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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.02.2009
Aktenzeichen: 8 Sa 1386/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 123
BGB § 242
BGB § 626
1. Wird der zuvor langjährig beim ASTA der Universität mit der Beratung ausländischer Studenten befasste Kläger nach Übernahme der Aufgabenstellung durch eine universitäre Einrichtung (Anstalt ö.R.) von dieser als Arbeitnehmer mit entsprechender Aufgabenstellung eingestellt und reicht er aufforderungsgemäß erst nach Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages entsprechende Einstellungsunterlagen (Personalbogen, Lebenslauf) ein, so scheidet eine Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen hierin enthaltener unrichtiger Angaben mangels Kausalität aus.

2. Stützt der Arbeitgeber die zugleich ausgesprochene fristlose Kündigung auf den Vortrag, abweichend von den Angaben im Lebenslauf verfüge der im Ausland beheimatete Arbeitnehmer weder über ein dort erworbenes Abitur noch über ein ausländisches "Jura-Diplom", sondern habe nach Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung an einem Studienkolleg in Deutschland lediglich einige Semester Jura studiert, so kann die Tatsache, dass die übertragene Tätigkeit nach den zugrunde gelegten Tarifmerkmalen des BAT weder Hochschulabschluss noch Abitur voraussetzt und sich der Arbeitnehmer in seiner Tätigkeit bewährt hat, dazu führen, dass die unrichtigen Angaben des Arbeitnehmers bei der Einstellung jedenfalls nach Ablauf von 10 Jahren das Gewicht eines "wichtigen Grundes" verloren haben.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 13.05.2008 - 2 Ca 607/08 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch Anfechtungserklärung der Beklagten vom 06.03.2008 noch durch die außerordentliche Kündigung vom 26.03.2008 beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Berater der ausländischen Studenten weiter zu beschäftigen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner Klage wendet sich der im Jahr 1962 geborene, einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger, welcher aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 16.05.1997 seit dem 01.06.1997 bei dem beklagten A1 F2 als Berater für ausländische Studenten beschäftigt ist, gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch Anfechtungserklärung der Beklagten vom 06.03.2008 sowie durch - mit bestandskräftiger behördlicher Zustimmung ausgesprochene - außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.03.2008. Ferner begehrt der Kläger die arbeitsvertragsgemäße Weiterbeschäftigung für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits.

Anfechtungserklärung und Kündigung stützt die Beklagte, welche in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts mit etwa 350 Arbeitnehmern tätig ist und im Jahre 1997 - zunächst auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages vom 07./12.05.1997 mit dem ASTA der Ruhr-Universität B1 - die vormals vom ASTA eigenständig betriebene Beratung und Betreuung ausländischer Studierender übernommen hat, auf die Behauptung, der Kläger habe im Zusammenhang mit seiner Einstellung unrichtige Angaben über seinen im Heimatland erworbenen Bildungsabschluss gemacht und hierbei vorgegeben, er habe nach Besuch eines Gymnasiums in T1 die Abiturprüfung abgelegt und anschließend ein "Jura-Diplom" erworben. Dass diese Angaben des Klägers unzutreffend seien, habe der Geschäftsführer der Beklagten am 27.02.2008 festgestellt, als ihm die Personalakte des Klägers im Zusammenhang mit einem aus anderem Grunde eingeleiteten Zustimmungsverfahren - betreffend die Zustimmung zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens - vorgelegt worden sei. Hierbei sei Folgendes aufgefallen: Nachdem der Kläger im Personalbogen sein Geburtsdatum zunächst mit dem 26.10.1952 angegeben, später jedoch eine amtliche Änderung des Geburtsdatums auf den 26.10.1962 mitgeteilt habe, könne die in dem bei der Personalakte befindlichen Lebenslauf enthaltene Angabe unmöglich zutreffen, der Kläger besitze einen Schulabschluss bis zum Abitur und habe ferner an der Universität T1 ein "Jura-Diplom" erworben. Entsprechend dem geänderten Geburtsdatum vom 26.10.1962 sei der Kläger bei der Einreise nach Deutschland bzw. seiner Aufnahme am Studienkolleg M1 im August 1977 erst 14 Jahre alt gewesen. Die Angaben des Klägers zum erworbenen Bildungsabschluss im Lebenslauf (Bl. 14 d.PA.) wie auch der im Personalbogen (Bl. 1 d.PA.) angegebene Schulabschluss (Abitur) seien nach alledem unzutreffend, was die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung, in jedem Falle aber die nachfolgend mit Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene fristlose Kündigung rechtfertige.

