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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.09.2004
Aktenzeichen: 7 Sa 918/04
Rechtsgebiete: BGB, HGB, GewO, AGBG


Vorschriften:

BGB § 126
BGB § 158 Abs. 1
BGB § 247
BGB § 305
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 1
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2
BGB § 448
HGB §§ 74 ff.
HGB § 74 Abs. 1
HGB § 74 Abs. 2
HGB § 75 c
GewO § 110
AGBG § 3 a. F.
Regelt der Arbeitgeber das In-Kraft-Treten des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zwar unter der Hauptüberschrift "Wettbewerbsverbot" jedoch ohne weitere Hervorhebung im Abschnitt "Vertragsstrafe", so ist von einer Überraschungsklausel auszugehen, die nicht Vertragsinhalt wird. Der Arbeitgeber trägt die Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer vor Unterzeichnung des Vertrages unter ausdrücklichem Hinweis auf die "Fundstelle" auf die aufschiebende Bedingung hingewiesen wurde.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 01.04.2004 - 3 (1) Ca 1346/03 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.416,36 EUR brutto nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB von jeweils 4.104,09 EUR seit dem 31.08.2003, 30.09.2003, 31.10.2003 und 30.11.2003 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob mit Abschluss des Anstellungsvertrages als technischer Leiter von Anfang an ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot verabredet wurde. Der am 15.07.1962 geborene Kläger war aufgrund des Anstellungsvertrages vom 07.12.2002 für die Beklagte mit Wirkung vom 01.04.2003 als technischer Leiter zum Jahresgehalt von 66.000,00 EUR - zzgl. einer Zielerfüllungstantieme - tätig. Dieses Vertragsverhältnis wurde durch arbeitgeberseitige Kündigung zum 31.07.2003 beendet. Aus diesem Anlass ließ der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 05.08.2003 zur Zahlung einer Karenzentschädigung auffordern, zumal er sich wettbewerbsneutral verhalte und keine Beschäftigung bei einem Wettbewerber suche. Die Beklagte sah sich hierzu nicht verpflichtet. Ihrer Meinung nach sei die aufschiebende Bedingung einer zweijährigen Beschäftigungszeit nicht erfüllt. Zur Unterstützung ihrer Rechtsauffassung verwies sie auf § 4 Absatz 9 Satz 5 des Anstellungsvertrages vom 07.12.2002 (Bl. 14 - 16 der Akten). Mit diesem § 4 haben die Parteien zum Wettbewerbsverbot folgendes geregelt: 1. Dem Mitarbeiter ist es untersagt, während der Dauer dieses Vertrages in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Gesellschaft in direktem oder indirektem Wettbewerb steht. Er darf der Gesellschaft weder unmittelbar noch mittelbar, weder gewerbsmäßig noch gelegentlich, weder unter eigenem noch unter fremdem Namen, weder für die eigene oder fremde Rechnung noch in sonstiger Weise Konkurrenz machen. In gleicher Weise ist es dem Mitarbeiter untersagt, während der Dauer dieses Vertrages ein solches Konkurrenzunternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. 2. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, gegenüber Dritten über alle Angelegenheiten der Gesellschaft strengstes Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung besteht auch nach einem Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft. 3. Der Mitarbeiter verpflichtet sich, für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Anstellungsvertrages weder in selbständiger noch in unselbständiger Stellung, weder gewerbsmäßig noch gelegentlich, weder unter eigenem noch fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung noch in sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, welches sich mit der Entwicklung, Herstellung oder dem Vertrieb von Gummi und/oder Kunststoffformteilen aller Art beschäftigt. In gleicher Weise ist es dem Mitarbeiter untersagt, während dieser Dauer ein solches Konkurrenzunternehmen zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. Dieses Wettbewerbsverbot gilt für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. 