondern damit honoriert wird, dass über 40 Stunden hinausgehende Arbeitszeit (Überstunden) künftig ausgezahlt oder in Freizeit abgegolten werden.

Eine Verdopplung meines Verantwortungsbereichs, sowie erhebliche Erweiterung meiner Aufgaben, ohne jegliche Verbesserung auf der Entlohnungsseite würde ich nicht für fair halten und gehe davon aus, dass Ihr Euch dieser Einsicht nicht verschließen werdet.

Hierauf reagierte die Beklagte nicht. Durch ihren Personaldirektor W5xxxx legte sie vielmehr der Klägerin am 31.01.2002 ein vorbereitetes, von der Beklagten noch nicht unterzeichnetes Schreiben zur Änderung des Anstellungsvertrages vor (Blatt 7 d. Akten), das die Aufgabenänderung "Personnel Controller/Scheduler Entertainment & Operations" beschreibt. Die Unterzeichnung dieses Änderungsvertrages lehnt die Klägerin mit dem Bemerken ab, dies könne sie nicht unterschreiben, sie müsse auch ihre Interessen wahrnehmen. Daraufhin erhielt sie die schon angekündigte schriftliche Kündigung vom 31.01.2002 zum 31.03.2002.

Mit der beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen am 04.02.2002 erhobenen Klage wehrt sich die Klägerin gegen die betriebsbedingte Beendigungskündigung und verlangt die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen. Zur Begründung hat sie die Auffassung vertreten, die Beendigungskündigung widerspreche dem Grundsatz der ultima ratio. Entgegen der Bewertung der Beklagten habe sie zu keiner Zeit eindeutig und endgültig das Änderungsangebot abgelehnt. Sie habe lediglich aus leidvoller Erfahrung, in der Vergangenheit gerade durch Einsätze in fachfremden Bereichen unbezahlt Überstunden leisten zu müssen, darum gebeten bzw. zu überlegen gebeten, diesen Punkt - wie bei der Mehrzahl der Verträge der Beklagten üblich - abzuändern und auch ihr zu versprechen, zukünftige Mehrarbeit zu vergüten. Da die Beklagte von einer vorbehaltlosen Zurückweisung des Änderungsangebotes nicht habe ausgehen können, sei sie gehalten gewesen, eine Änderungskündigung auszusprechen, die sie hiermit unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annehme. Im Übrigen hat sie den vorgetragenen betrieblichen Grund zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses angezweifelt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 31.01.2002 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 31.03.2002 hinaus fortbesteht,

2. die Beklagte zu verurteilen, sie zu den arbeitsvertraglichen Bedingungen über den 31.03.2002 hinaus weiterzubeschäftigen

hilfsweise

festzustellen, dass die Änderungskündigung vom 31.01.2002 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den Ablauf der Kündigungsfrist am 31.03.2002 unverändert fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die vertragliche Zusammenarbeit mit der Klägerin aus dringenden betrieblichen Erfordernissen rechtswirksam beendet zu haben. Nach der eindeutigen, endgültigen Ablehnung des Angebots seitens der Klägerin am 31.01.2002 sei sie nicht mehr verpflichtet gewesen, dieses Angebot noch einmal mittels Änderungskündigung zu unterbreiten. Sie sei vielmehr berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Aufgrund der eindeutigen ablehnenden Haltung der Klägerin habe sie eine weitergehende unternehmerische Entscheidung getroffen. Sie habe nunmehr darauf verzichtet, die Funktion "Personnel Controller/Scheduler für die Abteilungen "Entertainment und Operations" aufrecht zu erhalten und habe diese Aufgaben auf die einzelnen Gruppen übertragen. Für die Klägerin sei demzufolge dauerhaft kein Bedarf mehr in ihrem Unternehmen. Entgegen der weiteren Rechtsauffassung der Klägerin habe sie ihr keinen anderen Aufgabenbereich anbieten können, der ihrer fachlichen Qualifikation als Einzelhandelskauffrau gerecht werden könnte. Den in der operativen Abteilung "Merchandising" freien Arbeitsplatz habe sie schon vor der Kündigungserklärung vom 31.01., nämlich am 23./25.01.2002 besetzt. Die zeitlich später besetzten Aufgabenbereiche der Leiterin der Buchhaltung und einer Bilanzbuchhalterin habe sie am 29.05.2002 bzw. 01.07.2002 fremd besetzt. Für diese Aufgabenbereiche fehlten der Klägerin die erforderlichen fachlichen Kenntnisse. In der Vergütung hätte dies für die Klägerin eine Beförderung bedeutet, auf die sie keinen Anspruch habe.

