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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.03.2004
Aktenzeichen: 7 Sa 1761/03
Rechtsgebiete: TVG, KSchG, BetrVG, BGB


Vorschriften:

TVG § 1
KSchG § 2
BetrVG § 50
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
BetrVG § 95 Abs. 3
BGB § 315
Mit einer vertraglichen Einheitsregelung verzichten die hieran beteiligten Arbeitnehmer nicht auf das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei zukünftiger Inanspruchnahme des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber zur Änderung eines Provisionsgefüges.

Eine grundlegende Störung des Leistungsgleichgewichts ist bei erfolgsabhängiger Vergütung anhand der Verhältnisse des Einzelvertrages, nicht jedoch über eine Gesamtschau aller von der Maßnahme des Arbeitgebers betroffener Arbeitnehmer (sog. kollektiver Günstigkeitsvergleich) zu überprüfen (BAG, Urteil vom 28.03.2000 - 1 AZR 366/99 - NZA 2001, 49; BAG, Urteil vom 23.10.2001 - 3 AZR 74/01 - NZA 2003, 986).


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 18.09.2003 - 3 Ca 1177/02 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Kläger über den 01.08.2001 hinaus berechtigt ist, Gebrauchtfahrzeuge bei der Beklagten ohne Beachtung ihrer evtl. Zuordnung zum sogenannten Bieterlistverfahren und insbesondere ohne Beachtung der im Vorstandsschreiben vom 20.12.2001/03.12.2001 enthaltenen Einschränkungen zu verkaufen.

Es wird weiter festgestellt, dass für den Kläger ausschließlich die vor Einführung des Bieterlistverfahrens geltenden Provisionsgrundsätze Anwendung finden.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, zum 01.01.2002 für alle Gebrauchtwagen das sog. Bieterlistverfahren einzuführen und vom Kläger mit Schreiben vom 03.12.2001 zu verlangen, bei der Hereinnahme von Gebrauchtfahrzeugen die hierfür bereit gehaltenen Vordrucke auszufüllen und die Fahrzeuge an die Zentrale in E1xxx weiterzuleiten.

Der am 18.05.1953 geborene Kläger ist seit dem 01.11.1973 für die Beklagte, die im Auftrage der D5xxxxx B4xx AG mit Neu- und Gebrauchtwagen handelt und Serviceleistungen für Kunden erbringt, als Automobilverkäufer tätig. Seit August 1988 ist er in deren Niederlassung B3xxxx als Gebrauchtwagenverkäufer eingesetzt. Die Vertragsbedingungen sind durch die Verträge vom 11.12.1975 und 15.06.1987/08.08.1988 geregelt. Mit diesen Verträgen hat sich die Beklagte das Recht vorbehalten, Einzelheiten des Verkaufsgeschäftes zu regeln, insbesondere das Verkaufsgebiet, in dem der Angestellte tätig ist festzulegen oder zu ändern und nach eigenem Ermessen durch weitere oder andere Angestellte bearbeiten zu lassen. Außerdem behielt sich die Beklagte das Recht vor, dem Kläger auch andere, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Aufgaben zu übertragen oder ihn an einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz oder Tätigkeitsort zu versetzen. Neben einem Grundgehalt erhält der Kläger für vermittelte Verkaufsgeschäfte Provisionen gemäß den jeweils geltenden Provisionsbestimmungen. Auf der Grundlage dieser vertraglichen Regelungen hat der Kläger die nachfolgenden Jahreseinkommen erzielt: 160.819,00 DM (1995), 184.536,00 DM (1996), 182.978,00 DM (1997), 175.093,00 DM (1998), 188.655,00 DM (1999), 200.847,00 DM (2000) und 215.414,00 DM (2001). Dieser Verdienst wurde zuletzt auf der Grundlage der von beiden Parteien unterschriebenen Provisionsvereinbarung vom 30.04./04.05.1999 erzielt. Bei der Provisionshöhe unterschied die Beklagte zwischen Geschäftsfahrzeugen und Gebrauchtfahrzeugen/Jahreswagen. Bei Letzteren differenzierte sie weiterhin zwischen dem sog. Endabnehmergeschäft (E) und dem Händlergeschäft (H). Bei Händlergeschäften behielt sich die Beklagte eine abweichende Provisionsregelung vor, wenn der Mindestverkaufspreis der Fahrzeuge unterschritten wird oder wenn es sich um Sammelabgaben (zwei oder mehr Fahrzeuge) handelt. Auch mit dieser Provisionsvereinbarung hat der Kläger der Beklagten das Recht eingeräumt, bei Provisionssachverhalten, die durch die vorliegenden Regelungen nicht eindeutig entschieden werden können, die Provision nach billigem Ermessen, unter Berücksichtigung der Interessen des Angestellten, festzusetzen bzw. aufzuteilen.

Das Jahreseinkommen des Klägers, wurde zu 94 % über provisionspflichtige Geschäfte bestimmt. Dieses Provisionsvolumen wurde zu nahezu 40 % über die sog. Händlerprovision erreicht. Aus der Sicht des Klägers war für ihn seit 1988 dieses Händlergeschäft eine wesentliche Hauptaufgabe. Dabei ist es ihm gelungen, zu Automobilzwischenhändlern besondere Kundenkontakte aufzubauen.

Die Beklagte unterhält im Ruhrgebiet 13 Betriebsstätten. Sie beschäftigt 1050 Arbeitnehmer, einschließlich der 115 Automobilverkäufer. Von ihrer Belegschaft wurden in den Niederlassungen B3xxxx, E1xxx und W1xxxxxxxxxx Betriebsräte gewählt. Diese haben einen Gesamtbetriebsrat gebildet. Die für den Verkauf von Neufahrzeugen gültige Provisionshöhe wurde in 1999 durch eine Betriebsvereinbarung geregelt. Für das Gebrauchtwagengeschäft wurde eine vergleichbare Betriebsvereinbarung nicht abgeschlossen. Der Betriebsrat war zunächst in die Verhandlungen der Beklagten mit den Verkäufern eingebunden. Der Kläger wurde im Rahmen dieser Verhandlungen vom Betriebsrat als Sachverständiger hinzugezogen. Zu einer Betriebsvereinbarung ist es letztlich nicht gekommen, zumal die Verkäufer die Forderung erhoben haben, die jeweilige Provisionshöhe eigenverantwortlich mit der Beklagten zu regeln. Ohne Beteiligung des Betriebsrats hat die Beklagte sodann mit den Gebrauchtwagenverkäufern die angesprochene Provisionsregelung vom 30.04.1999 als Einzelvereinbarung getroffen. Den Betriebsräten ist bekannt, dass ihr Mitbestimmungsrecht hierdurch verletzt wurde. Die Einhaltung dieses Mitbestimmungsrechts wurde allerdings nicht gerichtlich geltend gemacht.