4. Für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gem. Absatz 3 verpflichtet sich die Gesellschaft, dem Mitarbeiter eine Entschädigung in Höhe von 50 % seiner zuletzt durchschnittlich bezogenen monatlichen Vergütung zu zahlen. Die Zahlung der Entschädigung ist jeweils am Ende des Monats fällig. 5. Auf die Entschädigung gem. Absatz 4 sind die Einkünfte anzurechnen, die der Mitarbeiter während der Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes aus selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Erwerbstätigkeit erzielt oder die er zu erzielen unterlässt, indem er eine ihm mögliche und zumutbare oder der vorherigen Stellung vergleichbare Tätigkeit nicht annimmt. Unter den anzurechnenden Verdienst fällt auch ein etwaiges von dem Mitarbeiter bezogenes Arbeitslosengeld. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, auf Verlangen der Gesellschaft entsprechende Auskunft über die Höhe seiner Einkünfte zu erteilen. 6. Die Gesellschaft kann auf die Einhaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter verzichten. In diesem Fall endet mit Ablauf von sechs Monaten nach Abgabe des Verzichtes die Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung gem. Absatz 4. 7. Im Fall der Kündigung durch die Gesellschaft besteht das Wettbewerbsverbot gem. Absatz 3 auch nur für die Dauer eines Jahres nach Beendigung des Anstellungsvertrages, es sei denn, die Gesellschaft hat eine Erklärung gem. Absatz 4 abgegeben. 8. Im Fall der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund steht dem kündigungsberechtigten Vertragsteil das Recht zu, innerhalb eines Monats nach dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch schriftliche Erklärung gegenüber dem anderen Teil das Wettbewerbsverbot aufzuheben. 9. Der Mitarbeiter hat für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot oder gegen das Geheimhaltungsverbot eine Vertragsstrafe in Höhe des Betrages zu zahlen, welcher der in den letzten 12 Monaten vor seinem Ausscheiden durchschnittlich bezogenen monatlichen Vergütung gem. § 6 dieses Vertrages entspricht. Zugleich entfällt im Falle des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot für den Monat, in welchem die Zuwiderhandlung erfolgt, die Zahlung der Entschädigung gem. Absatz 4. Im Fall eines Dauerverstoßes ist die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat neu verwirkt; zugleich entfällt für jeden angefangenen Monat die Zahlung der Entschädigung gem. Absatz 4. Weitergehende aufgrund der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot und die Geheimhaltungsverpflichtung bestehende Ansprüche der Gesellschaft bleiben durch die vorstehende Regelung unberührt. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wird wirksam mit Ablauf des zweiten Vertragsjahres der Laufzeit dieses Vertrages Da die Beklagte bei ihrer Auffassung verblieb, begehrt der Kläger mit der beim Arbeitsgericht Arnsberg am 23.09.2003 erhobenen und regelmäßig erweiterten Klage die ihm seiner Meinung nach zustehende Karenzentschädigung i. H. v. monatlich 4.104,09 EUR brutto nebst Zinsen. Zur Begründung hat er die Auffassung vertreten, die Einschränkung in Satz 5 des Absatzes 9 beziehe sich nicht auf die gesamte Wettbewerbsvereinbarung sondern isoliert auf die zuvor dargestellte Vertragsstrafenregelung. Schließlich fehle eine gesamte Bezugnahme in den Absätzen 3 und 4 auf Absatz 9 Satz 5 des Anstellungsvertrages. Sollte diese Frage anders zu bewerten sein, so könne sich die Beklagte hierauf nicht berufen. An dieser Stelle habe er nicht damit rechnen müssen, dass nunmehr noch eine allgemein gehaltene aufschiebende Bedingung verabredet werden sollte. Die Festlegung einer aufschiebenden Bedingung sei für ihn an versteckter Stelle niedergelegt. Von dieser Einschränkung erfahre er erstmals jetzt anlässlich der rechtlichen Auseinandersetzung. Mit ihm seien Einzelheiten des Wettbewerbsverbots vor Unterzeichnung nicht erörtert worden. Mit Urteil vom 01.04.