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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.12.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 1173/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280 Abs. 1
BGB § 317
BGB § 319
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 27.04.2005 - 8 Ca 6618/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.119,72 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren im Wesentlichen noch um Vergütungsdifferenzen wegen der Beurteilung des Klägers im Rahmen eines tariflichen Leistungsentgeltes.

Der am 01.12.13xx geborene Kläger ist von Beruf Diplom-Elektroingenieur (FH) und war als Beamter auf Lebenszeit bei der vormaligen D6xxxxxxx B3xxxxxxxx beschäftigt. Seine Tätigkeit übte er in den Bereichen Sanitär- und Aufzugstechnik aus.

Im Rahmen der sogenannten Postreform wurde der Kläger als Beamter beurlaubt und ist seit dem Jahre 1996 im Konzern D4xxxxxx T1xxxxx, und zwar bei der Beklagten, als Angestellter tätig.

Auf das Anstellungsverhältnis finden kraft Verbandszugehörigkeit die Tarifverträge Anwendung, die zwischen der Beklagten und der Deutschen Postgewerkschaft respektive der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossen worden sind.

Der Kläger erhält eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 7 des geltenden Entgeltrahmentarifvertrages, was nach übereinstimmenden Vorbringen der Parteien auch zutreffend ist. Daneben nimmt der Kläger am tariflichen Leistungsentgeltsystem teil, welches ebenfalls im Entgeltrahmentarifvertrag beschrieben ist.

§ 11 des Entgeltrahmentarifvertrages vom 14.10.1998 in der Fassung vom 21.11.2002 (künftig: ERTV) bestimmt unter anderem Folgendes:

"§ 11

Leistungsentgelt 5)

(1) Die Ermittlung des Leistungsentgelts 5) erfolgt aufgrund einer Leistungsbeurteilung.

(2) Die Leistungsbeurteilung hat für jeden Arbeitnehmer alle zwölf Monate zu erfolgen.

(3) Bei Neueinstellung, Umgruppierung sowie Versetzung hat eine Leistungsbeurteilung spätestens nach sechs Monaten zu erfolgen. Die nächste Leistungsbeurteilung ist im darauf folgenden Kalenderjahr zu dem allgemein festgesetzten Beurteilungszeitraum durchzuführen.

(4) Für die Beurteilung der Leistung ist ein Beurteilungsbogen entsprechend der Anlage 2 zu verwenden.

..."

Daneben bestimmt § 12 ERTV:

"§ 12

Beanstandungen des Arbeitnehmers an der Leistungsbeurteilung

(1) Ist ein Arbeitnehmer mit seiner Leistungsbeurteilung nicht einverstanden, kann der dies innerhalb von zwei Wochen und der Betriebsrat innerhalb von vier Wochen mit Einverständnis des betroffenen Arbeitnehmers beim Arbeitgeber beanstanden.

(2) Zur Regelungen von Beanstandungen über die Leistungsbeurteilung wird eine paritätische Kommission gebildet. Diese Kommission besteht aus jeweils zwei Vertretern des Arbeitgebers und des Betriebsrates. Von Fall zu Fall hat ein Vertreter des Arbeitgebers bzw. des Betriebsrates ein Doppelstimmrecht.

(3) Die Kommission hat innerhalb von drei Wochen eine Entscheidung zu treffen, die für den Arbeitgeber bindend ist. Im Bedarfsfall kann von der Kommission eine erneute Leistungsbeurteilung veranlasst werden, die innerhalb von zwei Wochen der Kommission zur Entscheidung vorzulegen ist.

(4) Ist der Arbeitnehmer mit der Beurteilung nicht einverstanden, steht der Rechtsweg offen.

(5) Während es o.g. Verfahrens ist die beanstandete Beurteilung für die Ermittlung des Leistungsentgelts 5) maßgebend.

(6) Wird der Beanstandung von der Kommission stattgegeben, erhält der Arbeitnehmer das Leistungsentgelt 5) entsprechend der Kommissionsentscheidung."

Unabhängig von diesem Leistungsentgelt existiert für die Beschäftigten der Beklagten ein Tarifvertrag "Budgetiertes Leistungsentgelt". Gemäß § 11 Abs. 15 ERTV werden die Anteile des sogenannten individuellen Leistungsentgeltes gemäß ERTV neben dem sogenannten budgetierten Leistungsentgelt gezahlt.