Demgegenüber hat der Kläger bestritten, den als Bl. 14 in der Personalakte abgehefteten Lebenslauf im Zusammenhang mit seiner Einstellung oder bei anderer Gelegenheit bei der Beklagten eingereicht zu haben. Zwar habe er - mit Einschränkungen - ein entsprechendes Schriftstück verfasst; dass sich das Schriftstück in der Personalakte befinde, könne er sich nur so erklären, dass es aus seinem Schreibtisch entwendet und - möglicherweise zur Vorbereitung des vorliegenden Verfahrens - von wem auch immer in die Personalakte eingefügt worden sei. Tatsächlich habe er zu keinem Zeitpunkt behauptet, über ein entsprechendes "Jura-Diplom" zu verfügen, zumal eine solche Angabe auch vollkommen unsinnig und offensichtlich unrealistisch gewesen sei. Soweit es die Ablegung der Abiturprüfung im Schuljahr 1976/77 betreffe, erkläre sich dies aus den seinerzeit ungeordneten politischen Verhältnissen im Iran. Zum Beweise für die Ablegung der Abiturprüfung hat der Kläger im ersten Rechtszuge ein entsprechendes Zeugnisdokument (Kopie Bl. 50 d.A.) vorgelegt und im Berufungsrechtszuge zur Erläuterung der im Zeugnis enthaltenen Jahresangabe 1973 ausgeführt, er gehe davon aus, dass die unrichtige Jahresangabe nicht auf einem Schreibfehler, sondern darauf beruhe, dass seine Eltern ihm durch entsprechende Angaben im Zeugnis eine erleichterte Ausreise aus dem Iran hätten ermöglichen wollen. Aus demselben Umstand erkläre sich auch die zunächst unzutreffende Angabe des Geburtsjahres 1952, um für den Kläger einen Pass für die Ausreise erhalten zu können. In der Sache liege danach weder die behauptete arglistige Täuschung vor, noch sei die gesetzliche Anfechtungsfrist gewahrt, zumal die behaupteten Auffälligkeiten - insbesondere die Änderung des Geburtsdatums als Grundlage der jetzigen Vorwürfe - der Beklagten längst bekannt gewesen seien. Aus demselben Grunde fehle es auch an der Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs.2BGB hinsichtlich der ausgesprochenen Kündigung. Nachdem der Kläger bereits in den Jahren 1988 bis Mitte 1997 entsprechende Beratungstätigkeiten für den ASTA durchgeführt und diese nahtlos bei der Beklagten fortgesetzt habe, könne er auf eine beanstandungsfreie Beschäftigungszeit von mehr als 20 Jahren - mit der Folge tariflicher Unkündbarkeit - verweisen. Ihm - dem Kläger - dränge sich der Eindruck auf, er solle durch von wem auch immer vorgenommene Manipulationen der Personalakte aus dem Arbeitsverhältnis heraus gedrängt werden.

Durch Urteil vom 13.05.2008 (Bl. 64 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren Sachverhalts Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die erklärte Anfechtung des Arbeitsvertrages sei unter dem Gesichtspunkt des Eigenschaftsirrtums gerechtfertigt. Wie sich aus der Personalakte ergebe, habe der Kläger noch in der von ihm unterzeichneten Stellenbeschreibung vom 02.02.2000 angegeben, über ein Abitur sowie ein abgeschlossenes Jura-Studium im Iran (Diplom) zu verfügen. Das vom Kläger in Kopie vorgelegte Abiturzeugnis sei nicht geeignet, die diesbezüglichen Bedenken zu entkräften, im Gegenteil liege auf der Hand, dass der Kläger keinesfalls im Jahre 1973 im Alter von 11 Jahren die Abiturprüfung abgelegt haben könne. Da somit eine Täuschungshandlung durch Aufrechterhalten des zuvor entstandenen Irrtums festzustellen sei, sei auch die Anfechtungsfrist des § 121 BGB gewahrt.

Mit seiner rechtzeitig eingelegt und begründeten Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter und beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 13.05.2008 - 2 Ca 607/08 - abzuändern,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Anfechtung der Beklagten vom 06.03.2008 endet,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.03.2008 aufgelöst worden ist;

4. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 06.03.2008 zu unveränderten Bedingungen als Berater der ausländischen Studenten in den hierzu vorgesehenen Räumen U1 123, 12345 B1 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Personalakte des Klägers ist zur Ergänzung des Sachverhalts beigezogen worden.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Entscheidungsgründe:

