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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.04.2005
Aktenzeichen: 7 Sa 2220/04
Rechtsgebiete: HGB, BGB


Vorschriften:

HGB § 74
HGB § 74 b
HGB § 75 d
BGB § 133
BGB § 157
Verzichtet ein Arbeitnehmer mit einer Ausgleichsklausel auch auf finanzielle Ansprüche aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so liegt hierin grundsätzlich der Verzicht auf die Karenzentschädigung aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Da mit dieser Erklärung das Wettbewerbsverbot nicht insgesamt aufgehoben wird, würde eine derartig einseitige Auslegung zu einem widersprüchlichen Ergebnis, nämlich zu einem entschädigungslosen Wettbewerbsverbot führen. Eine interessengerechte Auslegung dieser Ausgleichsklausel führt deshalb zu der Feststellung, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot umfassend fortbesteht (Orientierungssatz 2 der Richterinnen und Richter des BAG zum Urteil v. 31.07.2002 - 10 AZR 558/01 -, AP Nr. 48 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel).
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 18.10.2004 - 3 Ca 2474/03 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 35.492,26 € Karenzentschädigung und 226,10 € Vermögensbildung Arbeitgeberanteil nebst 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 2.101,08 € seit dem 01.03.2003, 01.04.2003, 01.05.2003, 01.06.2003, 01.07.2003, 01.08.2003, 01.09.2003, 01.10.2003, 01.11.2003, 01.12.2003, 01.01.2004, 01.02.2004, 01.03.2004, 01.04.2004, 01.05.2004, 01.06.2004 und 01.07.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch für den Zeitraum Februar 2003 bis Juni 2004 eine monatliche Karenzentschädigung i. H. v. 2.087,78 € zu zahlen.

Die am 04.12.1970 geborene Klägerin, die den Beruf der Bürokauffrau erlernt hat, war in der Zeit vom 01.01.1998 bis zum 30.06.2002 in dem Einzelhandelsschuhgeschäft ihres Ehemannes als Fachverkäuferin mit Personalbefugnis zum monatlichen Bruttoentgelt i. H. v. 7.000,00 DM brutto tätig. Die Eheleute leben seit längerer Zeit getrennt und sind zwischenzeitlich wohl geschieden. Die Trennung hat der Beklagte zum Anlass genommen, das Arbeitsverhältnis zur Klägerin zum 30.06.2002 aufzukündigen. Gegen diese Kündigung hat die Klägerin zunächst Kündigungsschutzklage erhoben. Diese hat sie noch vor einer gerichtlichen Entscheidung am 14.03.2002 zurückgenommen. Unter dem 11.07.2002 erhob die Klägerin eine weitere Klage gegen den Beklagten, mit der sie ihren Gehaltsanspruch für Juni 2002, einen Urlaubs- und Weihnachtsgeldanspruch, einen Anspruch auf Zahlung einer vertraglichen Abfindung und einen Anspruch wegen eines von dem Beklagten aufgrund eines Einkommenssteuernachzahlungsbetrages vorgenommenen Abzugs verfolgte. Mit der Klageschrift behielt sie sich die Klageerweiterung um für die weiteren Monate zustehenden Bezüge in der Form einer Karenzentschädigung gemäß Änderungsvertrag vom 05.06.2001 vor. Mit diesem Änderungsvertrag hatten die Parteien ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot verabredet. Dieses hat den nachfolgenden Inhalt: Der Arbeitnehmerin ist es untersagt, auf die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Firma im direkten oder indirekten Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. In gleicher Weise ist es der Arbeitnehmerin untersagt, während der Dauer dieses Verbots ein solches Unternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zugunsten der mit der Firma verbundenen Unternehmen. Während der Dauer des Wettbewerbsverbots erhält die Arbeitnehmerin eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von der Arbeitnehmerin zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen beträgt. Die Karenzentschädigung soll auf keine anderen Einkünfte, Ersparnisse, Unterhaltszahlungen etc. angerechnet werden. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot hat die Arbeitnehmerin eine Vertragsstrafe von 50.000,00 DM zu zahlen. Im Falle eines Dauerverstoßes wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat neu verwirkt. Die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Schadens bleibt vorbehalten. Das Wettbewerbsverbot gilt auch mit einem Rechtsnachfolger des Betriebes, insbesondere geht es bei einer Veräußerung auf den Erwerber über. Die Arbeitnehmerin ist mit dem Übergang der Rechte aus dieser Vereinbarung auf den Rechtsnachfolger einverstanden. Das Wettbewerbsverbot tritt nicht in Kraft, wenn die Arbeitnehmerin bei ihrem Ausscheiden das 63. Lebensjahr vollendet hat. Im Übrigen gelten die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB. Im Gütetermin vom 19.11.2002 schlossen die Parteien bei anwaltlicher Vertretung den nachfolgenden Vergleich: 1. Der Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin zur Abgeltung ihrer Klageforderung 5.368,56 € brutto sowie 104,01 € netto zu zahlen. 2. Damit sind alle gegenseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung sowie die Ansprüche auf Zahlung der vom Beklagten für die Klägerin gezahlten Einkommenssteuer für 2000 i. H. v. 6.014,80 € sowie die Rechtsstreitigkeit - 3 Ca 4133/02 - erledigt. 3. Die Klägerin behält sich den Widerruf dieses Vergleichs, schriftsätzlich bei Gericht eingehend, bis zum 03.12.2002 vor. Im Verlaufe des Gütetermins wurde das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht erörtert. Der Beklagte hatte zuvor jeweils zum Monatsende die der Klägerin zustehende Karenzentschädigung gezahlt. Darüber hinaus war der Beklagte seiner Verpflichtung aus dem Anstellungsvertrag nachgekommen und hatte der Klägerin die vertraglich vereinbarte Abfindung gezahlt. Von der für die Monate Juli 2002 bis Oktober 2002 geleisteten Karenzentschädigung hatte der Beklagte zunächst Sozialversicherungsabgaben i. H. v. mtl. 430,72 € in Abzug gebracht. Dies hat er nachfolgend zunächst für den Monat Oktober 2002 korrigiert. Nachdem die Klägerin ihren Widerrufsvorbehalt nicht ausgeübt hatte forderte sie den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 09.12.2002 auf, die weiteren zu Unrecht einbehaltenen Sozialversicherungsabgaben auszukehren. Hierzu ließ der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 06.01.2003 mitteilen, die Nachzahlung aus Gründen der Ziff. 2 des Vergleichs nicht vornehmen zu wollen. Nach einem, zwischen den Anwälten Mitte Januar 2003 geführten Telefongespräch hat der Beklagte diese Rechtsauffassung aufgegeben und die weiteren einbehaltenen Sozialversicherungsabgaben endgültig ausgekehrt. Am 01.01.2003 nahm die Klägerin eine Tätigkeit als selbständige Handelsvertreterin für drei Schuhherstellerfirmen auf. Zur Vermeidung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung reichte sie Ende Dezember 2002 an das Landgericht Düsseldorf und an das Arbeitsgericht Dortmund Schutzschriften ein. Mit diesen führte sie aus, dass sie durch die Aufnahme einer Tätigkeit als Großhändlerin nicht gegen das zwischen ihr und dem Beklagten vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot verstoße. Der Beklagte hat die Karenzentschädigung letztmalig für den Monat Januar 2003 gezahlt. Aus diesem Grunde forderte die Klägerin ihn mit anwaltlichem Schreiben vom 11.03.2003 vergeblich zur Zahlung der weiteren Karenzentschädigung für den Monat Februar 2003 und fortlaufend auf. Mit der am 14.04.2003 beim Arbeitsgericht Dortmund erhobenen Klage verlangt sie vom Beklagten die weitere Zahlung der vertraglich zugesicherten Karenzentschädigung, beginnend mit dem Monat Februar 2003. Zur Begründung hat sie die Auffassung vertreten entgegen der vom Beklagten zwischenzeitlich vertretenen Rechtsauffassung habe sie mit dem gerichtlichen Vergleich vom 19.11.2002 das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht einvernehmlich aufgehoben. Ihre Ansprüche auf Zahlung von Karenzentschädigung sei nämlich nicht Gegenstand des damaligen Verfahrens gewesen. Die Parteien hätten damals auch nicht die Absicht verfolgt, zwischen ihnen eine vollumfängliche Regelung zu treffen. Sie habe mit dem Vergleich lediglich vermeiden wollen, dass es zwischen den Parteien zu weiteren Auseinandersetzungen wegen möglicher Ansprüche auf Steuererstattungen komme. Sie gebe zu bedenken, dass der Anspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses vom Beklagte anerkannt worden sei. Dies habe er auch nach Vergleichsschluss durch die Zahlungen für Dezember 2002 und Januar 2003 bestärkt. Diese Zahlung habe er eingestellt nachdem er im Februar 2003 von der Aufnahme ihrer Tätigkeit als