Der Kläger war bis zum 01.10.2000 als Gesamtvertrauensmann der Schwerbehinderten bei der Beklagten freigestellt. Eine Leistungsbeurteilung auf der Grundlage des ERTV erfolgte in dieser Zeit nicht; vielmehr wurden freigestellte Betriebsräte und Schwerbehindertenvertreter bei der Beklagten auf der Grundlage eines tariflichen Leistungsentgelts von 15 Punkten zusätzlich zur Vergütungsgruppe 7 vergütet. Der Kläger hat diese Leistungsbeurteilung als "pauschalierte Leistungsbeurteilung mit 15 Punkten" bezeichnet. Es sind auf der Grundlage von § 11 ERTV maximal 20 Punkte im individuellen Leistungsentgelt erreichbar; bis zehn Punkte wird lediglich das sogenannte budgetierte Leistungsentgelt gezahlt.

Nach seiner Freistellung als Gesamtvertrauensmann der Schwerbehinderten wurde der Kläger in der Organisationsabteilung "I2xxxxxx" versetzt.

Mit dieser Organisationsabteilung hat es folgende Bewandtnis: Für die Beschäftigten der Beklagten ist ein Rationalisierungsschutztarifvertrag (künftig: TV Ratio) vom 16.05.2000 abgeschlossen worden. § 3 dieses Tarifvertrages bestimmt:

"§ 3

Identifizierung

(1) Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze durch Rationalisierungsmaßnahmen nach § 1 betroffen sind, werden einer Auswahl (Identifizierung) unterzogen. Betroffen sind dabei grundsätzlich alle gleichen Arbeitsplätze einer Organisationseinheit.

..."

Daneben bestimmt der TV Ratio Folgendes:

"§ 5

I2xxxxxx

(1) Zur Realisierung einer Weiterbeschäftigung und Vermittlung der identifizierten Arbeitnehmer wird je Betrieb eine Organisationseinheit I2xxxxxx eingerichtet. Die Einzelheiten werden betrieblich vereinbart.

(2) Die identifizierten Arbeitnehmer werden in der I2xxxxxx versetzt. Die Versetzung ist zumutbar und gleichwertig.

§ 6

Personaleinsatz innerhalb der I2xxxxxx

(1) Bis zur Weitervermittlung auf einen Dauerarbeitsplatz erfolgen vorübergehende Beschäftigungen innerhalb und außerhalb der D7xxxxxxxxxxxx. Einzelne Tätigkeiten in diesem Sinne können auch befristete Einsätze im Konzern der D6xxxxxxx T1xxxxx AG sowie Tätigkeiten zur Abwicklung externer Aufträge außerhalb des Konzerns sein. Die Übertragung einzelner Tätigkeiten erfolgt im Rahmen des Direktionsrechts. Die D7xxxxxxxxxxxx ist auch berechtigt, das aufgabenbezogene Weisungsrecht (Arbeitnehmerüberlassung) auf Dritte innerhalb und außerhalb des Unternehmens/Konzerns zu übertragen.

...

§ 7

Zumutbare Tätigkeit innerhalb der I2xxxxxx

(1) Die nach § 6 Abs. 1 jeweils auszuübende Tätigkeit ist für den Arbeitnehmer zumutbar und gleichwertig. Einschränkungen können sich lediglich aus den nachfolgenden Absätzen ergeben.

...

§ 8

Bezahlung innerhalb der I2xxxxxx

(1) In Abweichung von den Eingruppierungs- und Bezahlungsregelungen der Tarifverträge der D7xxxxxxxxxxxx erfolgt die Bezahlung unabhängig von den tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten während des Einsatzes in der I2xxxxxx.

(2) Die Arbeitnehmer werden für die Anwendung von tariflichen Regelungen mit Entgeltbezug so behandelt, als bestünde ihre ursprüngliche Tätigkeit vor Versetzung in die I2xxxxxx weiter fort, soweit nachfolgend keine abweichenden Regelungen vorgesehen sind.

...

§ 9

Gleichwertige und zumutbare Beschäftigung auf einem Dauerarbeitsplatz

(1) D7xxxxxxxxxxxx ist verpflichtet, den identifizierten Arbeitnehmern einen gleichwertigen und zumutbaren dauerhaften Arbeitsplatz anzubieten. Hierzu gibt die Clearingstelle nach Maßgabe des § 4 unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit nach § 11 eine Empfehlung ab. Die Clearingstelle soll bei ihrer Empfehlung das Prinzip des ortsnahen Einsatzes berücksichtigen.

