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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.09.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 266/06
Rechtsgebiete: TVG, BGB


Vorschriften:

TVG § 4 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 3
BGB § 613 a Abs. 1 Satz 3
Eine arbeitsvertragliche Regelung, die wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 3 und Abs. 1 TVG nicht zulässig war, lebt auch dann nicht wieder auf, wenn sie sich nach einem Betriebsübergang in Ansehung des dann anwendbaren, anderen Tarifvertrages als günstiger erweist.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 11.01.2006 - 3 Ca 1113/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen

Tatbestand:

Die Parteien streiten nach einem Betriebsübergang über die Höhe der an die Klägerin zu zahlende Stundenvergütung sowie über Sonntagszuschläge.

Die am 10.08.1961 geborene Klägerin ist seit dem 01.01.1996 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Bäckereifachverkäuferin tätig. Sie ist Mitglied der Gewerkschaft NGG (Nahrung, Genuss, Gaststätten).

Die Klägerin nahm ihre Beschäftigung zunächst bei der Fa. Cafe D4xxxxxxx B5xxxx GmbH in deren Cafebetrieb auf, die neben ihrem S3xxxxxxx a3 A4xxx M3xxx in B2xxxxxxx auch in den Städtischen Krankenanstalten R2xxxxxxx und Mitte je ein Cafe betrieb. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag schloss die Klägerin mit der Cafe D4xxxxxxx B5xxxx GmbH seinerzeit nicht. Die GmbH ist ausweislich einer Mitteilung der Kreishandwerkerschaft Bielefeld vom 23.12.2004 Mitglied der Bäcker- und der Konditoreninnung Bielefeld (BI. 36 d.A.). Die Klägerin war in dem letztgenannten Cafe mit fünf Kolleginnen tätig, von denen zwei weitere Mitarbeiterinnen ebenfalls gewerkschaftlich organisiert sind.

Die Beklagte wurde zum 15.05.2002 gegründet. Sie betreibt mit ca. 220 Arbeitnehmern, die ursprünglich von den S5xxxxxxxxx K2xxxxxx übernommen wurden, die Essensversorgung der Patienten der Kliniken M2xxx und R2xxxxxxx. Sie ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes Deutscher Gaststätten- und Hotelverband (DEHOGA) und wendet in ihrem Betrieb die Tarifverträge des Gaststätten- und Hotelgewerbes an. Zum 1.7. 2004 übernahm die Beklagte das Cafe in den S5xxxxxxxxx K7xxxxxxxxxxxxxx R2xxxxxxx.

Mit Schreiben vom 05.11.2004 unterrichtete die Beklagte die Klägerin von einem bevorstehenden (Teil-)Betriebsübergang "... des Betriebes, in dem Sie beschäftigt sind, auf uns ..." und teilte als Datum des Übergangs den 01.07.2004 mit, der allerdings zu einem späteren Zeitpunkt auf den 01.01.2005 korrigiert wurde. Weiter heißt es im Schreiben neben der Wiedergabe des Wortlautes des § 613 a BGB:

Bei ihrem jetzigen Arbeitgeber gelten die Tarifverträge des Bäckerhandwerks. Bei uns gelten - kraft Allgemeinverbindlichkeit - die Tarifverträge des DEHOGA für das Gaststättengewerbe. Das beutetet, dass Sie zukünftig nach diesem Tarifvertrag eingruppiert werden. (...) TG 6 entspricht einem Stundenlohn von 8,60 € brutto.

...

Der Übergang erfolg im Übrigen mit allen Rechten und Pflichten, d.h. die für Sie einschlägigen Regelungen aus dem Arbeitsvertrag gelten unverändert weiter, soweit sie nicht durch den allgemeinverbindlichen Tarifvertrag des Gaststättengewerbes verdrängt werden.

...

Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf die Kopie Bl. 6, 7, 8 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin und die Cafe D4xxxxxxx B5xxxx GmbH schlossen nunmehr unter dem 24.11.2004 einen schriftlichen Arbeitsvertrag folgenden Inhalts (Bl. 5 d.A.):

< An dieser Stelle befindet sich im Originalurteil eine Bildwiedergabe des Arbeitsvertrages vom 24.11.2004 >

Auch die fünf Kolleginnen der Klägerin erhielten einen gleichlautenden Arbeitsvertrag, der nur in der jeweiligen tariflichen Vergütungshöhe differierte.

Soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Interesse, enthielt der maßgebliche Manteltarifvertrag für das Bäckerhandwerk in NRW vom 26.03.1999 u.a. folgende Regelungen:

- In § 5 Ziffern 1. und 4. - regelmäßige Arbeitszeit monatlich 167 Stunden

- In § 6 Ziffer 3 - Sonntagszuschlag 75 %

- In § 6 Ziffer 4 - (Wochen-)Feiertagszuschlag 100 %

- In § 7 Ziffer 33 - Löhne und Gehälter sind Mindestsätze

- In § 11 Ziffer 3 - Urlaub nach Vollendung des 30 Lebensjahres 34 Werktage nach 7, 35 Werktage nach 10 Jahren ununterbrochener Beschäftigung in Betrieben des Bäckerhandwerks; i.V.m. Ziffer 4 bei Umrechnung auf die 5-Tage-Woche 28 bzw. 29 Arbeitstage.