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, der Kläger habe keinen durchsetzbaren Karenzanspruch, da ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht wirksam geworden sei. Mit § 4 Absatz 9 Satz 5 des Anstellungsvertrages vom 07.12.2002 hätten die Parteien eine diesbezüglich klare und eindeutige aufschiebende Bedingung verabredet. Diese Regelung hätte zwar systematisch an anderer Stelle glücklicher platziert sein können. Dennoch beziehe sich diese Bedingung nicht allein auf die vorausgehende Vertragsstrafenregelung. Die dort enthaltene Aussage halte einer systematischen Auslegungserwägung stand. Eine Rechtsunwirksamkeit i. S. des § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB sei nicht erkennbar. Unabhängig von der Frage, ob der seitens der Beklagten vorformulierte Vertrag als allgemeine Geschäftsbedingung i. S. des § 305 BGB zu werten sei, beschreibe diese aufschiebende Bedingung für den Kläger keine unangemessene Benachteiligung. Hierin spiegele sich vielmehr eine klare, vom Kläger hinnehmbare Vertragsgestaltung wieder. Gegen dieses, ihm am 30.04.2004 zugestellte, vorgetragene und wegen der sonstigen Einzelheiten in Bezug genommene Urteil, hat der Kläger am 11.05.2004 Berufung eingelegt, die am 30.06.2004 begründet worden ist. Der Kläger greift das angefochtene Urteil in vollem Umfang an. Abweichend zur Bewertung im angefochtenen Urteil ist er der Rechtsauffassung, dass § 4 Absatz 9 Satz 5 des Anstellungsvertrages nicht rechtswirksam verabredet worden sei. Die Beklagte habe eine aufschiebende Bedingung sehr versteckt formuliert. An dieser Stelle habe er mit einer derart bedeutsamen Regelung nicht mehr rechnen müssen. Diese sei ihm beim Durchlesen des Vertrages auch nicht aufgefallen. Er habe eine aufschiebende Bedingung nicht verinnerlicht. Hierauf sei er durch die Beklagte in den maßgeblichen Gesprächen auch nicht hingewiesen worden. Zumindest werde das in den Absätzen 3 und 4 eindeutig geregelte nachvertragliche Wettbewerbsverbot hiervon nicht erfasst. Es fehle dafür die erforderliche Bezugnahme in den angesprochenen Absätzen. Satz 5 des Absatzes 9 ergänze demzufolge nur die in den vorausgehenden Sätzen 1 - 4 getroffene Regelung. Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen an ihn 16.416,36 EUR brutto nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB von jeweils 4.104,09 EUR seit dem 31.08.2003, 30.09.2003, 31.10.2003 und 30.11.2003 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Sie wehrt sich gegen den Vorwurf der versteckten und unklaren Regelung. Ihrer Meinung nach könne davon keine Rede sein, zumal mit dem Kläger der Vertragstext in allen Einzelheiten durchgesprochen worden sei. In diesem Zusammenhang sei er ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass dieses Verbot erst nach zweijähriger Betriebszugehörigkeit greife. Zudem enthalte ihrer Meinung nach Satz 5 des Absatzes 9 eine klare, alle vorausgehenden Absätze einbeziehende Aussage. Wegen der sonstigen Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen. Das Berufungsgericht hat gem. § 448 ZPO Beweis erhoben durch Vernehmung des Klägers und des Geschäftsführers der Beklagten J1xxx L1xxx als Partei. Bzgl. des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 10.09.2004 (Bl. 126 - 129 der Akten) verwiesen. Entscheidungsgründe: Die nach der Beschwer statthafte (§ 64 Absatz 2 ArbGG), form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers (§§ 66 Absatz 1 Satz 1 und 2, 64 Absatz 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO) hat auch Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für ein Jahr nach beendetem Arbeitsverhältnis eine Karenzentschädigung gem. § 74 Absatz 2 HGB i. V. m. § 110 GewO i. H. v. zunächst monatlich 4.104,09 EUR brutto zu zahlen. 