(2) Ein Dauerarbeitsplatz ist jeder Arbeitsplatz bei D7xxxxxxxxxxxx, der im Zeitpunkt der Vermittlung des Arbeitnehmers arbeitsrechtlich unbefristet ist.

(3) Soweit dies nicht möglich ist, kann D7xxxxxxxxxxxx den betroffenen Arbeitnehmern einen anderen zumutbaren Dauerarbeitsplatz mit geringerer Bezahlung anbieten. Diese Arbeitnehmer haben bei gleicher Eignung und vergleichbarer Qualifikation einen vorrangigen Anspruch auf unverzüglichen Wiedereinsatz auf einem gleichwertigen Dauerarbeitsplatz.

(4) Wenn für die Übernahme eines dauerhaften Arbeitsplatzes besondere Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, werden die Arbeitnehmer entsprechend eingewiesen bzw. fortgebildet (Qualifizierung). Alle Qualifizierungsmaßnahmen finden auf Kosten der D7xxxxxxxxxxxx während der Arbeitszeit statt.

...

§ 10

Gleichwertigkeit

eine Gleichwertigkeit des Arbeitsplatzes im Sine des § 9 ist immer dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer mit gleichem regelmäßigen Monatsentgelt und gleicher arbeitsvertraglich vereinbarter Wochenarbeitszeit beschäftigt werden kann oder eine Sicherung nach § 12 gewährt wird.

§ 11

Zumutbarkeit

(1) Eine Tätigkeit ist zumutbar, wenn sie in funktioneller, zeitlicher, räumlicher, gesundheitlicher und sozialer Hinsicht zumutbar ist.

(2) Die funktionelle Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die Anforderungen der neuen Tätigkeit der Qualifikation, Erfahrung und Art der bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers im wesentlichen entsprechen oder die erforderliche Eignung durch eine durch D7xxxxxxxxxxxx veranlasste Qualifizierungsmaßnahme erworben werden kann.

..."

Eine Leistungsbeurteilung für den Kläger erfolgte nach seiner Versetzung in die Organisationseinheit I2xxxxxx zunächst nicht; er erhielt weiterhin das individuelle Leistungsentgelt auf der Grundlage von 15 Punkten. Erst zum 02.02.2004 erfolgte eine neue Beurteilung auf der Grundlage des 2. Halbjahres 2003. Hierin wurde der Kläger mit insgesamt 10 Punkten beurteilt, was daraus resultiert, dass er in jeder Beurteilungsstufe zwei Punkte erhielt. Ausweislich des Beurteilungsbogens (Kopie Bl. 7 d.A.) bedeutet diese Bewertung "genügt den Anforderungen in vollem Umfang". Die Zahlung eines individuellen Leistungsentgeltes ist mit der Bewertung von zahn Punkten nicht verbunden.

Gegen diese Beurteilung wehrte sich der Kläger im Rahmen des tariflich vorgesehenen Beanstandungsverfahrens. Die hierin ebenfalls vorgesehene paritätische Kommission entschied mit Schreiben vom 06.05.2004 (Kopie Bl. 8 d.A.), den Einspruch des Klägers zurückzuweisen.

Im Rahmen dieses Einspruchsverfahrens hatte der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte eine unzutreffende Leistungsbeurteilung vorgenommen habe. Er hatte sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Beklagte seit Wegfall der Freistellung als Gesamtvertrauensmann der Schwerbehinderten in der Hauptverwaltung ihm keinerlei adäquate Tätigkeiten zugewiesen habe und er im Wesentlichen während des Beurteilungszeitraumes im 2. Halbjahr 2003 entweder freigestellt oder arbeitsunfähig erkrankt war bzw. Urlaub in Anspruch genommen hatte. Wegen der Aufstellung der Tätigkeiten des Klägers wird auf die Darlegungen in der Klageschrift (Kopie Bl. 13 - 16 d.A.) Bezug genommen.

Im Februar 2002 besetzte die Beklagte in der Niederlassung D5xxxxxx die Stelle eines Sozialbetreuers. In der Ausschreibung für diese Stelle, die dem Kläger streitlos nicht zur Kenntnis gebracht worden ist, vermerkte die Beklagte unter "Anforderungen":

- Berufsausbildung oder Hochschulabschluss der Sozialwissenschaften oder vergleichbare berufliche Qualifikation

- Mehrjährige Berufserfahrung

- Soziales Einfühlungsvermögen

- Hohe Kompetenz bzgl. spezifischer Methoden der Sozialarbeit

Wegen der Einzelheiten der Stellenbeschreibung wird auf die Kopie Bl. 190 d.A. Bezug genommen.

