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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.12.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 598/06
Rechtsgebiete: TVG


Vorschriften:

TVG § 4 Abs. 4 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 27.10.2005 - 2 Ca 1025/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird nicht zugelassen.

3) Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 644,77 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Differenzansprüche des Klägers im Hinblick auf Arbeitsvergütung, Mehrarbeitszuschläge sowie Urlaubsabgeltung.

Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 20.10.2003 bis zum 20.08.2004 als Kraftfahrer mit Fahrzeugen, für die die seinerzeitige Führerscheinklasse 2 erforderlich war, beschäftigt. Vor seiner Tätigkeit bei der Beklagten war er etwa zehn Jahre lang als Lastkraftwagenfahrer bei einer Firma G2xxxxxx in G3xxxx tätig, bei der er ebenfalls Fahrzeuge der damaligen Führerscheinklasse 2 führte.

Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft Nahrung - Genuss - Gaststätten; die Beklagte ihrerseits ist Mitglied im Verband Deutscher Mineralbrunnen e.V. (VDM) und in der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V. mit Sitz in B2xxxx. Kraft dieser beiderseitigen Organisationszugehörigkeit finden die Tarifverträge für die Mineralbrunnenindustrie NRW streitlos Anwendung.

§ 18 Abs. 1 des jedenfalls im hier streitgegenständlichen Zeitraum anwendbaren Manteltarifvertrages für die Mineralbrunnenindustrie (im folgenden: MTV) lautet:

"§ 18 Ausschlussfristen

Gegenseitige Ansprüche aller Art sind innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten seit Entstehen des Anspruches geltend zu machen; Forderungen aus Mehrarbeit innerhalb einer Ausschlussfrist von 1 Woche nach erteilter Entgeltabrechnung."

Mit Schreiben vom 31.08.2004 (Kopie Bl. 6, 7 d.A.) machte der Kläger über die Gewerkschaft NGG Ansprüche aus dem Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer in der Erfrischungsgetränkeindustrie NRW geltend. Er berief sich insoweit auf die Tätigkeit als Kraftfahrer, die nach der tariflichen Bewertungsgruppe V b 13,03 € betrage, wohingegen der Kläger von der Beklagten lediglich 11,75 € Stundenlohn erhalten habe. Im Anschreiben vom 31.08.2004 heißt es darüber hinaus weiter:

"Differenz zwischen Tariflohn und gezahltem Stundenlohn

 Mai 2004 226,90Std. x 1,28 € 290,43 €
Juni 2004 175,62 Std. x 1,28 € 224,79 €
Juli 2004 210,00 Std. x 1,28 € 268,80 €

Mehrarbeitszuschläge von 25 %

 Mai 2004 57,90 Std. x 3,26 € 188,75 €
Juni 2004 6,62 Std. x 3,26 € 21,58 €
Juli 2004 41,00 Std. x 3,26 € 133,66 €

Samstagszuschlag

 Juli 2004 - 3 Std. a' 6,52 € 19,56 €
4,45 Std. a' 3,91 € 17,40 €
 36,96 €
./. gezahlt 21,90 € 15,06 €

Urlaubsgeld - hier Differenz Tarif zu gezahltem Urlaubsgeld 161,00 €

Gesamt brutto 1.304,07 €"

Nachdem die Beklagte die geltend gemachten Forderungen nicht erfüllte, hat der Kläger sein Begehren mit der vorliegenden, am 26.10.2004 beim Arbeitsgericht Rheine eingegangenen Klage weiterverfolgt und darüber hinaus Differenzen für den Monat August 2004 hinsichtlich zu zahlender Urlaubsabgeltung, wegen des Weihnachtsgeldes und einbehaltenen Urlaubsgeldes in einer Gesamthöhe von 2.939,87 € gerichtlich geltend gemacht.

Nachdem die Beklagte in der Klageerwiderung vom 10.11.2004 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die Tarifverträge für die Erfrischungsgetränkeindustrie NRW keine Anwendung finden würden, hat das erstinstanzliche Gericht im Einvernehmen mit den Parteivertretern das Verfahren im Gütetermin vom 15.11.2004 ruhend gestellt.

Mit Schriftsatz vom 01.07.2005 hat der Kläger sodann das Verfahren wieder aufgenommen und unter Hinweis darauf, dass er nunmehr ebenfalls von einer Anwendung der Tarifverträge für die Mineralbrunnenindustrie NRW und nicht länger für die Erfrischungsgetränkeindustrie NRW ausgehe, die Klage in Höhe von 921,10 € zurückgenommen.