Im September 2000 hatte die Beklagte im Center E1xxx ein sog. Bieterlistverfahren probeweise eingeführt. Die zusammengefassten Gebrauchtfahrzeuge wurden nach dem höchsten Gebot veräußert. Nachdem die Beklagte bei den Händlern eine positive Reaktion erfuhr, ließ sie im April 2001 ein Gesamtkonzept erarbeiten, das zum 01.07.2001 verfügbar war. Nach abschließender Beratung im Vorstand am 03.07.2001 wurde zum 01.08.2001 das Bieterlistverfahren zentral eingeführt. Nach Anlaufschwierigkeiten erfolgte am 29.11.2001 die endgültige Entscheidung, dieses Verfahren zum 01.01.2002 umzusetzen. Mit diesem Verfahren verfolgte der Vorstand die Absicht, den sog. Paketverkauf an Händler mit erhöhten Preisnachlässen einzuschränken und das gesamte Gebrauchtwagengeschäft transparenter zu gestalten. Diesem Bieterlistverfahren waren zuzuführen Gebrauchtfahrzeuge mit längerer Standzeit bzw. ältere Fahrzeuge. Den Verkäufern in den 13 Betriebsstätten der Beklagten im mittleren Ruhrgebiet wurde die Verkaufszuständigkeit für dem Bieterlistverfahren zugeordnete Fahrzeuge entzogen. Deren Veräußerung erfolgt über eine an interessierte Händler gerichtete Bieterliste nach Höchstgebot zentralisiert durch zwei Verkäufer in dem Center E1xxx. Die Einzelheiten dieser Vermarktungsweise und ihre umfassende Einführung mit Wirkung vom 01.01.2002 teilte die Beklagte allen mit dem Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen beschäftigten Mitarbeitern mit Schreiben vom 03.12. und 20.12.2001 mit. Zugleich gab sie eine Neuregelung der Provisionen für die dem Bieterlistverfahren zugeordneten Fahrzeuge bekannt. Diese Schreiben haben im Wesentlichen folgenden Inhalt:

Gebrauchtwagenangebote für Wiederverkäufer/Provisionen bei Händlergeschäften

Wie Ihnen bekannt ist, erfolgt die Vermarktung von Gebrauchtfahrzeugen an Wiederverkäufer seit dem 01.08.2001 über die sog. Bieterliste. Zielsetzung ist, durch die Bündelung des Gebrauchtwagenangebots sowie der Händlernachfrage bessere Bruttoerträge zu erzielen und den einzelnen Verkäufer hinsichtlich seines Zeitaufwands für vorbezeichnete Fahrzeuge zu entlasten, um sich verstärkt dem Endabnehmergeschäft widmen zu können.

Die Erfahrungen der letzten Monate haben gezeigt, dass wir mit dem Bieterlistverfahren auf dem richtigen Weg sind. Allerdings wurde auch deutlich, dass der Verbleib der Fahrzeuge mit der Verwendungsentscheidung "H" (Händler) in den jeweiligen Centern zu Kritik bei unseren Wiederverkäufer-Kunden geführt und die Verkäufer unseres Hauses nicht in dem gewünschten Maße entlastet hat. Mit Wirkung vom 01.01.2002 werden wir daher diese Fahrzeuge im Center E1xxx zusammenziehen und dort den potentiellen Kunden präsentieren.

Die Einzelheiten der verbindlichen Abwicklung der Händlergeschäfte werden wir Ihnen mit separater Verfahrensanweisung mitteilen. An dieser Stelle wollen wird nochmals auf die wesentlichen Grundsätze hinweisen:

1. Im Zeitpunkt der Hereinnahme eines Gebrauchtfahrzeuges, hat der Centerleiter bzw. der Teamleiter-Verkauf die Verwendungsentscheidung "H" (= Händlerfahrzeug: Alter > 8 Jahre und/oder km-Laufleistung > 150.000 km; kalkulierter EK < 2.500,00 Euro; sonstige Fahrzeuge mit Verwendungsentscheidung "H" durch CL/TL (z. B. Fahrzeugzustand ist nicht garantiefähig) oder "E" (= Endabnehmerfahrzeug) zu treffen und in der Fahrzeugakte zu dokumentieren. Die Verwendungsentscheidung ist von allen Verkäufern strikt einzuhalten.

2. Die Verkaufsakten von Fahrzeugen mit der Verwendungsentscheidung "H", sind zukünftig unverzüglich der VK-GW zu übermitteln. Die Fahrzeuge sind dem Center unverzüglich zur Verfügung zu stellen.

3. Fahrzeuge mit der Verwendungsentscheidung "E" mit einer Standzeit von > 150 Tagen, sind unverzüglich auf die Bieterliste zu setzen und können über diese auch an Händler vermarktet werden. Die Verbringung der Fahrzeuge nach E1xxx erfolgt, wenn das Fahrzeug nach 180 Tagen noch nicht verkauft werden konnte.

Die Neuordnung des Händlergeschäftes erfolgt auf der Grundlage Ihres Anstellungsvertrages sowie der ergänzend vereinbarten Provisionsbestimmungen für Gebrauchtfahrzeug-Verkäufer (Pkw) unter Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts.

...

Durch die zentrale Vermarktung von Gebrauchtfahrzeugen an Wiederverkäufer über die Bieterliste ist ein Provisionssachverhalt entstanden, der durch die Provisionsbestimmungen für Gebrauchtfahrzeugverkäufer nicht geregelt wird. Nach A. III. 1. der Provisionsbestimmungen ist Voraussetzung für die Zahlung einer Provision die vollständige Abwicklung eines Verkaufsgeschäftes durch den Angestellten. An der, den Provisionssachverhalt begründenden Verkaufstätigkeit des Angestellten fehlt es bei der zentralen Vermarktung von Gebrauchtfahrzeugen an Wiederverkäufer über die Bieterliste. Für diesen Fall sieht B. IV. der Provisionsbestimmungen das Recht der Firma vor, bei Provisionssachverhalten, die durch die vorliegenden Regelungen nicht eindeutig entschieden werden können, die Provision nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Angestellten festzusetzen bzw. aufzuteilen. Des Weiteren hat sich die Firma unter B. II. 2 der Provisionsbestimmungen vorbehalten, eine abweichende Provisionsregelung bei Sammelabgaben (zwei oder mehr Fahrzeuge) anzuwenden.

In Ausübung der Vorbehaltsklausel wird die Provision für Händlergeschäfte wie folgt festgesetzt:

1. Für Fahrzeuge mit der Verwendungsentscheidung "H" erhält der hereinnehmende Angestellte eine Bruttoertragsprovision in Höhe von 20 % nach Maßgabe A. III. 1. b der Provisionsbestimmungen.

2. Für Fahrzeuge mit der Verwendungsentscheidung "E", die mit einer Standzeit von > 150 Tagen über die Bieterliste an Händler verkauft werden, erhält der Angestellte eine Nettoerlösprovision von 0,5 % nach A. III. 1. a sowie eine Bruttoertragsprovision von 20 % nach A. III. 1. b der Provisionsbestimmungen.

3. Für Fahrzeuge mit der Verwendungsentscheidung "E", die mit einer Standzeit > 180 Tagen im Center E1xxx vermarktet werden, erhält der hereinnehmende Angestellte eine Provision nach vorstehender Ziffer 1.

Die Festsetzung der Provisionen für Händlergeschäfte entspricht billigem Ermessen und erfolgt im Rahmen der Zumutbarkeit. Auf der Grundlage der Planungszahlen für das Geschäftsjahr 2002 gehen wir davon aus, dass 1.720 Fahrzeuge zu einem durchschnittlichen Nettoverkaufspreis von ca. 6.300,00 EUR nach vorstehenden Ziffern 1. und 3. sowie 80 Fahrzeuge nach vorstehender Ziffer 2 zu einem durchschnittlichen Nettoverkaufspreis von 19.300,00 EUR vermarktet werden. Durch die reduzierte Nettoerlösprovision ergibt sich, unter Berücksichtigung der Grundsätze zur Provisionsabrechnung, eine Minderung von 100.000,00 EUR. Auf der Basis rechnerischer Provisionszahlungen von 1,8 Millionen EUR für den Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen im Geschäftsjahr 2002 beträgt die Provisionsminderung lediglich 5,6 %.