A

Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif, ohne dass sich im Hinblick auf den Klägerschriftsatz vom 04.02.2009 die Notwendigkeit ergibt, der Beklagten den beantragten Schriftsatznachlass zu gewähren. Soweit der genannte Klägerschriftsatz neues Vorbringen enthält, ist dies - wie im Folgenden auszuführen ist - nicht entscheidungserheblich. Vielmehr unterstellt die Kammer zu Gunsten der Beklagten als wahr, dass die Personalakte des Klägers korrekt geführt worden ist und insbesondere keinerlei Grundlage für die vom Kläger in den Raum gestellte Annahme einer "Manipulation" bietet. Unbeschadet des abweichenden Klägervorbringens unterstellt die Kammer dementsprechend den Beklagtenvortrag als zutreffend, dass der Lebenslauf (Bl. 14 d.PA.) nicht anders als die übrigen Personalunterlagen vom Kläger zeitnah zum Aufforderungsschreiben der Beklagten vom 16.05.1997 (Bl. 34 d.PA.) eingereicht und ohne Veränderung zur Personalakte genommen worden sind. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger ausführt, das als Seite 3 der Stellenbeschreibung aufgeführte "Anforderungsprofil" mit den Angaben zum Bildungsabschluss (Bl. 63 d.PA.) sei ihm unbekannt und möglicherweise nachträglich verändert worden. Ebenso wenig bedarf es der Gelegenheit zur Stellungnahme zu den weiteren Angaben des Klägers zur Abiturprüfung im Schuljahr 1976/1977 und den diesbezüglich vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen. Auch insoweit kann der Sachvortrag der Beklagten zum Fehlen der Abiturprüfung als wahr unterstellt werden. Schließlich kommt es für das vorliegende Berufungsverfahren auch nicht auf die vom Kläger formulierten Manipulationsvorwürfe als möglichen Auflösungsgrund im Sinne des § 9 KSchG an. Soweit ein etwa leichtfertig erhobener Vorwurf zur Grundlage eines Auflösungsantrages genommen werden könnte, ist zu beachten, dass ein arbeitgeberseitiger Auflösungsantrag im Falle der fristlosen arbeitgeberseitigen Kündigung nicht in Betracht kommt (KR-Friedrich, 8. Aufl., § 13 KSchG Rn 64 m.w.N.).

B

Auch auf der Grundlage des im vorbezeichneten Umfang als wahr unterstellten Beklagtenvorbringens erweist sich die Berufung des Klägers als begründet. Sie führt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zur antragsgemäßen Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Anfechtungserklärung der Beklagten vom 06.03.2008 noch durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.03.2008 beendet worden ist. Wegen des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses ist die Beklagte zugleich zur arbeitsvertragsgemäßen Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verpflichtet.

I

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist durch die Anfechtungserklärung der Beklagten vom 06.03.2008 nicht beendet worden.

1. Im Anfechtungsschreiben vom 06.03.2008 stützt sich die Beklagte auf den Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung. Das Arbeitsgericht hat demgegenüber den Anfechtungsgrund des Eigenschaftsirrtums in den Vordergrund gestellt. Unabhängig davon, inwiefern in der Täuschungsanfechtung zugleich auch eine Irrtumsanfechtung zu sehen ist (vgl. BGHZ 34, 32), setzen beide genannten Anfechtungsgründe einen Kausalzusammenhang zwischen Täuschung/Irrtum einerseits und Abgabe der angefochtenen Willenserklärung andererseits voraus.

2. Wie sich aus der vorgelegten Personalakte des Klägers ergibt, ist dem Kläger mit Schreiben vom 16.05.1997 (Bl. 32 d.PA.) der schriftliche Arbeitsvertrag in zweifacher Ausfertigung übersandt worden mit der Bitte, ein unterschriebenes Exemplar zurückzuschicken. Der bei der Personalakte befindliche Arbeitsvertrag (Bl. 33 d.PA.) enthält dementsprechend oberhalb der Unterschrift des Arbeitgebers das Datum des 16.05.1997. Mit Schreiben vom gleichen Tage (Bl. 34 d.PA.) ist der Kläger sodann zur Einreichung diverser Unterlagen gebeten worden, so zur Einreichung von Personalbogen und Lebenslauf. Ersichtlich sind die in der Personalakte befindlichen Personalunterlagen - nach Behauptung des Klägers allerdings ohne den Lebenslauf - anschließend zur Personalakte gereicht worden. Gleich ob dies in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Aufforderungsschreiben vom 16.05.1997 oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt ist, ergibt sich aus diesem Hergang, dass die Einstellung des Klägers - d.h. der Abschluss des Arbeitsvertrages - nicht auf der Grundlage der zur Personalakte gelangten Unterlagen erfolgt ist. Auch die Zustimmungserklärung des Personalrats vom 16.05.1997 (Bl. 31 d.PA.) bestätigt diesen Befund, indem hier der Zustimmungsantrag als "dürftig" bezeichnet und das Fehlen von Angaben zur Eignung des Klägers sowie einer Tätigkeitsbeschreibung bemängelt wird.