Mit Urteil vom 26.06.2002 hat das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, der Beklagten sei es nicht gelungen, die behaupteten dringenden betrieblichen Erfordernisse überzeugend darzulegen. Derartige Umstände seien auch nicht offensichtlich erkennbar. Die Beklagte habe ihre Personalstruktur nicht offenbart. Es fehle ein Stellenplan für die Hauptsaison sowie Winterzeit mit jeweils geplanter Anzahl an eigenen Künstlern sowie über fremde Unternehmen eingebundene Künstler etc.. Im Übrigen sei das Gericht nicht in der Lage, den Wegfall des Aufgabenbereichs zeitlich einzuordnen.

Gegen dieses, ihr am 12.09.2002 zugestellte, vorgetragene und wegen der sonstigen Einzelheiten in Bezug genommene Urteil, hat die Beklagte am 10.10.2002 Berufung eingelegt, die nach verlängerter Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.12. am 11.12.2002 begründet worden ist. Die Beklagte greift das angefochtene Urteil in vollem Umfang an. Zur Begründung vertritt sie die Auffassung, den dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin entgegen der Bewertung im angefochtenen Urteil hinreichend dargetan zu haben. Nach erfolgter Ablehnung des Änderungsangebots seitens der Klägerin habe sie sich entschlossen, den Aufgabenbereich "Personnel Controller/Scheduler" aufzulösen und die frei gewordene Aufgabe auf Abteilungsmitarbeiter zu übertragen. Diese Neuorganisation habe sie in der Saison 2002 umgesetzt. Der Mitarbeiter R. W3xxxxx betreue die Garderobe/Wäscherei und Schneiderei, der Mitarbeiter T2. B4xxx betreue die Mitarbeiter der Showtechnik. Die übrigen Mitarbeiter seien dem Leiter der Abteilung Entertainment, U. S5xxxxx, unterstellt. Für diese Personen stelle die Erweiterung ihres Aufgabenbereichs eine nur geringfügige Zusatzaufgabe dar. Hierdurch falle keine nennenswerte Mehrarbeit an, zumal diese drei Gruppen lediglich eine Gruppenstärke von je 20 Personen aufwiesen. Ihr Vortrag zur reduzierten Arbeitsmenge werde einer Plausibilitätskontrolle gerecht. Die Veranstaltung "Police Academy" und "Batman" habe sie zu Beginn der Saison 2002 dauerhaft aus ihrem eigenen Verantwortungsbereich aus gegliedert. Hierdurch seien allein 28 Arbeitsplätze (16 Stuntmen und 12 Schauspieler) entfallen. Zudem habe sie für die Saison 10 Kostümbildner weniger eingeplant. Schließlich habe sie entsprechend ihres Konzeptes einen Schonzeitendrucker, zwei Mitarbeiter der Wäscherei und sechs Einlasshelfer eingespart. Da die Klägerin als Bindeglied zwischen der Fachabteilung Entertainment und der Personalabteilung agiert habe, sei ihr Arbeitsanfall von der Beschäftigtenzahl abhängig. Mit der Personalreduzierung um 40 % verringere sich auch ihr Arbeitsvolumen im gleichen Umfang.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bezweifelt weiterhin den behaupteten Rückgang ihres Aufgabenbereichs. Unabhängig vom Verkauf einer Show verbleibe genügend Arbeit für sie zurück. Hierdurch werde die zu betreuende Mitarbeiterzahl nicht reduziert. Die Anzahl der zu betreuenden Künstler sowie des technischen Personals blieben gleich. Sie bezweifle, dass ihre Aufgabe bruchlos auf die erwähnten Mitarbeiter übertragen worden sei. Ihrer Meinung nach benötige die Beklagte zur Bewältigung dieser Aufgaben: Klärung von Vertragsfragen, Urlaubsfragen, Krankheitsproblemen und Budgetübersichten einer zentralen Stelle. Ihrer Meinung nach würden ihre früheren Aufgaben nicht in einer anderen hierarchischen Ebene erledigt. Eine derartige Entscheidung bewerte sie im Übrigen als willkürlich. Die Beklagte habe es versäumt, vor Ausspruch der Beendigungskündigung die Übertragung anderer zumutbarer Aufgaben zu überprüfen. In der Vergangenheit sei sie zu Brandschutzaufgaben, zur Kassiertätigkeit, zur Vertretung an der Rezeption und zur Postbearbeitung herangezogen worden. In Urlaubszeiten habe die Beklagte sie sogar als Park-Supervisor der Abteilung Entertainment eingesetzt. Diese Aufgaben seien weiterhin vorhanden. Aus den Gründen der ultima ratio sei die Beklagte deshalb verpflichtet gewesen, vorrangig eine Änderungskündigung auszusprechen. Ihr Anliegen, Überstunden in Zukunft bezahlt zu erhalten, sei angesichts der in der Vergangenheit abverlangten unangemessenen Mehrarbeitsstunden sachgerecht gewesen. Hierauf habe die Beklagte eingehen müssen.