selbständige Handelsvertreterin erfahren habe. Ziffer 2 des Vergleichs erziele darüber hinaus keine rechtliche Wirkung mehr. Sie habe erfolgreich am 30.07.2003 die Anfechtung der Ziffer 2 des Vergleichs vom 19.11.2002 erklärt. Die Karenzentschädigung stehe ihr auch über den 01.01.2003 hinaus deshalb zu, zumal sie mit ihrer selbständigen Tätigkeit nicht gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verstoße. Der Beklagte befinde sich mit den von ihr vertretenen Schuhherstellerfirmen nicht in einer Wettbewerbssituation. Sie verkaufe Schuhe nicht an den Endverbraucher sondern vermittle ausschließlich Geschäfte zwischen den Herstellern und Einzelhändlern. Die von den Parteien gewollte Reichweite des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots werde durch die zwischen den Parteien getroffene notarielle Vereinbarung vom 30.05.2001 deutlich. Hierin hätten die Parteien festgehalten, dass ihr Unterhaltsanspruch ersatzlos entfalle, sofern sie dem Beklagten unmittelbar oder mittelbar in einem Umkreis von 100 km ab Hauptgeschäft durch den Betrieb eines Schuhgeschäfts Konkurrenz betreibe. Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 35.492,26 € Karenzentschädigung und 226,10 € Vermögensbildung nebst Zinsen von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 2.101,08 € seit dem 01.02.2003, 01.03.2003, 01.04.2003, 01.05.2003, 01.06.2003, 01.07.2003, 01.08.2003, 01.09.2003, 01.10.2003, 01.11.2003, 01.12.2003, 01.01.2004, 01.02.2004, 01.03.2004, 01.04.2005, 01.05.2004 sowie 01.06.2004 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe nach Januar 2003 die begehrte Karenzentschädigung nicht mehr zu. Die Parteien hätten mit Ziff. 2 des gerichtlichen Vergleichs vom 19.11.2002 das nachträgliche Wettbewerbsverbot spätestens mit Februar 2003 aufgehoben. Entgegen der seitens der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung hätten die Parteien mit Ziff. 2 des Vergleichs nicht lediglich die mit der Klageschrift bezifferten Zahlungsansprüche der Klägerin ausgeglichen. Da die Karenzentschädigung einen finanziellen Anspruch aus dem Änderungsvertrag vom 05.06.2001 beschreibe, werde diese von Ziff. 2 des Vergleichs erfasst. Der Klägerin stehe demzufolge ein weiterer Anspruch nicht zu. Dass er für Dezember 2002 und Januar 2003 die Karenzentschädigung beglichen habe stehe dem nicht entgegen. Er habe erst Mitte Dezember 2002 erfahren, dass die Klägerin den Vergleich vom 19.11.2002 nicht widerrufen habe. Wegen eines schwerwiegenden Wasserschadens und des Weihnachtsgeschäftes habe er sich nicht mehr in der Lage gesehen, bis zum 31.12.2002 dafür Sorge zu tragen, dass die Zahlung der Karenzentschädigung eingestellt werde. Den von dem Steuerberaterbüro vorbereiteten Sammelüberweisungsträger bzgl. der Lohne und Gehälter für Dezember 2002 habe er unterschrieben, ohne die Beträge im Einzelnen zu kontrollieren. Am 26. bzw. 27.01.2003 habe er seinen Steuerberater angerufen und diesen angewiesen, die Zahlung der Karenzentschädigung ab sofort einzustellen. Diese Weisung sei durch ein Versehen im Steuerberaterbüro tatsächlich erst ab Februar 2003 umgesetzt worden. Dies komme für die Klägerin nicht überraschend. Anlässlich des Telefonats Mitte Januar 2003 habe er anwaltlich erklären lassen, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot durch die Ausgleichsklausel in dem gerichtlichen Vergleich vom 19.11.2002 obsolet geworden sei und dass aus diesem Grunde die laufenden Karenzentschädigungszahlungen eingestellt würden. Diese Ausgleichsklausel sei seitens der Klägerin nicht rechtswirksam angefochten worden. Sie habe sich allenfalls über die Rechtsfolgen ihrer Erklärung bei Abschluss des gerichtlichen Vergleichs geirrt. Dieser Irrtum sei unbedeutend. Dem vermeintlichen Anspruch der Klägerin auf Zahlung weiterer Karenzentschädigung stehe entgegen, dass sie seit dem 01.01.2003 gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verstoße. Die Schuhherstellerfirmen, für die die Klägerin tätig sei, seien mit anderen Schuheinzelhandelsgeschäften, mit denen er in Konkurrenz stehe, durch ständige Lieferantenbeziehungen verbunden. In diesem Zusammenhang sei nicht unbeachtlich, dass die Klägerin von den Schuhherstellerfirmen sogenannte Posten d. h. Überhänge, Lagerpaare oder Retouren beziehe, die sie seinen Konkurrenten zu ermäßigten Preisen anbiete. Mit Urteil vom 14.10.