3. Ein Kausalzusammenhang zwischen unrichtigen Angaben des Klägers über seinen Bildungsabschluss (Abitur und "Jura-Diplom") käme danach nur in Betracht, wenn der Kläger entsprechende Angaben etwa zuvor in einem Einstellungsgespräch gemacht hätte. Die Personalakte des Klägers enthält hierüber keine Unterlagen, ebenso wenig lässt sich dem schriftsätzlichen Beklagtenvortrag ein diesbezüglicher konkreter Sachvortrag entnehmen. In der Klageerwiderung erwähnt die Beklagte zwar auf Seite 2 ein mündliches Einstellungsgespräch, in welchem der Kläger erklärt habe, er könne Zeugnisse und Diplome aktuell nicht vorlegen. Nachdem der Kläger auf diesen Vortrag sodann im Schriftsatz vom 30.04.2008 erwidert und in diesem Zusammenhang - unter Protest gegen die Beweislast - ausdrücklich ein derartiges Einstellungsgespräch in Abrede gestellt hat, ist die Beklagte hierauf im Folgenden nicht zurückgekommen, sondern hat die behauptete Täuschung über den Bildungsabschluss durchweg unter Hinweis auf den in der Personalakte befindlichen Lebenslauf des Klägers begründet. Auch wenn man zu Gunsten der Beklagten als wahr unterstellt, dass der Lebenslauf nicht etwa - wie der Kläger ausführt - ohne sein Zutun infolge krimineller Machenschaften nachträglich in die Personalakte eingefügt worden ist, bleibt doch festzuhalten, dass der Lebenslauf ersichtlich erst nach Abschluss des Arbeitsvertrages vorgelegt sein muss. Andernfalls wäre nicht erklärlich, aus welchem Grunde der Kläger mit Schreiben vom 16.05.1997 zur Vorlage eines Lebenslaufs aufgefordert wurde.

4. Nachdem der mit dem Kläger geschlossene Arbeitsvertrag zunächst nur befristet abgeschlossen worden war, ist allerdings nachfolgend im Jahre 1999 eine Entfristung erfolgt. Geht man zu Gunsten der Beklagten davon aus, dass der Kläger jedenfalls zu diesem Zeitpunkt seinen Lebenslauf bereits eingereicht hatte, käme gegebenenfalls eine Anfechtung derjenigen Willenserklärung in Betracht, durch welche der Arbeitsvertrag vom 16.05.1997 entfristet worden ist. Insoweit haben die Parteien unter dem 01.06.1999 einen entsprechenden Änderungsvertrag abgeschlossen. Die Anfechtungserklärung der Beklagten vom 06.03.2008 bezieht sich zwar auf den Arbeitsvertrag in der zuletzt maßgeblichen Form, der geltend gemachte Anfechtungsgrund betrifft indessen den Vertragsschluss vom 16.05.1997 und knüpft an eine Täuschungshandlung bei der Einstellung an. Die Frage, ob die erklärte Anfechtung ohne weiteres auch die Vertragserklärung der Beklagten bei Abschluss des Änderungsvertrages ergreift, bedarf jedoch letztlich keiner Entscheidung. Weder aus dem Parteivortrag noch aus dem Inhalt der Personalakte oder sonstigen Umständen lassen sich nämlich Anhaltspunkte dafür erkennen, die vom Kläger - nach Einstellung - eingereichten Unterlagen seien bei der Vertragsänderung (Entfristung) Grundlage der Willensbildung der Beklagten und damit für den Vertragsschluss kausal gewesen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrages noch keine Personalunterlagen vorgelegt hatte, diese jedoch - wie unterstellt wird - zeitnah nachgereicht hat, läge zwar ein Kausalzusammenhang zwischen Entfristung des Vertrages und der Nachreichung der Personalunterlagen nahe, wenn die Beschäftigung etwa ersichtlich einen bestimmten Bildungsabschluss voraussetzte, der Einstellung damit erkennbar eine entsprechende Erwartung zugrunde lag und die angeforderten und nachgereichten Unterlagen der nachträglichen Qualifikationskontrolle dienten. Der vorliegende Sachverhalt ist indessen durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Kläger seine vormals für den ASTA der Universität durchgeführte Beratungstätigkeit nach Vertragsabschluss mit der Beklagten - zunächst im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts und nachfolgend unmittelbar für diese - fortführen sollte. Anders als bei der Neueinstellung eines Bewerbers, dessen Eignung der Arbeitgeber zunächst nur anhand von Einstellungsgesprächen und vorgelegten Unterlagen beurteilen kann, erklärt sich hier die ungewöhnlich formlose Einstellung des Klägers ersichtlich aus dem Umstand, dass der Kläger für die übertragene Tätigkeit ohne weiteres als geeignet erschien, weil er entsprechende Aufgaben bereits langjährig im Rahmen seiner vorangehenden Tätigkeit ausgeübt hatte und dies der Beklagten auch bekannt war. Wenn der mit dem Kläger geschlossene Arbeitsvertrag unter diesen Umständen nach Ablauf des vorgesehenen Befristungszeitraums im Jahre 1999 durch Änderungsvertrag entfristet wurde, lässt sich dies ohne weiteres aus dem Fortbestehen des Beschäftigungsbedarfs und der beanstandungsfreien Tätigkeit des Klägers erklären, nicht hingegen kann ohne nähere Anhaltspunkte unterstellt bzw. nach allgemeiner Lebenserfahrung als gesichert angenommen werden, dass für die Vertragsverlängerung - anders als für die Einstellung des Klägers - nunmehr die aus dem Lebenslauf ersichtlichen Angaben zum Bildungsabschluss maßgeblich sein sollten. Nicht weniger plausibel erscheint vielmehr der Hergang, dass die vom Kläger eingereichten Unterlagen zur Vervollständigung, jedoch ohne nähere Kenntnisnahme etwa der Angaben im Lebenslauf zur Personalakte genommen wurden. Dass die Führung der Personalakte bei der Beklagten seinerzeit nicht vollständig den Gepflogenheiten des Öffentlichen Dienstes entsprach, zeigt sich beispielhaft an dem Umstand, dass erst im Jahre 2000 förmliche Stellenbeschreibungen er-stellt wurden. Erst in diesem Zusammenhang lässt sich - wie zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird - eine Berücksichtigung der aus dem Lebenslauf des Klägers ersichtlichen Angaben zum angeblich erworbenen Bildungsabschluss erkennen. Dementsprechend mag die spätere Zubilligung des Bewährungsaufstiegs im Jahre 2002 durch die entsprechenden Angaben in der Stellenbeschreibung vom 02.02.2000 maßgeblich beeinflusst sein. Demgegen-über kann auch unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung nicht als feststehend angenommen werden, dass im Zusammenhang mit der Entfristung des Arbeitsvertrages im Jahre 1999 oder schon bei der zuvor erfolgten Höhergruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe IV a BAT die Willensbildung der Beklagten durch die in der Personalakte abgehefteten Unterlagen und die hierin enthaltenen Angaben zum Bildungsabschluss bestimmt worden ist.

