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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 29.01.2004
Aktenzeichen: 8 Sa 1420/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 29.04.2003 - 2 Ca 3136/02 - teilweise abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen und vorsorglich fristgerechten arbeitgeberseitigen Kündigung vom 05.11.2002. Diese Kündigung hat die Beklagte mit Zustimmung des Betriebsrats unter Hinweis auf die Tatsache ausgesprochen, dass der seit dem Jahre 1973 beschäftigte und zuletzt als Filialleiter im Schuhmarkt der Beklagten in B5xxxx eingesetzte Kläger unberechtigt aus dem Wechselgeldbestand der Filiale Bargeld in mehreren Teilbeträgen - teils gegen Einlegung einer Quittung - in Höhe von insgesamt 600,-- EUR entnommen hat. Der Kläger hat sich insoweit auf eine wirtschaftliche Notlage berufen. Die Beklagte hält die Fortführung des Arbeitsverhältnisses auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist wegen der herausgehobenen Position des Klägers und aus Gründen der Betriebsdisziplin für geboten. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29.04.2003 (Bl. 40 ff. d.A.) die Klage abgewiesen, soweit es die hilfsweise fristgemäß ausgesprochene Kündigung betrifft. Die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses hat das Arbeitsgericht hingegen für unwirksam erachtet und zur Begründung ausgeführt, bei der gebotenen Interessenabwägung müsse zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden, dass der Kläger durch die frühere Entziehung einer Führungsposition in persönliche Schwierigkeiten geraten sei. Trotz des massiven Fehlverhaltens des Klägers sei der Beklagten unter diesen Umständen die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten. Beide Parteien haben gegen das arbeitsgerichtliche Urteil Berufung eingelegt. Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Entscheidungsgründe: Die Berufung der Beklagten ist begründet. Hieraus ergibt sich zugleich die Unbegründetheit der Berufung des Klägers. I In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil ist der vorliegende Sachverhalt zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung, und zwar ohne vorangehende Abmahnung, geeignet. Als Filialleiter sind dem Kläger wesentliche Vermögenswerte anvertraut. Die eigenmächtige Entnahme von Bargeld aus dem Kassenbestand führt zu einer grundlegenden und endgültigen Zerstörung der erforderlichen Vertrauensbeziehung. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Kläger - wie ihm ohne weiteres abgenommen werden kann - durchaus willens war, die entnommenen Bargeldbeträge zurückzuführen, sobald er hierzu in der Lage sein würde. Gerade wegen der angespannten finanziellen Verhältnisse war eine solche Rückführung des eigenmächtig aufgenommenen "Kredits" jedoch keineswegs sichergestellt. Darüber hinaus fällt zu Lasten des Klägers nicht nur ins Gewicht, dass er nur über einen Teil der entnommenen Beträge eine Quittung hinterlegt hatte, weitere Quittungen hingegen sich bei seinen Unterlagen befanden, so dass die Beklagte im Konfliktfall nicht einmal einen Beleg über die vollständige Summe der Entnahmen in Händen gehabt hätte. Zugleich bestand unter diesen Umständen die Gefahr, dass auch andere Mitarbeiter in Verdacht hätten geraten können, für den Fehlbetrag verantwortlich zu sein. Auch ohne ausdrückliche Abmahnung musste dem Kläger in der verantwortlichen Position des Filialleiters bewusst sein, dass der Fortführung des Arbeitsverhältnisses auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist durch einen derartigen Vorgang jede Grundlage entzogen war. Der vom Arbeitsgericht vorgenommenen Interessenabwägung vermag die Kammer nicht zu folgen. Dabei kann offen bleiben, aus welchen Gründen der Kläger seine frühere gehobene Position im Bereich des Einkaufs verloren und inwiefern der Kläger den Einsatz als Filialleiter des Schuhmarktes verständlicherweise als Degradierung aufgefasst hat mit der Folge, dass er in seiner privaten Lebensführung "aus dem Tritt geraten" ist. Für die Frage, ob es der Beklagten möglich und zumutbar war, den Kläger für die Dauer der Kündigungsfrist in seiner bisherigen oder einer anderen Angestelltenposition weiterzubeschäftigen, müssen die dargestellten persönlichen Umstände unberücksichtigt bleiben, zumal eine rechtlich relevante Verantwortung der Beklagten hierfür nicht zu erkennen ist. Sowohl für einen Filialleiter, aber auch für einen angestellten Verkäufer des Einzelhandels, der zwangsläufig Zugang zu wesentlichen Vermögenswerten des Arbeitgebers besitzt, ist jedoch die uneingeschränkte Vertrauenswürdigkeit unbedingte Eignungsvoraussetzung. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass eine ständige Beaufsichtigung des Klägers nach den Erfordernissen des Betriebsablaufs unmöglich oder jedenfalls unzumutbar wäre. Trotz der mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen Härte kann unter diesen Umständen die Entscheidung des Arbeitgebers zur fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht beanstandet werden. II Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen, da er unterlegen ist. III Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG liegen nicht vor.

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