Des Weiteren bestimmte der Lohn- und Gehaltstarifvertrag für das Bäckerhandwerk in NRW und den Regierungsbezirken Koblenz und Trier vom 14.01.2004 die Gehaltshöhe für Bäckereifachverkäuferinnen ab dem 5. Berufsjahr ab 01.04.2004 mit monatlich 1.677,00 €. Rechnet man dieses Gehalt ausgehend von der tariflichen Arbeitszeit von 167 Stunden auf einen Stundensatz um, so ergibt sich der Betrag von 10,04 €.

Der Manteltarifvertrag für das Gaststätten- und Hotelgewerbe des Landes Nordrhein-Westfalen, in Kraft seit dem 01.01.1995, bestimmt u.a. folgendes:

- In § 3 Ziffer 3.1 - regelmäßige Arbeitszeit 169 Stunden, zu verteilen auf eine 5-Tage-Woche In § 3 Ziffer 3.4 - Verteilung der Arbeitszeit nach Dienstplan auf einschließlich Sonntag

- In § 3 Ziffer 3.6 - 10 freie Sonntage pro Kalenderjahr

- In § 4 Ziffern 4.2 und 4.4 - Ausgleichstag für die Arbeit an Feiertagen oder Vergütung mit einem Zuschlag von 25 %

- In § 7 Ziffer 7.2 - ab dem 36. Lebensjahr 30 Arbeitstage Urlaub

- In § 17 Ziffer 17.1 - "Günstigere Lohn- und Arbeitsbedingungen dürfen aus Anlass des Abschlusses dieses Tarifvertrages nicht zuungunsten des/der ArbeitnehmerIn abgeändert werden."

Zum 01.01.2005 übernahm die Beklagte dann tatsächlich das Cafe in der K8xxxxxxxxxxxx M2xxx mit den dort beschäftigten sechs Arbeitnehmerinnen einschließlich der Klägerin.

Die Cafe D4xxxxxxx B5xxxx GmbH rechnete bis zum 31.12.2004 monatlich 1676,68 € brutto gegenüber der Klägerin ab. Seit Januar 2005 zahlt die Beklagte ein Bruttoentgelt von 1.453,48 € monatlich. Sonntagszuschläge zahlt sie nicht; Feiertagszuschläge werden nach den 'alten' arbeitsvertraglichen Bestimmungen gezahlt. Schließlich besteht kein Streit über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin in die Tarifgruppe 6 des Tarifwerkes für das Gaststätten- und Hotelgewerbe (s. Mitteilung der Beklagten vom 05.11.2004) zwischen den Parteien. Den drei nicht tarifgebundenen Kolleginnen der Klägerin zahlt die Beklagte deren Vergütung auf der Grundlage der 'alten' arbeitsvertraglichen Regelung weiter.

Mit Schreiben vom 01.03.2005 machte die Klägerin über die Gewerkschaft NGG aus ihrer Sicht bestehende Differenzlohnansprüche für die Monate Januar und Februar 2005 geltend (Kopien Bl. 13, 14 d.A.). Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte verpflichtet sei, monatlich 167 Stunden mit einem Stundenlohn von 10,04 € abzurechnen und für Sonntagsstunden einen 50%-igen Zuschlag netto zu bezahlen. Für den Monat Januar 2005 errechnet sie so einen restlichen Vergütungsanspruch von 223,20 € brutto, für 15,5 Sonntagsstunden 77,81 € netto und für Februar 2005 einen restlichen Vergütungsanspruch von 223,20 € brutto, für acht Sonntagsstunden 40,16 € netto und 80,32 € brutto für weitere 16 Sonntagsstunden, an denen die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt war.

Mit der vorliegenden, am 04.04.2005 zum Arbeitsgericht Bielefeld erhobenen Klage verfolgt sie ihre Ansprüche weiter und hat vorgetragen:

Laut Arbeitsvertrag handele es um einen solchen 'ohne Tarifbindung', so dass ein neuer Tarifvertrag nach einem Betriebsübergang, der eine ungünstigere Regelung enthalte, nicht gelten könne. Selbst wenn dem so sei, müsse die Beklagte die Sonntagszuschläge weiter zahlen, da der Manteltarifvertrag des Gaststätten- und Hotelgewerbes hierzu keine Regelung treffe und die tarifliche Regelung mit höheren Sonntagszuschlägen nur für die Dauer ihrer Anwendbarkeit zu einer Überlagerung der individuellen Regelung geführt habe.

