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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.01.2009
Aktenzeichen: 7 Sa 1656/08
Rechtsgebiete: TV-L


Vorschriften:

TV-L § 16 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 21.08.2008 - 6 Ca 2769/07 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht Zahlungsansprüche gegen das beklagte Land vor dem Hintergrund einer aus seiner Sicht unzutreffenden Einstufung in die Entgeltgruppe 13 geltend.

Mit Arbeitsvertrag vom 16.04.2007 wurde der Kläger auf unbestimmte Zeit mit Wirkung vom 01.02.2007 als Lehrer im Anstellungsverhältnis eingestellt. Am 30.09.2007 fand das Arbeitsverhältnis sein Ende. Arbeitsvertraglich vereinbarten die Parteien, dass die Vergütung des Klägers vorbehaltlich einer von den Tarifvertragsparteien des TV-L noch zu vereinbarenden Entgeltordnung aus der Entgeltgruppe 13 TV-L erfolgen solle. Im Übrigen wurde festgehalten, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst bestimme.

Der Kläger war vom 01.09.1996 bis zum 31.08.2002 und vom 01.09.2004 bis zum 31.10.2006 als so genannte Bundesprogrammlehrkraft an verschiedenen ausländischen Schulen tätig. Eine Vermittlung an diese Schulen erfolgt über das Bundesverwaltungsamt. Status und Aufgaben der vermittelten Lehrkräfte ergeben sich aus dem Rahmenstatut für die Tätigkeit deutscher Lehrkräfte im Ausland - einer Verwaltungsvereinbarung, die zwischen Bund und Ländern am 21.12.1994 getroffen wurde (im Folgenden: Rahmenstatut). Darüber hinaus war der Kläger für mehrere private Bildungsträger als Lehrkraft tätig, unter anderem vom 06.09.2002 bis zum 21.07.2004 am Berufskolleg Ost der R2 B1 B2 GmbH. Wegen der Einzelheiten der beruflichen Tätigkeit wird auf die vom Kläger überreichte Auflistung (Bl. 7 d.A.) Bezug genommen.

Das beklagte Land vergütete den Kläger zunächst aus der Entgeltgruppe (EG) 13, Stufe 1 TV-L. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 19.06.2007 und forderte eine Vergütung aus EG 13 Stufe 5 TV-L. Das beklagte Land entsprach diesem Widerspruch teilweise, bewertete die Tätigkeit des Klägers am Berufskolleg Ost in B3 von September 2002 bis Juli 2004 als "förderlich" i.S.d. § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L und zahlte dem Kläger rückwirkend für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses eine Vergütung aus EG 13, Stufe 2 TV-L.

Mit Erlass vom 23.02.2008 führte das Ministerium für Schule und Weiterbildung des beklagten Landes zur Anwendung der Stufenzuordnung nach § 16 TV-L u.a. Folgendes aus:

"Aus Anläse (sic) der Einstellung von Lehrkräften im Tarifbeschäftigungsverhältnis ist bei der Stufenzuordnung von dem Ermessensinstrument des § 10 Abs. 2 Satz 4 TV-L Gebrauch zu machen. Bei der danach möglichen fakultativen Berücksichtigung vorheriger förderlicher beruflicher Tätigkeiten bitte ich im Interesse einer landeseinheitlichen Praxis Folgendes zu beachten:

1. Inhaltliche Anforderungen

Berücksichtigungsfähig ist jede nachgewiesene berufliche Vorerfahrung, die bei großzügiger Auslegung für den angestrebten Lehrerberuf dienlich sein kann. Dabei kommt es auf die Art der Beschäftigung (z. B. hauptberuflich, nebenberuflich, freiberuflich, geringfügig, kurzfristig, befristet, in Teilzeit, mit Unterbrechung) nicht an. Selbstständige Tätigkeiten (z. B. Nachhilfeunterricht) sind grundsätzlich durch Erklärungen im Rahmen der Einkommensteuer nachzuweisen.

(...)

3. Personenkreis/Rückwirkung

Die Regelungen gelten für Lehrkräfte im Tarifbeschäftigungsverhältnis, die befristet oder auf Dauer eingestellt werden.

Auf Antrag finden sie Anwendung auf die seit In-Kraft-Treten es TV-L (01.11.2006) erfolgten Einstellungen in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis sowie auf aktuelle befristete Beschäftigungsverhältnisse, deren Befristungsende zum Zeitpunkt dieses Runderlasses noch nicht erreicht ist. Eine Nachzahlung des Entgelts; erfolgt rückwirkend zum Zeitpunkt des Beginns des Beschäftigungsverhältnisses an."