In der Zeit von Januar 2003 bis Mai 2003 übersandte die Beklagte dem Kläger mehrere Stellenausschreibungen. Wegen dieser Ausschreibungen im Einzelnen wird auf die Kopien Bl. 133 ff. d.A. Bezug genommen. Streitlos hat sich der Kläger auf keine dieser Stellenausschreibungen förmlich beworben.

Mit der vorliegenden, am 24.11.2004 beim Arbeitsgericht Dortmund eingegangenen Klage hat der Kläger für die Dauer von sechs Monaten auf der Grundlage von 15 Punkten ein monatliches Leistungsentgelt, welches er mit insgesamt 1.119,72 € beziffert hat, sowie eine Beschäftigung mit Tätigkeiten der Vergütungsgruppe 7 der Anlage 1 zum Entgeltrahmentarifvertrag verlangt.

Zur Begründung der Klage hat er sich im Wesentlichen auf sein Vorbringen berufen, welches er auch im Beanstandungsverfahren zur Leistungsbeurteilung vom 02.02.2004 vorgebracht hatte.

Im Übrigen hat er vorgetragen:

Es sei zweifelhaft, wie die Beklagte eine Leistungsbeurteilung vornehmen könne, wenn der Kläger streitlos im Beurteilungszeitraum keine Tätigkeiten erbracht habe. Letzteres sei indessen nicht vom Kläger zu vertreten, da ihm die Beklagte keine Arbeit zugewiesen habe.

Die Beklagte habe ihre tariflichen Pflichten verletzt, indem sie ihm die Stelle des Sozialbetreuers im Jahre 2002 nicht angeboten habe.

Es sei dem Kläger nicht vorzuwerfen, wenn er auf die Stelleangebote des Jahres 2003 keine förmliche Bewerbung abgegeben habe. In der Stellenausschreibung Nr. 02/03 seien Immobilienkaufleute gesucht worden, was der Kläger streitlos nicht sei. Gleichwohl habe er sich bei der in der Ausschreibung angegebenen Person erkundigt. Ihm sei jedoch mitgeteilt worden, dass sofort einsetzbare Fachkräfte benötigt würden. Ebenso sei es mit den Stellenausschreibungen Nr. 03/03 und 04/03 gegangen. Wegen weiterer Ausschreibungen habe der Kläger versucht, Informationen zu erhalten, jedoch keine der angegebenen Personen kurzfristig erreichen können.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.119,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2004 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn mit Tätigkeiten entsprechend der Vergütungsgruppe 7 der Anlage 1 zum Entgeltrahmentarifvertrag Immobilien zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Die Darlegung des Klägers zur Leistungsbeurteilung sei widersprüchlich. Wenn der Kläger tatsächlich - wie er behauptet habe - im Beurteilungszeitraum keinerlei Leistung abgegeben habe, sei es schlichtweg nicht möglich, ihn mit 15 Punkten zu beurteilen. Im Übrigen halte die Beklagte sich an die einschlägigen Tarifverträge, insbesondere an den Tarifvertrag zum Rationalisierungsschutz, wenn sie ihm nicht unbedingt Tätigkeiten zuweisen könne, die seiner beruflichen Ausbildung entsprächen. Die Beklagte sei insoweit auf ihre tatsächlichen Beschäftigungsmöglichen beschränkt.

Im Übrigen sei die Beurteilung des Klägers die eines durchschnittlichen Mitarbeiters. Die Beklagte habe bei der Beurteilung auch berücksichtigen dürfen, dass der Kläger sich auf ihm vorgeschlagene Stellen nicht beworben habe. Insoweit treffe den Kläger als identifizierten Mitarbeiter im Sinne des TV Ratio die Pflicht, sich aktiv - gegebenenfalls auch nach Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen - um eine anderweitige Beschäftigung im Rahmen des Konzerns "D4xxxxxx T1xxxxx" zu bewerben.