Zu beachten sei auch, dass die gesetzliche Regelung in § 613 a BGB eine Schlechterstellung des Arbeitnehmers bei einem Betriebsübergang gerade habe verhindern wollen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 223,20 brutto und 77,81 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2005 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 303,52 € brutto und 40,16 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Nach dem Betriebsübergang seien aufgrund beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für das Gaststätten- und Hotelgewerbe für das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. In diesem Tarifvertrag sei der Stundenlohn geringer und ein Sonntagszuschlag sei tariflich nicht vorgesehen. Dabei handele es sich um ein "beredtes Schweigen" des Tarifvertrages. Auf dieser Basis habe die Beklagte die zutreffende Vergütung an die Klägerin gezahlt.

Dagegen stünden der Klägerin die individuell im Arbeitsvertrag mit der Rechtsvorgängerin geregelten Feiertagszuschläge weiter zu, da insoweit eine günstigere Individualabrede mit der Klägerin getroffen worden sei, die die Beklagte nach dem Betriebsübergang im gesetzlichen Rahmen binde. Inzwischen sei auch insoweit - unstreitig - Nachzahlung erfolgt.

Durch Urteil vom 11.01.2006, den Prozessvertretern der Klägerin zugestellt am 19.01.2006, hat das Arbeitsgericht die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, das Arbeitsverhältnis werde ab Januar 2005 zutreffend nach den tariflichen Bestimmungen des Gaststätten- und Hotelgewerbes abgewickelt, da - mit Ausnahme der Regelungen über die Feiertagszuschläge im Arbeitsvertrag - die ursprünglich anwendbaren Vorschriften der Tarifverträge für das Bäckerhandwerk nunmehr kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit verdrängt würden. Entgegen der Auffassung der Klägerin regele § 613 a BGB gerade nicht ein Verbot der Schlechterstellung der Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang, sondern stelle im Hinblick auf Tarifanwendung sogar eine Durchbrechung des Günstigkeitsprinzips dar. Die Zuschlagsregelungen im Bereich des Gaststätten- und Hotelgewerbes seien abschließend, so dass sich nunmehr ein Zuschlag '0' für Sonntagsarbeit ergebe. Die Klägerin hätte dem Tarifwechsel ggf. durch Austritt aus der Gewerkschaft begegnen können. Soweit die anderen, nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmerinnen, die auf die Beklagte übergegangen seien, wie früher vergütet würden, liege hierin kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Wegen der weiteren Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf das Urteil Bl. 57 ff. der Akte Bezug genommen.

Hiergegen wehrt sich die Klägerin mit der vorliegenden, am 15.02.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und unter dem 15.03.2006 begründeten Berufung.

Sie trägt vor:

Die angefochtene Entscheidung tangiere den grundrechtlich geschützten Tätigkeitsbereich der Gewerkschaften. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus den Regelungen des Arbeitsvertrages vom 24.11.2004, in welchen die Beklagte durch den Betriebsübergang eingetreten sei. Der Arbeitsvertrag enthalte konstitutiv vereinbarte individuelle Leistungen, die gerade nicht von der Verdrängungsregelung des § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB erfasst seien; diese beträfen ausschließlich den Fall solcher tariflichen Regelungen, die über § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB ansonsten transformiert würden.

Vor dem Betriebsübergang habe es einen Arbeitsvertrag sowie günstigere und schlechtere tarifliche Bedingungen gegeben; nach dem Betriebsübergang gebe es weiterhin den Arbeitsvertrag und nun mehr schlechtere tarifliche Bedingungen. Deshalb gelte nunmehr das Günstigkeitsprinzip.

Auch sei das Maßregelungsverbot zu beachten: Die Klägerin werde schlechter gestellt, da sie von ihrem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft Gebrauch gemacht habe. Der Hinweis auf die Möglichkeit des Austritts aus der Gewerkschaft verletze Art. 9 III GG.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 11.01.2006 - 3 Ca 1113/05 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen

1. an die Klägerin 223,20 brutto und 77,81 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2005 zu zahlen,

2. an die Klägerin 303,52 € brutto und 40,16 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend. Wie unstreitig geworden sei, bestehe über die Mitgliedschaft der Klägerin in der Gewerkschaft NGG und der jeweiligen Verbandsmitgliedschaft der Beklagten und ihrer Rechtvorgängerin in unterschiedlichen Arbeitgeberverbänden eine sog. kongruente Tarifbindung mit der Folge, dass die Beklagte - soweit individualrechtlich nichts günstigeres vereinbart war - zu Recht die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nach den Bestimmungen der Tarifverträge des Gaststätten- und Hotelgewerbes vornimmt. Die Klägerin verkenne, dass § 613 a Abs. S. 3 BGB eine Rangkollisionsnorm sei, die die vorliegende Problematik zugunsten der Lösung auf tarifvertraglicher Ebene unterwerfe. Schließlich gehe § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB erkennbar von der Gleichwertigkeit tariflicher Regelungen aus.