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, der Anspruch der Klägerin auf Karenzentschädigung sei durch Ziff. 2 des gerichtlichen Vergleichs vom 19.11.2002 aufgehoben worden. Da Ausgleichsklauseln in gerichtlichen Vergleichen im Interesse klarer Verhältnisse weit auszulegen seien - nur so könne neuer Parteienstreit vermieden werden - werde von dieser Ziff. des Vergleichs auch das nachvertragliche Wettbewerbsverbot erfasst. Dass dieses mit der Ausgleichsklausel nicht ausdrücklich angesprochen worden sei, sei unschädlich. Der Anspruch auf Karenzentschädigung sei durch den Änderungsvertrag vom 05.06.2001 im Rahmen des bestehenden Anstellungsvertrages vom 01.01.1998 begründet worden. Hieraus folge, dass die Karenzentschädigung einen finanziellen Anspruch aus dem Vertragsverhältnis beschreibe. Dieser Anspruch sei den Parteien auch bekannt gewesen. Schließlich habe der Beklagte diesen Anspruch bis zum gerichtlichen Vergleich erfüllt. Erklären nunmehr die Parteien alle gegenseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung für erledigt, so werde hiervon auch der damals unbestrittene Anspruch auf Karenzentschädigung erfasst. Darüber hinaus hätten die Parteien mit dieser Ausgleichsklausel das gesamte nachvertragliche Wettbewerbsverbot aufgehoben. Dies entspreche auch der damaligen Interessenlage. Das nunmehr für die Klägerin signalisierte gegenteilige Interesse, sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen. Von der Schutzschrift habe der Beklagte nichts erfahren. Sein eigenes Verhalten in der Zeit nach Abschluss des gerichtlichen Vergleichs lasse nicht den Schluss zu, dass auch der Beklagte das Wettbewerbsverbot nicht in den Kreis der erledigten Ansprüche hat einbeziehen wollen. Es sei zweifelhaft, ob die Zahlungen im Dezember 2002 und Januar 2003 von einem klaren Willensbildungsprozess des Beklagten erfasst seien oder ob hier lediglich ein schlichtes Unterlassen vorliege; der Beklagte es nur verabsäumt habe, eine vorausgehende Weisung zu widerrufen. Die unterbliebene Kontrolle von Sammelüberweisungen lasse nicht den Schluss zu, dass der Beklagte eindeutig davon ausgegangen sei, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht von der Ausgleichsklausel erfasst werden sollte. Der gerichtliche Vergleich vom 19.11.2002 sei weiterhin rechtswirksam. Der Klägerin sei es nicht gelungen, einen beachtlichen Irrtum darzustellen. Das mögliche Nichterkennen des Ausmaßes dieser Ausgleichsklausel habe allenfalls einen im Rechtsbereich unbeachtlichen Rechtsfolgeirrtum ausgelöst. Gegen dieses, ihr am 29.10.2004 zugestellte, vorgetragene und wegen der sonstigen Einzelheiten in Bezug genommene Urteil hat die Klägerin am 29.11.2004 Berufung eingelegt, die nach vorausgehender Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 29.01.2005 am 30.01.2005 begründet worden ist. Die Klägerin greift das angefochtene Urteil in vollem Umfang an und vertritt die Auffassung, Ziff. 2 des gerichtlichen Vergleichs vom 19.11.2002 habe nicht die sog. große, alle Ansprüche aufhebende Ausgleichsklausel zum Inhalt. Die Parteien hätten damals bewusst ausschließlich die gegenseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung für erledigt erklärt. Dies seien die eingeklagten Beträge einschließlich der vertraglich zugesicherten Kündigungsschutzabfindung gewesen. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei nicht zugleich aufgehoben worden. Dieses werde nicht vom angesprochenen finanziellen Anspruch erfasst. Die Konsequenz sei darüber begründet, dass das Wettbewerbsverbot einen gegenseitigen Vertrag beschreibe verbunden mit der höchst persönlichen Verpflichtung es zu unterlassen Wettbewerb zu betreiben. Sei die Karenzentschädigung als finanzieller Anspruch aus dem beendeten Arbeitsverhältnis zu definieren, so bliebe möglicherweise eine entschädigungslose Verpflichtung zur Einhaltung des Wettbewerbsverbots zurück. Dies führe zur nachträglichen Rechtsunwirksamkeit gem. den §§ 74 und 75 c HGB. Dies alles spreche i. V. m. dem klaren Wortlaut der Ausgleichsklausel gegen die einvernehmliche Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Sie gebe außerdem zu bedenken, dass ihre Ansprüche auf Karenzentschädigung zwischen den Parteien nicht im Streit gewesen seien. Es habe deshalb kein Anlass bestanden, diese Vereinbarung zu diesem Zeitpunkt aufzuheben. Dass auch der Beklagte nach Abschluss dieses Vergleichs Rechte aus dem Wettbewerbsverbot herzuleiten beabsichtigte, beschreibe sein Verhalten im Dezember und Januar. Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und nach ihren Schlussanträgen des ersten Rechtszuges zu erkennen. Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt seine Rechtsauffassung, dass die Formulierung "finanzielle Ansprüche" auch die Karenzentschädigung erfasse. Hierüber habe die Klägerin auf weitere Karenzentschädigungen verzichtet. Dieser Ausschluss der Karenz führe möglicherweise zur nachträglichen Unverbindlichkeit des Verbots, obwohl § 75 d HGB die Klägerin als Arbeitnehmerin ausschließlich im bestehenden Arbeitsverhältnis, nicht jedoch nach Auslaufen der Kündigungsfrist schütze. Wegen der sonstigen Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen. Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer statthafte (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 66 Abs. 1 S. 1, 2 und 5, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, §§ 188, 193 BGB) hat Erfolg. I. Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin bis einschließlich Juni 2004 die monatliche Karenzentschädigung i. H. v. 2.101,08 € zu zahlen (§§ 74, 74 b HGB) i. V. m. dem Ergänzungsvertrag vom 05.06.2001. Ziff. 3 dieses Änderungsvertrages wurde nicht einvernehmlich durch Ziff. 2 des gerichtlichen Vergleichs vom 19.11.2002 im Verfahren des Arbeitsgerichts Dortmund - 3 Ca 4133/02 - zum 30.11.2002 aufgehoben. 1. Die Parteien eines Arbeitsvertrages können das verabredete nachvertragliche Wettbewerbsverbot jeder Zeit widerrufen. Dies ist schließlich auch möglich durch eine Ausgleichsklausel in einem Aufhebungsvertrag oder in einem gerichtlichen Vergleich, ohne dass es diesbezüglich einer gesonderten Vereinbarung bedarf (BAG, Urteile v. 17.06.1997 - 9 AZR 801/95 - AP Nr. 2 zu § 74 b HGB = Der Betrieb 1998, 426 = NZA 1998, 258 = EzA, § 74 HGB Nr. 60; v. 31.07.2002 - 10 AZR 513/01 - AP Nr. 74 zu § 74 HGB = NZA 2003, 100; v. 31.07.2002 - 10 AZR 558/01 - AP Nr. 48 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel; v. 19.11.2003 - 10 AZR 174/03 - Betriebsberater 2004, 1280; v. 28.07.2004 - 10 AZR 661/03 - AP Nr. 177 zu § 4 TVG Ausschlussfrist = Betriebsberater 2004, 2134 = Der Betrieb 2004, 2218 = NZA 2004, 1097; v. 07.09.2004 - 9 AZR 612/03 - EzA Schnelldienst 2005, Nr. 8/6; Kritisch hierzu: Bauer/Diller, Allgemeine Erledigungsklauseln und nachvertragliches Wettbewerbsverbot - Eine unendliche Geschichte, Betriebsberater 2004, 1274 ff.). Die erkennende Berufungskammer stimmt mit der Rechtsprechung des BAG und der Bewertung im angefochtenen Urteil überein, dass Ausgleichsklauseln im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen sind (so auch: BAG, Urteil v. 15.12.1994 - 8 AZR 250/93 - n. v.). Dabei ist zu überprüfen, ob die Parteien einen endgültigen Schlussstrich unter ihre Beziehungen setzen wollten; ob folglich den Parteien die endgültige Befriedigung wichtiger war als die Realisierung etwa noch bestehender Ansprüche. Diese, insbesondere zu Aufhebungsverträgen mit Ausgleichsklauseln ergangene Rechtsprechung, ist grundsätzlich auch auf Ausgleichsklauseln in gerichtlichen Vergleichen zu übertragen (so sehr deutlich: BAG, Urteil v. 15.09.2004 - 4 AZR 9/04 -). Dennoch ist festzuhalten, dass die Parteien mit Ziff. 2 des Vergleichs vom 19.11.2002 nicht das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gem. Ziff. 3 des Änderungsvertrags vom 05.06.2001 aufgehoben haben. a) Welche Wirkung die Parteien mit dem gerichtlichen Vergleich erzielen wollten ist durch Auslegung gem. den §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Hierfür ist der in der auszulegenden Erklärung verkörperte maßgebliche Wille der Parteien festzustellen. Lässt sich dabei ein übereinstimmender Wille der Parteien ermitteln, so ist dieser allein maßgeblich, auch wenn er in den Vereinbarungen nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Ein solcher