Durch Urteil vom 27.04.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass dem Kläger aufgrund der einschlägigen tariflichen Regelungen ein Beschäftigungsanspruch mit Tätigkeiten entsprechend einer Vergütungsgruppe 7 nicht zustehe. Die Leistungsbeurteilung, die die Beklagte vorgenommen habe, sei vom Arbeitsgericht nicht vollinhaltlich überprüfbar, da insoweit eine paritätisch besetzte Kommission entschieden habe. Jedenfalls könne dem Vorbringen des Klägers nicht entnommen werden, warum dieser besser zu beurteilen gewesen wäre, als es tatsächlich erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf das Urteil vom 27.04.2005 Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, den Prozessbevollmächtigten des Klägers unter dem 11.05.2005 zugestellt, wehrt sich der Kläger mit der vorliegenden, am 10.06.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 09.08.2005, am gleichen Tage beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründeten Berufung, soweit die Klage hinsichtlich des Zahlungsantrages abgewiesen worden ist.

Der Kläger trägt vor:

Die Beklagte habe dem Kläger aufgrund der tariflichen Regelungen eine adäquate Beschäftigungsmöglichkeit anbieten müssen. Es hätte ihm die Stelle als Sozialbetreuer zur Kenntnis gegeben werden müssen, auf die der Kläger sich sodann beworben hätte. Wäre der Kläger sodann in dieser Stelle beschäftigt worden, hätte der Kläger eine Arbeit geleistet, die die höchstmögliche Leistungszulage nach sich gezogen hätte.

Der Kläger mache also nicht geltend, dass die Beurteilung falsch gewesen sei, sondern dass er tarifwidrig nicht entsprechend vermittelt worden sei und allein aus diesem Grunde die vorgegebene Leistung nicht habe erbringen können.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Dortmund vom 27.04.2005 - 8 Ca 6618/04 - zu verurteilen, an ihn 1.119,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor:

Da aufgrund des nur teilweise angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichts Dortmund feststehe, dass die Beklagte nicht verpflichtet sei, den Kläger mit einschlägigen Tätigkeiten der Vergütungsgruppe 7 zu beschäftigen, könne er sich im Hinblick auf die Leistungsbeurteilung vom 02.02.2004 auch nicht darauf berufen, dass er im Beurteilungszeitraum keine maßgebliche Tätigkeit erbracht habe.

Im Übrigen sei die Leistungsbeurteilung nicht zu beanstanden, da sie dem Kläger durchaus durchschnittliche Leistungen attestiere.

Hierbei habe die Beklagte zu Recht die fehlende Initiative des Klägers im Hinblick auf die Bewerbungen auf ihm übermittelte Stellenausschreibungen berücksichtigt. Es korrespondiere nämlich mit den arbeitgeberseitigen Pflichten aus dem Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz die Pflicht des Arbeitnehmers, entsprechende Initiative bei der Vermittlung auf Stellen innerhalb des Bereichs des Konzerns "Deutsche T1xxxxx" zu zeigen.

Schließlich sei die Leistungsbeurteilung von den Arbeitsgerichten nicht vollinhaltlich überprüfbar. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass bei Entscheidungen paritätischer Kommissionen im tarifrechtlichen Bereich eine Überprüfung nur auf Verfahrens- und grobe Ermessensfehler stattfinde.

Soweit dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen sei, dass die Beklagte sich vertragswidrig verhalten habe, als sie dem Kläger die zu besetzende Stelle des Sozialbetreuers im Jahre 2002 nicht mitgeteilt habe, sei dem entgegenzutreten. Das Anforderungsprofil dieser Stelle habe der Kläger unstreitig nicht erfüllt. Im Übrigen sei der Vortrag des Klägers nicht nachvollziehbar und in diesem Sinne auch nicht schlüssig, er hätte die bestmögliche Leistung erbracht, wäre ihm die Stelle des Sozialbetreuers übertragen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers (§§ 66 Abs. 1 Satz 1; 64 Abs. 6 ArbGG; §§ 516 ff. ZPO) hat keinen Erfolg, da der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.119,72 € brutto aus seinem Arbeitsvertrag (§ 611 BGB) in Verbindung mit § 11 ERTV, gegebenenfalls als Schadensersatzanspruch in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB hat.

I.

Der oben genannte Anspruch des Klägers besteht nicht, da die Berufungskammer nicht feststellen konnte, dass die Beklagte den Kläger im Rahmen des § 11 ERTV mit 15 Punkten als individuelle Leistung zu bewerten gehabt hätte.