Der Hinweis auf das Maßregelungsverbot gehe fehl: Die Beklagte halte sich an die gesetzlichen Bestimmungen, die im Falle des Betriebsübergangs anzuwenden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin (§§ 66 Abs. 1 Satz 1; 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff. ZPO) hat keinen Erfolg, da die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung erhöhter Arbeitsvergütung in Höhe von 223,20 € brutto, 77,81 € netto, 303,52 € brutto und 40,16 € netto nebst Zinsen in geltend gemachter Höhe für die Januar und Februar 2005 hat.

I.

1.

Der Anspruch auf Zahlung der Differenzvergütung im Hinblick auf den Stundenlohn von 10,04 € bei einer Monatsarbeitszeit von 167 Stunden ergibt sich nicht aus § 611 BGB i.V.m. Ziffern 3. und 4. des Arbeitsvertrages i.V.m. § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB.

Nach letztgenannter Vorschrift tritt zwar der Betriebserwerber in die bestehenden arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten der übergegangenen Arbeitsverhältnisse ein. Sofern diese allerdings durch Tarifvertrag geregelt sind, werden sie dann nicht gem. § 613 a Abs. 1 S.2 BGB individualrechtlicher Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit dem Erwerber, wenn dort ebenfalls eine tarifvertragliche Regelung der Arbeitsvertragsinhalte besteht, § 613 a Abs. 1 S.3 BGB. Diese Voraussetzungen für die Verdrängung der alten Vertragsinhalte durch einen anderen Tarifvertrag liegen vor, da der Arbeitsvertrag vom 24.11.2004 in den genannten Ziffern keinen individualrechtlichen Anspruch bestimmt, sondern exakt die Arbeitsbedingungen wiedergibt, die in den tariflichen Regelungen des Bäckerhandwerks niedergelegt sind, wie zwischen den Parteien auch im Berufungsverfahren unstreitig geblieben ist und sich zweifelsohne aus einem Vergleich der tariflichen Regelungen mit den Bestimmungen des Arbeitsvertrages ergibt.

a.

An die Tarifverträge des Bäckerhandwerks waren die Rechtvorgängerin der Beklagten und die Klägerin - ebenso unstreitig - kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit gebunden, § 3 Abs. 1 TVG, mit der Folge, dass die Tarifregelungen nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbare und zwingende Wirkungen entfalteten. Soweit die Klägerin geäußert hat, sie bestreite, dass die Tarifverträge für das Bäckerhandwerk zur Anwendung kämen, da der Arbeitsvertrag als ein solcher "ohne Tarifbindung" überschrieben, jedenfalls aber diese Bezeichnung bedeute, dass die Arbeitsvertragsparteien eben nicht deklaratorisch auf Tarifverträge hätten verweisen wollen, vermochte die Berufungskammer dem nicht zu folgen.

Denn die zitierte Überschrift des Arbeitsvertrages ist nicht geeignet, dem Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten die Bindung an die Tarifverträge des Bäckerhandwerks zu nehmen. Egal, ob die Vertragsparteien diese Überschrift bewusst oder aufgrund fehlender Recht- oder Tatsachenkenntnisse unbewusst gewählt haben, steht sie im direkten Widerspruch zu §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG: Es ist Tarifgebundenen nach diesen Bestimmungen, die einen Kernbereich des Tarifvertragswesens unserer Arbeitsrechtsordnung ausmachen (Kempen/Zachert - Stein, TVG 4. Auflage, § 4 Rdnr. 1), verwehrt, durch individualrechtliche Regelungen die Tarifbindung auszuschließen.

Davon unberührt bleibt nur die durch das Gesetz in § 4 Abs. 3 TVG vorgesehene Möglichkeit, von tariflichen Bestimmungen zu Gunsten des Arbeitnehmers abzuweichen (sog. Günstigkeitsprinzip). Das Günstigkeitsprinzip ist allerdings für die arbeitsvertragliche Stundenlohn- und Arbeitszeitvereinbarung in Ziffern 4. und 5. irrelevant, da diese - wie dargelegt - nur den Tarifzustand wiedergeben. Hierfür spricht im übrigen auch, dass nach der weiteren einleitenden Überschrift des Arbeitsvertrages mit diesem nicht nur eine Vereinbarung der Arbeitsbedingungen, sondern auch ein Nachweis der gelebten Arbeitsbedingungen auf der Grundlage des Nachweisgesetzes erfolgen sollte. Eben aus diesen Gründen kann diesen vertraglichen Vereinbarungen zur Überzeugung der Berufungskammer auch keine konstitutive Bedeutung losgelöst von der Tarifanwendung beigemessen werden.

Auch die "Anlehnungs"- Klausel in Ziffer 8. des Arbeitsvertrages betreffend weitere Leistungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten streitet nicht für die Auffassung der Klägerin, da sie sich als - dann logische - Konsequenz der rechtlich unzutreffenden Überschrift des Vertrages ("ohne Tarifbindung") darstellt.

b.