Diese geringfügige Provisionsminderung wird in hohem Maße durch die verbesserten Bruttoerträge im Bieterlistverfahren ausgeglichen. Außerdem haben Sie durch die erhebliche zeitliche Entlastung die Möglichkeit, zusätzliche Endabnehmergeschäfte mit einer Nettoerlösprovision von 1,25 % und einer Bruttoertragsprovision von 25 % zu tätigen. Die Ausweitung des Endnehmeranteils sowie das Mengenwachstum führen aus unserer Sicht zu einem zusätzlichen Provisionsvolumen von ca. 500.000,00 EUR. Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Festsetzung der Provision für die Händlergeschäfte daher keine bzw. nur eine sehr geringe negative Wirkung auf Ihr Verkäufereinkommen haben wird.

Eindringlich bitten wir Sie, uns bei der Umsetzung der neuen Geschäftspolitik im Gebrauchtfahrzeugverkauf, die eine stärkere Gewichtung des Endabnehmergeschäftes und eine Optimierung der Bruttoertragsstruktur beim Händlergeschäft bedeutet, tatkräftig zu unterstützen. Sie geschieht mit der Zielsetzung, die hohen Verluste im Gebrauchtfahrzeugverkauf weiter abzubauen. Mit der Bitte um Unterstützung verbinden wir die Zusage, bis zum Ablauf des 31.12.2002 keine betriebsbedingte Änderungskündigung zur Provisionsanpassung auszusprechen. Diese Zusage steht unter dem Vorbehalt, dass Sie auf der beigefügten Fotokopie des Schreibens Ihr Einverständnis mit der Neuordnung des Händlergeschäftes sowie der Festsetzung der Provision für Händlergeschäfte erklären.

Der Kläger erklärte sich weder mit diesem Schreiben noch mit dem am 20.12.2001 nachgereichten Schreiben einverstanden. Zwischen den Parteien ist streitig, wie viele Verkäufer parallel zum Kläger ihr Einverständnis verweigert haben.

Die Beklagte hat vor dieser Neustrukturierung des Händlergeschäftes weder die einzelnen Betriebsräte der Niederlassungen noch den Gesamtbetriebsrat beteiligt. Auf der Grundlage dieses sog. Bieterlistverfahrens erzielte der Kläger in 2002 ein Bruttojahresgehalt i. H. v. 75.763,22 EUR, damit 30 % weniger als im vorausgehenden Kalenderjahr 2001.

Mit der beim Arbeitsgericht Bochum am 25.04.2002 erhobenen und am 09.08.2002 erweiterten Klage wehrt sich der Kläger gegen die Neuordnung des Händlergeschäftes. Er verlangt die Beibehaltung der Provisionsbestimmungen für Gebrauchtfahrzeugverkäufer aus April/Mai 1999. Zur Begründung hat er die Auffassung vertreten, die Einführung des sog. Bieterlistverfahrens sei vertragswidrig und wegen Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats rechtsunwirksam. Aufgrund der Vertragsgestaltung in der Vergangenheit habe die Beklagte jetzt nicht mehr das Recht, auf das ursprünglich eingeräumte einseitige Gestaltungsrecht zurückzugreifen. Dadurch, dass sie abweichend von ihrer vertraglich eingeräumten Rechtsstellung Veränderungen im Provisionsgefüge ausschließlich einvernehmlich mit den Verkäufern verabredet habe, habe sie ihm gegenüber einen Vertrauenstatbestand dergestalt geschaffen, diesen Weg auch in Zukunft beizubehalten. Nur so sei ihr Ansinnen zu verstehen, seine Zustimmung zur Neuregelung zu erklären und die schriftliche Zustimmung an den Bereich Personalwesen zurückzureichen. Im Übrigen vertrete er die Auffassung, die Beklagte habe das ihr eingeräumte Gestaltungsrecht zu seinen Ungunsten missbraucht. Mit der Neuordnung des Händlergeschäftes durch das eingeführte Bieterlistverfahren und die hierüber veränderte Provisionsregelung habe sie unzulässig in sein Vertragsgefüge eingegriffen. Über die Neuordnung des Händlergeschäftes verliere er mindestens 40 % seines Provisionsvolumens. Die Beklagte habe darüber hinaus den Umfang des sog. Endabnehmergeschäftes unrichtig eingeschätzt. Der erhoffte Vorteil sei nicht eingetreten. Mit der Neuordnung des Händlergeschäftes habe sie ihm zuvor aufgebaute Kundenbeziehungen entzogen. Hierdurch sei der Einbruch im Einkommensgefüge darstellbar. Dieser Eingriff in seine Erwerbsmöglichkeit bewerte er zudem als Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG, die ohne Zustimmung des Betriebsrats nicht wirksam werden könne. Die Beklagte habe ihm den wesentlichen Aufgabenbereich im Händlergeschäft entzogen. Sie verwehre ihm die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob ein Fahrzeug an einen Händler oder Endverbraucher veräußert werde. Darüber hinaus habe die Beklagte das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einführung neuer Provisionstatbestände und der Veränderung der Provisionshöhen verletzt. Auch aus diesem Grunde sei ihm gegenüber die Neustrukturierung des Gebrauchtwagengeschäftes ab Januar 2002 nicht durchsetzbar.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass er über den 01.08.2001 hinaus berechtigt ist, Gebrauchtfahrzeuge bei der Beklagten ohne Beachtung ihrer evtl. Zuordnung zum sog. Bieterlistverfahren und insbesondere ohne Beachtung der in den Vorstandsschreiben der Beklagten vom 03.12. und 20.12.2001 enthaltenen Einschränkungen zu verkaufen,

2. festzustellen, dass für ihn ausschließlich die vor Einführung des Bieterlistverfahrens geltenden Provisionsgrundsätze Anwendung finden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte sieht ihre Entscheidung durch das vertraglich eingeräumte Direktionsrecht gerechtfertigt. Zum Ausspruch einer Änderungskündigung sei sie nicht verpflichtet gewesen. Durch die Handhabung in der Vergangenheit habe sie sich nicht des Rechts begeben, die Provisionsgrundlagen einseitig umzugestalten und die Provisionshöhe nach billigem Ermessen festzusetzen. Mit der Neugestaltung habe sie nicht unangemessen in das Einkommensgefüge des Klägers eingegriffen. Mit dem Bieterlistverfahren werde allenfalls ein Drittel des Gesamthändlergeschäftes neu geordnet. Deshalb seien höchstens 9 % des Gesamt-Provisionsaufkommens betroffen. Ihre Erwartungen seien bestätigt worden. Der Bruttoerlös sei um 14,74 % verbessert worden. Der Provisionsverlust sei lediglich beim Kläger verhältnismäßig hoch. Dies sei dadurch begründet, dass der Kläger entgegen ihren Vorstellungen in der Vergangenheit seinen Schwerpunkt im Händlergeschäft gesehen habe. Dennoch erfahre der Kläger keinen gravierenden Einbruch. Schließlich nehme er an dem in ihren Schreiben angesprochenen Ausgleich teil. Darüber hinaus übersehe der Kläger, dass das Händlergeschäft trotz eingeführter Bieterliste zum überwiegenden Teil im jeweiligen Center verblieben sei. Trotz dieser Umstrukturierung bleibe die Tätigkeit des Klägers als Automobilverkäufer unangetastet. Mit dem Bieterlistverfahren habe sie einen verbesserten Bruttoertrag und eine Stärkung des Endabnehmergeschäftes angestrebt. Zugleich habe ihr Ziel darin gelegen, eine unternehmenseinheitliche Verfahrensweise zu erreichen. Diese Umstrukturierung sei mit veranlasst worden durch das zum 01.01.2002 veränderte Gewährleistungsrecht. Grundlage ihrer Entscheidung seien Planungszahlen für das Geschäftsjahr 2002 gewesen, die Ende November 2001 vorgelegen hätten. Sie habe aufgrund der vorhandenen EDV-Daten davon ausgehen können, dass 1.720 Fahrzeuge zu einem durchschnittlichen Nettoverkaufspreis von ca. 6.300,00 EUR als Händlerfahrzeuge sowie Endabnehmerfahrzeuge mit einer Standzeit von mehr als 180 Tagen nach den Kriterien des Bieterlistverfahrens im Center E1xxx zu vermarkten sein würden. Außerdem sei sie davon ausgegangen, dass 80 Fahrzeuge mit einer Klassifizierung als Endabnehmerfahrzeuge mit einer Standzeit von mehr als 150 Tagen über die Bieterliste an Händler vermarktet werden würden. Durch die reduzierte Nettoerlösprovision wegen der Einbeziehung dieser Fahrzeuge in das Bieterlistverfahren habe sich eine voraussichtliche Minderung des Provisionsaufkommens von insgesamt rund 100.000,00 EUR ergeben. Auf der Basis rechnerischer Provisionszahlungen von 1,8 Millionen EUR für den Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen im Geschäftsjahr 2002 habe die darauf beruhende, geplante Provisionsminderung allenfalls rund 5,6 % betragen. Gegenüber der Prognose sei die tatsächliche Minderung zwischen Januar und April 2002 nur mit 3,6 % eingetreten. Die Ausweitung des Endabnehmeranteils sowie das Mengenwachstum habe nach ihrer Planung zu einem zusätzlichen Provisionsvolumen von rund 500.000,00 EUR führen sollen, so dass insgesamt keine - allenfalls eine sehr geringe - negative Auswirkung auf die Einkommen der Gebrauchtfahrzeugverkäufer habe eintreten sollen.