Dies zieht der Kläger letztendlich im Berufungsverfahren auch nicht mehr in Zweifel, wenn er sich ausdrücklich darauf beruft, dass er nicht geltend macht, dass die Beurteilung falsch sei.

Nach Auffassung der Berufungskammer ist die Beurteilung vom 02.02.2004 aber auch deswegen nicht gerichtlich zu beanstanden, weil es sich um die Entscheidung der tariflich vorgesehenen Kommission zu § 11 ERTV handelt, die ihre Entscheidung in Beanstandungsverfahrens nach § 12 ERTV getroffen hat. Die Kammer folgt insoweit vollinhaltlich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 22.01.1997 (10 AZR 468/96, u.a. NZA 1997, 837). Danach handelt es sich bei der Übertragung einer Entscheidung arbeitsrechtlicher Fragen auf eine tarifliche, paritätisch besetzte Kommission um die Delegation der Entscheidungsbefugnis auf einen Dritten im Sinne des § 317 Abs. 1 BGB. Bereits hieraus folgt, dass die paritätische Kommission ihre Entscheidung nach billigem Ermessen getroffen hat; insbesondere ist sie aufgrund der zwingenden Wirkung der vertraglichen Regelungen auch an das Verfahrensrecht des § 12 ERTV gebunden.

Daraus folgt zugleich, dass die Entscheidung der Kommission im Sinne des § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB als grob unbillig qualifiziert werden müsste (BAG aaO), um überhaupt gerichtlich ersetzt werden zu können.

Hierzu lassen sich dem Vortrag des Klägers keine Anhaltspunkte entnehmen: Insbesondere hat er Einwände zum Verfahren der paritätischen Kommission nicht erhoben; auch ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen, dass und warum der Kläger innerhalb des Beurteilungszeitraumes eine Leistung erbracht haben soll, die mit 15 Punkten zu bewerten ist.

Im Übrigen wird hierzu auf die zutreffenden Erwägungen der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen (vgl. § 69 Abs. 2 ArbGG).

B.

Dem Kläger steht auch im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB kein Schadensersatzanspruch des Inhalts zu, dass er so zu stellen ist, als hätte er innerhalb des Beurteilungszeitraumes eine Leistung erbracht, die mit 15 Punkten zu bewerten wäre.

a.

Ein solcher Anspruch aus vertraglicher Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB ergibt sich zunächst nicht daraus, dass die Beklagte den Kläger nach Beendigung seiner Freistellung als Gesamtvertrauensmann der Schwerbehinderten vorerst nicht beurteilt hat und eine solche Beurteilung auch nach Versetzung in die Organisationseinheit I2xxxxxx nicht in den tariflich vorgesehenen Abständen erfolgt ist. Zwar geht auch die Berufungskammer mit dem Kläger davon aus, dass die Beklagte aufgrund der Bestimmungen des §11 ERTV durchaus verpflichtet gewesen ist, den Kläger entsprechend den tariflich vorgesehenen Zeiträumen zu beurteilen.

Indessen war diese Pflichtverletzung nicht kausal für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Denn der Kläger hat für den Zeitraum, in welchem die Beklagte die Beurteilung unterlassen hat, streitlos die von ihm nicht beanstandete Leistungsbeurteilung mit 15 Punkten einschließlich der daraus resultierenden Vergütung erhalten. Ein Schaden im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB kann dem Kläger damit für den Zeitraum der fehlenden Leistungsbeurteilungen nicht erwachsen sein.

Abschließend weist die Kammer darauf hin - auch wenn der Kläger sich hierauf nicht berufen hat -, dass aus der durchgehenden Beurteilung mit 15 Punkten auch für die Zeit nach Beendigung der Freistellung ein Vertrauensschutz zugunsten des Klägers nicht hergeleitet werden kann. Denn es handelt sich bei der unterlassenen Beurteilung - wie dargestellt - um ein tarifwidriges Verhalten im Sinne des § 11 Abs. 2 und 3 ERTV. Aus tarifwidrigem Verhalten indessen kann ein schützenswertes Vertrauen auf weitere Handhabung nicht entstehen (vgl. BAG, Urteile vom 22.07.2004, 8 AZR 203/03, ZTR 2005, 198 und vom 21.04.1982, 4 AZR 617/79, DB 1982, 2521). Ebenso wenig handelt es sich bei der durchlaufenden Bewertung mit 15 Punkten nicht um eine Zusage, den Kläger auch zukünftig so zu beurteilen. Denn einen weitergehenden Erklärungswert als die reine Zahlung auf dieser Beurteilungsgrundlage haben die Parteien weder vorgetragen, noch ist er dem rein tatsächlichen Verhalten der Beklagten zu entnehmen (vgl. BAG, Urteil vom 22.03.2000, 4 AZR 116/99, AP Nr. 275 zu §§ 22, 23 BAT 1975 zu I.4.b) bb) der Gründe).

b.