Handelt es sich hiernach um tarifliche Arbeitsbedingungen im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG, so werden diese allerdings gem. § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB im Falle des Betriebsübergangs grundsätzlich in individualvertragliche Ansprüche transformiert, es sei denn, das auch beim Betriebserwerber eine - kongruente - Tarifbindung besteht und die dortigen Tarifverträge einen gleichen Regelungsgegenstand aufweisen (vgl. nur Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht -ErfK - 6. A., -Preis, § 613 a BGB Rdnr. 108). Dabei ist allerdings zu bedenken, dass § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB mit der dortigen Transformation des kollektiven Rechts in den Individualarbeitsvertrag nur eine Auffanglösung darstellt, die die Recht übergegangener Arbeitnehmer für den Fall sichern soll, dass das Tarifrecht keine Lösung bereitstellt (BAG, Urteile vom 28.08.2001, 4 AZR 332/00, DB 2002, S. 1201 und vom 24.06.1998, 4 AZR 208/87, AP Nr. 1 zu § 20 UmwG; Däubler, TVG 2. A., § 3 Rdnr 146; Erfk-Preis aaO, § 613 a BGB Rdnr. 109).

Eine solche tarifrechtliche Lösung, die letztendlich auch mit § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB in Einklang steht, ist vorliegend gegeben: Die Klägerin ist - wie dargelegt - Mitglied der Gewerkschaft NGG, die Beklagte ist Mitglied im Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA; beide sind Vertragspartner der Tarifwerke im Gaststätten- und Hotelgewerbe. Der Betrieb der Beklagten unterfällt auch dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Gaststätten- und Hotelgewerbes. Diese gelten für Einrichtungen, die Beherbergung und Bewirtung oder eines von beiden gewähren (vgl. § 1 Ziffer 2 des Manteltarifvertrages für das Gaststätten- und Hotelgewerbe). Unerheblich ist, dass die konkrete Tätigkeit der Klägerin sich nicht geändert hat. Im deutschen Arbeitsrecht gilt das Prinzip der Tarifeinheit. Im konkreten Fall gibt die Nahrungsversorgung der Patienten - nicht nur mit Backwaren - dem Betrieb der Beklagten das Gepräge. Da alle Voraussetzungen der Tarifbindung der Parteien damit vorliegen, unterliegt das Arbeitsverhältnis der Parteien ab dem 01.01.2005 den Tarifverträgen des Gaststätten- und Hotelgewerbes, §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 TVG.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind damit ebenso alle Voraussetzungen für die Verdrängung weiter geltender Tarifbedingungen nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB durch einen anderen Tarifvertrag gegeben, nämlich die sog. kongruente Tarifgebundenheit der Parteien des Arbeitsverhältnisses - also sowohl diejenige des die des neuen Arbeitgebers als auch diejenige des Arbeitnehmers - an dessen anderen Tarifvertrag (zuletzt BAG Urteil vom 11.05.2005, 4 AZR 315/05, NZA 2005, 1362 m.w.N. zur Rechtsprechung).

c.

Dieser tarifrechtlichen Lösung steht nicht entgegen, dass § 613 a BGB vom Normzweck her nach Auffassung der Klägerin eine Schlechterstellung der Arbeitnehmer in Folge eines Betriebsübergangs verhindern solle.

Wenn auch die Klägerin hier - einen - Normzweck der Regelung grundsätzlich zutreffend beschrieben hat, so ist aber zu bedenken, dass dieser Normzweck eingebettet ist in den übergeordneten Zweck des Schutzes der Rechte der Arbeitnehmer bei Betriebsübergängen, ohne dass dieser Schutz automatisch stets die 'alten' Rechte festschreibt. Wie nämlich § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB dokumentiert, geht der Gesetzgeber davon aus, dass ein solcher Schutz ohne weiter "Sicherungen" gewährleistet ist, wenn beim Betriebserwerber Tarifverträge zur Anwendung kommen, an die auch der Arbeitnehmer gebunden ist. In diesen Fällen besteht gerade keine Verpflichtung über § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB zur Aufrechterhaltung früherer günstigerer tariflicher Arbeitsbedingungen; das Günstigkeitsprinzip gilt nicht (K6xxxx/Zachert aaO, § 3 Rdnr. 113 m. w. Nachw.).

Würde man das Günstigkeitsprinzip anwenden, wäre § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB sinnentleert. Der Gesetzgeber geht bei dieser Regelung von der qualitativen Gleichwertigkeit aller Tarifverträge im Rechtssinne, also auch der alten und neuen Tarifregelungen im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang, aus. Hiervon ausgehend kann in diesem Verhältnis nur das Ablösungs-, nicht das Günstigkeitsprinzip gelten (ErfK-Preis aaO, § 613 a BGB Rdnr. 121 m. w. Nachw.; BAG, Urteil vom 11.05.2005, 4 AZR 315/04, aaO.). §613a Abs. 1 Satz 3 BGB dient gegenüber der in Satz 2 geregelten individualrechtlichen Verpflichtung dem Zweck, den Vorrang kollektivrechtlicher Verpflichtungen zu sichern. Es kommt der Grundsatz des Gesetzes zum Ausdruck, die Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen beim Betriebsnachfolger zu erleichtern (BAG, Urteil vom 19.03.1986, AP Nr. 49 zu § 613 a BGB).