Ausgehend von der Anwendbarkeit der Tarifverträge für die Mineralbrunnenindustrie hat der Kläger vorgetragen:

Der tarifliche Stundenlohn betrage 12,06 € bis Mai 2004 und ab Juni 2004 12,35 €. Da der Kläger nach der Tarifgruppe V ab dem 2. Berufsjahr zu vergüten sei, ergebe sich für die Monate Mai 2004 bis August 2004 eine Differenz zwischen gezahltem Stundenlohn und tariflichem Stundenlohn in Höhe von 386,74 € brutto. Aufgrund dieses höheren Stundenlohns seien auch höhere Mehrarbeitszuschläge zu zahlen, die insgesamt 118,25 € ausmachen würden. Die Berechnung der Mehrarbeitsstunden ergebe sich aus den von der Beklagten selbst angefertigten Lohnabrechnungen. Darüber hinaus habe der Kläger Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld in Höhe von 12,78 € brutto je Urlaubstag, zusammen 383,40 € brutto. Die Beklagte habe hierauf Zahlungen geleistet, so dass eine Differenz von 127,40 € verbleibe. Im Hinblick auf die gezahlte Urlaubsabgeltung ergebe sich noch eine Differenz in Höhe von 12,38 € wegen der Stundenlohndifferenzen.

Mit der Abrechnung August 2004 habe die Beklagte zu Unrecht ein bereits gezahltes Urlaubsgeld in Höhe von 85,00 € einbehalten.

Der Kläger halte die von ihm geltend gemachten Ansprüche auch nicht auf der Grundlage der anzuwendenden tariflichen Vorschriften für verfallen. Der maßgebliche Lebenssachverhalt, der den Ansprüchen zugrunde liege, sei sowohl im Geltendmachungsschreiben vom 31.08.2004 als auch im Schriftsatz vom 01.07.2005, mit welchem das Verfahren wieder aufgenommen worden sei, enthalten. Lediglich die Anspruchsgrundlagen seien einem anderen Tarifwerk nunmehr rechnerisch zugrunde gelegt worden.

Allerdings bestehe der ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes in Höhe von 1.289,00 € in der Tat nicht, da das Arbeitsverhältnis am 01.12. des Jahres hätte bestehen müssen, was streitlos nicht der Fall gewesen sei. Deshalb werde die Klage in Höhe von 1.289,00 € zurückgenommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 729,77 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 11.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche bestünden nicht. Der Kläger habe es versäumt, bezüglich der Mehrarbeitszuschläge die Arbeitsstunden im Einzelnen darzulegen. Die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes seien nicht ersichtlich.

Jedenfalls seien die Ansprüche auf der Grundlage des Manteltarifvertrags für die Mineralbrunnenindustrie NRW verfallen. Weder das Geltendmachungsschreiben vom 31.08.2004 noch die Klage vom 25.10.2004 seien geeignet, die einschlägigen Ausschlussfristen zu wahren. Soweit der Kläger erstmals im Schriftsatz vom 01.07.2005 konkret seine Ansprüche anhand der tariflichen Vorschriften dargelegt habe, sei dies streitlos außerhalb der einschlägigen tariflichen Verfallfristen geschehen.

Durch Urteil vom 27.10.2005, den Prozessbevollmächtigten des Klägers unter dem 07.03.2006 zugestellt, hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 85,00 € brutto nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, für den Einbehalt der bereits ausgezahlten 85,00 € brutto sei die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet und habe hierzu entsprechend nicht vorgetragen. Im Übrigen seien eventuelle Ansprüche des Klägers aufgrund der tariflichen Ausschlussfristen verfallen. Es fehle innerhalb der Ausschlussfristen an einer spezifizierten Geltendmachung durch den Kläger dem Grunde und der Höhe nach. Wegen der weiteren Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf das Urteil vom 27.10.2005 (Bl. 62 - 70 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wehrt sich der Kläger mit der vorliegenden, beim Landesarbeitsgericht am 03.04.2006 eingegangen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 21.06.2006, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tage eingegangen, begründeten Berufung.

Der Kläger trägt vor:

Neben dem rechtskräftig durch das erstinstanzliche Gericht ausgeurteilten Betrag von 85,00 € wegen des einbehaltenen Urlaubsgeldes stünden dem Kläger weitere 644,77 € zu. Insoweit werde auf die Berechnung der Klageforderung im Instanzenzug Bezug genommen.

Ansprüche des Klägers seien auch nicht auf der Grundlage von § 18 des anwendbaren Manteltarifvertrages für die Mineralbrunnenindustrie NRW (MTV) verfallen. Denn die Beklagte habe, wie sich aus dem klageabweisenden Schriftsatz vom 10.11.2004 ergebe, sogleich erkannt, dass nicht die Tarifverträge für die Erfrischungsgetränkeindustrie zur Anwendung kommen würden, sondern diejenigen für die Mineralbrunnenindustrie. Dementsprechend habe die Beklagte ohne weiteres erkennen können, dass der Kläger Ansprüche aus dem anwendbaren Tarifvertrag für die Mineralbrunnenindustrie habe geltend machen wollen.