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des Leistungsentgeltes auf der Grundlage von 15 Punkten als Schadensersatzanspruch im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB ist auch nicht deswegen gegeben, weil die Beklagte den Kläger nicht über die zu besetzende Stelle des Sozialbetreuers Anfang des Jahres 2002 unterrichtet hat.

Zwar möchte die Berufungskammer nicht ausschließen, dass die Beklagte gegebenenfalls auch verpflichtet gewesen wäre, den Kläger von dieser zu besetzenden Stelle zu unterrichten. Es ist zwar ausweislich des Anforderungsprofils für die Stelle des Sozialbetreuers nicht offenkundig, dass der Kläger sich erfolgreich auf diese Stelle hätte bewerben können. Zwischen den Parteien ist jedoch nicht im Streit, dass auf der Grundlage von § 11 Abs. 2 TV Ratio eine Eignung für eine Stelle auch dann gegeben sein kann, wenn sie durch eine von der Beklagten veranlasste Qualifizierungsmaßnahme erworben werden kann.

Ob der Kläger, der Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik ist, eine vergleichbare Qualifikation eines Studiums der Sozialwissenschaften durch eine entsprechende Qualifizierungsmaßnahme hätte erreichen können, kann ebenso offen bleiben wie seine ergänzende Darlegung im Termin zur Berufungsverhandlung, er sei bereits aufgrund seiner Tätigkeit als Gesamtvertrauensmann der Schwerbehinderten zumindest vorqualifiziert gewesen.

Denn der Kläger konnte auch im Berufungsverfahren weder schlüssig darlegen, dass er die Stelle eines Sozialbetreuers hätte erhalten müssen, noch dass er bei Wahrnehmung der Stelle eines Sozialbetreuers eine Leistung erbracht hätte, die mit 15 Punkten zu bewerten gewesen wäre.

Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass unter Umständen im Hinblick auf die Frage des Sachvortrages zur Kausalität zwischen einer möglichen Vertragsverletzung und eingetretenem Schaden gewisse Beweiserleichterungen dann zum Tragen kommen können, wenn es sich um sogenannte typische Verfahrensabläufe handelt (vgl. BAG, Urteil vom , 16.11.1995, 8 AZR 983/94, ArbuR 1996, 195). Allerdings liegt den vom Kläger vorgetragenen Annahmen, er hätte die Stelle des Sozialbetreuers erhalten und eine überdurchschnittliche Bewertung nach § 11 ERTV erreicht, kein typischer Geschehensablauf zugrunde. Es gibt nämlich keine allgemeinen Erfahrungssätze dahingehend, dass eine bestimmte Stelle mit einer bestimmten Person besetzt wird und Beschäftigte ihre Leistung stets in der Kategorie, die der Kläger für sich in Anspruch nimmt ("übertrifft die Anforderungen", vgl. Bl. 7 d.A.) erbringen. Beweiserleichterungen z.B. in Form des Anscheinsbeweises enden bei der Wertung individueller Ereignisse, die erfahrungsgemäß von jedem Menschen nach verschiedenen persönlichen Gesichtspunkten und Motiven bewältigt werden (vgl. auch BAG Urteil vom 25. Oktober 1967, 3 AZR 456/66, BAGE 20, 136 = AP Nr 6 zu § 73 HGB; LAG Berlin, Urteil vom 8. Mai 1989, 9 Sa 21/89, BB 1989, 1825 ). Ein solches individuelles Ereignis ist sowohl die Art und Qualität der Leistungserbringung durch den Kläger wie auch die Entscheidung der Beklagten, mit welchem Beschäftigten sie die Position des Sozialbetreuers besetzt.

Ein Rückschluss aus der vormaligen Zahlung des Leistungsentgeltes auf der Grundlage von 15 Punkten bis zur Beurteilung vom 02.02.2004 ist insoweit nicht möglich. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG. Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten der Berufung zu tragen.

Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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