übereinstimmender Wille hinsichtlich des Wettbewerbsverbots und der Karenzentschädigung bestand nicht, wenn einerseits die Klägerin vom Fortbestand des Verbots ausgegangen ist, der Beklagte andererseits alle Ansprüche endgültig ausschließen wollte. In diesem Fall sind die jeweiligen Erklärungen der Vertragsparteien jeweils aus Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie er sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste. Diese Auslegung hat ausgehend vom Wortlaut sämtliche, den Parteien erkennbare Begleitumstände, die für den Erklärungsinhalt von Bedeutung sein können, zu berücksichtigen. Hierzu gehören die Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Parteien nach Abschluss des Vergleichs, der Zweck des Vergleichs und die beim Abschluss des Vergleichs vorliegende Interessenlage. b) ber diese Auslegungskriterien ist zu ermitteln, ob bzgl. der Karenzentschädigung und der Wettbewerbsenthaltung von den Parteien ein Erlassvertrag, ein konstitutives oder deklaratorisches positives oder negatives Schuldanerkenntnis gewollt war. Ein Erlassvertrag ist anzunehmen, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmgend als nicht mehr zu erfüllen betrachten. c) Der Wortlaut der Ziff. 2 des Vergleichs spricht dafür, dass die Klägerin auf weitere Karenzentschädigungsansprüche verzichtet hat. Denn mit Bestandskraft des Vergleichs sollten alle gegenseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung erledigt sein. Der Anspruch auf Karenzentschädigung hat seine Rechtsgrundlage ausschließlich in dem während des Vertragsverhältnisses verabredeten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Das Wettbewerbsverbot hat seinerseits seine Grundlage im Arbeitsvertrag bzw. im Nachvertrag vom 05.06.2001. Die hieraus resultierenden Pflichten werden mit der Beendigung bzw. nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Die vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien bestehen während der Dauer des Wettbewerbsverbots fort. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus dem Wortlaut eindeutig, dass nicht nur etwaige Ansprüche auf Steuererstattungen erledigt sein sollten. Denn diese Ansprüche sind durch die weitergehende Formulierung ausdrücklich zusätzlich zu der Erledigung aller gegenseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung erledigt worden. Die Ausgleichsklausel erfasst damit auch die frühestens mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.06.2002 bei Einhaltung des Wettbewerbsverbots entstandenen Karenzentschädigungsansprüche. d) Gegen die von der Klägerin vertretene Rechtsansicht spricht auch der Umstand, dass etwaige Ansprüche im Zusammenhang mit der Zahlung von Einkommenssteuer durch diese Formulierung "finanzielle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ..." nicht erfasst worden wären, so dass diese Ansprüche ausdrücklich zusätzlich erwähnt werden mussten. Diese Auslegung entspricht der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach Ausgleichsklauseln im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen sind. Mit einer Ausgleichsklausel wollen die Parteien in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen und alle Ansprüche erledigen, gleichgültig ob sie daran dachten oder nicht. Jede andere Auslegung würde den angestrebten Vergleichsfrieden in Frage stellen. Der beurkundete Vergleichswille wäre wertlos, wenn die Vergleichsverhandlungen sogleich Quelle neuer über den beurkundeten Inhalt hinausgehender Ansprüche und damit neuer Parteienstreit sein könnte (so ausdrücklich: BAG, Urteil v. 28.07.2004 - 10 AZR 661/03 -, a. a. O., und BAG, Urteil vom 31.07.2002 - 10 AZR 558/01 -, a. a. O.). Dass diese Aussage auch und gerade für Ansprüche im Zusammenhang mit Wettbewerbsverboten gilt, ist gefestigte Rechtsprechung des BAG, der sich auch die erkennende Berufungskammer anschließt. e) Dennoch haben die Parteien mit der Ausgleichsklausel zu Ziff. 2 des gerichtlichen Vergleichs vom 19.11.2002 nicht das nachvertragliche Wettbewerbsverbot insgesamt aufgehoben. Trotz der angesprochenen Ziele der Parteien haben sie mit dem gewählten Wortlaut ausschließlich alle denkbaren gegenseitigen finanziellen Ansprüche für erledigt erklärt. Offengeblieben, d. h. zurückgeblieben