1. Die Parteien haben mit § 4 Absätze 3 und 4 des Anstellungsvertrages vom 07.12.2002 ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot rechtswirksam begründet. Die Parteien haben hierbei auch die besondere Form des § 74 Absatz 1 HGB gewahrt. Schließlich hat der Kläger ein von der Beklagten unterzeichnetes Vertragsexemplar erhalten. 2. Dieses nachvertragliche Wettbewerbsverbot wurde mit Vertragsbeginn d. h. dem 01.04.2003 rechtsverbindlich. Eine aufschiebende Bedingung (§ 158 Absatz 1 BGB) mit dem Ziel einer vorausgehenden zweijährigen Laufzeit = Vertragszeit wurde nicht rechtswirksam vereinbart. a) Zwar beschreibt § 4 Absatz 9 Satz 5 des Anstellungsvertrages eine derartige aufschiebende Bedingung. Mit dem angefochtenen Urteil ist die erkennende Berufungskammer auch der Rechtsauffassung, dass sich diese Aussage nicht nur auf das zuvor näher ausgestaltete Vertragsstrafenversprechen i. S. des § 75 c HGB erstreckt, sondern das gesamte vertraglich geregelte nachvertragliche Wettbewerbsverbot ab Absatz 3 ff. erfassen sollte. Anders ist der Wortlaut nicht zu verstehen. Denn dieser Satz wird eingeleitet mit "das nachvertragliche Wettbewerbsverbot" wird wirksam .... Zudem widerspräche es Sinn und Zweck dieser vertraglichen Ausgestaltung, würde Satz 5 des § 4 Absatz 9 nur auf die vorausgehenden vier Sätze bezogen. b) Diese aufschiebende Bedingung kann die Beklagte dem Kläger jedoch nicht entgegenhalten. Es handelt sich hierbei um eine Überraschungsklausel i. S. des § 305 c Absatz 1 BGB, die nicht Vertragsbestandteil geworden ist (vgl. hierzu § 306 Absatz 1 und 2 BGB). Zwar dürfte es sich bei diesem Anstellungsvertrag nicht um eine allgemeine Geschäftsbedingung i. S. des § 305 BGB handeln. Die Beklagte wendet zwar Teile dieses Vertrages, insbesondere das Wettbewerbsverbot gem. § 4 des Anstellungsvertrages generalisierend auf die Geschäftsführung und leitende Angestellte an. Dies erlaubt jedoch nicht die Annahme, dass eine Vielzahl an Verträgen mit dieser, seitens der Beklagten vorformulierten Ausgestaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes versehen sind. Die erkennende Berufungskammer sieht sich jedoch durch die vorausgehende Rechtsprechung des BAG ermächtig, den mit diesen gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gebrachten allgemeinen Grundgedanken der offenen Vertragsgestaltung einer Wirksamkeitsprüfung zugrunde zu legen. Unter Geltung des AGB-Gesetzes hatte das BAG versteckte, drucktechnisch nicht hervorgehobene vertragliche Aussagen in einem formularmäßig einbezogenen Regelwerk als Überraschungsklausel bewertet. Hierbei wurde § 3 AGB-Gesetz a. F. analog angewandt. Ergänzend hierzu hat das BAG zum Ausdruck gebracht, dass das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Vertragstext als Überraschungsklausel bewertet werden kann (BAG, Urt. v. 29.11.1995 - 5 AZR 447/94 - NZA 1996, 702 mit ablehnender Anmerkung von Schwarz, Betriebsberater 1996, 1434). Preis bewertet dies als insoweit vertretbar, als § 305 Absatz 1 BGB auch Schutz vor Klauseln an ungewöhnlicher Stelle bietet. Eine derartige Vertragsgestaltung kennzeichnet Preis als formale Überraschung (Preis, Der Arbeitsvertrag, I C Rdnr. 58). Dieser Auffassung folgt inzwischen auch Gotthardt (Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, Rdnr. 231 m. w. N.). Dieser Rechtsauffassung folgt die erkennende Berufungskammer. Abweichend zur Bewertung im angefochtenen Urteil ist die erkennende Berufungskammer nicht nur davon überzeugt, dass diese bedeutsame Aussage an anderer Stelle wie z. B. durch eine eigene Abschnittbildung bei gleichzeitiger Verweisung auf Absatz 3 hätte "glücklicher platziert" sein können und grundsätzlich jedoch seine Aussagekraft behalte. Die erkennende Berufungskammer ist eher der Überzeugung, dass eine aufschiebende Bedingung bei fortbestehender Vertragsfreiheit grundsätzlich vereinbart werden kann. Diese muss jedoch so klar erkennbar