5. Soweit nach den vorstehenden Ausführungen ein Kausalzusammenhang zwischen den aus der Personalakte ersichtlichen Angaben des Klägers zum Bildungsabschluss und dem nachfolgenden Bewährungsaufstieg bestehen mag, ist dies für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Belang. Die erklärte Anfechtung zielt nicht auf Beseitigung einer zu Unrecht erlangten Eingruppierung, sondern auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass eine Anfechtung des Arbeitsvertrages - unabhängig von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Angaben zum erworbenen Bildungsabschluss -schon am Merkmal der fehlenden Kausalität zwischen Anfechtungsgrund und Vertragsschluss bzw. Vertragsverlängerung scheitert.

II

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die angegriffene fristlose Kündigung vom 26.03.2008 beendet worden.

1. Bedenken gegen die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung bestehen zunächst im Hinblick auf eine mögliche Versäumung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB.

Nachdem der Kläger bereits im ersten Rechtszuge mit Schriftsatz vom 26.03.2008 die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist bestritten und ausgeführt hat, diejenigen "Auffälligkeiten", welche Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Klägers zum erworbenen Bildungsabschluss (Abitur) begründeten, seien der Beklagten längst bekannt gewesen, hat die Beklagte ausgeführt, der Geschäftsführer der Beklagten habe sich im Zusammenhang mit dem seinerzeit aus anderen Gründen eingeleiteten Zustimmungsverfahren beim Integrationsamt die Personalakte vorlegen lassen und bei deren Überprüfung am 27.02.2008 die hier vorgetragenen Unstimmigkeiten festgestellt. Wie aus dem Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils ersichtlich, hat der Kläger nachfolgend an seinem Bestreiten festgehalten. In Anbetracht der Tatsache, dass sich die von der Beklagten vorgetragenen Modalitäten der Kenntniserlangung der eigenen Anschauung des Klägers entziehen, war für ein wirksames Bestreiten auch kein konkreter Gegenvortrag des Klägers erforderlich. Das gilt umso mehr, als der Vortrag der Beklagten zur Kenntniserlangung allein einen Anlass und einen konkreten Zeitpunkt nennt, nicht hingegen auf den naheliegenden Einwand eingeht, dass die festgestellten Auffälligkeiten bereits seit langem aus der Personalakte ersichtlich gewesen sein müssen. Nachdem der Kläger erneut in der Berufungsbegründung die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist bestritten hat, wäre es dementsprechend nach der gesetzlichen Beweislastverteilung Sache der Beklagten gewesen, für die behauptete Kenntniserlangung (erst) am 27.02.2008 geeigneten Beweis anzutreten. Weder lässt sich ein solcher Beweisantritt der Akte entnehmen, noch käme - ohne die Schilderung von Hilfstatsachen mit diesbezüglichem Zeugenbeweis - eine Beweisführung allein durch das Angebot der eigenen Parteivernehmung in Betracht. Die Vorschrift des § 445 ZPO sieht allein die Parteivernehmung des Gegners vor, die Parteivernehmung des Beweisführers von Amts wegen setzt nach § 448 ZPO voraus, dass für die Richtigkeit der Behauptung immerhin eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (Zöller/ Greger, § 448 ZPO Rn 4 m.w.N.).

