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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.02.2005
Aktenzeichen: 8 Sa 1931/04
Rechtsgebiete: TzBfG
Vorschriften:
TzBfG § 14 |
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 21.09.2004 - 1 Ca 853/04 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung vom 14.11.2003 beendet worden ist, sondern über den 16.05.2004 hinaus unbefristet fortbesteht.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses und insbesondere um die Frage, ob die zuletzt getroffene Befristungsvereinbarung eine zulässige Verlängerung der vorangehenden sachgrundlosen Befristungsvereinbarung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG darstellt oder ob - im Hinblick auf eine inhaltliche Änderung der Vertragsbedingungen während der Laufzeit der Erstbefristung - im Zeitpunkt der Verlängerungsvereinbarung bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen war.
Die Beklagte unterhält ein Unternehmen des Dienstleistungsgewerbes und ist u.a. mit der Reinigung von Teilflächen im Herz- und Diabeteszentrum B1x O1xxxxxxxx befasst. Die Klägerin, welche als Raumpflegerin im Herzzentrum B1x O1xxxxxxxx bereits seit dem Jahre 1993 für andere Reinigungsunternehmen tätig war, trat aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 23.10.2002 (Bl. 14 f. d.A.) mit Wirkung vom 18.11.2002 in die Dienste der Beklagten, welche zuvor nach Ausschreibung und Neuvergabe den entsprechenden Reinigungsauftrag erhalten hatte.
Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 23.10.2002 war unter Bezugnahme auf § 14 Abs.2 TzBfG eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 17.11.2003 vorgesehen. Die vertragliche Arbeitszeit war in § 3 des Arbeitsvertrages auf zur Zeit 30 Stunden festgelegt. Durch weiteren Arbeitsvertrag vom 25.08.2003 (Bl. 17 d.A.) wurde - unter Aufrechterhaltung der Befristung bis zum 17.11.2003 - die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin auf 39 Stunden/Woche erhöht. Zugleich vereinbarten die Parteien - nach Angaben der Beklagten zur Vereinheitlichung der Vertragsbedingungen sämtlicher Beschäftigter - in der Anlage zum Arbeitsvertrag die Geltung diverser allgemeiner Vertragsbestimmungen (Bl. 18 ff. d.A.). Kurz vor Ablauf der vereinbarten Befristung zum 17.11.2003 vereinbarten die Parteien sodann mit Vertrag vom 14.11.2003 eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 16.05.2004. Mit Schreiben vom 14.04.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, das Arbeitsverhältnis ende zum 16.05.2004. Gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses richtet sich die am 30.04.2004 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug im Wesentlichen geltend gemacht, im Hinblick auf ihre frühere Beschäftigung im Herzzentrum O1xxxxxxxx liege ein Betriebsübergang auf die Beklagte im Sinne des § 613 a BGB vor, so dass die nachfolgend mit der Beklagten vereinbarten Befristungen unwirksam seien. Weiter hat die Klägerin sich in diesem Zusammenhang auf entsprechende Zusagen des Geschäftsführers auf einer Betriebsversammlung berufen. Demgegenüber hat die Beklagte geltend gemacht, die Übernahme von Reinigungstätigkeiten im Herzzentrum B1x O1xxxxxxxx stelle allein eine Funktionsnachfolge, nicht hingegen einen Betriebsübergang dar, zumal sie - unstreitig - keinerlei Betriebsmittel und nur einzelne Arbeitnehmer des früheren Reinigungsunternehmens übernommen habe. Ebenso wenig habe sie diesbezügliche Zusagen erteilt, vielmehr handele es sich bei den getroffenen Vereinbarungen um eine zulässigerweise erstbefristete und einmalig verlängerte Neueinstellung.