geregelt werden, so dass sie für den Arbeitnehmer leicht wahrnehmbar ist. Ihm muss folglich sofort ins Auge springen, dass er in den ersten zwei Jahren keiner nachvertraglichen Beschränkung unterliegt. Diesen Anforderungen wird der Vertragstext nicht gerecht. Denn diese entscheidende, das gesamte nachvertragliche Wettbewerbsverbot beeinflussende Aussage ist völlig überraschend und versteckt in einen Absatz eingebunden, der ausschließlich Aussagen zur Vertragsstrafe enthält. An dieser Stelle musste der Kläger auch bei genauer Betrachtung des Vertragstextes und Befassung mit dem Vertragstext mit einer aufschiebenden Bedingung des gesamten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nicht mehr rechnen. Mit Absatz 9 vereinheitlicht die Beklagte Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot mit Verstößen gegen das Geheimhaltungsverbot. Ergänzt die Beklagte als vorformulierende Vertragspartei diese Ausgestaltung des § 75 c HGB um ein generalisierendes aufschiebendes In-Kraft-Treten der Absätze 3 ff., so kann sie nicht damit rechnen, dass diese Aussage in ihrer Bedeutung erfasst wird. Lediglich ein Jurist stolpert an dieser Stelle über eine derart bedeutsame Regelung. Einem zukünftigen Betriebsleiter mit vorausgehender einzelvertragsrechtlicher Erfahrung erschließt sich diese Aussage an dieser Stelle nicht. Diese Regelung war ausschließlich in Absatz 3 sachlich richtig platziert. Ansonsten wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, das In-Kraft-Treten des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sichtbar hervorzuheben. c) Das In-Kraft-Treten des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots erst mit Ablauf einer 2-jährigen Laufzeit des Vertrages wurde nicht rechtswirksam vereinbart (§§ 145 ff. BGB). Zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer ist es der Beklagten nicht gelungen nachzuweisen, dass dem Kläger vor Vertragsunterzeichnung mit der gebotenen Deutlichkeit bewusst war, dass dieses nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht schon innerhalb der Probezeit des § 10 Absatz 1 des Anstellungsvertrages greift. Die erkennende Berufungskammer vertritt die Rechtsauffassung, dass die Beklagte als diejenige, den Vertrag vorformulierende Partei verpflichtet ist den Nachweis dafür zu führen, dass der Kläger - unabhängig von der an versteckter Stelle untergebrachten Aussage - für ihn überprüfbar von Anfang an mit der gebotenen Klarheit davon in Kenntnis gesetzt war, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht von Anfang an sondern erst nach entsprechender Laufzeit wirksam werden sollte. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist diese Beweislast nicht auf den Kläger übergegangen. Sie hat zwar das Vorbringen des Klägers - gegebenenfalls auch substantiiert - bestritten. Da sie sich jedoch auf eine Ausnahmeregelung beruft ist sie grundsätzlich verpflichtet, das Zustandekommen des Vertrages auch mit diesem Inhalt nachzuweisen (zur Beweislast im nachvertraglichen Wettbewerbsverbot: Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 3. Aufl., Rdnrn. 108 u. 110 mit weiteren Nachweisen). Dieser Beweis ist ihr zur Überzeugung der erkennenden Berufungskammer nicht geglückt. aa) Zwar hat der Geschäftsführer der Beklagten als Partei darauf hingewiesen, schon vor Aushändigung des Vertragsentwurfs mit dem Kläger die Vertragsbedingungen einschließlich des Wettbewerbsverbots diskutiert zu haben. Ohne ein entsprechendes Verbot sei aus Sicht der Beklagten ein Vertragsschluss mit einem so verantwortlichen Mitarbeiter nicht möglich gewesen. Schließlich müsse die Beklagte in der Lage sein, ihre Betriebsinterna zu schützen. Da der Kläger hiervon nicht überzeugt war, er als Geschäftsführer im Interesse der Beklagten jedoch nicht habe verzichten können, habe er dem Kläger beruhigend verdeutlicht, dass dieses erst nach zwei Jahren eintrete. Ergänzend habe er