ist hingegen die Verpflichtung der Klägerin - hiermit korrespondierend das Recht der Beklagten - sich bis zum Ende Juni 2004 wettbewerbsneutral zu verhalten. Abweichend zu den bislang zur Beurteilung anstehenden Ausgleichsklauseln in Aufhebungsverträgen und gerichtlichen Vergleich haben die Parteien am 19.11.2002 nicht alle wechselseitigen Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis und diejenigen die durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst entstanden sind, für erledigt erklärt. Eine derartig weitgehende Klausel wurde erkannt in den Formulierungen: weitergehende Ansprüche bestehen nicht (BAG, Urteil v. 07.09.2004), die Vertragsparteien sind sich einig, dass keine Ansprüche gleich aus welchem Rechtsgrund aus dem Arbeitsverhältnis sowie aus seiner Beendigung mehr gegeneinander bestehen (BAG, Urteil v. 31.07.2002), mit Erfüllung des Vergleichs bestehen keine wechselseitigen Ansprüche mehr, seien sie bekannt oder unbekannt, bedingt oder unbedingt, fällig oder nicht fällig (BAG, Urteil v. 15.12.1994). [Zur weiteren Auflistung der unterschiedlichen Formulierungen: Bauer/Diller, a. a. O., V]. Beschränkt sich die Erledigungsklausel ausdrücklich auf "finanzielle Ansprüche" so spricht dies dagegen, dass das Wettbewerbsverbot miterfasst sein soll. Mit dieser Klausel hat dementsprechend der Beklagte nicht auf den Unterlassungsanspruch aus Ziff. 4 des Ergänzungsvertrages vom 05.06.2001, also auf die Unterlassungspflicht der Klägerin verzichtet. Mit der Formulierung hat der Beklagte auch nicht auf sein Recht aus der notariellen Urkunde vom 30.05.2001 verzichtet. Diese notariell beglaubigte Vereinbarung der Parteien räumte ihm das Recht ein, bei Konkurrenztätigkeit der Klägerin seine Verpflichtung zur Unterhaltszahlung einzustellen. Mit diesem Inhalt musste die Klägerin die Erklärung des Beklagten verstehen. Zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer entspricht es nicht dem Willen der Parteien, auf gar keinen Fall dem Willen der Klägerin, einseitig auf die Karenzentschädigung zu verzichten und dennoch umfänglich aus Ziff. 3 des Änderungsvertrages verpflichtet zu sein. Demnach wäre eine Auslegung des Parteiwillens nicht interessengerecht, dass mit Ziffer 2 des Vergleichs vom 19.11.2002 das Wettbewerbsverbot bei Ausschluss der Karenzentschädigung aufrecht erhalten werden sollte. f) Da die erkennende Berufungskammer keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür erkennt, dass die Klägerin einseitig auf ihre Rechte aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot verzichten wollte, gelangt sie zu der Überzeugung, dass mit Ziffer 2 des Vergleichs vom 19.11.2002 die Vereinbarung zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nicht aufgehoben wurde. Diese Überzeugung unterstreicht der Beklagte mit der weiteren Zahlung der Karenzentschädigung bis einschließlich Januar 2003. Die gegenteiligen schriftsätzlichen Erklärungen überzeugen nicht. Wird eine klare Anweisung an den Steuerberater erteilt, so ist nicht nachvollziehbar, dass die vom Steuerberater vorgefertigte Sammelüberweisung nicht konkret auf die Einhaltung dieser Weisung überprüft wird sondern "blind" unterschrieben wird. Für die Einstellung der Zahlung der Karenzentschädigung im Februar 2003 dürfte die Aufnahme der Tätigkeit als selbständige Handelsvertreterin ab Januar 2003 seitens der Klägerin ausschlaggebend gewesen sein. g) Ohne Erfolg wendet der Beklagten gegen diese Bewertung der erkennenden Berufungskammer ein, dass mit beendetem Arbeitsverhältnis der Schutz des § 75 d HGB erloschen ist. Dieser Einwand des Beklagten, die Vereinbarung eines entschädigungslosen nachvertraglichen Wettbewerbesverbots am 19.11.2002 weit nach beendetem Arbeitsverhältnis führe nicht zur Rechtsunwirksamkeit gem. § 74 Abs. 2 HGB, führt jedoch nicht zur ergänzenden Auslegung der Ziff. 2 des Vergleichs dahingehend, dass die Klägerin mit ihrer Erklärung zum Ausdruck gebracht habe, schon jetzt auf die Karenzentschädigung zu verzichten und bei Aufnahme einer konkurrierenden Tätigkeit ihren Unterhaltsanspruch zu riskieren. Zu Berücksichtigten ist außerdem, dass die Parteien bis zur Protokollierung des Vergleichs ihre beiderseitigen Pflichten aus Ziff. 3 