Wegen des weiteren Inhalts des Erlasses (Im Folgenden: Wienand-Erlass) wird auf Bl. 83 bis 85 der Akten Bezug genommen.

Nach Zahlung des zwischen der Vergütung aus Stufe 1 und 2 EG 13 TV-L liegenden Differenzbetrages erklärte der Kläger, der Bankkredit in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe mit einem Zinssatz von 13,5 % in Anspruch nimmt, die Hauptsache seiner am 25.10.2007 erhobenen Klage insoweit im Einvernehmen mit dem beklagten Land für erledigt und macht nunmehr die Differenzbeträge zwischen der Vergütung aus EG 13 Stufe 2 und 5 TV-L in der aus dem Klageantrag ersichtlichen und zwischen den Parteien nicht im Streite stehenden Höhe geltend.

Der Kläger hat die Auffassung geäußert, ihm stehe eine Vergütung aus EG 13 Stufe 5 TV-L zu. Nach § 16 Abs. 2 S. 1 TV-L komme eine Zuordnung in die Stufe 1 nur in Betracht, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliege. Er hingegen weise eine Berufserfahrung von mehr als 11 Jahren auf. Im Übrigen seien Bundesprogrammlehrkräfte wie auf der Basis eines Runderlasses vom 10.11.2000 wie Vertretungslehrkräfte zu behandeln. Ferner verpflichte Ziff. 2.7.2. des Rahmenstatuts die Länder, seine Tätigkeit als Bundesprogrammlehrkraft als eine gleichgestellte Tätigkeit beim selben Arbeitgeber anzuerkennen. Letztlich müssten die von ihm erbrachten Tätigkeiten jedenfalls nach § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L angerechnet werden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.001,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 13,5 % aus 636,50 € seit dem 03.05.2007 und aus je 1.273,00 € seit dem 03.06., 03.07., 03.08., 03.09. und 02.10., abzüglich am 29.11.2007 gezahlter 1.721,50 € zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung geäußert, eine höhere Einstufung des Klägers nach § 16 Abs. 2 S. 2 TV-L komme nur dann in Betracht, wenn der Beschäftigte mindestens eine einjährige einschlägige Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber mitbringe. Dies sei beim Kläger nicht der Fall, denn er habe - unstreitig - nicht in einem vorherigen Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber gestanden. Im Übrigen fehle es mit Ausnahme der über § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L als förderlich anerkannten Tätigkeit am Berufskolleg Ost in B3 an "Berufserfahrung" im Sinne des § 16 Abs. 2 TV-L, also an einer Berufserfahrung im übertragenen oder auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit. Nachweise dazu habe der Kläger nicht erbracht. Eine über die erfolgte Anrechnung hinausgehende Berücksichtigung der beruflichen Tätigkeit des Klägers als "förderlich" i.S.d. § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L komme nicht in Betracht. Ohnehin stelle § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L eine Ermessensregelung dar. Einen Rechtsanspruch könne der Kläger darauf nicht stützen.

Mit Urteil vom 21.02.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage - mit Ausnahme von Zinsansprüchen, die auf die Zahlungen für die Vergütungsdifferenz zwischen EG 13 Stufe 1 und 2 TV-L angefallen sind - abgewiesen, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Der Kläger sei zutreffend eingestuft worden. Eine Anrechnung der Berufserfahrung des Klägers nach § 16 Abs. 2 S. 2 TV-L scheitere daran, dass die Berufserfahrung des Klägers nicht bei demselben Arbeitgeber - also dem Land Nordrhein-Westfalen - erworben worden sei. Eine Berücksichtigung der beruflichen Tätigkeit des Klägers als "förderlich" i.S.d. § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L scheide aus. Es könne nicht festgestellt werden, dass im Rahmen einer Ermessensausübung eine Berücksichtigung der Tätigkeiten des Klägers die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung gewesen wäre. Daran ändere auch Ziff. 2.7.2 des Rahmenstatuts nichts. Auch dort sei sachgerecht zwischen Lehrkräften unterschieden worden, die bereits in Landesdiensten gestanden hätten und sich für die Tätigkeit als Bundesprogrammlehrkraft hätten beurlauben lassen und solchen, die zuvor nicht im Landesdienst gestanden hätten.