Durch Urteil vom 28.09.2004 (Bl. 62 ff. d.A.), auf welches wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den verfolgten Feststellungs- und Weiterbeschäftigungsantrag abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, gegen die Befristung des Arbeitsvertrages vom 23.10.2002 und den nachfolgenden Verlängerungsvertrag vom 14.11.2003 bestünden keine rechtlichen Bedenken, vielmehr handele es sich um eine nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässige sachgrundlose Befristung. Aus der vorangehenden Beschäftigung der Klägerin beim vormaligen Auftragnehmer könne auch kein Verstoß gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG hergeleitet werden. Ein Betriebsübergang liege nämlich nicht vor, vielmehr sei die Klägerin erst nach Neuvergabe des Dienstleistungsauftrages an die Beklagte von dieser neu eingestellt worden. Soweit sich die Klägerin auf eine Zusage berufe, sie werde bei der Beklagten zu unveränderten Bedingungen - also unbefristet - übernommen, könne sich die Klägerin jedenfalls hierauf nicht berufen, nachdem sie nämlich ohne Widerspruch die befristeten Verträge vom 23.10. und 14.11.2003 unterzeichnet habe. Ohnehin seien nach dem Inhalt der Verträge allein die schriftlich vereinbarten Arbeitsbedingungen maßgeblich.
Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung hält die Klägerin unter Neufassung ihrer Rechtsausführungen an dem Standpunkt fest, die zuletzt vereinbarte Befristungsabrede gemäß dem Verlängerungsvertrag vom 14.11.2003 verstoße gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Der Verlängerungsvertrag vom 14.11.2003 habe nämlich nicht den ursprünglichen, auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden bezogenen Arbeitsvertrag vom 23.10.2003 verlängert, vielmehr beziehe sich die Vereinbarung vom 14.11.2003 auf den befristeten Vertrag vom 25.08.2003, welcher seither eine wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden und vollständig neu gefasste allgemeine Arbeitsbedingungen enthalte. Auf die Privilegierung des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG könne sich die Beklagtenseite danach nicht berufen. Eine zulässige Verlängerung komme nämlich nur bei unverändertem Vertragsinhalt in Frage, ohne dass es einen Unterschied ausmachen könne, ob die Vertragsänderung zeitgleich mit der Verlängerung der Vertragsdauer oder während einer Befristungsperiode vereinbart werde. Weiter wendet sich die Klägerin gegen den Standpunkt des Arbeitsgerichts, nach Treu und Glauben könne sie sich auf die von der Beklagten zugesagte Übernahme der Arbeitsverhältnisse nicht mehr berufen. Allein die Tatsache, dass die Klägerin bei der Beklagten befristete Arbeitsverträge unterschrieben habe, nehme ihr nicht das Recht, Mängel der Befristungsvereinbarung im Rahmen einer Entfristungsklage geltend zu machen. Ein weiteres Unrecht liege im Übrigen darin, dass die Beklagte die Fortführung des Arbeitsverhältnisses wegen angeblich fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten verweigere, in Wahrheit jedoch die Stelle der Klägerin durch Verwandtschaft einer Vorgesetzten der Klägerin neu besetzt worden sei. Dies verstoße gegen das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an Arbeitnehmerschutz.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 21.09.2004 - 1 Ca 853/04 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung vom 14.11.2003 beendet worden ist, sondern über den 16.05.2004 hinaus unbefristet fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung als zutreffend, bestreitet den Vortrag der Klägerin zu angeblichen Zusagen der Geschäftsleitung sowie zur angeblich missbräuchlichen Neubesetzung der Stelle der Klägerin und tritt im Übrigen den Rechtsauführungen der Klägerin zur Unzulässigkeit der Befristungsverlängerung entgegen. Soweit sich die Klägerin zur Begründung ihres Standpunkts, es liege keine zulässige Verlängerungsvereinbarung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG vor, vielmehr folge aus der Änderungsvereinbarung vom 25.08.2003 ein Verstoß gegen das Anschlussverbot gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berufe, werde verkannt, dass sich der Änderungsvertrag vom 25.08.2003 exakt auf den gleichen Zeitraum (18.11.2002 bis 17.11.2003) wie der erstmals befristete Arbeitsvertrag vom 23.10.2002 beziehe. Dementsprechend handele es sich bei dem Vertrag vom 25.08.2003 allein um eine inhaltliche Änderung des Ausgangsvertrages unter gleichzeitiger kompletter Überarbeitung der verwendeten Vertragsbedingungen, nicht hingegen um eine Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages, welche der Befristungskontrolle nach dem TzBfG unterliege. Eine derartige Vertragsgestaltung sei aber auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 19.02.2003 - 7 AZR 648/01) als unbedenklich anzusehen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Sie führt unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung zur antragsgemäßen Feststellung.