Die Klägerin wurde bei der am 24. und 25.05.2002 erstmals durchgeführten Betriebsratswahl in den Betriebsrat gewählt. Sie ist zweite stellvertretende Betriebsratsvorsitzende.

Wegen der sonstigen Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 5, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Mit dem angefochtenen Urteil stimmt die erkennende Berufungskammer in der Bewertung überein, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 31.01.2002 beendet worden ist. Die Beklagte kann jedoch nicht dazu verpflichtet werden, der Klägerin bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung den früheren Aufgabenbereich zu übertragen.

I.

Die gemäß § 256 ZPO allgemein zulässige und in der Frist des § 4 KSchG erhobene Feststellungsklage der Klägerin hat Erfolg. Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 31.01.2002 ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt (§ 1 Abs. 2 KSchG). Dabei bezweifelt die erkennende Berufungskammer nicht den Prüfungsansatz der Beklagten, dass der Aufgabenbereich der Klägerin mit den Planungen für die Saison 2002 und darüber hinaus nicht unerheblich zurückgegangen ist. Waren in der Saison 1999 noch 180 fest angestellte Mitarbeiter und zusätzlich bis zu 200 Saisonkräfte tätig und ist die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter bis zur Saison 2001 auf 69 gesunken, so hat sich das Aufgabengebiet der Klägerin nicht unerheblich reduziert, auch wenn zusätzlich zwischen 180 und 200 Saisonkräfte betreut werden müssen. Die ca. 100 kurzfristig zu "Halloween" im Herbst für zwei Nachmittage eingesetzten Aushilfskräfte können bei dieser Überprüfung vernachlässig werden. Der Arbeitsaufwand ist hier nicht gravierend. Die Beklagte war im Zusammenhang mit der geplanten weiteren Reduzierung des Stammpersonals durchaus berechtigt darüber nachzudenken, ob die von der Klägerin bekleidete Funktion beibehalten werden sollte oder ob diese Aufgaben nicht auf die jeweiligen Gruppenleiter übertragen werden konnten (vgl. zu den Anforderungen einer Unternehmerentscheidung: BAG, Urteil vom 12.04.2002 - 2 AZR 740/00 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 117; BAG, Urteil vom 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 - Der Betrieb 1999, 1909 = Betriebsberater 1999, 2408, NZA 1999, 1098 = AP Nr. 101 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung = EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 102). Im Rahmen des § 1 KSchG ist nämlich nicht zu überprüfen, ob ein bestimmter Arbeitsplatz weggefallen ist, sondern ob und in welchem Umfang das Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer entfallen ist. Von den Arbeitsgerichten ist hierbei nachzuprüfen, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist.