Das Günstigkeitsprinzip ist insbesondere nicht verfassungsrechtlich garantiert, sondern Bestandteil der einfachgesetzlichen Ausformungen der Tarifautonomie (Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 07.07.1964, BVerfGE 18, 13, S. 139; Kempen/Zachert aaO, Grundlagen Rdnr. 160; Däubler aaO, § 4 Rdnr. 585), so dass auch Bedenken weder im Hinblick auf die Vereinbarkeit von § 613 a Abs. 1 S.3 BGB mit Art. 9 Abs. 3 GG bestehen noch ein Gebot zur verfassungskonformen Auslegung in den Fällen angenommen werden muss, in denen Tarifregelungen nach einem Betriebsübergang sich als für den Arbeitnehmer ungünstiger erweisen als die beim Veräußerer.

d.

Schließlich ergibt sich auch kein anderes Ergebnis aus der Vorschrift des § 17 MTV Gaststätten- und Hotelgewerbe, wonach günstigere Lohn- und Arbeitsbedingungen aus Anlass des Abschlusses des Tarifvertrages nicht abgeändert werden dürfen. Hierbei handelt es sich um eine typische tarifvertragliche Besitzstandsklausel (vgl. BAG, Urteil vom 17. April 1959 , 1 AZR 83/58, DB 1959, 767 und Urteil vom 30. Januar 2002 ,10 AZR 359/01, EzA § 4 TVG Ablösungsprinzip Nr 2), die nur den Anwendungsfall des Neuabschlusses des Tarifvertrages selbst, aber nicht dessen erstmalige Anwendung auf ein Arbeitsverhältnis, aus welchem Grunde auch immer, beschreibt.

e.

Da zwischen den Parteien auch im Berufungsverfahren unstreitig geblieben ist, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis nach den tariflichen Bestimmungen des Gaststätten- und Hotelgewerbes abwickelt, bestehen keine Ansprüche der Klägerin auf Zahlung eines Monatgehalts auf der Grundlage einer Monatsarbeitszeit von 167 Stunden und einem Stundenlohn von 10,04 €.

II.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Leistung von Zuschlägen für Sonntagsarbeit gem. § 611 BGB i.V.m. Ziffer 4. des Arbeitsvertrages vom 24.11.2004 i.V.m. § 613 a Abs. 1, S. 1 BGB.

Zwar sieht der Arbeitsvertrags einen solchen Zuschlag mit der Folge vor, dass die Beklagte gem. § 613 a Abs. 1, S. 1 BGB als Betriebserwerberin grundsätzlich hieran gebunden ist. Allerdings gilt auch hier, wie oben unter I. b. und c. dargelegt, dass diese Regelung durch die Anwendung des Tarifwerks des Gaststätten- und Hotelgewerbes abgelöst wird, die indessen für Sonntagsarbeit keine Zuschläge vorsieht.

1.

Der Klägerin ist zuzugestehen, dass es auch bei Annahme der tarifrechtlichen Lösung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen im Falle des Betriebsübergangs für die Verdrängung 'alten' Tarifrechts darauf ankommt, ob der 'neue' Tarifvertrag einen gleichen Sachverhalt regelt; ob das der Fall ist, ist durch Auslegung zu ermitteln (ErfK-Preis aaO, § 613 a BGB, Rdnr. 121; BAG, Urteil vom 22.01.2003, AP Nr. 242 zu § 613 a BGB).

Insoweit nimmt die Berufungskammer auf die überzeugende Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug, die die Klägerin mit der Berufung auch nicht näher angegriffen hat:

Der Manteltarifvertrag für das Gaststätten- und Hotelgewerbe (MTV) enthält ein "beredtes Schweigen" zu Sonntagszuschlägen, womit ein Zuschlag "0" geregelt ist. Wie sich aus der tariflichen Arbeitszeitregelung in § 3 Ziffer 3.1 MTV ergibt, ist ein 169-Stunden-Monat mit 5 Arbeitstagen pro Woche geregelt, wobei die Arbeitszeit nach einem Dienstplan gem. Ziffer 3.4 auf alle Wochentage einschließlich der Sonntage zu verteilen ist. Gleichwohl haben die Tarifvertragsparteinen diese Sonntagsarbeit haben nicht zuschlagspflichtig ausgestaltet sondern sich in § 4 MTV auf Feiertagszuschläge und in § 5 Ziffern 5.4.3 und 5.4.4 auf Mehrarbeitszuschläge beschränkt. Wegen der Sonntagsarbeit ist allein in § 3 Ziffer 3.6 eine Begrenzung des Umfangs innerhalb eines Kalenderjahres geregelt. Damit liegt eine ebenso umfassende - wenn auch andere - Regelung über die Sonntagsarbeit vor wie im Tarifvertrag für das Bäckerhandwerk, der hinsichtlich der Zulässigkeit der Sonntagsarbeit auf die gesetzlichen Bestimmungen verweist und einen Zuschlag vorsieht (§ 5 Ziffer 10 und § 6 Ziffer 3 MTV Bäckerhandwerk), aber z.B. keine Beschränkung des Umfangs der Sonntagsarbeit innerhalb des Kalenderjahres.