I
Das zwischen den Parteien durch Arbeitsvertrag vom 23.10.2002 begründete und zunächst bis zum 17.11.2003 befristete Arbeitsverhältnis ist durch die im Verlängerungsvertrag vom 14.11.2003 vereinbarte Befristungsabrede nicht zum 16.05.2004 beendet worden.
1. Die Klägerin hat im Anschluss an die Beendigungsmitteilung der Beklagten vom 14.04.2004 rechtzeitig die Unwirksamkeit der angegriffenen Befristung geltend gemacht.
2. Die Beklagte kann die im Verlängerungsvertrag vom 14.11.2003 getroffene Befristungsabrede nicht erfolgreich auf die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz TzBfG stützen.
a) Einen Verstoß gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG in Bezug auf die Vorbeschäftigung der Klägerin bei anderen Reinigungsunternehmen hat das Arbeitsgericht aus zutreffenden Gründen verneint, da die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nicht vorliegen. In der Berufung ist die Klägerin hierauf auch nicht zurückgekommen.
b) Gegenstand der rechtlichen Überprüfung sind danach die zwischen den Parteien selbst vereinbarten Befristungsabreden. Als erstmals befristeter Arbeitsvertrag (Ausgangsvertrag) ist damit der Vertrag vom 23.10.2002 anzusehen, welcher eine sachgrundlose Befristung gem. § 14 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz TzBfG enthielt.
In Übereinstimmung mit dem Rechtsstandpunkt der Klägerin kam eine Verlängerung dieses Vertrages nach § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz TzBfG nicht mehr in Betracht, da aus den nachstehenden Gründen zu diesem Zeitpunkt bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen war. Die Parteien haben nämlich nicht - wie in § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz TzBfG vorausgesetzt -, mit dem Verlängerungsvertrag vom 14.11.2003 lediglich die Befristungsdauer des auf § 14 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz TzBfG gestützten Ausgangsvertrages herausgeschoben. Vielmehr führt - wie nachstehend auszuführen ist - die Tatsache, dass die Parteien durch Änderungsvereinbarung vom 25.08.2003 den Inhalt des Arbeitsvertrags umgestaltet haben, im Ergebnis dazu, dass eine sachgrundlose Verlängerung nach den Regeln des TzBfG ausschied. Sieht man nämlich in der Vereinbarung vom 25.08.2003 einen eigenständig zu würdigenden, inhaltlich "neuen" und erneut befristeten Arbeitsvertrag, so verstieß bereits dieser gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Aber auch wenn man für die Befristungskontrolle auf den Ausgangsvertrag vom 23.10.2002 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 25.08.2003 abstellt, war dieser - abweichend vom Standpunkt der beklagtenseits zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - einer Verlängerung über den Termin der Erstbefristung (17.11.2003) hinaus nicht mehr zugänglich, wie sich aus einer am Gesetzeszweck orientierten Auslegung des § 14 Abs. 2 TzBfG ergibt.