Gegen das dem Kläger am 17.03.2008 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 15.04.2008 eingelegte Berufung vom 14.04.2008, die er im Wesentlichen wie folgt begründet: Eine Anrechnung der Berufserfahrung nach § 16 Abs. 2 S. 2 TV-L erfordere keine Personenidentität auf Seiten des Arbeitgebers, sondern einschlägige Berufserfahrung, die in einem engen Verhältnis zum Arbeitgeber stehe. Bei der Anwendung des § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L sei eine Selbstbindung mit der Folge einer Ermessensreduzierung auf Null eingetreten. Dies ergebe sich aus Ziff. 2.7.2 des Rahmenstatuts. Die Länder hätten vereinbart, dass bei einer Bewerbung um die Einstellung in den Inlandsschuldienst Bewerber mit Auslandserfahrung anerkannt würden und dies im Rahmen der Einstellung Berücksichtigung zu finden habe. Dies müsse auch gelten, soweit Berufserfahrung anzurechnen sei. Zumindest hätte auf der Basis des so genannten Wienand-Erlasses vom 23.02.2008 seine nachgewiesene berufliche Erfahrung großzügig im Rahmen des § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L berücksichtigt werden müssen. Für ein Ermessen des beklagten Landes sei demnach kein Raum mehr.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Herne vom 21.02.2008 das beklagte Land weiter zu verurteilen, an ihn weitere 5.280,00 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 13,5 % aus 490,00 EUR seit dem 03.05.2007 und aus je 960,00 EUR seit dem 03.06., 03.07., 03.08., 03.09. und 02.10.2007.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und ist der Auffassung, aus dem nunmehr vom Kläger in Bezug genommenen Wienand-Erlass ergebe sich ebenfalls kein Anspruch des Klägers. Eine Ermessensreduzierung könne der Kläger aus diesem Erlass nicht herleiten.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gem. § 64 Abs. 1 ArbGG an sich statthafte, nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gem. § 64 Abs. 2 ArbGG zulässige sowie in gesetzlicher Form und Frist nach den §§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1, ArbGG, 519 ZPO eingelegte und innerhalb der durch § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG bestimmten Frist ordnungsgemäß nach den §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i.V.m. 520 Abs. 3 ZPO begründete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

II.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Beträge gegen das beklagte Land zu.

Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 4 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit den §§ 15, 16 TV-L.

Nach § 15 S. 1 TV-L erhält der Beschäftigte ein Tabellenentgelt, dessen Höhe sich gem. §15 S. 2 TV-L nach der Entgeltgruppe und der für den Beschäftigten greifenden Stufe richtet. Nach § 4 des Arbeitsvertrages haben die Parteien losgelöst von einer Entgeltordnung eine vorläufige Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 13 vorgenommen. Das beklagte Land hat den Kläger zutreffend aus der Stufe 2 der Entgeltgruppe 13 vergütet. Eine darüber hinausgehende Vergütung steht dem Kläger nicht zu. Die für die Stufenzuordnung des Klägers einschlägige Bestimmung des § 16 Abs. 2 TV-L sieht Folgendes vor:

"(2) Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber, erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus diesem vorherigen Arbeitsverhältnis. Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist."

Der Kläger kann eine Berücksichtigung seiner beruflichen Tätigkeit als Bundesprogrammlehrkraft oder als Lehrkraft an Schulen privater Bildungsträger nicht auf die Bestimmung in § 16 Abs. 2 S. 2 TV-L stützen. Er verfügt über keine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis "zum selben Arbeitgeber" i.S.d. dieser tarifvertraglichen Bestimmung. Vertragspartner des Klägers war das beklagte Land. Zu Recht hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die vom Bundesverwaltungsamt vermittelte Tätigkeit des Klägers als Programmlehrkraft an ausländischen Schulen keine Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber, also bei dem Land Nordrhein-Westfalen ist. Dies gilt ebenso für die Lehrtätigkeit des Klägers an Schulen privater Bildungsträger.