2. Aber auch wenn man die Frage der Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs.2BGB offen lässt und in der Sache zu Gunsten der Beklagten erneut als wahr unterstellt, dass der Kläger durch unrichtige Angaben im Lebenslauf ein "Jura-Diplom" sowie im Personalbogen einen Schulabschluss mit Hochschulzugangsberechtigung (Abitur) vorgetäuscht hat, kann unter Berücksichtigung der Umstände des Falles dem Standpunkt der Beklagten nicht gefolgt werden, im Zeitpunkt der Kündigungsausspruchs im Jahre 2008 komme der so begründeten Pflichtverletzung (Täuschung bei Abschluss des Arbeitsvertrages und nachfolgende Bestätigung) noch die Bedeutung eines "wichtigen Grundes" im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu, welche die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigung unzumutbar mache.

a) Geht man auf der Grundlage des Beklagtenvorbringens davon aus, dass der Kläger - wie unstreitig ist - weder über ein iranisches "Jura-Diplom" verfügt, noch - wie die Beklagte behauptet - eine Abiturprüfung absolviert hat, so lag zweifellos in den unwahren Angaben des Klägers eine schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, welche an sich geeignet war, eine fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages zu rechtfertigen. Allein der Umstand, dass die Angaben erst nach Abschluss des Arbeitsvertrages erfolgt sind und aus diesem Grunde eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung mangels Kausalität ausscheidet, vermag die Pflichtwidrigkeit unwahrer Angaben über den Bildungsabschluss und ihre Bedeutung als "wichtiger Grund" im Sinne des § 626 BGB nicht zu beseitigen.

b) In Anbetracht der Tatsache, dass weder für die Tätigkeit des Klägers noch für die tarifliche Eingruppierung ein Hochschulabschluss erforderlich war, ferner ein im Iran erworbenes "Jura-Diplom" für die Aufgabenstellung des Klägers in Deutschland, ausländische Studenten auf der Grundlage der hier geltenden Rechtsvorschriften zu beraten, ohnehin belanglos war, vielmehr - wie die formlose Handhabung des Vertragsschlusses zeigt - die Erfahrungen des Klägers bei seiner Beratungstätigkeit für den ASTA für die Einstellungsentscheidung maßgeblich waren, dürfte allerdings ein etwa zu Unrecht behauptetes "Jura-Diplom" schon deshalb als "wichtiger Grund" ausscheiden, weil eine derartige Angabe eher als "Aufschneiderei" denn als vertraglich bedeutsame Vortäuschung fachlicher Qualifikationen anzusehen wäre. Anders als die nichtberechtigte Führung eines akademischen Titels und anders als das unberechtigte Vorgeben einer Berufsausübungserlaubnis (z.B. als Arzt) kann die Erklärung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, er verfüge über ein iranisches Jura-Diplom im vorliegenden Zusammenhang nicht im Sinne der Vortäuschung eines vertragsrelevanten Qualifikationsnachweises angesehen werden. Inwiefern schon eine entsprechende "Aufschneiderei" als solche als schwerwiegender Vertrauensverstoß anzusehen ist, ist nachfolgend zu erörtern. Davon, dass die Erklärung des Klägers darauf gerichtet war, der Beklagten eine besondere beruflich relevante Qualifikation vorzuspiegeln, kann demgegenüber nicht ausgegangen werden.

c) Soweit es den Bildungsabschluss der Abiturprüfung betrifft, ist der Beklagten zuzugeben, dass es - auch wenn Tätigkeits- und Eingruppierungsregeln einen solchen Bildungsabschluss nicht voraussetzen - für die Einstellung und Beschäftigung eines Arbeitnehmers mit höherwertigen Tätigkeiten durchaus von Belang ist, über welchen Schulabschluss der Bewerber verfügt. Auch insoweit müssen indessen die Umstände des Einzelfalls beachtet werden. Schon die Tatsache, dass mit dem Kläger kein unbekannter Bewerber eingestellt, sondern ein mit gleichartiger Aufgabenstellung langjährig befasster Berater übernommen worden ist, lässt die Bedeutung des förmlichen Bildungsabschlusses zurücktreten.