c) Die rechtliche Überprüfung, welche Rechtsfolgen sich aus der Änderungsvereinbarung vom 25.08.2003 auf die Wirksamkeit der (aufrechterhaltenen) Befristung zum 17.11.2003 ergeben, insbesondere inwiefern der Vertrag vom 25.08.2003 bereits zur Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses führte, ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin insoweit keine eigenständige Entfristungsklage innerhalb der nach § 17 TzBfG maßgeblichen Klagefrist erhoben hat. Die Frage der Wirksamkeit der Befristung bis zum 17.11.2003 betrifft allein eine Vorfrage des Klagebegehrens, welches die Befristung des Vertrages vom 14.11.2003 zum 16.05.2004 zum Gegenstand hat. Im Rahmen der sog. Inzidentkontrolle ist zwar zu beachten, dass die Wirksamkeit der vorangehenden Befristung zum 17.11.2003 nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Demgegenüber steht nicht bindend fest, dass es sich bei der Befristung zum 17.11.2003 um eine zulässige sachgrundlose Befristung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG handelte, so dass der streitgegenständliche Verlängerungsvertrag vom 14.11.2003 erfolgreich auf die Verlängerungsmöglichkeit des § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz TzBfG gestützt werden konnte. Ob es sich bei der Befristung bis zum 17.11.2003 auf der Grundlage der Erstbefristung und der Änderungsvereinbarung vom 25.08.2003 (noch) um einen verlängerbaren Vertrag im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG handelt, ist vielmehr im vorliegenden Verfahren eigenständig zu prüfen (so für die Rechtslage nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz: BAG, Urteil vom 22.03.2000 - 7 AZR 58/98 - AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1996 = EzA § 1 BeschFG 1985 Nr. 4 mit Anmerkung Gotthardt). Entsprechendes gilt auch nach der Neuregelung des Befristungsrechts unter Geltung des TzBfG (KR-Bader, 7. Aufl., § 17 TzBfG Rz. 56).
d) Danach kommt es darauf an, ob der dem Verlängerungsvertrag vom 14.11.2003 vorausgehende Vertrag mit der Befristung bis zum 17.11.2003 ein verlängerungsfähiger Vertrag im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG darstellte. Dies ist aus den nachfolgenden Gründen zu verneinen:
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 26.07.2000 - 7 AZR 51/99 - AP Nr. 4 zu § 1 BeschFG 1996; weitere Nachw. bei KR-Lipke, 7. Aufl., § 14 TzBfG Rz 287) setzt die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages einen unveränderten Inhalt des Arbeitsvertrages voraus. Der Gesichtspunkt der Verlängerung betrifft allein die zeitliche Dauer des Arbeitsverhältnisses. Bietet der Arbeitgeber eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitiger Änderung des Vertragsinhalts an, so handelt es sich bei dem Verlängerungsvertrag nicht um eine nach § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz TzBfG zulässige Verlängerung, vielmehr verstößt der erneut befristete Arbeitsvertrag gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG (BAG a.a.O.)
Im Schrifttum (vgl. APS/Backhaus, 2. Aufl., § 14 TzBfG Rz. 374 ff.) wird gegen diese Rechtsprechung teilweise eingewendet, der Begriff der Verlängerung umfasse unabhängig von der Vertragslaufzeit auch Verträge mit geändertem Vertragsinhalt. Auch in der Sache sei wenig einsichtig, dass eine Befristungsverlängerung unwirksam sein solle, weil der Arbeitgeber anlässlich der Verlängerung des Vertrages dem Arbeitnehmer den Lohn erhöhe.
Diese Argumentation überzeugt nicht. Vielmehr ist unter Beachtung von Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung am Erfordernis des unveränderten Vertragsinhalts festzuhalten, wobei im Wege teleologischer Reduktion allerdings Ausnahmen von dem ansonsten einschlägigen Anschlussverbot für den Fall zu machen sind, dass die Änderung der Vertragsbedingungen - wie etwa eine Lohnerhöhung - unzweifelhaft für den Arbeitnehmer günstig oder - bei "neutralen" oder verschlechternden Änderungen - auf einem entsprechenden Wunsch des Arbeitnehmers beruhen (vgl. KR-Lipke a.a.O. Rz. 289 ff.) Nicht vom Arbeitnehmer geforderte Vertragsänderungen - auch solche "neutraler" Art wie etwa die Einführung arbeitsvertraglicher Ausschlussklauseln o.ä. - können danach nicht im Zusammenhang mit einer Vertragsverlängerung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG vereinbart werden. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Bietet nämlich der Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Auslaufen der Erstbefristung eine Vertragsänderung an, so muss der Arbeitnehmer, falls er sich hierauf nicht einlässt, regelmäßig damit rechnen, dass es nicht zur Verlängerung des Arbeitsvertrages kommt. Eben aus diesem Rechtsgedanken heraus ist auch die dargestellte Ausnahme für vom Arbeitnehmer gewünschte oder ihm ausschließlich günstige Vertragsänderungen zu begründen.