Diese von der Klägerin bestrittenen Angaben der Beklagten waren nicht näher zu überprüfen. Der Beklagten ist es nämlich verwehrt, sich auf diese weitere unternehmerische Entscheidung zu berufen. Sie war zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer vielmehr verpflichtet, zur Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zur Klägerin eine Änderungskündigung mit dem Vertragsangebot vom 31.01.2002 ausdrücklich auszusprechen. Das Kündigungsschutzrecht wird wesentlich geprägt vom Grundsatz der ultima ratio. Die Beendigungskündigung soll als letztes betriebliches Mittel in Betracht gezogen werden, soweit feststeht, dass zur Beibehaltung des Beschäftigungsverhältnisses mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen. Auch in Betrieben ohne Betriebsrat ist der Arbeitgeber gehalten zu überprüfen, ob der durch eine betriebliche Maßnahme freigesetzte Arbeitnehmer nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Betrieb beschäftigt werden oder die Zusammenarbeit gegebenenfalls zu geänderten Arbeitsbedingungen fortgesetzt werden kann (Grundgedanke der §§ 1 Abs. 2 Satz 2, 2 KSchG). Diese Überlegungen hat die Beklagte vor erklärter Kündigung durchaus angestellt. Sie hat der Klägerin ab Mitte Januar 2002 angeboten, den Aufgabenbereich "Personnel Controller" für die operative Abteilung "Entertainment" beizubehalten und die gleiche Aufgabe für die operative Abteilung "Operations" zusätzlich zu übernehmen. Die Beklagte war außerdem bereit, der Klägerin während der Saison eine Vollzeitkraft zur Seite zu stellen. Trotz des in dieser Weise veränderten Aufgabengebietes sollten die sonstigen, insbesondere das Entgeltgefüge betreffenden Vertragsbestimmungen beibehalten bleiben. Dieses Vertragsangebot musste die Beklagte der Klägerin am 31.01.2002 mittels Änderungskündigung im Sinne des § 2 KSchG unterbreiten. Zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer war die Beklagte noch nicht berechtigt, stattdessen eine Beendigungskündigung zu erklären. Macht der Arbeitgeber von der Möglichkeit gebrauch, der Arbeitnehmerin das Änderungsangebot bereits vor der Kündigung zu unterbreiten, so gebietet es der Schutzzweck des § 2 KSchG, dass das Änderungsangebot vollständig und eindeutig ist und der Arbeitgeber klarstellt, dass er im Falle der Ablehnung des Änderungsangebots eine Kündigung beabsichtigt (BAG, Urteil vom 27.09.1984 - 2 AZR 62/83 - NZA 1985, 455 = AP Nr. 8 zu § 2 KSchG 1969). Der Arbeitnehmerin ist zusätzlich eine Überlegungsfrist von einer Woche einzuräumen. Dieses Angebot kann die Arbeitnehmerin unter einem, dem § 2 KSchG entsprechenden Vorbehalt annehmen. Lehnt die Arbeitnehmerin das Änderungsangebot vorbehaltlos und endgültig ab, so kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen. Der Arbeitnehmerin ist es nunmehr verwehrt, die Arbeitgeberin bei einer daraufhin ausgesprochenen Beendigungskündigung auf eine Änderungskündigung mit dem abgelehnten Inhalt zu verweisen (BAG, Urteil vom 07.12.2000 - 2 AZR 391/99 - AP Nr. 113 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung = EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 108; BAG, Urteil vom 29.11.2000 - RzK I 5 a Nr. 4; KR-Etzel § 1 KSchG Rdnr. 230).

