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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 23.05.2002
Aktenzeichen: 8 Sa 154/02
Rechtsgebiete: TzBfG, BeschFG


Vorschriften:

TzBfG § 14
BeschFG § 1
Eine auf das Beschäftigungsförderungsgesetz gestützte und unter Beachtung des Vier-Monats-Abstandes (§ 1 Abs. 3 BeschFG) wirksam vereinbarte Befristung des Arbeitsvertrages kann nach Inkrafttreten des Teilzeitbefristungsgesetzes nicht mehr unter Ausschöpfung des Zweijahreszeitraums (§ 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG, § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG) verlängert werden, da im Zeitpunkt der Verlängerungsvereinbarung neues Recht gilt und damit das strikte Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eingreift.
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

Geschäfts-Nr.: 8 Sa 154/02 7 AZR 535/02

Verkündet am: 23.05.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Dudenbostel sowie die ehrenamtlichen Richter Rosenberger und Knoke

für Recht erkannt :

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 20.12.2001 - 1 Ca 2053/01 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien über den 15.09.2001 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner Klage macht der Kläger die Unwirksamkeit einer arbeitsvertraglich getroffenen Befristungsvereinbarung mit der Begründung geltend, die auf das Beschäftigungsförderungsgesetz gestützte Arbeitsvertragsbefristung vom 16.11.1999 bis zum 31.05.2000 sowie die Befristungsverlängerungen bis zum 30.11.2000 und zum 31.05.2001 seien zwar nach den Vorschriften dieses Gesetzes zulässig gewesen, die weitere (dritte) Verlängerung gemäß Verlängerungsvereinbarung vom 03.05.2001 bis zum 15.09.2001 scheitere hingegen an dem nunmehr maßgeblichen Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG.

Der am 24.08.1960 geborene Kläger war zunächst aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.07.1997 (Bl. 11 d.A.) als Feinwerker im Betrieb der Beklagten beschäftigt. Der Arbeitsvertrag war zunächst bis zum 31.07.1998 befristet und wurde sodann durch Vereinbarung vom 06.07.1998 (Bl. 12 d.A.) bis zum 30.06.1999 verlängert.

Unter Beachtung der Vier-Monats-Frist des § 1 Abs. 3 BeschFG wurde der Kläger sodann erneut aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 16.11.1999 (Bl. 9 d.A.) eingestellt, und zwar zunächst befristet bis zum 31.05.2000. Mit Vereinbarung vom 26.04.2000 (Bl. 8 d.A.) wurde das Arbeitsverhältnis bis zum 30.11.2000, ferner mit Vereinbarung vom 26.10.2000 (Bl. 7 d.A.) bis zum 31.05.2001 verlängert.

Weiter vereinbarten die Parteien unter dem 03.05.2001 (Bl. 6 d.A.) eine erneute befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 15.09.2001. Die Wirksamkeit dieser weiteren Befristung steht unter den Parteien im Streit. Mit seiner am 17.09.2001 eingegangenen Klage macht der Kläger den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend.

Zur Begründung hat der Kläger im ersten Rechtszug ausgeführt, unter Berücksichtigung der Vorbeschäftigungszeit vom 02.07.1997 bis 30.06.1999 verstoße die zuletzt getroffene Befristungsvereinbarung gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, nach den Regeln des Beschäftigungsförderungsgesetzes habe es ihr freigestanden, das zulässigerweise befristete Arbeitsverhältnis bis zur Dauer von zwei Jahren dreimal zu verlängern. Die nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz bestehende Verlängerungsmöglichkeit sei durch das Teilzeitbefristungsgesetz nicht beseitigt worden.

Durch Urteil vom 20.12.2001 (Bl. 21 ff. d.A.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, das Teilzeitbefristungsgesetz enthalte keine Übergangsvorschriften, weswegen das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis allein nach § 1 BeschFG zu beurteilen sei. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien vor dem 31.12.2000 begründet worden sei, habe der Beklagten sowohl das Recht zu einer einmaligen Befristung für zwei Jahre, aber auch zu entsprechenden Mehrfachbefristungen innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums zugestanden.

Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger seinen abgewiesenen Klageantrag unter Vertiefung seines Rechtsstandpunktes weiter und beantragt:

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bocholt vom 20.12.2201, AZ. 1 Ca 2053/01, wird festgestellt, dass die Befristung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages zum 15.09.2001 rechtsunwirksam ist und über den 15.09.2001 hinaus zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend und wiederholt ihren Standpunkt, sowohl nach dem alten als auch nach dem neuen Recht sei eine sachgrundlose Befristung für die Dauer von zwei Jahren einschließlich entsprechender Verlängerungen zulässig. Damit fehle es aber an einem ausreichenden Grund, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu nehmen, die unter Geltung des Beschäftigungsförderungsgesetzes begonnenen, jedoch nicht ausgeschöpften Befristungsmöglichkeiten allein wegen der Neufassung des Gesetzes zu beschränken.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers führt zur Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils und zur antragsgemäßen Feststellung, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

I

Die zwischen den Parteien zuletzt unter dem 02.05.2001 vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 15.09.2001 ist unwirksam, da sie gegen das seit dem 01.01.2001 geltende Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verstößt.

1. Die Zulässigkeit der Befristungsvereinbarung vom 02.05.2001 beurteilt sich nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften, also nach dem Teilzeitbefristungsgesetz. Aus dem Fehlen von Übergangsvorschriften folgt - entgegen der Auffassung des arbeitsgerichtlichen Urteils - nicht, dass die aus dem Beschäftigungsförderungsgesetz folgenden Befristungsregeln solange weitergelten, bis der nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG zugelassene Höchstzeitraum für Befristungsverlängerungen ausgeschöpft ist. Richtig ist allein, dass sich die Wirksamkeit einer getroffenen Befristungsvereinbarung nach denjenigen Vorschriften richtet, welche im Zeitpunkt des Vertragsschlusses galten. Hätte die Beklagte von vornherein eine Befristung für zwei Jahre - also vom 16.11.1999 bis einschließlich 15.11.2001 - getroffen, so wäre für die Wirksamkeit dieser Befristungsvereinbarung das Inkrafttreten des Teilzeitbefristungsgesetzes mit dem 01.01.2001 - trotz der hierin enthaltenen Einschränkungen - ohne Belang gewesen. Demgegenüber folgt aus dem Fehlen einer Übergangsregelung gerade nicht, dass auch nach dem 01.01.2001 Verlängerungen auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG vereinbart werden konnten.

2. Nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist zwar - wie nach der vorangehenden Regelung - sowohl eine Befristung bis zur Dauer von zwei Jahren als auch eine dreimalige Verlängerung bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren zulässig. Im Gegensatz zu der vorangehenden gesetzlichen Regelung scheidet jedoch eine Befristung aus, wenn - jemals - mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dieses strikte Anschlussverbot ist deutlich strenger gefasst als die vormalige Regelung des § 1 Abs. 3 BeschFG, welche eine Befristung nur unter der Voraussetzung ausschloss, dass zu einem vorhergehenden Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang bestand, was insbesondere bei einem Unterbrechungszeitraum von weniger als vier Monaten anzunehmen war.

Dementsprechend war es nach alter Rechtslage für die befristete Neueinstellung des Klägers ab dem 16.11.1999 sowie die beiden nachfolgenden Befristungsverlängerungen unproblematisch, dass der Kläger bereits in der Zeit vom 02.07.1997 bis zum 30.06.1999 für die Beklagte tätig war. Die Vier-Monats-Frist war nämlich bei der Neubegründung des Arbeitsverhältnisses mit dem 16.11.1999 abgelaufen. Nach neuem Recht war hingegen der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages schon wegen der Vorbeschäftigung vom 02.07.1997 bis 30.06.1999 nicht mehr möglich. Hieraus ergibt sich aber, dass die Beklagte mit ihrer letzten Befristungsvereinbarung vom 03.05.2001 keineswegs eine unverändert zulässige Befristungsverlängerung ausgeschöpft hat. Vielmehr ging es mit der letzten Befristung vom 03.05.2001 um eine Verlängerungsmöglichkeit, welche nach altem Recht gegeben, nach neuem Recht hingegen nicht mehr zugelassen war. Träfe der Standpunkt der Beklagten zu, in jedem Falle seien die unter Geltung des Beschäftigungsförderungsgesetzes begonnenen Befristungen einschließlich entsprechender Verlängerungen bis zur Ausschöpfung des Zwei-Jahres-Zeitraums zulässig, so könnte das mit dem verschärften Anschlussverbot verfolgte gesetzgeberische Ziel in jedem Falle erst mit deutlicher Verzögerung erreicht werden. Richtig ist zwar, dass den ab dem 01.01.2001 geltenden strengeren Regelungen des Teilzeitbefristungsgesetzes noch für nahezu zwei volle Jahre ausgewichen werden konnte, wenn etwa durch Vertrag vom 31.12.2000 die maximal zulässige Befristungsdauer von zwei Jahren in einem Zuge ausgeschöpft wurde. Hieraus folgt jedoch nicht, dass auch in den Fällen, in denen die Vertragsparteien nach Inkrafttreten des Teilzeitbefristungsgesetzes Befristungsverlängerungen vereinbaren, ebenfalls der Anwendung neuen Rechts für denselben ZweiJahres-Zeitraum ausgewichen werden kann. Wäre dies beabsichtigt gewesen, hätte es einer entsprechenden "besitzstandswahrenden" Übergangsreglung bedurft.

