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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.01.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 1641/07
Rechtsgebiete: BGB, TV über eine Zuwendung für Angestellte im Bereich des BAT


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 145
TV über eine Zuwendung für Angestellte im Bereich des BAT
Kein anteiliger Anspruch nach dem arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte im Bereich des BAT, wenn der Arbeitnehmer von einer gemeinnützigen GmbH des K1werks zum Erzbistum als neuem Arbeitgeber wechselt.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 09.08.2007 - 1 Ca 865/07 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Zusammenhang mit dem einvernehmlichen Wechsel des Klägers von der beklagten B3-GmbH - einer gemeinnützigen Einrichtung des K2 - zum Erzbistum P1 um einen Anspruch auf anteilige Sonderzahlung auf der Grundlage des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Zuwendungstarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte im Bereich des BAT.

Durch Urteil vom 09.08.2007 (Bl. 37 ff d. A.), auf welches wegen des weiteren Sachverhalts Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht dem Klagebegehren mit der Begründung entsprochen, die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die tariflichen Regeln des öffentlichen Dienstes sei im vorliegenden Zusammenhang dahingehend auszulegen, dass der tariflich verwendete Begriff des "öffentlichen Dienstes" durch denjenigen des "kirchlichen Dienstes" zu ersetzen sei. Da sowohl die Beklagte wie auch das Erzbistum P1 dem kirchlichen Dienst zuzurechnen und auch die weiteren tariflichen Voraussetzungen erfüllt seien, stehe dem Kläger der geforderte anteilige Zuwendungsanspruch zu.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung tritt die Beklagte dem Standpunkt des Arbeitsgerichts zur Auslegung der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel mit Rechtsausführungen entgegen und beantragt,

unter Abänderung des arbeitsrechtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Sie führt unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung zur Abweisung des Klagebegehrens.

I

Dem Kläger steht die begehrte anteilige Sonderzahlung nach dem arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag nicht zu.

1. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag auf bestimmte tarifliche Regelungen des öffentlichen Dienstes verwiesen, so u.a. auch auf den Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte. Einen anteiligen Anspruch auf Jahressonderzahlung sieht der Tarifvertrag allein für einen Arbeitgeberwechsel innerhalb des öffentlichen Dienstes vor, wobei die tarifliche Protokollnotiz ausdrücklich als öffentlichen Dienst allein die Gebietskörperschaften sowie Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten des öffentlichen Rechts definiert. Dass diese Voraussetzungen hier nicht vorliegen, steht zwischen den Parteien außer Streit.

2. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, folgt aus der Tatsache, dass die Arbeitsvertragsparteien auf einen "fachfremden" Tarifvertrag verwiesen haben, die Notwendigkeit, den Inhalt der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel sinngemäß auszulegen (vgl. BAG Urteil vom 06.12.1990 - 6 AZR 268/89 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag).

Andernfalls hätte die in Bezug genommene tarifliche Regelung, soweit sie eine Regelung für den Fall des Arbeitgeberwechsels betrifft, von vornherein keinen Anwendungsbereich.

Auf der Grundlage der zitierten Entscheidung könnte danach ein Arbeitgeberwechsel innerhalb der rechtlich selbständigen, jedoch verbandsmäßig strukturierten Einrichtungen des K2 als geeignet anzusehen sein, einen anteiligen Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung zu begründen, da ein solcher verbandsinterner Arbeitgeberwechsel dem tariflich vorgesehenen Wechsel innerhalb des öffentlichen Dienstes gleichzustellen wäre. Demgegenüber scheidet eine Auslegung der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel in dem vom Arbeitsgericht angenommenen weitgefassten Sinne einer "Einheit des kirchlichen Dienstes" - ohne Unterscheidung zwischen der "verfassten Kirche" als Körperschaft öffentlichen Rechts einerseits und privatrechtlich organisierten Betätigungsformen kirchlichen Handelns andererseits - aus.