(2) Nach der weiteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 19.02.2003 - 7 AZR 648/01 - juris) sollen die dargestellten Grundsätze allerdings allein für den Fall Anwendung finden, dass die Vertragsänderung zeitgleich mit einer Vertragsverlängerung erfolgt. Wird hingegen - wie auch im vorliegenden Fall - ein sachgrundloser befristeter Arbeitsvertrag in einem ersten Schritt inhaltlich verändert und sodann - im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Ablauf der Befristung - ohne erneute Inhaltsänderung verlängert, so soll diese Gestaltung unproblematisch zulässig sein. Die Zulässigkeit der Vertragsverlängerung ergebe sich ohne weiteres aus § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG 1996 (jetzt: § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz TzBfG); ebenso wenig verstoße die Befristung in dem Verlängerungsvertrag gegen das gesetzliche Anschlussverbot, weil der zu verlängernde Vertrag seinerseits das Anschlussverbot verletzt habe. Für die Prüfung des Anschlussverbotes komme es auf den Vertrag an, welcher dem höchstens dreimal verlängerten Zeitvertrag vorausgehe. Dies treffe auf die Änderung der Vereinbarung während der Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrages nicht zu. Die gesetzlich vorgesehene Befristungskontrolle nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz finde nur statt, wenn die Laufzeit des bisherigen Vertrages verändert werde. Auf eine inhaltliche Vertragsänderung während der Befristungsdauer treffe dies nicht zu, so dass befristungsrechtlich keine Bedenken gegen die gewählte Vertragsgestaltung bestünden.
(3) Gegenüber der letztgenannten Rechtsprechung bestehen nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks ernsthafte Bedenken.
(a) In dogmatischer Hinsicht erscheint zunächst zweifelhaft, ob in einer Änderungsvereinbarung stets der Neuabschluss eines (weiteren) befristeten Arbeitsvertrages zu sehen ist - was ohne weiteres zur Unzulässigkeit der Zweitbefristung führen würde -, oder ob die Änderungsvereinbarung lediglich als inhaltliche Modifizierung des befristeten Ausgangsvertrages anzusehen ist, welcher bei Fristablauf im Rahmen des § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz TzBfG bedenkenlos verlängert werden kann. Begrifflich betrifft die Fragestellung nicht speziell das Arbeitsvertragsrecht, sondern allgemeine Grundsätze des Vertragsrechts und der Gesetzesauslegung. So wird etwa auf dem Gebiet des Tarifvertragsrechts - welches jedenfalls hinsichtlich des Zustandekommens und der Beendigung von Tarifregeln auf die Grundsätze des Vertragsrechts zurückgreift - die nach § 3 Abs. 3 TVG maßgebliche Frage, zu welchem Zeitpunkt der Tarifvertrag (und damit die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers) "endet", dahingehend beantwortet, hierfür genüge jede Änderung des Tarifvertrages (BAG, Urteil vom 17.05,2000 - 4 AZR 363/99 -AP Nr. 8 zu § 3 TVG Verbandsaustritt; Wiedemann, 6. Aufl., § 3 TVG Rz 64, 76). Der geänderte Tarifvertrag wird dementsprechend als "neuer", den vorangehenden Tarifvertrag ablösenden, nicht hingegen als modifiziert fortgeltender Vertrag angesehen, ohne dass freilich allein die begriffliche Einordnung das gefundene Ergebnis trägt. Entsprechend dieser Begriffsbildung ließe sich auch im vorliegenden Zusammenhang unschwer die Änderungsvereinbarung - ohne Rücksicht auf Inhalt und Reichweite der Änderungen - als Abschluss eines neuen Vertrages und damit als unzulässige Anschlussbefristung ansehen.