Das Gewicht etwa unrichtiger Angaben über den Bildungsabschluss wird im Übrigen dadurch stark relativiert, dass der Kläger immerhin in Deutschland durch den Besuch des Studienkollegs im Jahre 1978 eine dem Abitur gleichwertige Hochschulzugangsberechtigung erworben und auf dieser Grundlage im Jahre 1995 ein juristisches Studium aufgenommen hatte. Auch die in die Personalakte aufgenommene Bescheinigung der RAe F1 über die unterstützende Tätigkeit des Klägers bei der Bearbeitung von Mandaten mit ausländerrechtlichem Bezug macht deutlich, dass der Kläger nicht etwa - gleich einem Hochstapler - eine einschlägige fachliche Qualifikation lediglich vorgegaukelt hat, sondern - unabhängig von dem in der Heimat erworbenen förmlichen Bildungsabschluss - tatsächlich über die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen zur Erledigung der zugewiesenen Aufgaben verfügte.

Soweit die Beklagte demgegenüber im Schriftsatz vom 08.05.2008 (Bl. 53, 55 d.A.) ausführt, dem Kläger habe es in Wahrheit an den der tariflichen Eingruppierung entsprechenden umfassenden und vertieften Fachkenntnissen gefehlt; dies werde durch chaotische Aktenführung, ungeordnete Verwahrung von Bewerberunteralgen und eigenmächtige Weiterbeschäftigung einer Praktikantin über die Vertragsbeendigung hinaus deutlich, steht dies zum einen in unverkennbarem Gegensatz zur dienstlichen Beurteilung vom 13.12.2002 (Bl 68 d.PA.), welche dem Kläger Leistungen "zur vollsten Zufriedenheit" bescheinigt. Zum anderen ist weder ein Zusammenhang zwischen behaupteten Leistungsmängeln und erforderlichen Fachkenntnissen ersichtlich, noch sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Kläger, sofern er im Iran eine Abiturprüfung abgelegt hätte, aufgrund dessen die genannten Beanstandungen vermieden hätte, welche ersichtlich nichts mit Fragen fehlender Allgemeinbildung oder fehlender Fachkenntnisse zu tun haben.

Auch wenn also die Behauptung der Beklagten als wahr unterstellt wird, dass der Kläger im Iran keinen Schulabschluss erlangt hat, welcher dem deutschen Abitur entspricht, fehlte dem Kläger keineswegs der von der Beklagten vorausgesetzte tätigkeitsbezogene Bildungsstand. Dementsprechend berührt die behauptete Pflichtverletzung des Klägers - nicht anders als das fragliche iranische "Jura-Diplom" - nicht die fachliche Eignung des Klägers, sondern die arbeitsvertragliche Vertrauensbeziehung.

d) Inwiefern unrichtige Angaben des Arbeitnehmers unter dem Gesichtspunkt der Störung der Vertrauensbeziehung als wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB angesehen werden können, kann nur im Hinblick auf die Besonderheiten der auszuübenden Tätigkeit beurteilt werden. Hat etwa der als Prokurist beschäftigte Arbeitnehmer eine erhebliche Vorstrafe wegen des Delikts der Untreue verschwiegen, so kommt, auch wenn die Aufgabenerledigung nachfolgend keinen Anlass zur Beanstandung gibt, nicht allein der zurückliegenden Straftat selbst, sondern auch den diesbezüglichen unrichtigen Erklärungen des Arbeitnehmers bei seiner Einstellung eine maßgebliche Bedeutung im Sinne der Beeinträchtigung der arbeitsvertraglichen Vertrauensbeziehung zu, so dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz langjährig beanstandungsfreier Tätigkeit als unzumutbar erscheinen kann. Demgegenüber kann die vertragliche Aufgabenstellung des Klägers nicht als Vertrauensstellung im vorbezeichneten Sinne angesehen werden. Auch wenn jedes Arbeitsverhältnis - mehr als ein rein entgeltliches Austauschverhältnis - Vertrauensaspekte aufweist, bleibt doch festzuhalten, dass das Vertrauen der Beklagten in die korrekte Arbeitsweise des Klägers hier nicht durch die - als wahr unterstellten - unrichtigen Angaben des Klägers über seinen Bildungsabschluss infrage gestellt ist. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die betreffenden Angaben des Klägers aus dem Jahre 1997 im Zeitpunkt der Kündigung mehr als 10 Jahre zurücklagen, vermag die Kammer dem Standpunkt der Beklagten nicht zu folgen, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnis sei unter diesen Umständen auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist unzumutbar. Ob die Beklagte bei zeitnaher Aufdeckung des Sachverhalts zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigt gewesen wäre, mag dahinstehen. Infolge des langen Zeitablaufs und der zwischenzeitlich eingetretenen Bewährung des Klägers kommt dem Verhalten des Klägers zu Vertragsbeginn jedenfalls gegenwärtig bzw. zum Zeitpunkt der Kündigung kein Gewicht mehr zu, welches den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigt.

e) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass auch die Stellenbeschreibung aus dem Jahre 2000 entsprechende Angaben über den Bildungsabschluss des Klägers enthält.