Ein Günstigkeitsvergleich der alten und neuen Tarifregelungen findet schließlich nicht statt; es gilt das Ablösungsprinzip, vgl. oben I.c.

2.

Die Berufungskammer vermochte der Klägerin nicht darin zufolgen, dass sie davon ausgeht, nach dem Betriebsübergang würde die arbeitsvertragliche Vereinbarung mit einem Sonntagszuschlag vom 50% wieder aufleben, da sie eine Individualvereinbarung darstelle, die im Anwendungsbereich des Tarifwerks für das Gaststätten- und Hotelgewerbe im Sinne des § Abs. 3 TVG eine günstigere Regelung darstelle.

Beide Parteien gehen in Ansehung des § 6 Ziffer 3 MTV Bäckerhandwerk zutreffend davon aus, dass die Vereinbarung in Ziffer 4. des Arbeitsvertrages vom 24.11.2004 wegen § 4 Abs. 1 TVG gegen den Tarifvertrag verstieß, da dort ein um 25% höherer Zuschlag geregelt war.

a.

In der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob tarifwidrige, weil ungünstigere Regelungen, gem. § 134 BGB nichtig sind oder ob sie nur solange überlagert werden, solange die tariflichen Regelungen günstiger - ggf. im Rahmen eines sog. Günstigkeitsvergleichs - sind. Anknüpfungspunkt ist § 4 Abs. 3 TVG, der von der Zulässigkeit abweichender Abmachungen spricht. Diese Vorschrift ordnet demnach vom Wortlaut her nicht ausdrücklich die Nichtigkeit abweichender - ungünstigerer - Vertragsvereinbarungen an. Allerdings kennen andere arbeitsrechtliche Bestimmungen den Begriff der Zulässigkeit ebenso, wobei dort in Rechtsprechung und Literatur einhellige Auffassung ist, dass der Verstoß zur Nichtigkeit gem. § 134 BGB führt, beispielhaft in § 9 Abs. 1 MuSchG im Falle der Kündigung einer Schwangeren (vgl. nur BAG, Urteil vom 31. März 1993, 2 AZR 595/92, AP Nr. 20 zu § 9 MuSchG 1968). Diese Frage ist stets von Schutzzweck der Norm her zu beantworten (jurisPK-BGB / Nassall, 2. Aufl. 2004, § 134 Rdnr. 4).

Während das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 11.09.2003, 6 AZR 323/02, NZA 2004, S. 326 davon ausgegangen ist, dass eine arbeitsvertragliche Norm, die einen tariflich abgesicherten Anspruch ausschließen soll, wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 TVG gem. § 134 BGB nichtig ist (vgl. auch jurisPK-BGB / Nassall aaO, § 134 Rdnr. 3) - wovon auch die angegriffene Entscheidung ausgeht -, sollen nach einem Teil der Literatur die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nach Wegfall des Tarifvertrages grundsätzlich wieder aufleben, auch wenn ein neuer Tarifvertrag eine Regelung trifft, diese aber ungünstiger als die individualrechtlichen Bestimmungen ist (Däubler aaO, § 4 Rdnr. 484, 485 m.w.Nachw.; Kempen/Zachert aaO, § 4 Rdnr. 15). Indessen beschreibt Däubler aaO damit ausdrücklich die mögliche Sicherung aktueller tarifvertraglicher Rechte durch arbeitsvertragliche Vereinbarung und geht in der Folge (Rdnr. 490) weiter davon aus, dass in den Fällen, in denen Abreden ohne eigenen sachlichen Gehalt auf die Verkürzung tariflicher Rechte gerichtet sind, die Nichtigkeit nach § 134 BGB anzunehmen ist, was im vorliegenden Rechtsstreit zum gleichen Ergebnis führt wie die genannte Rechtsprechung des BAG.

b.