Die mit der Vier-Monats-Regelung des § 1 Abs. 3 BeschFG verbundene Möglichkeit, immer wieder aufs neue sachgrundlose Befristungen nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz zu vereinbaren und den Vier-Monats-Zeitraum durch Zeiten vorübergehender Arbeitslosmeldung zu überbrücken, bot den Betrieben zwar eine gesteigerte Flexibilität hinsichtlich des Personalbedarfs; das Ziel der Beschäftigungsförderung war durch eine solche Konzeption jedoch nicht zu erreichen. Das strikte Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG soll hingegen die sachgrundlose Befristung im Verhältnis zu demselben Arbeitgeber effektiv auf einen Anwendungsfall begrenzen. Ob zur Vermeidung von Missbräuchen tatsächlich ein zeitlich unbegrenztes Anschlussverbot erforderlich gewesen wäre, mag rechtspolitisch zweifelhaft sein. Zu einer Gesetzeskorrektur oder einschränkenden Gesetzesauslegung für Übergangsfälle besteht jedoch jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang kein Anlass. In Anbetracht der damaligen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses von ca. 4 1/2 Monaten vom 01.07. bis 15.11.1999 kann von einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Vertragsfreiheit keine Rede sein. Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes war der Gesetzgeber nicht gehalten, eine Übergangsregelung zu schaffen, welche eine Ausschöpfung früher zulässiger Befristungsmöglichkeiten zuließ. Vielmehr hätte es der Beklagten freigestanden, etwa im Zusammenhang mit der Verlängerungsvereinbarung vom 26.10.2000 die zu diesem Zeitpunkt noch mögliche Befristungsverlängerung bis zur Ausschöpfung der Zweijahresgrenze (15.11.2001) mit dem Kläger zu vereinbaren. Wenn die Beklagte stattdessen eine Verlängerung allein bis zum 31.05.2001 vereinbarte, unterlag sie ab diesem Zeitpunkt den verschärften Regeln des Befristungsrechts.

3. Das zum 01.01.2001 in Kraft getretene strikte Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG umfasst nach der Gesetzessystematik auch keineswegs allein den Neuabschluss befristeter Arbeitsverträge im Gegensatz zur (zulässigen) Verlängerung befristeter Verträge im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. TzBfG oder des § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG. Die in § 14 Abs. 2 Satz 2 genannte "Befristung" steht nicht im Gegensatz zum Begriff der "Verlängerung", vielmehr stellen Verlängerung und erstmalige Befristung Unterfälle einer Befristungsvereinbarung dar. Sowohl in § 14 Abs. 2 Satz 1 als auch in Satz 2 TzBfG ist mit der Befristung die rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Vertragsdauer gemeint, worunter auch die Verlängerungs-Befristung fällt. Aus der Zulässigkeit der dreimaligen Verlängerung innerhalb der zugelassenen Höchstbefristungsdauer von zwei Jahren folgt allein, dass die zu Verlängerungszwecken erfolgte Befristung dem Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 insoweit nicht unterliegt, als der vorangehende Vertrag in zulässiger Weise - ohne Verstoß gegen das Anschlussverbot - befristet war. Ist also ein Arbeitsvertrag unter Geltung des Teilzeitbefristungsgesetzes erstmals zulässig befristet worden, so hat das Anschlussverbot für die nachfolgenden zulässigen Verlängerungen im Rahmen des § 14 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. keine Bedeutung. Diese systematisch zwingende Beschränkung des Anschlussverbots greift jedoch für Befristungen (in Form der Verlängerung) nicht ein, welche unter Geltung des Teilzeitbefristungsgesetzes auch als Erstbefristung nicht wirksam vereinbart werden könnten, weil bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestanden hat. Vom strikten Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sind dementsprechend nur solche Verlängerungs-Befristungen ausgenommen, welche sich im Rahmen einer nach dem Teilzeitbefristungsgesetz zugelassenen Befristungsvereinbarung halten. Nicht hingegen können auf diesem Wege (Verlängerungs-)Befristungen vereinbart werden, welche als erstmalige Befristungen unzulässig wären und allein unter Geltung früherer, weniger strenger Gesetzesvorschriften begründet worden sind.

II

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen, da sie unterlegen ist.

III

Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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