Angesichts des klaren Wortlauts der Bestimmung in § 16 Abs. 2 S. 2 TV-L ist für eine Auslegung kein Raum. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung den für die Auslegung von Gesetzen greifenden Grundsätzen (vgl. nur BAG 22.06.2005 - 10 AZR 631/04 - EzA § 1 TVG Auslegung Nr 41). Damit ist zunächst vom Wortlaut der tarifvertraglichen Bestimmung auszugehen. Der maßgebliche Sinn ist zu ermitteln, ohne am Buchstaben zu haften. Zu berücksichtigen sind der wirkliche Wille sowie der von den Tarifvertragsparteien beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung, soweit dies in den tariflichen Normen Niederschlag gefunden hat. Dabei ist auch der tarifliche Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen. Sollten Zweifel verbleiben, kann auf die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages zurückgegriffen werden, ohne dass bei diesen Kriterien eine bestimmte Reihenfolge vorgegeben wäre. Letztlich ist die Tarifauslegung zu wählen, die eine vernünftige, sachgerechte, zweckorientierte und praktisch brauchbare Lösung ermöglicht (BAG 22.06.2005 - 10 AZR 631/04 - EzA § 1 TVG Auslegung Nr 4; 24.11.2004 - 10 AZR 221/04- EzA TVG § 4 Bankgewerbe Nr. 4 20.04.1994 - 10 AZR 276/93- AP §§ 22, 23 BAT Zulagen Nr. 11).

Soll vom Wortlaut der Tarifnorm abgewichen werden, ist dies nur dann möglich, wenn ein dem Willen der Tarifvertragspartner entsprechende Auslegungsergebnis in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Dies ist im Interesse der Tarifvertragsunterworfenen und wegen der weitreichenden Wirkungen von Tarifverträgen aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit geboten. Aus den Normen selbst heraus muss erkennbar sein, welchen Regelungsgehalt diese haben (BAG 22.06.2005 - 10 AZR 631/04 - EzA § 1 TVG Auslegung Nr 41; 07.08 2002 - 10 AZR 692/01- AP TVG § 1 Tarifverträge: Druckindustrie Nr. 39 = EzA TVG § 1 Druckindustrie Nr. 30). Verwenden die Tarifvertragsparteien Fachbegriffe, ist davon auszugehen, dass sie mit diesem Begriff den allgemein üblichen Sinn verbinden wollten, sofern nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind (BAG 22.06.2005 - 10 AZR 631/04, EzA § 1 TVG Auslegung Nr 41 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung).

Hier haben die Tarifvertragsparteien die Worte "zum selben Arbeitgeber" in einem fachbegrifflichen Sinne verwandt. Diese Worte sind eindeutig und unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze nicht auslegungsfähig. Die Tarifvertragsparteien haben ihre Worte bewusst gewählt, was insbesondere daran deutlich wird, dass sie in der auf die Bestimmung des § 16 Abs. 2 S. 2 TV-L folgenden Regelung des § 16 Abs. 2 S. 3 TV-L die Worte "einem anderen Arbeitgeber" gewählt haben. Den Tarifvertragsparteien war damit bereits aus dem Wortlaut der Normen heraus bewusst, dass zwischen verschiedenen Arbeitgebern zu unterscheiden ist. Angesichts dieser klaren Regelung ist für eine Auslegung der Norm unter Berücksichtigung sonstiger Regelungen, etwa den vom Kläger herangezogenen Bestimmungen in Ziff. 2.7.2 des Rahmenstatuts, kein Raum.

Der Kläger kann auch nicht verlangen, dass die von ihm erbrachten vorherigen Tätigkeiten als "förderliche Tätigkeiten" ganz oder teilweise bei der Stufenzuordnung berücksichtigt werden.

Der Arbeitgeber kann nach § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs förderliche Zeiten bei einem anderen Arbeitgeber berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich war. Zu Gunsten des Klägers mag unterstellt werden, dass seine Neueinstellung der Deckung des Personalbedarfs gedient hat. Dafür spricht jedenfalls, dass das beklagte Land zumindest die berufliche Tätigkeit des Klägers am Berufskolleg Ost in B3 von September 2002 bis Juli 2004 als "förderlich" i.S.d. § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L angesehen hat. Damit musste das beklagte Land davon ausgehen, dass die Tatbestandsvoraussetzung einer Neueinstellung zur Deckung des Personalbedarfs gegeben ist.