der Änderungsvereinbarung erfüllt haben, ohne dass hierüber gestritten werden musste. Es ist demnach auch aus Sicht des Beklagten kein Anlass ersichtlich, diese Änderungsvereinbarung über den Vergleich auf eine einseitige Rechtsstellung seinerseits zu reduzieren. Deshalb schließt sich die erkennende Berufungskammer der Rechtsauffassung von Bauer/Diller, a. a. O., V S. 1277, und dem Orientierungssatz zu Ziff. 2 zur Entscheidung des BAG v. 31.07.2002 (10 AZR 558/01) an, dass die Auslegung eines Vergleichs in Richtung einseitigem Verzicht widersprüchlich wäre. 2. Die Klägerin hat ihren fortbestehenden Anspruch auf Karenzentschädigung nicht deshalb verwirkt, weil sie seit dem 01.01.2003 dem Beklagten Konkurrenz betreibt. Entgegen der Bewertung des Beklagten ist die Klägerin nicht seine Konkurrentin. Sie ist selbständige Handelsvertreterin und vermittelt Geschäfte zwischen Schuhherstellern und Schuheinzelhändlern. Während der Beklagte als Schuheinzelhändler den Endverbraucher umwirbt, ist die Klägerin als Handelsvertreterin verpflichtet Schuheinzelhändler als ihre Kunden zu akquirieren. Deshalb ist eine Konkurrenztätigkeit i. S. des § 74 HGB auszuschließen. Konkurrenz setzt voraus, dass sich beide Parteien auf einem Markt beteiligen, auf dem die selben Güter oder Dienstleistungen auftreten. Diese Definition ist zu ergänzen um den selben Nachfrager bzgl. der selben Güter oder Dienstleistungen. Nach diesem Definitionsansatz ist ein Konkurrenzverhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin zu verneinen. Dass beide mit Schuhen, folglich mit dem gleichen Produkt handeln, ist dabei unschädlich (Heymann/Henssler, HGB, § 74 Rdnr. 44; Staub/Konzen/Weber, HGB, § 74 Rdnr. 4). Die von Bauer/Diller (Wettbewerbsverbote, 3. Aufl., Rdnr. 123) dargestellte großzügige Ausdehnung des Begriffs der Konkurrenzunternehmen überzeugt zur Auffassung der erkennenden Berufungskammer nicht. Die hierüber angedachte Auflösung der Handelsstufe geht über das Schutzinteresse des Beklagten hinaus. Dessen Interesse liegt ausschließlich darin, dass die Klägerin als frühere verantwortliche Mitarbeiterin in seinem Einzelhandelsgeschäft sich von seinem Kundenkreis, also dem Endverbraucher fern hält. So hat es der Beklagte mit der notariell beglaubigten Urkunde vom 30.05.2001 im Übrigen selbst definiert. Folglich ist ein Einzelhandelsgeschäft sein Konkurrent. Entgegen seiner jetzigen prozessualen Rechtsauffassung erfüllt die Tätigkeit der Klägerin als selbständige Handelsvertreterin auch nicht den Tatbestand der mittelbaren Konkurrenz. Es mag sein, dass die Klägerin die Möglichkeit hat, sog. Posten konkurrierenden Einzelhändlern günstiger anzubieten. Da sich auch ihm diese Chance bei seinen Schuhherstellerbetrieben, deren Produkte er an den Endverbraucher vertreibt, bietet, bleibt die hierüber angedachte Bevorteilung im Wettbewerb ohne entscheidendem Gewicht. 3. Die Klageforderung ist auch nicht zum Teil verfallen (§ 24 MTV-Einzelhandel). Der MTV-Einzelhandel war zwar bis zum 31.03.2003 für allgemein verbindlich erklärt worden. Dennoch wurde das Vertragsverhältnis der Klägerin entgegen § 5 TVG hiervon nicht erfasst. Die Klägerin zählt nicht zum Personenkreis des MTV-Einzelhandel. Dessen § 1 Abs. 5 schließt ausdrücklich Arbeitnehmer i. S. des § 5 Abs. 2 und 3 BetrVG aus. Da die Klägerin als Ehegattin des Beklagten unter § 5 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG fällt, wird sie vom MTV-Einzelhandel nicht erfasst. II. Da der Anspruch der Klägerin begründet ist war auf ihre Berufung hin das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund entsprechend abzuändern und der Beklagte zur Zahlung der Karenzentschädigung nebst geltend gemachter Zinsen zu verurteilen. Da die Richterinnen und Richter des BAG die den Rechtsstreit beeinflussende Frage nur mit einem Orientierungssatz zum Urteil vom 31.07.2002 und nicht in den maßgeblichen Entscheidungsgründen angesprochen haben, sieht die erkennende Berufungskammer hierin eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die Revision wurde deshalb aus den Gründen des § 72 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich zugelassen.

Ende der Entscheidung

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