hinzugefügt, innerhalb der ersten zwei Jahre sei er ein freier Mann; er könne hingehen wohin er wolle. Nachdem der Kläger den Vertragsentwurf zuhause habe studieren können, sei der Vertrag noch einmal intensiv in seinen Einzelheiten erörtert worden. Dabei sei der Vertrag Satz für Satz komplett gemeinsam gelesen worden. Dennoch zeigte sich der Geschäftsführer der Beklagten nicht sicher ob - zumal sich der Kläger für § 4 des Anstellungsvertrages gar nicht interessierte - er dennoch ausdrücklich auf § 4 Absatz 9 Satz 5 des Vertragsentwurfs hingewiesen worden sei. Hierzu machte er widersprüchliche Aussagen. bb) Der Kläger bestätigt in seiner Parteivernehmung durchaus, den Vertragsentwurf zuhause genau durchgelesen zu haben. Deshalb sei er mit Änderungswünschen in das nächste Gespräch gegangen. Änderungen seien dann auch handschriftlich vorgenommen worden. Dabei seien beide alle Paragraphen durchgegangen. Da er sein Ziel, auf § 4 gänzlich zu verzichten nicht habe erreichen können, sei dieser Paragraph jedoch nicht in seinen Einzelheiten erläutert worden. Auch schließe er einen ausdrücklichen Hinweis des Geschäftsführers der Beklagten, das Verbot werde erst nach zwei Jahren wirksam, aus. Erst mit seiner Freistellung sei ihm erklärt worden, er sei frei, er könne hingehen wohin er wolle. cc) Obwohl beide - der Kläger und der Geschäftsführer L1xxx bestätigen, der Vertrag sei erst nach den handschriftlichen Ergänzungen unterzeichnet worden, zuvor hätten beide den Vertrag Zeile für Zeile gelesen, sieht sich die erkennende Berufungskammer außer Stande, dem Geschäftsführer L1xxx mehr zu glauben als dem Kläger. Dabei verhehlt die Kammer nicht, zwischendurch den Eindruck gewonnen zu haben, der Kläger halte sich in seiner Aussage durchaus zurück. Hierüber könnte jedoch der Widerspruch in der Aussage des Geschäftsführers L1xxx zum notwendigen Hinweis auf § 4 Absatz 9 Satz 5 nicht ausgeräumt werden. Deshalb verbleibt es bei der Ungewissheit, ob § 4 des Anstellungsvertrages tatsächlich in allen Einzelheiten erörtert wurde. Der Beklagten ist es demzufolge nicht gelungen zur uneingeschränkten Überzeugung der erkennenden Berufungskammer nachzuweisen, dass der Kläger den Anstellungsvertrag am 07.12.2002 in dem Bewusstsein unterschrieben hat, erst nach Ablauf von zwei Jahren, also mit dem Erwerb entsprechender Betriebsinterna, an ein Wettbewerbsverbot i. S. der §§ 74 ff. HGB gebunden zu sein. In Anbetracht des Schriftformerfordernisses des § 74 Absatz 1 HGB i. V. m. § 126 BGB ist ausschließlich dieser Zeitpunkt maßgeblich. Denn eine aufschiebende Bedingung des § 158 Absatz 1 BGB muss formwirksam vereinbart werden. Spätere Hinweise des Geschäftsführers der Beklagten anlässlich der Freistellung des Klägers, dieser sei frei, er könne tun und lassen was er wolle, sind nicht dazu geeignet, den Vertragsinhalt zu beeinflussen. Im Übrigen fehlt gerade zu diesem Zeitpunkt der klare Hinweis des Geschäftsführers der Beklagten, an welcher Stelle des Vertrages diese Beschränkung zum Ausdruck gebraucht wird. 3. Da eine aufschiebende Wirkung nicht rechtswirksam vereinbart wurde, steht dem Kläger aufgrund seiner Wettbewerbsenthaltung mit Beginn der Vertragsbeendigung innerhalb der Probezeit die Karenzentschädigung des § 74 Absatz 2 HGB zu. Da die Berechnung des Klägers nicht angezweifelt wurde, sah sich die erkennende Berufungskammer nicht verpflichtet, von sich aus diese näher zu überprüfen. Auf seine statthafte Berufung hin war das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung zu verurteilen. Aus den Gründen des §§ 91 Absatz 1 ZPO hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. In der Bewertung der überraschenden Klausel sieht die erkennende Berufungskammer eine grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 72 Absatz 2 Nr. 1 ArbGG. Aus diesem Grunde wurde die Revision ausdrücklich zugelassen.

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