Denkbar wäre auch, jedenfalls die grundlegende Umgestaltung des Arbeitsvertrages als Neuabschluss, hingegen die bloße Veränderung einzelner Bedingungen wie der Arbeitszeitdauer nebst Anpassung der Vergütung noch als Modifizierung des befristeten Ausgangsvertrages anzusehen. Abgesehen davon, dass damit erhebliche Abgrenzungsprobleme geschaffen würden - die vorliegende umfassende Neugestaltung der allgemeinen Vertragsbedingungen aus Anlass einer Modifizierung der Arbeitszeit belegt dies anschaulich - stellt sich die Frage, ob tatsächlich die Zulässigkeit der gewählten Vertragsgestaltung von derartigen begrifflichen, gleichsam am "Wesen der Vertragsänderung" ausgerichteten Unterscheidungen abhängig gemacht werden kann.
(b) In dogmatischer Hinsicht weiter zu beachten ist im Übrigen der Umstand, dass die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu treffende Unterscheidung, ob die Befristungsverlängerung zeitgleich mit der inhaltlichen Änderung des Arbeitsvertrages (Befristungsverlängerung dann unzulässig) oder zeitlich hiervon getrennt erfolgt (Befristungsverlängerung zulässig), nicht etwa an die zeitliche Übereinstimmung des Vereinbarungszeitpunkts, sondern an die Übereinstimmung des Befristungszeitraums anknüpft. Das Rechtsgeschäft der Verlängerungsvereinbarung muss in jedem Falle zeitlich vor Ablauf der Erstbefristung zustande kommen. Dies führt im vorliegenden Zusammenhang zu befristungsrechtlich nur schwer zu erklärenden Differenzierungen. Wird - bei Ablauf der Erstbefristung zum 30.09. d. J. - etwa am 29.09. die (inhaltlich unveränderte) Vertragsverlängerung ab 01.10. vereinbart; ist dies die typische Situation einer nach § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz zulässigen Verlängerungsvereinbarung. Schädlich ist demgegenüber die am 29.09. mit der Vertragsverlängerung zeitgleich vereinbarte Vertragsänderung zum 1.10., weil die Vertragsänderung dann keine bloße Verlängerung ab 1.10. darstellt. Anderes müsste nach der zitierten Rechtsprechung jedoch wiederum gelten, wenn die am 29.09. vereinbarte Vertragsänderung schon sofort oder ab dem Folgetag (30.09.) wirken soll, die Verlängerung - selbstredend - hingegen erst zum 1.10. Wirkung entfaltet, wobei es unerheblich sein dürfte, ob Änderung und Verlängerung in einer Urkunde enthalten sind und damit zeitgleich vereinbart oder ob etwa zwei Urkunden nacheinander (in welcher Reihenfolge?) unterzeichnet werden. Da Vertragsänderung und -verlängerung nicht zum selben Zeitpunkt wirken, müsste es in diesen Fällen auf der Grundlage der Entscheidung vom 19.02.2003 bei der getrennten rechtlichen Beurteilung von Änderungs- und Verlängerungsvertrag verbleiben.
(c) Dies wirft die Frage auf, ob die mit der gewählten rechtlichen Konstruktion verbundenen unterschiedlichen Folgen von Sinn und Zweck des Gesetzes gedeckt sind.
Bekanntlich erlaubt das Gesetz einmalig (Anschlussverbot) die sachgrundlose Befristung für die Dauer von maximal zwei Jahren, wobei die zulässige Befristungsdauer auch in Form von Verlängerungsverträgen ausgeschöpft werden kann. Allein die entsprechenden Verlängerungsverträge sind insoweit gegenüber dem gesetzlichen Anschlussverbot privilegiert, Eben hieraus leitet sich die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab, nach welcher allein die inhaltlich unveränderte Vertragsverlängerung von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG erfasst und vom Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 ausgenommen ist.