Nach Auffassung der Berufungskammer kann offen bleiben, welcher Auffassung man hierzu im Detail folgt, da eine vertragliche Regelung, deren Anwendung durch § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 TVG untersagt war, im Falle eines Betriebsübergangs schon wegen der besonderen Regelungen in § 613 a Abs. 1 S. 3 BGB nicht wieder aufleben kann:

Es steht jedenfalls fest, dass die Regelung in Ziffer 4 des Arbeitsvertrages vom 24.11.2004 zu den Sonntagszuschlägen gegen § 4 Abs. 1 TVG verstoßen hat und die Rechtsvorgängerin der Beklagten damit ausschließlich kraft Tarifvertrages (§ 6 Ziffer 3 MTV Bäckerhandwerk, § 3 Abs. 1 TVG, § 4 Abs. 1 TVG) verpflichtet war, an die Klägerin die Sonntagszuschläge zu zahlen.

Im Falle des § 613 a BGB tritt nun im Wege der tarifrechtlichen Lösung ein Wechsel des anzuwendenden Tarifvertrages ein, wie oben dargelegt, mit der Folge, dass 'alte' tarifwidrige Vertragsabsprachen nunmehr nicht als 'günstiger' im Sinne des § 4 Abs. 3 TVG angesehen werden können. Denn die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften (hier § 4 Abs. 1 TVG) bei der Begründung von günstigen Absprachen im Sinne des § 4 Abs. 3 TVG ist nach Auffassung der Berufungskammer immanenter Bestandteil des Günstigkeitsprinzips. Dieser Gedanke folgt im übrigen der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Vorrang der Tarifeinheit vor dem Günstigkeitsprinzip, wonach auch solche Regelungen, die durch Transformation gem. § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB zum Individualrecht geworden sind, einem späteren, auch ungünstigeren Tarifvertrag weichen müssen (BAG, Urteil vom 19.03.1986, AP Nr. 49 zu § 613 a BGB).

Damit verbleibt es dabei, dass die ursprüngliche, tarifwidrige arbeitsvertragliche Regelung nicht wieder aufleben kann und das Arbeitsverhältnis der Parteien sich auch hinsichtlich der Sonntagsarbeit in vollem Umfang nach dem Tarifwerk des Gaststätten- und Hotelgewerbes richtet. Dementsprechend stehen der Klägerin Zuschläge für Sonntagsarbeit nicht zu.

III.

Ein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten höheren Vergütung einschließlich der Sonntagszuschläge ergibt sich zugunsten der Klägerin auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Dieser verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also die Regelung als willkürlich anzusehen ist (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 15. Oktober 1985, 2 BvL 4/83, BVerfGE 71, 39, 58).

Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz allerdings nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Anders ist dies jedoch, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (BAG, Urteil vom 19. August 1992, 5 AZR 513/91, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 102 , Urteil vom 26. Oktober 1995, 6 AZR 125/95, BAGE 81, 207, 210, zu I 2 a der Gründe) .

Die Klägerin kann sich nach diesen Kriterien nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die übernommenen nicht tarifgebundenen Arbeitskolleginnen ihre 'alten' Arbeitsbedingungen behalten haben. Zutreffend hat das Arbeitsgericht hierzu darauf hingewiesen, dass die Unterschiede der Vergütung hier Folge der ablösenden Tarifsystematik bei Betriebsübergängen, letztlich auch der gesetzlichen Regelungen in § 613a Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB sind. Die Beklagte war vor diesem Hintergrund daran gehindert, die Arbeitsbedingungen der drei Kolleginnen auf die Tarife des Gaststätten- und Hotelgewerbes absenken. Infolge der genannten gesetzlichen Regelungen können innerhalb eines Betriebes in der Tat unterschiedliche Arbeitsbedingungen für Teile der Belegschaft entstehen, die indessen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzen, da die Anwendung gesetzlicher Regelungen stets ein sachlich begründetes Differenzierungskriterium darstellt (vgl. schon BAG, Urteil vom 28.04.1982, AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969; Erfk-Preis aaO, § 613 a BGB Rdnr. 116 m. w .Nachw.).

Auch unter Berücksichtigung von § 7 Abs. 1 AGG, wonach Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden dürfen, ergibt sich kein anderes Ergebnis, da hier bereits keine Benachteiligung wegen einer der in § 1 AGG genannter Gründe (Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität) vorliegen kann.

IV.

Ein Anspruch der Klägerin schließlich ergibt sich auch nicht aus § 612 a BGB. Unabhängig von der Frage, dass § 612 a BGB keinen unmittelbaren Anspruch im Sinne des Begehrens der Klägerin auslösen kann, sondern allenfalls Schadensersatzansprüche nach sich zieht (vgl. jurisPK-BGB/Hausch, 2. Aufl. 2004, § 612 a Rndrn. 22 ff.), liegen dessen Voraussetzungen nicht vor, da die Beklagte die Klägerin nicht wegen ihrer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft NGG maßregelt, sondern die Grundsätze der ablösenden Tarifsystematik bei Betriebsübergängen, letztlich auch die gesetzlichen Regelungen in § 613a Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB anwendet.

Nach alledem hatte die Berufung insgesamt keinen Erfolg.

V.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung als unterlegene Partei zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG

Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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