Nach Vernehmung der Abteilungsleiterin H2xxxx als Zeugin hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 18.09.2003 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, die Beklagte sei individualrechtlich zur Änderung der Bearbeitungszuständigkeit und Provisionsregelung befugt gewesen. Dieses Recht habe der Kläger ihr zuletzt am 30.04.1999 eingeräumt. Von diesem Recht habe sie sachgemäß Gebrauch gemacht. Prüfungsmaßstab für die gebotene Abwägung der beiderseitigen Interessen seien die Auswirkungen auf alle Verkäufer. Da die Abrede vom 30.04.1999 als vertragliche Einheitsregelung anzusehen sei, sei es nicht zulässig, die Auswirkungen der Neuregelung nur anhand der Verhältnisse im Einzelarbeitsvertrag des Klägers zu überprüfen. Die Auswirkungen auf die Gruppe der Gebrauchtwagenverkäufer seien hinzunehmen. Die zuvor anhand der Center-Angaben erstellte Prognose sei eingetreten. Diese überschreite nicht die Grundsätze billigen Ermessens. Mit der Beweisaufnahme sei herausgearbeitet worden, dass die Prognose für 2002 exakt auf der Grundlage der über die EDV verfügbaren Zahlen erstellt worden sei. Die Aufteilung der Stückzahlen auf die Bieterliste und die jeweiligen Center sei nicht zu beanstanden. Diese Bewertung erfahre auch die Kostenberechnung. Hieraus resultierten nachvollziehbare Schätzungen für die letztendlich angestellte Prognose der Geschäftsentwicklung im Geschäftsjahr 2002. Das zugrunde gelegte Zahlenwerk vermittle keinen Anhaltspunkt für eine möglicherweise unbillige Prognoseentscheidung. Da die Zahlenwerte der Bieterliste nicht hätten realistisch dargestellt werden können, sei die Beklagte auf Schätzungen angewiesen gewesen. Dies sei nicht unzulässig und führe nicht zur Unbilligkeit. Die mit der Prognose erwartete negative Auswirkung zwischen 5 und 6 % Minus im Provisionsvolumen beschreibe keinen unzulässigen Eingriff in das Entgeltgefüge der Gebrauchtwagenverkäufer. Da zum Ausgleich ein erhöhter Fahrzeugankauf angestrebt gewesen sei, habe die Beklagte für 2002 berechtigt davon ausgehen können, dass absolut eine Einkommensminderung nicht eintrete. Diese Prognose habe sich bewahrheitet. Der von der Einführung der Bieterliste benachteiligte Personenkreis habe profitiert von der provisionsauslösenden Hereinnahme von Gebrauchtfahrzeugen. Deshalb sei festzuhalten, dass die Beklagte mit der allgemeinen, für alle Center verbindlichen Umstrukturierung, die Grenze der Billigkeit nicht überschritten habe (§ 315 BGB). Aus den gleichen Gründen scheide eine Umgehung des § 2 KSchG aus. Die Verkäufer würden durch die Umstrukturierung in ihrem Tätigkeitsfeld nicht vertragswidrig beschnitten. Das Händlergeschäft der Vergangenheit könne kein absoluter Maßstab für diese Beurteilung sein. Das Händlergeschäft sei nicht die alleinige Grundlage für die Bewertung einer Änderung des Aufgabengebietes. Aufgebaute Händlerbeziehungen seien kein wohlerworbenes Recht für immer. Die Kundenbeziehung sei folglich kein schützenswerter Bereich. Aus diesem Grunde scheide eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG aus. Der Aufgabenbereich des Klägers sei allenfalls in Teilfunktionen geringfügig verändert worden. Mit dem Bieterlistverfahren habe die Beklagte dem Kläger keinen neuen Aufgabenbereich zugewiesen. Obwohl sich dieses Verfahren auf zwei Verkäufer im Center E1xxx konzentriere, sei hierdurch lediglich ein Teil des gesamten Händlergeschäftes betroffen. Von den insgesamt veräußerten 4.808 Gebrauchtfahrzeugen seien 1.821 (37,9 %) an Händler verkauft worden. Über das Bieterlistverfahren seien 1.290 (26,8 %) vermittelt worden. Der hierüber verdiente Provisionsanteil erreiche lediglich 7,46 % des Gesamtprovisionsvolumens (171.113,00 EUR zu 2.293.247,00 EUR). In Anbetracht dieser Veränderung sei es dem Kläger verwehrt, sich auf die Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG zu berufen. Entgegen seiner Bewertung belaste das Bieterlistverfahren sein Einkommen nicht.