Mit dieser Beschränkung der privilegierten Verlängerungsmöglichkeit sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge auf "rein zeitliche" Verlängerungen wird ersichtlich dem Umstand Rechnung getragen, dass der befristet beschäftigte Arbeitnehmer - eben wegen des fehlenden Bestandsschutzes - in seiner Entscheidungsfreiheit, ob er die ihm angetragene Vertragsänderung akzeptieren soll, wesentlich eingeschränkt ist (KR-Lipke a.a.O. Rz 287). Lehnt er die im Zusammenhang mit der anstehenden Vertragsverlängerung angebotene Änderung ab, wird nicht selten das Arbeitsverhältnis mit Fristablauf enden. Um die Chance auf Vertragsverlängerung zu wahren, muss sich der Arbeitnehmer im Zweifel auch auf eine ihm nachteilige oder jedenfalls von ihm nicht gewünschte Modifizierung des Arbeitsvertrages einlassen.
Diese "Drucksituation" mag zwar dem Arbeitnehmer um so bewusster werden, je näher der Ablauf der Erstbefristung bevorsteht. Tatsächlich stellt sich die Lage für ihn jedoch nicht anders dar, wenn ihm die Vertragsänderung zu einem früheren Zeitpunkt - Wochen oder Monate vor Fristablauf - (gleich zu welchem Termin) angetragen wird. Auch bei Ablehnung des Änderungsangebots während der Vertragslaufzeit wird der Arbeitnehmer mit einer Befristungsverlängerung kaum rechnen können. So erscheint es auch im vorliegenden Fall als wenig realistisch, dass die Klägerin, wenn sie sich dem Wunsch der Beklagten widersetzt hätte, den "komplett überarbeiteten" Vertrag vom 25.08.2003 zu unterzeichnen, über den 17.11.2003 hinaus beschäftigt worden wäre. Wie die Beklagte selbst vorträgt, schloss die Beklagte zum Zeitpunkt der Vertragsänderung grundsätzlich nur noch befristete Arbeitsverträge auf der Grundlage des überarbeiteten Vertragsmusters. Wenn die Beklagte aber, um für sämtliche Beschäftigte einheitliche Arbeitsbedingungen zu schaffen oder weil die früheren Vertragsbedingungen aus ihrer Sicht verbesserungsbedürftig erschienen, auch eine Anpassung bestehender befristeter Verträge anstrebte, so spricht dies deutlich dafür, dass die Klägerin - nicht anders als bei einer angebotenen Vertragsänderung zum 17.11.2003 - auch bereits am 25.08.2003 unter einem entsprechenden "Befristungsdruck" stand.
Unter Berücksichtigung des Schutzcharakters der gesetzlichen Regelung greift die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts damit zu kurz, wenn sie den Schutz des befristet eingestellten Arbeitnehmers vor inhaltlichen Änderungen des Arbeitsvertrages auf solche Änderungen beschränkt, welche an den Zeitpunkt der Vertragsverlängerung anknüpfen. Ebenso wenig lässt sich zur Verteidigung der zitierten Rechtsprechung darauf verweisen, das Gesetz verbiete es dem Arbeitgeber nicht, mit dem Arbeitnehmer zunächst eine Verlängerung des befristeten Vertrages und - etwa eine Woche später - eine Vergütungserhöhung zu vereinbaren, welche dieser "freudig akzeptiert" (so das Beispiel bei Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2004, Rz 567). Auch wenn richtig ist, dass der Arbeitnehmer sich hier in keiner Drucksituation befindet (dazu KR-Lipke a.a.O. Rz 287 b), dürfte dies weniger mit der - ohnehin wenig lebensnahen - Situation und Zeitabfolge, sondern damit zu tun haben, dass der Arbeitnehmer sich in inhaltlicher Hinsicht durch die angebotene Lohnerhöhung kaum bedrängt fühlen wird; auch bei zeitgleicher Lohnerhöhung und Befristungsverlängerung wäre dies nicht anders. Eben aus diesem Grunde sind nach den vorstehenden Ausführungen dem Arbeitnehmer günstige Änderungen solcher Art ohnehin vom gesetzlichen Anschlussverbot auszunehmen, von Belang sind vielmehr nur sonstige (nachteilige oder ambivalente) Vertragsänderungen, die der Arbeitnehmer, gleich zu welchem Zeitpunkt sie ihm angetragen werden, nicht ohne Bedenken akzeptieren würde, wenn er nicht nachteilige Folgen für die früher oder später anstehende Verlängerungsentscheidung des Arbeitgebers fürchtete. Die Vorstellung, der Arbeitgeber werde seine Verlängerungsentscheidung nur bei zeitgleich oder zeitnah verweigerter Vertragsänderung zu Lasten des Arbeitnehmers überdenken, länger zurückliegende Differenzen spielten demgegenüber in aller Regel keine Rolle, erscheint in Anbetracht der maximal zulässigen Befristungsdauer von insgesamt zwei Jahren als wenig realitätsgerecht.