Auch wenn zu Gunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass der Kläger mit seiner Unterschrift nicht allein die unterzeichnete Seite 4, sondern auch die vorangehenden Seiten - gleich ob sie zusammengeheftet waren oder nicht - zur Kenntnis genommen und als zutreffend bestätigt hat, folgt hieraus nicht, dass der Kläger selbst die Aufnahme der betreffenden Angaben in die Stellenbeschreibung veranlasst hat. Der schriftsätzliche Vortrag der Beklagten beschränkt sich auf den Gesichtspunkt der Kenntnis des Klägers, eine eigene aktive Rolle des Klägers bei der Abfassung der Stellenbeschreibung trägt die Beklagte selbst nicht vor. Auch aus den Umständen lassen sich hierfür keine sicheren Anhaltspunkte erkennen. Als Indiz für eine aktive Rolle des Klägers bei der Abfassung der Stellenbeschreibung käme etwa ein zeitlicher Zusammenhang mit einem Höhergruppierungsbegehren in Betracht, dies trifft indessen hier nicht zu. Im Gegenteil legt das Motiv der Beklagten, die Personalakte zu vervollständigen, durchaus den Hergang nahe, dass der hiermit befasste Mitarbeiter die Angaben zum Werdegang des Klägers aus der Personalakte übernommen hat. Dementsprechend kann dem Kläger hier allein vorgehalten werden, dass er seine früheren, zur Personalakte gereichten (unrichtigen) Angaben nicht korrigiert, sondern mit der von ihm unterzeichneten "Kenntnisnahme" am Zustandekommen der unzutreffenden Stellenbeschreibung beteiligt war. Die vom Kläger im Jahre 1997 durch Einreichung seines Lebenslaufs bewirkte Fehlvorstellung der Beklagten über den erworbenen Bildungstand wurde damit zwar aufrecht erhalten, für eine Absicht des Klägers, durch sein Handeln die Beklagte erneut zu einem ihm günstigen Verhalten zu veranlassen, fehlt es demgegenüber an ausreichenden Anhaltspunkten. Allein der Vorwurf, dass der Kläger in diesem Zusammenhang nicht von sich aus für eine Richtigstellung gesorgt hat - auch nach seiner Darstellung bestand keine Grundlage für die Erwähnung des iranischen Jurastudiums mit Diplom - , kann unter Berücksichtigung der unter Buchstabe d) genannten Gesichtspunkte nicht als derartig schwerwiegend angesehen werden, dass eben hierdurch das zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensverhältnis beseitigt wurde. Einer aktiven "Erneuerung" oder "Vertiefung" der früher begangenen Täuschung mit gleichartigem Gewicht kann die Abzeichnung der Stellenbeschreibung keinesfalls gleichgestellt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass die unrichtigen Angaben des Klägers im Lebenslauf bei Ausspruch der Kündigung mehr als zehn Jahre und die hier angesprochene Unterschriftsleistung immerhin mehr als acht Jahre zurücklagen und nicht etwa durch Mängel der Arbeit, sondern - wie die Beklagte selbst vorträgt - rein zufällig bei Durchsicht der Personalakte aus anderem Anlass entdeckt wurden, sieht die Kammer sich in der Einschätzung bestätigt, dass diesem Vorgang im Zeitpunkt der Kündigung vom 26.03.2008 insgesamt keine für das Arbeitsverhältnis noch maßgebliche Bedeutung mehr zukam. Nicht anders als im Falle des "verblassten" Anfechtungsgrundes, welcher durch Zeitablauf und weitere Umstände seine Bedeutung verloren hat und dem Arbeitgeber nach Treu und Glauben das Recht zur Anfechtung des Arbeitsvertrages nimmt (vgl. MünchKomm/Kramer, 5. Aufl., § 119 BGB Rn 142, § 123 BGB Rn 29; BAG AP § 123 BGB Nr. 17, 38, 64) ist auch bei der außerordentlichen Kündigung von entscheidender Bedeutung, inwiefern noch nach den Verhältnissen im Kündigungszeitpunkt das länger zurückliegende Fehlverhalten des Arbeitnehmers unter Beachtung des für das Kündigungsrecht maßgeblichen Prognoseprinzips die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Eine im Kündigungszeitpunkt fortwährende Beeinträchtigung der arbeitsvertraglichen Vertrauensbeziehung kann aus den dargestellten Gründen nicht angenommen werden, weshalb sich die fristlose Kündigung im Ergebnis als unwirksam erweist.

III

Eine Umdeutung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung scheidet schon aus Gründen des Schwerbehindertenrechts aus, da eine behördliche Zustimmung allein hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung vorliegt.

IV

Aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergibt sich die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens arbeitsvertragsgemäß weiter zu beschäftigen.

C

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen, da sie unterlegen ist.

D

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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