a) Wie sich aus der Protokollnotiz Nr. 2 zum Zuwendungstarifvertrag ergibt, haben die Tarifparteien einen Anspruch auf anteilige Jahressonderzahlung nur für den Arbeitgeberwechsel vorgesehen, bei welchem alter und neuer Arbeitgeber zum "öffentlichen Dienst" i.e.S. zählen, weswegen ein Arbeitgeberwechsel von oder zu einem privatrechtlich organisierten Arbeitgeber, auch wenn dieser letztlich - wie etwa bestimmte Forschungseinrichtungen - in staatlicher Trägerschaft geführt und finanziert wird - von der tariflichen Regelung nicht erfasst wird (BAG, Urteil vom 07.12.1983 - 5 AZR 5/82; Urteil vom 07.02.1996 - 10 AZR 445/95 - AP Nr. 23 zu § 611 BGB Kirchendienst). Der Gedanke der "Einheit des öffentlichen Dienstes" bleibt also im Anwendungsbereich des BAT auf die öffentlich-rechtlich organisierten Arbeitgeber beschränkt.

b) Diese Grundsätze müssen auch bei der Auslegung der hier einschlägigen arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel sinngemäß berücksichtigt werden. Der Gedanke der "Einheit des öffentlichen Dienstes" im Sinne des Zuwendungstarifvertrages rechtfertigt danach allein eine Anwendung der Regeln über den Arbeitgeberwechsel innerhalb eines privatrechtlich organisierten kirchlich getragenen Verbandes (so des K2) oder innerhalb einzelner öffentlich-rechtlich organisierter Einrichtungen der verfassten Kirche. Wollte man demgegenüber die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel unter dem Gesichtspunkt der "Einheit des kirchlichen Dienstes" auch auf solche Fallgestaltungen ausdehnen, in welchen ein Arbeitgeberwechsel von privatrechtlich organisierten Einrichtungen des Kirchendienstes zur verfassten Kirche selbst stattfindet, so würde hierdurch - über eine sinngemäße Anpassung der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel hinaus - eine inhaltliche Erweiterung der in Bezug genommenen tariflichen Regelung bewirkt. Für einen solchen, über die in Bezug genommene tarifliche Regelung hinausgehenden Regelungswillen der Vertragsparteien liegen indessen keine Anhaltspunkte vor.

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, für die "Einheit des kirchlichen Dienstes" sei entscheidend, dass die Beklagte als früherer Arbeitgeber ebenso wie das Erzbistum als neuer Arbeitgeber der Grundordnung des kirchlichen Dienstes unterworfen seien. Abgesehen davon, dass die Beklagte eine eigene diesbezügliche rechtliche Bindung bestritten und hierzu ausgeführt hat, weder in der Satzung ihres als e.V. organisierten Rechtsvorgängers noch in den aktuell für die Beklagte maßgeblichen Rechtsgrundlagen werde auf die kirchliche Grundordnung Bezug genommen, vermag auch die - zugunsten des Klägers als wahr unterstellte - gleichartige Bindung von altem und neuem Arbeitgeber an die kirchliche Grundordnung die tariflich maßgebliche Unterscheidung zwischen privatrechtlich organisierten Formen kirchlicher Betätigung einerseits und öffentlich-rechtlicher kirchlicher Betätigung nicht beiseite zu schieben. Hätten die Arbeitsvertragsparteien bei der Regelung einer jährlichen Sonderzahlung, anstatt die im Zuwendungstarifvertrag vorgesehenen Beschränkungen aufzugreifen, weitergehend jeden Arbeitgeberwechsel innerhalb des gesamten Kirchendienstes i.w.S. erfassen und die Gewährung der Zuwendung im Falle des Arbeitgeberwechsels allein an die übereinstimmende Orientierung an der kirchlichen Grundordnung knüpfen wollen, so hätte dies einer eigenständigen vertraglichen Regelung bzw. Klarstellung bedurft. Mit der arbeitsvertraglich vereinbarten Verweisung auf den Zuwendungstarifvertrag sind aber im Zweifel auch die hierin vorgesehenen Beschränkungen vereinbart, welche bei einem Wechsel zwischen privatrechtlich organisiertem und öffentlich-rechtlich organisiertem Arbeitgeber einen anteiligen Zuwendungsanspruch nicht vorsehen.

II

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen, da er unterlegen ist.

III

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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