Sieht man dementsprechend von wenig lebensnahen Ausnahmesituationen ab, so erfordert der Gesetzeszweck für die Verlängerung sachgrundloser Befristungen einen durchgehend unveränderten Vertragsinhalt, gleich zu welchem Zeitpunkt die Vertragsänderung vereinbart oder wirksam wird. Ob dieses Ergebnis aus einem - an Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten - Verständnis des Verlängerungsbegriffs abgeleitet wird oder ob auf den Begründungsansatz zurückgegriffen wird, dass - zumindest im vorliegenden Sachzusammenhang - die inhaltliche Vertragsänderung als Ablösung der bestehenden Vertragsbeziehung und Begründung einer neuen Vertragsbeziehung anzusehen ist, welche der eigenständigen Befristungskontrolle unterliegt, kann letztlich offen bleiben.
3. War nach alledem der zum 17.11.2003 befristete Ausgangsvertrag vom 23.10.2002 im Zeitpunkt der Verlängerungsvereinbarung vom 14.11.2003 nicht mehr in seiner ursprünglichen Fassung, sondern nur noch in der Fassung des Änderungsvertrages vom 25.08.2003 vorhanden, so scheidet aus den vorstehenden Gründen eine auf § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz TzBfG gestützte "privilegierte" Befristungsverlängerung aus. Die erneute Befristung im Arbeitsvertrag vom 14.11.2003 verstieß damit gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 TzBfG, da dem Vertrag vom 14.11.2003 das befristete Vertragsverhältnis vom 23.10.2002 in der Fassung vom 25.08.2003 vorausging.
4. Die Unwirksamkeit der im Vertrag vom 14.11.2003 getroffenen Befristungsabrede kann im vorliegenden Fall auch nicht mit der Überlegung in Frage gestellt werden, bei der Vertragsänderung vom 25.08.2003 habe es sich allein um eine der Klägerin günstige bzw. von der Klägerin gewünschte Regelung gehandelt. Dabei kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit von 30 auf 39 Stunden dem Wunsch der Klägerin entsprach - insoweit ist der Sachverhalt ungeklärt. Jedenfalls die weitere Überarbeitung der Vertragsbedingungen beruht nicht auf einem entsprechenden Wunsch der Klägerin. Ob sich einzelne der neu gefassten Arbeitsbedingungen - wie die Neufassung der Schriftformklausel - im Einzelfall zu Gunsten oder zu Ungunsten des Arbeitnehmers auswirken, lässt sich im vorhinein nicht feststellen. Derartige ambivalente "neutrale Klauseln" rechtfertigen jedenfalls keine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die gesetzlich zugelassene Verlängerung sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge bis zur Dauer von zwei Jahren einen durchgängig unveränderten Vertragsinhalt voraussetzt.
II
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen, da sie unterlegen ist.
III
Die Revision gegen das Urteil war wegen der Abweichung von der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowie auch im Hinblick auf die weiteren Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10.11.2004 - 15 Sa 1035/04 - und vom 07.12.2004 - 19 Sa 1529/04 - zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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