Gegen dieses, ihm am 20.10.2003 zugestellte, vorgetragene und wegen der sonstigen Einzelheiten in Bezug genommene Urteil, hat der Kläger am 17.11.2003 Berufung eingelegt, die nach vorausgehender Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 20.01.2004 am 15.01.2004 begründet worden ist. Der Kläger greift das angefochtene Urteil in vollem Umfang an. Zur Begründung führt er aus, die einseitige Einführung des Bieterlistverfahrens verstoße sowohl gegen kündigungsschutzrechtliche Bestimmungen als auch gegen kollektives Recht. Seiner Meinung nach berufe sich die Beklagte zu Unrecht auf ein einseitiges Gestaltungsrecht. Eine Änderungskündigung sei stattdessen notwendig gewesen. Sein Aufgabengebiet als Gebrauchtwagenverkäufer habe sich aufgrund langjährig geübter Praxis darauf konkretisiert, alle zum Center hereinkommenden Gebrauchtwagen zu vermarkten. Dies sei inzwischen seine vertraglich gesicherte Position. Diese sei auch schützenswert. Immerhin stelle die Provision die nahezu allein entscheidende Einkommensgrundlage dar. Mit dem Bieterlistverfahren greife die Beklagte einseitig in diese Vertragsgrundlage ein. Sie erwarte von ihm eine Bearbeitungszuordnung für andere Gebrauchtwagenverkäufer. Schließlich sei er bei der Hereinnahme eines Gebrauchtfahrzeuges gehalten, eine Kennzeichnung für die Liste vorzunehmen. Hierüber werde neben seinem Aufgabengebiet auch sein Provisionsgefüge verändert. Dies sei vertragswidrig. Dieses Ergebnis sei von der Beklagten auch erkannt worden. Ansonsten hätte sie nicht um seine Zustimmung zur Neuregelung gebeten. Die durch das Bieterlistverfahren eingetretenen Veränderungen seien für jedes Arbeitsverhältnis zu überprüfen. Ein kollektiver Vergleich bezogen auf alle Gebrauchtwagenverkäufer des Unternehmens sei seiner Meinung nach nicht statthaft. Auf das Gesamtprovisionsaufkommen dürfe folglich nicht abgestellt werden. Die Änderung des Aufgabengebietes und des Einkommensgefüges sei individuell zu beurteilen. Nur diese Einzelbetrachtung sei für die Ausübung des Direktionsrechts und Überprüfung des Kündigungsrechts maßgeblich. Da die für sein Arbeitverhältnis festzustellenden Auswirkungen erheblich stärker sein als dies für die Gesamtschau beschrieben werde, sei es ihm nicht verwehrt, sich auf die Missachtung kollektiven Rechts zu berufen. Bezogen auf das Händlergeschäft im Bieterlistverfahren sei für ihn eine Halbierung des Provisionseinkommens festzustellen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach seinen Schlussanträgen im ersten Rechtszug zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und beruft sich weiterhin auf den vertraglich eingeräumten Widerrufsvorbehalt, auf eine aus ihrer Sicht minimale Einschränkung des Händlergeschäftes und auf ein weiterhin ausgeglichenes Provisionsvolumen aus Anlass der neu geschaffenen Hereinnahmeprovision.

Wegen der sonstigen Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und den zur Akte gereichten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 5, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO) hat auch Erfolg. Die Provisionsneuregelung der Beklagten bei Händlergeschäften vom 03.12./20.12.2001 hat das Vertragsverhältnis zum Kläger nicht rechtswirksam neu gestaltet. Für den Kläger haben die Provisionsgrundsätze in der Fassung vom 30.04.1999 weiterhin Bestand.

A.

Die Klage ist zulässig.

Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, alsbald feststellen zu lassen, ob die Beklagte dazu befugt war, das sog. Bieterlistverfahren allgemein umzusetzen und die Verprovisionierung des Gebrauchtwagenhandels mit Händlern zu ändern. Mit der Konzentration des Händlergeschäftes auf das Center E1xxx greift die Beklagte in das Vertragsgefüge des Klägers ein. Dieser Eingriff wird seitens der Beklagten auf ihr Direktionsrecht gestützt. Da zwischen den Parteien streitig ist, ob das Direktionsrecht der Beklagten soweit greift, ist zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO im Streit. Denn dieses Rechtsverhältnis erfasst nicht nur den gesamten Arbeitsvertrag, dessen Begründung bzw. dessen Bestand oder Fortbestand, sondern auch einzelne Vertragsbestandteile. Dies sind z. B. Rechte und Pflichten der Parteien aus dem Anstellungsvertrag. Deshalb ist auch der Umfang des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ein Rechtsverhältnis im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung. Da die Beklagte ihre Vorstellungen zum Bieterlistverfahren zum 01.01.2002 tatsächlich umgesetzt hat, hatte der Kläger auch ein berechtigtes Interesse alsbald feststellen zu lassen, ob diese Umstrukturierung sachlich gerechtfertigt ist oder nicht. Zudem hat der Kläger das Recht, überprüfen zu lassen, ob diese kollektive Regelung ohne Einholung der Zustimmung des Betriebsrats bzw. Gesamtbetriebsrats statthaft war und ob sich hieraus Rechtsfolgen für sein Arbeitsverhältnis ableiten lassen.

B.

Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger ist weiterhin berechtigt, seine Verkaufstätigkeit im Gebrauchtwagenhandel der Beklagten ohne Einschränkung durch das Bieterlistverfahren auszuüben. Die Beklagte ist zudem verpflichtet, ihm gegenüber die Provisionsgrundsätze in der Fassung vom 30.04.1999 anzuwenden. Die Beklagte hatte nicht das Recht, einseitig in das Vertragsgefüge des Klägers einzugreifen (I.). Sie war darüber hinaus verpflichtet, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß den §§ 87 Abs. 1 Nr. 10, 95 Abs. 3, 99 Abs. 1 BetrVG zu wahren (II.).

I.

Die Beklagte war nicht individualrechtlich ermächtigt, die Bearbeitungszuständigkeit für Verkaufsvorgänge bei Gebrauchtfahrzeugen dergestalt einzuschränken, dass Gebrauchtfahrzeuge dem Bieterlistverfahren zuzuordnen sind, mit dessen Hilfe ohne seine Mitwirkung diese Fahrzeuge nach dem sog. Höchstgebot an Händler verkauft werden. Die Beklagte war individualrechtlich auch nicht ermächtigt, in diesem Zusammenhang die Provisionsformen und die Provisionshöhe zu verändern. Dieser Eingriff überschreitet dem Kläger gegenüber die Grundsätze des billigen Ermessens (§ 315 BGB). Diese Änderung bedurfte zu ihrer Wirksamkeit der Änderungskündigung gemäß § 2 KSchG.

1. Mit dem angefochtenen Urteil erkennt die Berufungskammer durchaus die ursprüngliche Vertragsgestaltung der Parteien, die es der Beklagten erlaubte, Einzelheiten des Verkaufsgeschäftes einseitig zu regeln, das Verkaufsgebiet zu ändern und Teile des Verkaufsgeschäfts anderen Angestellten zu übertragen. Mit dieser Vertragsgestaltung gingen die Parteien über die allgemeinen Grundsätze des Direktionsrechts der Beklagten als Arbeitgeberin hinaus. Danach ist die Arbeitgeberin berechtigt, Ort, Art und Zeit der Arbeitsleistung sowie die Art und Weise der Arbeitsausführung festzulegen. Da diese Form des Direktionsrechts ihre Grenze im Vertragsgefüge erfährt, ist in der Rechtsprechung und Literatur durchaus anerkannt, dass der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin mit dem Anstellungsvertrag auch das Recht einräumen kann, einzelne Vertragsbedingungen einseitig zu ändern. Dies ist gerade für den Außendienst oder den Verkaufsbereich anerkannt. Hierüber kann sich die Arbeitgeberin trotz des damit verbundenen Eingriffs in die erfolgsabhängige Vergütung das Recht vorbehalten, die Verkaufsstruktur einseitig zu ändern (BAG, Urteil vom 28.05.1997 - 5 AZR 125/96 - AP Nr. 36 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag A. I. 2. a) der Gründe; BAG, Urteil vom 15.11.1995 - 2 AZR 521/95 - AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa). Hierzu zählt auch das der Beklagten eingeräumte Recht, einen Teil des Händlergeschäftes grundsätzlich auf wenige Verkäufer zu konzentrieren, um das Verkaufsgeschäft transparenter zu gestalten und um nach Möglichkeit einen höheren Bruttoerlösertrag zu erzielen. Die Grenze des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts ist dann zu erkennen, wenn deren Ausübung zur Umgehung des zwingenden Kündigungsschutzes führt. Das ist in der Regel der Fall, wenn wesentliche Elemente des Arbeitsvertrages einer einseitigen Änderung unterliegen sollen, durch die das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört würde.