Die Beklagte ist zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer diesen Anforderungen nicht voll umfänglich gerecht geworden. Sie hat der Klägerin durchaus eine ausreichende Überlegungsfrist eingeräumt. Sie hat ihr ebenfalls mit der gebotenen Klarheit eröffnet, das Arbeitsverhältnis bei Ablehnung dieser Vertragsänderung endgültig aufzukündigen. Die Klägerin hat den mit gleichlautendem Inhalt vorbereiteten Änderungsvertrag vom 31.01.2002 zwar nicht unterschrieben. Sie hat dieses Änderungsangebot jedoch nicht vorbehaltlos und endgültig abgelehnt. Mit der Rechtsprechung des 2. Senats des BAG (Urteil vom 07.12.2000 a. a. O.) unterstellt die erkennende Berufungskammer, dass die Ablehnung einer einverständlichen Abänderung für sich nicht ausschließt, dass die Arbeitnehmerin durchaus bereit ist, zu den geänderten Arbeitbedingungen zu arbeiten, sofern sich in einem Änderungsschutzverfahren die Berechtigung der Änderung herausstellt. Deshalb ist die Arbeitgeberin grundsätzlich verpflichtet, trotz der Ablehnung einer freiwilligen Änderung eine Änderungskündigung auszusprechen. Nur für den Fall, dass die Arbeitnehmerin bei der Ablehnung des Änderungsangebots unmissverständlich zu erkennen gibt, dass sie unter gar keinen Umständen bereit ist, zu den geänderten Arbeitsbedingungen zu arbeiten, kann die Arbeitgeberin eine Beendigungskündigung aussprechen (BAG, Urteil vom 07.12.2000 a. a. O.; KR-Etzel § 1 KSchG Rdnr. 230; KR-Rost § 2 KSchG Rdnrn. 18 h und 105, jeweils mit weiteren Nachweisen). Mit dieser Klarheit hat die Klägerin das Änderungsangebot der Beklagten nicht abgelehnt. Die Klägerin hat zwar den Änderungsvertrag am 31.01.2002 nicht unterschrieben. Sie hat aber auch keinen Vorbehalt mit dem Wortlaut des § 2 KSchG erklärt. Dennoch war der Beklagten ein beachtlicher Vorbehalt der Klägerin bekannt, der sie zur Änderungskündigung zwang. Mit ihrer Mail vom 29.01.2002 hat sich die Klägerin nicht nur für das entgegengebrachte Vertrauen bedankt. Sie hat auch ihre Zustimmung erklärt, das neu zugeschnittene Aufgabengebiet zukünftig zu bewältigen. Sie hat sich lediglich nicht damit anfreunden können, den Ausschluss einer Überstundenvergütung beizubehalten. Hierdurch hat die Klägerin zwar das Angebot der Beklagten im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB abgelehnt, damit hat sie jedoch nicht zugleich das Änderungsangebot der Beklagten vorbehaltslos und endgültig im Sinne des § 2 KSchG zurückgewiesen. In der Literatur ist anerkannt, dass der Vorbehalt auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden kann (KR-Rost § 2 KSchG Rdnr. 61). Diese Erklärungsform erkennt die erkennende Berufungskammer in dem Hinweis der Klägerin, die Beklagte möge den Vergütungsverzicht von Mehrarbeit für die Zukunft überdenken. Durch diese geäußerte Bitte wurde für die Beklagte bewusst, dass sie mit einer weiteren Zusammenarbeit der Klägerin durchaus rechnen kann und dass lediglich ein geringfügiger Vertragsbestandteil unklar blieb. Auf diesen Vorbehalt musste die Beklagte eingehen, bevor sie das Gestaltungsmittel der Beendigungskündigung wählte. Die überwiegende Anzahl der von der Beklagten geschlossenen Arbeitsverträge enthält die Vertragsklausel, dass angeordnete Mehrarbeit abgegolten wird. Darüber hinaus ging die Beklagte in ihren Vorstellungen davon aus, dass trotz dieses Aufgabenzuschnitts in Zukunft Mehrarbeit nicht anfallen wird. Der Einwand der Klägerin war als Vorbehalt zu verstehen, dass entgegen der Einschätzung der Beklagten der neu beschriebene Aufgabenbereich für sich nicht ohne Mehrarbeit zu bewältigen sein wird oder dass unter Beibehaltung des ausgeübten Direktionsrechts in der Vergangenheit durch andere vertretungsweise wahrgenommene Aufgaben Mehrarbeit anfallen wird. Erkennt die Beklagte durch die Email der Klägerin vom 29.01.2002 deren grundsätzliche Bereitschaft zur weiteren Zusammenarbeit, so wird ihr zugleich bewusst, dass diese Frage der Mehrarbeitsvergütung einer Klärung zugeführt werden sollte. Dieses Angebot hat die Klägerin am 31.01.2002 nicht zurückgenommen. Sie hat dem Vertreter der Beklagten, dem Personaldirektor W5xxxx lediglich zu verstehen gegeben, dass sie den Änderungsvertrag so nicht unterschreiben könne. Der Inhalt der Mail war trotz dieser Erklärung weiterhin gültig. In dieser Situation war die Beklagte nicht berechtigt, auf eine Änderungskündigung zu verzichten und auf der Grundlage der zuvor angedachten weiteren Alternative, die Funktion des Personnel Controlling aufzulösen, die Beendigungskündigung zu erklären. Mit diesem Verzicht auf eine auch aus der Sicht der Beklagten durchaus zumutbare zukünftige Zusammenarbeit mit der Klägerin hat die Beklagte gegen das ultima-ratio-Prinzip verstoßen. Die Beendigungskündigung vom 31.01.2002 ist dementsprechend sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG.