Einen Anspruch auf eine weitere Anrechnung förderlicher Zeiten mit der Folge, dass eine höhere Einstufung in die Entgeltgruppe 13 TV-L vorzunehmen wäre, steht dem Kläger gleichwohl nicht zu. Es entspricht einhelliger Auffassung in der rechtswissenschaftlichen Literatur, dass § 16 Abs. 4 S. 2 TV-L lediglich dem Arbeitgeber eine Entscheidungsoption eröffnen möchte, Beschäftigungszeiten im Rahmen einer Neueinstellung anzurechnen, ohne dem Arbeitnehmer einen einklagbaren Anspruch einzuräumen, eine solche Anrechnung verlangen zu können (Beppler/Böhle/Martin/Stöhr-Felix, TV-L, Kommentar, Loseblatt Stand 01.09.2008, § 16 Rn 33; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen, TV-L, Kommentar, Loseblatt Stand 11.08.2008, § 16 Rn 26; Clemens/Scheuering/Steingen/Wiese, TV-L, Kommentar, Loseblatt Stand Juni 2008, § 16 Rn 60). Für diese Lesart der tarifvertraglichen Bestimmung spricht, dass die Anrechnung förderlicher Zeiten an das Kriterium der "Deckung des Personalbedarfs" gekoppelt ist. Die Tarifvertragsparteien verdeutlichen, dass die Anrechnung förderlicher Zeiten in einem engen Zusammenhang zur Personalgewinnung steht. Den Dienststellen soll es erleichtert werden, auf Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung flexibel reagieren zu können. Solche Schwierigkeiten können insbesondere arbeitsmarktbedingte Engpässe in bestimmten Fachrichtungen oder eine örtlich besonders schwierige Bewerbersituation sein (vgl. Clemens/Scheuering/Steingen/Wiese, TV-L, Kommentar, Loseblatt Stand Juni 2008, § 16 Rn 60).

Letztlich kann offen bleiben, ob dem zu folgen ist, oder zumindest eine Einschränkung dahingehend zu erfolgen hat, wie sie das Arbeitsgericht für den Fall der Ermessensreduzierung auf Null annehmen möchte (vgl. auch LAG Hamm 31.10.2008 - 12 Sa 915/08 -n.v). Denn ein solcher Fall der Ermessenreduzierung auf Null ist nicht ersichtlich. Das Arbeitsgericht hat überzeugend dargelegt, dass sich eine solche Ermessensreduzierung zugunsten des Klägers nicht auf die Regelungen zu Ziff. 2.7.2 des Rahmenstatuts stützen lässt. Zu Recht weist das Arbeitsgericht darauf hin, dass sich das Rahmenstatut mit einer Berücksichtigung der Tätigkeit als Programmlehrkraft im Bewerbungsverfahren befasst. Damit ist noch nichts dazu gesagt, wie sich die Tätigkeit als Programmlehrkraft vergütungsrechtlich auswirken soll. Letztlich würde die Argumentationskette des Klägers über den Umweg des § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L bewirken, dass der in § 16 Abs. 2 S. 2 TV-L zum Ausdruck kommenden klare Wille der Tarifvertragsparteien, nur die Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber stufenwirksam uneingeschränkt zu berücksichtigten, unterlaufen würde.

Auch aus dem vom Kläger im Rahmen des Berufungsverfahrens erstmals angesprochenen so genannten Wienand-Erlass vom 23.02.2008 ergibt sich nichts anderes. Zwar spricht Ziff. 1 des Erlasses davon, dass bei der Einstellung von Lehrkräften im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der beruflichen Tätigkeit, die als förderlich zu betrachten ist, ein großzügiger Maßstab anzulegen sei. Doch greift diese Erlasslage nicht zugunsten des Klägers. Ziff. 3 des Erlasses legt fest, dass dieser auf die seit In-Kraft-Treten des TV-L erfolgten Einstellungen in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis sowie auf aktuelle befristete Beschäftigungsverhältnisse, deren Befristungsende zum Zeitpunkt des Runderlasses noch nicht erreicht ist, Anwendung findet. Der Erlass will erkennbar nur auf solche Arbeitsverhältnisse einwirken, die im Zeitpunkt seiner Verabschiedung am 23.02.2008 - befristete oder unbefristet - bestanden haben. Dies gilt für das Arbeitsverhältnis des Klägers indes nicht mehr. Es war bereits am 30.09.2007 beendet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 97 ZPO. Dem Kläger fallen die Kosten der von ihm ohne Erfolg eingelegten Berufung zur Last. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

Das das erkennende Gericht offen lassen konnte, ob es zutreffend ist, dass § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L keinen klagbaren Anspruch einräumt, weil dem Kläger selbst bei der für ihn günstigsten Annahme kein Anspruch auf Anrechnung der vorherigen beruflichen Tätigkeit als förderlich zukommt, hat letztlich keine der entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfragen berühren auch nicht wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit. Ferner lagen keine Gründe vor, die die Zulassung wegen einer Abweichung von der Rechtsprechung eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG angesprochenen Gerichte rechtfertigen würde.

Ende der Entscheidung

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