Dieses erweiterte Direktionsrecht - verbunden mit der Befugnis, auch in das Entgeltgefüge einzugreifen - hat der Kläger der Beklagten mit dem grundlegenden Anstellungsvertrag vom 01.07.1987 eingeräumt. Hierüber wäre die Beklagte befugt, das Händlergeschäft neu zu regeln. Die Einführung des sog. Bieterlistverfahrens wäre demzufolge durchaus vom Vertragsgefüge gedeckt; sie wäre rechtlich zulässig, solange hierdurch die beiderseitigen Interesse angemessen berücksichtigt würden. Dabei unterstellt die erkennende Berufungskammer den Anlass zur Veränderung als objektiv richtig. Ohne Wiederspruch des Klägers hat sie vorgetragen, der Gebrauchtwagenverkauf sei ein Minusgeschäft. Sie müsse deshalb Möglichkeiten ausschöpfen, um den Bruttoerlösertrag zu verbessern. Ihr weiterer Ansatz, über das sog. Bieterlistverfahren nur demjenigen Händler den Zuschlag zu erteilen, der nach vorausgehender Besichtigung des Fahrzeugs das höchste Gebot abgibt, dürfte ebenso sachgerecht sein. Hierüber dürfte sie nicht nur einen höheren Ertrag erwirtschaften. Sie wird hierüber auch in der Lage sein, verdeckte Preisnachlässe bei Mehrfachverkäufen zu unterbinden.

Dieses Recht bestand auch nach 1999. Abweichend zum vertraglich eingeräumten erweiterten Direktionsrecht hat die Beklagte zwar in 1999 die Neuordnung der Provisionen einvernehmlich mit allen Gebrauchtwagenverkäufern getroffen. Anlass dieser Vertragsänderung war die von den Verkäufern veranlasste Beendigung der mit dem Gesamtbetriebsrat aufgenommenen Verhandlungen. Der Gesamtbetriebsrat hatte zwar ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG i. V. m. § 50 BetrVG, denn dieser, in diesem Jahr beabsichtigten Neuordnung lag ein kollektiver Sachverhalt zugrunde. Grund und Höhe der Provisionen sollten weiterhin von allgemeinen Merkmalen abhängig gemacht werden, die von einer Mehrzahl der Arbeitnehmer des Unternehmens erfüllt werden konnten (Fitting, Kaiser, Heither, Engels, Schmidt, BetrVG, § 87 Rdnr. 419; ErfK Hanau/Kania, § 87 BetrVG Rdnr. 99). Dieser kollektive Sachverhalt erfasste zudem nicht nur einzelne Betriebe, sondern das Unternehmen insgesamt. Als Ersatz für die zu erwartende Betriebsvereinbarung ist eine unternehmenseinheitliche Einheitsregelung mit dem betroffenen Personenkreis zustande gekommen. Mit diesem Vertrag hat die Beklagte sich weiter vorbehalten, bei sachlichen Anlässen die Einzelheiten des Verkaufsgeschäfts neu zu regeln. Zudem hat sich die Beklagte auch über die Provisionsneugestaltung das Recht einräumen lassen, bei Provisionssachverhalten, die durch diese Vertragsgestaltung nicht erfasst bzw. nicht eindeutig entschieden werden können, Provisionen nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen der Gebrauchtwagenverkäufer festzusetzen. Hierüber war die Beklagte folglich auch 2001 durchaus dazu berechtigt, bei einer Aufteilung des Händlergeschäftes die mit dem Bieterlistverfahren wegfallende Verkaufsprovision gegen die sog. Hereinnahmeprovision - bezogen auf die mit "H" gekennzeichneten Fahrzeuge - auszutauschen.

2. Dennoch hat die Beklagte mit dem Angebot vom 03.12./20.12.2001 auf dieses einseitige Gestaltungsrecht verzichtet. Die Beklagte hat diesmal von Anfang an die einzelnen Betriebsräte bzw. den Gesamtbetriebsrat nicht in die neuen Verhandlungen einbezogen. Der Vorstand hat vielmehr allein - diesmal auch ohne rechtzeitige Einbeziehung der Verkäufer in diese Überlegungen - das Bieterlistverfahren zunächst isoliert für E1xxx erprobt und sich dann dafür entschieden, dieses Verfahren im gesamten Unternehmen umzusetzen und das Händlergeschäft am Ort der Zentrale in E1xxx zu konzentrieren. Hierüber informierte die Beklagte alle Gebrauchtwagenverkäufer erstmals mit Schreiben vom 03.12.2001. Sie wiederholte ihre Information in einer gemeinsamen Unterredung am 18.12.2001. Sowohl mit ihrem ersten Schreiben vom 03.12. als auch mit dem nachfolgenden Schreiben vom 20.12.2001 hat die Beklagte ihr Interesse bekundet, erneut eine einvernehmliche Regelung zu erzielen. Sie war folglich parallel zu 1999 bestrebt, als "Ersatz für die fehlende Betriebsvereinbarung" erneut eine Einheitsregelung zu treffen. Diese Regelung sollte zur Vermeidung von betriebsbedingten Änderungskündigungen zwecks Provisionsanpassung erreicht werden. Dieser Hinweis der Beklagten wäre nicht erforderlich gewesen, sofern sie von Anfang an die Vorstellung verfolgt hätte, von ihrem vertraglich eingeräumten erweiterten Direktionsrecht Gebrauch zu machen. Auf das Recht zur einseitigen Vertragsgestaltung hat sie, für die Gebrauchtwagenverkäufer erkennbar, verzichtet. Da zur Einführung des sog. Bieterlistverfahrens das erforderliche Einvernehmen aller Gebrauchtwagenverkäufer fehlt, war zur einseitigen Änderung des Händlerverkaufs die Änderungskündigung des § 2 KSchG das gebotene Gestaltungsmittel.

3. Unabhängig von der als notwendig erkannten Änderungskündigung ist die Neugestaltung des Händlergeschäftes im Verhältnis zum Kläger unbillig. Mit dieser Umstrukturierung hat sie das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung derart gestört, so dass nicht mehr von der Wahrung der beiderseitigen Interessen ausgegangen werden kann. Die Beklagte hat mit der Einführung des Bieterlistverfahrens nicht mehr billiges Ermessen i. S. d. § 315 BGB ausgeübt. Denn über das Bieterlistverfahren erfährt der Kläger eine Provisionseinbuße zwischen 27 und 31 %. Dies ist für ihn eine unzuträgliche Störung des Leistungsgleichgewichts.