II.

Obwohl zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer das Arbeitsverhältnis der Parteien ungekündigt fortbesteht, sieht sich die Berufungskammer nicht in der Lage, in Übereinstimmung zum angefochtenen Urteil die Beklagte zur vertragsgemäßen Beschäftigung zu verurteilen. Der Große Senat des BAG hat zwar mit Beschluss vom 27.02.1985 (Gs 1/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) die Rechtsauffassung vertreten, dass mit stattgebender erstinstanzlicher Entscheidung das Interesse der Arbeitnehmerin an einer vorübergehenden Weiterbeschäftigung bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung schützenswerter ist als das Interesse der Arbeitgeberin, die Arbeitnehmerin gerade wegen fehlender Rechtskraft der Entscheidung noch nicht beschäftigen zu müssen. Der Große Senat des BAG hat hierzu einschränkend die Auffassung vertreten, dass diese durch das positive Urteil erster Instanz eröffnete Beschäftigungspflicht in den Fällen nicht durchgesetzt werden kann, sobald der Beschäftigung der Arbeitnehmerin überwiegende schutzwerte Interessen der Arbeitgeberin entgegenstehen. Derartige schutzwerte Interessen erkennt die erkennende Berufungskammer in der weiteren unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, die im Kündigungsschutzprozess nicht auf ihre Zweckmäßigkeit hin überprüft werden dürfte. Diese weitere unternehmerische Entscheidung, die vor dem Änderungsangebot an die Klägerin alternativ durchdacht war, macht eine vorübergehende Beschäftigung der Klägerin zu den früheren Vertragsbedingungen unmöglich. Der Funktionsbereich des Personnel Controlling ist für die operativen Abteilungen "Entertainment" und "Operations" nicht mehr existent. Die Aufgaben wurden auf eine andere hierarchische Ebene übertragen. Sie werden hier wohl ohne gravierende Störungen erfüllt. Der Klägerin, die seit Mai als Betriebsratsmitglied einen ganz anderen Überblick über die operativen Abteilungen hat gewinnen können ist es nicht gelungen, dieses Argument der Beklagten auszuräumen. Da diese alternativ angedachte unternehmerische Entscheidung nicht sachwidrig ist, ist es der erkennenden Berufungskammer aus Rechtsgründen verwehrt, von der Beklagten zu verlangen, diese Entscheidung vorübergehend rückgängig zu machen, um der Klägerin die Beschäftigung bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung zu ermöglichen.

III.

Unter Berücksichtigung der vorausgehenden Ausführungen war die an sich statthafte Berufung der Beklagten im Wesentlichen zurückzuweisen. Lediglich bezüglich der ausgeurteilten Beschäftigungspflicht war auf ihre Berufung hin das angefochtene Urteil abzuändern und insoweit die Klage abzuweisen. Die Kosten des Rechtsstreits waren den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen (§§ 91, 92 Abs. 1 Satz 1, 97 ZPO). Die Revision war aus den Gründen des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die erkennende Berufungskammer geht zwar davon aus, dass sie von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.12.2000 nicht abweicht. Dennoch sieht die erkennende Berufungskammer eine grundsätzliche Bedeutung in der Abgrenzung des Verhaltens der Arbeitnehmerin bei verweigerter Unterzeichnung eines "freiwilligen Änderungsvertrages".

Ende der Entscheidung

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