a) Entgegen der vom angefochtenen Urteil vertretenen Rechtsauffassung sind die Auswirkungen dieser Umstrukturierungsmaßnahme nicht auf alle Gebrauchtwagenverkäufer bezogen zu überprüfen. Vielmehr ist eine individuelle Betrachtung geboten. Die Beklagte hat anerkannt, dass der Kläger mit seiner Jahresvergütung im Spitzenbereich liegt. Die Beklagte hat zudem kritisiert, dass der Kläger zu sehr seinen Schwerpunkt im Händlergeschäft und nicht beim Endverbraucher gesehen habe. Folglich war der Beklagten von Anfang an bewusst, dass mit dieser Veränderung die Einkommenshöhen gezielt gesteuert werden. Mit der vom ersten Rechtszug durchgeführten Beweisaufnahme hat die Beklagte auch deutlich gemacht, dass individuelle Beurteilungen und Schätzungen möglich waren. Schließlich lagen der Prognose für 2002 exakte EDV-Erkenntnisse eines jeden Centers zugrunde. Die Auswirkungen konnten nicht nur individuell bestimmt werden, sie waren auch individuell erkennbar. Diese notwendige individuelle Beurteilung, die sowohl § 315 BGB als auch § 2 KSchG immanent ist, war nicht dadurch aufgehoben, dass die Beklagte in 1999 als Ersatz für eine Betriebsvereinbarung eine vertragliche Einheitsregelung erzielt hatte. Bei derartigen Einheitsregelungen zeigt sich erkennbar für jeden einzelnen Arbeitnehmer, dass der Regelungsgegenstand einheitlich für alle vergleichbaren Arbeitnehmer ausgestaltet war. Diese einheitliche Vertragsgestaltung bezog sich im Wesentlichen auf die Entgeltgrundlage des leistungsabhängigen Vergütungsbestandteils. Eine derartige einheitliche Vertragsgestaltung hat jedoch nicht zur Konsequenz, dass weitere Veränderungen nur einer einheitlichen - besser: ganzheitlichen - Beurteilung unterliegen und der Durchschnitt der gesamten Veränderung einer Überprüfung zu unterziehen wäre. Bei einem derartigen Prüfungsansatz würde unzulässig in die individuelle Leistungsfähigkeit des einzelnen Gebrauchtwagenverkäufers eingegriffen. Bei einer derartigen ganzheitlichen Betrachtungsform würden die Grundsätze der Leistungsentlohnung ausgehöhlt und die individuellen Fähigkeiten der einzelnen Verkäufer egalisiert.

Deshalb ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein kollektiver Vergleich bei geänderten Vertragsbedingungen unzulässig ist, sobald arbeitsrechtliche Ansprüche betroffen sind, die ihre Grundlage im vertraglichen Synallagma finden. Das Arbeitsentgelt als Gegenleistung der erbrachten Verkaufstätigkeit entzieht sich demzufolge einem derartigen kollektiven Vergleich. Das Provisionsvolumen ist kein Dotierungsrahmen der Beklagten, der nach den Gründsätzen von Recht und Billigkeit auf alle Verkäufer verteilt wird. Das Provisionsvolumen ist bestimmt durch die Gesamtleistung aller Verkäufer im jeweiligen Geschäftsjahr. Deshalb verbietet es sich, die Einhaltung der Grenzen des billigen Ermessens und die Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes nicht allein anhand der individuellen Verhältnisse des Klägers bzw. jedes einzelnen Verkäufers, sondern bezogen auf die gesamte Gruppe der Gebrauchtwagenverkäufer der Beklagten zu überprüfen (BAG, Urteil vom 28.03.2000 - 1 AZR 366/99 - NZA 2001, 49: II. 2. und II. 2. b) cc) der Gründe: ein kollektiver Günstigkeitsvergleich ist ausgeschlossen beim Arbeitsentgelt als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung; der kollektive Günstigkeitsvergleich ist begrenzt auf Sozialleistungen mit Dotierungsrahmen; BAG, Urteil vom 23.10.2001 - 3 AZR 74/01 - NZA 2003, 986 = AP Nr. 33 zu § 1 BetrAV Ablösung).

b) Mit der Umstrukturierung des Händlergeschäftes greift die Beklagte trotz der neu eingeführten Hereinnahmeprovision unangemessen in das Vertragsgefüge des Klägers ein. Dies wird durch den Vergleich der Bruttojahresgehälter offensichtlich. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Jahresgehalt nach konsequenter Umsetzung des Bieterlistverfahrens um 31 % gesunken. Bei einer Durchschnittsbetrachtung der Bruttojahresgehälter ab 1999 verbleibt noch ein Minus von 27 %. Damit ist das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört. Auch wenn die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der sog. Entwicklungsklausel bei Chefärzten eine Störung dieses Gleichgewichts erst bei Einnahmeverlusten ab 35 % anerkennt (BAG, Urteil vom 28.05.1997 a. a. O.), vertritt die erkennende Berufungskammer im vorliegenden Fall eine andere Auffassung. Der Kläger zählt zwar zu den sog. Spitzenverdienern. Zur Überzeugung der Rechtsprechung kann sich der Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern in Spitzenpositionen mit Spitzenverdiensten vertraglich weitergehende einseitige Bestimmungsrechte vorbehalten als gegenüber anderen Arbeitnehmern. Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht uneingeschränkt übertragbar. Der Kläger ist nicht Arbeitnehmer in einer Spitzenposition. Er ist Gebrauchtwagenverkäufer. Im Gegensatz zu einem Chefarzt, der diesen Spitzenverdienst über die erlaubte Nebentätigkeit auch schon während der "normalen Arbeitszeit" erzielt, erreicht der Kläger seinen Gesamtverdienst ausschließlich über seinen persönlichen Einsatz und über die aus eigenem Antrieb geknüpften besonderen Beziehungen zu Händlern. Obwohl dem Kläger trotz des niedrigen Fixum ein Tarifgehalt garantiert ist, verdient er sein Jahresbruttoeinkommen bis zu 94 % ausschließlich leistungsbezogen. Deshalb erscheint es zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer gerechtfertigt, den Kläger mit Außendienstmitarbeitern zu vergleichen, die ihrem Arbeitgeber das Recht zur Änderung des Verkaufsbereichs eingeräumt haben (vgl. hierzu: BAG, Urteil vom 15.11.1995 a. a. O.). Hieraus folgt, dass eine grundlegende Störung des Leistungsgleichgewichtes und damit ein Eingriff in den kündigungsschutzrechtlich geschützten Kernbereich bei einem Einbruch der Gesamtbezüge um 15 bis 20 % zu erkennen ist. Diese Grenze wird mit der Umstrukturierung des Gebrauchtwagengeschäftes bei weitem überschritten. Dieser Eingriff in das Leistungsgefüge war ausschließlich mittels Änderungskündigung möglich. Dies hat die Beklagte in ihren Schreiben vom 03.12. und 20.12.2001 auch anerkannt.

Die so dargestellte Veränderung wird bestätigt durch den Rückgang des sog. Händlergeschäftes beim Kläger. Entfielen auf das Händlergeschäft im 2. Halbjahr 1999 noch 58,7 % (184 Gebrauchtwagen insgesamt, davon 108 "H"), in 2000 noch 56,2 % (313 Gebrauchtwagen insgesamt, davon 176 "H"), im 1. Halbjahr 2001 noch 53,6 % (153 Gebrauchtwagen insgesamt, davon 82 "H"), so ist dieser Anteil im 1. Halbjahr 2002 auf 30,5 % gesunken (72 Gebrauchtwagen insgesamt, davon 22 "H"). Im Monatsdurchschnitt ist der Anteil im Händlergeschäft von 18 auf 3,14 % pro Monat gesunken. Diese Veränderung kann nicht ausgeglichen werden durch die sog. Hereinnahmeprovision. Diese beträgt schließlich nur 20 % der Verkaufsprovision.

II.

Die Einführung des sog. Bieterlistverfahrens zum 01.01.2002 ist auch deshalb rechtsunwirksam, da die Beklagte Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats B3xxxx und des Gesamtbetriebsrats nicht beachtet hat.

1. Mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sieht die erkennende Berufungskammer in dieser Umstrukturierung eine Versetzung i. S. d. § 95 Abs. 3 BetrVG, die ohne Zustimmung des Betriebsrats der Niederlassung B3xxxx (§ 99 Abs. 1 BetrVG) nicht umgesetzt werden konnte (vgl. hierzu: BAG, Urteil vom 02.04.1996 - 1 AZR 743/95 - NZA 1997, 112 = AP Nr. 34 zu § 95 BetrVG 1972). Bedingt durch die Umstrukturierung des Händlergeschäftes wird dem Kläger nahezu die Hälfte seiner früheren "H"-Geschäfte entzogen, über die eine Verkaufsprovision erreicht werden konnte. Hieraus resultieren Einkommenseinbußen zwischen 27 und 31 %. Die Umstrukturierung berührt gleichzeitig das Gesamtbild seiner früheren Tätigkeit. Während der Kläger zuvor alle vom Center B3xxxx übernommenen Gebrauchtfahrzeuge verkaufen konnte, ist er nunmehr gehalten, für jedes neue Fahrzeug zu überprüfen, welcher Kategorie dieses Fahrzeug nach den Vorstellungen der Beklagten zuzuordnen ist. Die mit "H" gekennzeichneten Fahrzeuge sind zu bewerten und an das Center E1xxx weiterzuleiten. Der "Rest" verbleibt im Center und muss im Wesentlichen an Endverbraucher veräußert werden. Dies ist für den Kläger eine andere Form der Akquisition. Bei dem früheren, auch von der Beklagten anerkannten hohen Anteil an "H"-Geschäften wird ihm offenkundig die bisher wahrgenommene Funktion d. h. die Kontaktpflege zu Händlern erheblich entzogen und eine neue Teilfunktion übertragen. Da von dieser Veränderung mehr als 20 % seiner früheren Tätigkeit betroffen ist, ist die Bildung eines neuen Arbeitsbereichs zu unterstellen. Diese Veränderung ist ohne Beteiligung des Betriebsrats nicht durchführbar, auch wenn die Beklagte hierzu individualrechtlich berechtigt wäre.

2. Darüber hinaus hat die Beklagte das Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats gemäß den §§ 87 Abs. 1 Nr. 10, 50 BetrVG missachtet. Dem Gesamtbetriebsrat steht bei der Aufstellung unternehmenseinheitlicher Entlohnungsgrundsätze ein Mitbestimmungsrecht zu. Derartige Grundsätze werden angewandt, sobald materielle Kriterien, die für die Lohnfindung von Bedeutung sind, festgelegt werden und Verfahren bestimmt werden, nachdem das Entgelt berechnet werden soll (Richardi, BetrVG, § 87 Rdnr. 813; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, § 87 Rdnrn. 424, 426, 416 und 417; BAG, Beschluss vom 06.12.1988 - 1 ABR 44/87 - AP Nr. 37 zu § 87 BetrVG 1972, Lohngestaltung). Vom Mitbestimmungsrecht ist ebenso erfasst die Festlegung, in welchem Verhältnis verschiedene Endlohnungsgrundsätze zueinander stehen sollen, wenn sich das Gehalt aus mehreren Bestandteilen zusammensetzt. Dies sind z. B. beim Gebrauchtwagenverkäufer das Verhältnis von Fixum und Provision. Zu diesen Endlohnungsgrundsätzen gehört auch die Festlegung, ob und für welche Fälle Provisionen gezahlt werden sollen (BAG, Urteil vom 26.07.1988 - 1 AZR 54/87 - AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Provisionen). Dieses Mitbestimmungsrecht besteht zwar nicht nur bei der grundsätzlichen Einführung von Entlohnungsgrundsätzen, sondern auch bei späteren Änderungen. Dies hatte die Beklagte auch 1999 erkannt. Schließlich nahm sie mit dem Gesamtbetriebsrat die Verhandlungen zur Einführung einer neuen Provisionsregelung auf. Dass diese Verhandlungen zum Schluss auf Veranlassung der Verkäufer abgebrochen wurden, entlässt die Beklagte nicht aus der Verpflichtung, dieses Mitbestimmungsrecht auch in Zukunft zu beachten. Die von einer derartigen Provisionsordnung betroffenen Arbeitnehmer haben nicht die Befugnis, auf die Rechtsstellung des einzelnen Betriebsrats bzw. des Gesamtbetriebsrats einzuwirken. Die von der Beklagten ab 2002 beabsichtigte Umstrukturierung des Händlergeschäftes beschreibt eine kollektive Regelung. Denn alle Gebrauchtwagenverkäufer des Unternehmens sollten hiervon betroffen sein. Die Beklagte kann dieses Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats nicht dadurch umgehen, dass sie anstelle einer Betriebsvereinbarung mit den von der Neuregelung betroffenen Verkäufern gleichlautende individualrechtliche Vereinbarungen trifft (vertragliche Einheitsregelung). Im Übrigen wäre ein Verzicht der Verkäufer, kollektives Recht nicht zu beachten, nicht entscheidungserheblich. Das Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats war demzufolge auch in 2001 zu beachten (BAG Großer Senate, Beschluss vom 03.12.1991 - GS 2/90 - AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972, Lohngestaltung; BAG, Beschluss vom 18.10.1994 - 1 ABR 17/94 - AP Nr. 70 zu § 87 BetrVG Lohngestaltung; Richardi a. a. O. Rdnr. 815). Da die Einführung des Bieterlistverfahrens und die damit verbundene Provisionsneuordnung gegen kollektives Recht verstößt, ist die Beklagte daran gehindert, diese Umstrukturierung einseitig vorzunehmen. Hier greift der Grundsatz der Wirksamkeitsvoraussetzung. Dieser Grundsatz ist deshalb beachtlich, weil die Rechtsstellung zumindest des Kläger, aber auch die Rechtsstellung all derjenigen Verkäufer, die durch das Bieterlistverfahren die Verkäuferprovision verlieren, verschlechtert wird (BAG Großer Senat, Beschluss vom 16.09.1986 - GS 1/82 - NZA 1987, 168 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972; BAG Großer Senat, Beschluss vom 03.12.1991 - GS 2/90 - NZA 1992, 749; Fitting u. a. a. a. O. § 87 Rdnr. 492).

Auch in diesem Punkt vertritt die erkennende Berufungskammer eine vom angefochtenen Urteil abweichende Rechtsauffassung. Denn auch bei dieser Fragestellung ist eine kollektive Betrachtung ausgeschlossen. Maßgeblich ist vielmehr die konkrete Auswirkung im Einzelarbeitsverhältnis. Dieser Schutz des einzelnen Arbeitnehmers ist auch sachgerecht. Denn der einzelne Arbeitnehmer ist kaum in der Lage, den Anlass dieser Umstrukturierung und deren jeweilige Auswirkung zu überprüfen. Der einzelne Arbeitnehmer ist auch nicht im Stande, eine Vergleichsberechnung zwischen Verkaufsprovision und Hereinnahmeprovision anzustellen. Deshalb bleibt es zwingend geboten, dass die Beklagte gegenüber dem Gesamtbetriebsrat die behaupteten Verluste im Gebrauchtwagengeschäft belegt und mit dem Gesamtbetriebsrat die evtl. gebotene Neuordnung der provisionspflichtigen Geschäfte unter Beachtung der Gleichbehandlung, der Billigkeit und Gerechtigkeit (§ 75 BetrVG) überprüft.

III.

Da die einseitige Einführung des Bieterlistverfahrens aus mehreren Gründen rechtsunwirksam ist und aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht gestaltet hat, war die vom Kläger erhobene Feststellungsklage begründet. Auf die Berufung des Klägers war das dieser Bewertung entgegenstehende Urteil des Arbeitsgerichts Bochum abzuändern und seiner Klage stattzugeben. Die Kosten des Rechtsstreit waren der Beklagten aufzuerlegen (§ 91 Abs. 1 ZPO). Da vom Bieterlistverfahren eine Vielzahl Verkäufer betroffen ist und die Beklagte beabsichtigt, alle Verkäufer gleich zu behandeln, hat die erkennende Berufungskammer die Revision ausdrücklich zugelassen.

Ende der Entscheidung

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