Hinzu komme, dass die geltend gemachten Vergütungsansprüche im Hinblick auf den Stundenlohn sich nach dem Geltendmachungsschreiben vom 31.08.2004 auf eine Bewertungsgruppe V des Entgeltrahmentarifvertrages für die Erfrischungsgetränkeindustrie NRW bezogen hätten, die von den Voraussetzungen her identisch sei mit der anwendbaren Tarifgruppe V des Entgeltrahmentarifvertrages für die Mineralbrunnenindustrie. Der Kläger habe lediglich die Rechtsnorm falsch bezeichnet; dies schade im Hinblick auf tarifliche Ausschlussfristen nicht.

Gleiches gelte im Übrigen für die Zuschläge, die der Kläger verlangt habe. Die Beklagte selbst habe die Arbeitsstunden abgerechnet, so dass sie sich nunmehr nicht darauf berufen könne, der Kläger müsse weiter vortragen. Der Mehrarbeitszuschlag von 25 % sei in beiden Tarifvertragswerken gleich.

Auch die Anspruchsvoraussetzungen für ein zusätzliches Urlaubsgeld seien identisch; nur der Höhe nach betrage das zusätzliche Urlaubsgeld in der Erfrischungsgetränkeindustrie 13,90 € pro Urlaubstag, in der Mineralbrunnenindustrie 12,78 € pro Urlaubstag. Für 20,63 Stunden Urlaubsabgeltung ergebe sich eine Differenz in Höhe von 12,38 €, die mit Schriftsatz vom 01.07.2005 auch geltend gemacht worden sei. Bereits in der Klageschrift vom 25.10.2004, wie auch im Geltendmachungsschreiben vom 31.08.2004, sei eine Differenz im Hinblick auf das gezahlte Urlaubsgeld enthalten gewesen.

Der Kläger beantragt:

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Rheine vom 27.10.2005, AZ: 2 Ca 125/05, wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger neben dem ihm vom Arbeitsgericht Rheine zuerkannten Betrag in Höhe von 85,00 € brutto weitere 644,77 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins der EZB seit dem 11.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend und meint darüber hinaus, dass Ansprüche des Klägers nicht nur nicht bestünden und jedenfalls verfallen seien, sondern dass darüber hinaus der Einwand der Verwirkung greife. Nachdem das Verfahren in erster Instanz seit dem 15.11.2004 geruht habe, habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, der Kläger verfolge seine Ansprüche nicht weiter. Erst mit Schriftsatz vom 01.07.2005 sei dann das Verfahren wieder aufgerufen worden, wie sich aus der Akte ergebe und zwischen den Parteien auch nicht streitig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist begründete Berufung des Klägers (§§ 66 Abs. 1 Satz 1; 64 Abs. 6 ArbGG; §§ 516 ff. ZPO) hat keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 644,77 € brutto nebst Zinsen gemäß § 611 BGB, gegebenenfalls in Verbindung mit den vom Kläger in Anspruch genommenen tariflichen Regelungen.

I.

Es bedurfte keiner abschließenden Entscheidung der Berufungskammer zu der Frage, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die vom Kläger geltend gemachten tariflichen Ansprüche vorliegen. Denn solche Ansprüche, so sie bestanden haben sollten, wären in jedem Falle gemäß § 18 des Manteltarifvertrages für die Mineralbrunnenindustrie NRW (MTV) verfallen, da der Kläger seine Ansprüche nicht innerhalb von drei Monaten seit Entstehen des Anspruchs geltend gemacht hat.

A.

Vorauszuschicken ist, dass die tariflichen Regelungen für die Arbeitnehmer in der Mineralbrunnenindustrie NRW Anwendung finden. Zwar hat der Kläger zunächst Ansprüche auf das Tarifwerk für die Erfrischungsgetränkeindustrie NRW gestützt; indessen hatte er im Laufe des Rechtsstreits unstreitig gestellt, dass kraft beiderseitige Verbandszugehörigkeit eben die Tarifverträge für die Mineralbrunnenindustrie NRW zur Anwendung kommen. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung des § 3 Abs. 1 TVG, wonach tarifgebunden die Mitglieder der jeweils tarifvertragschließenden Tarifvertragsparteien sind.

B.

Weder das Geltendmachungsschreiben der den Kläger vertretenden Gewerkschaft NGG vom 31.08.2004 noch die Klageschrift vom 25.10.2004 haben die tarifliche Ausschlussfrist des § 18 MTV gewahrt.

Zwar hat der Kläger sowohl im Geltendmachungsschreiben als auch in der Klageschrift ausdrücklich Ansprüche geltend gemacht und diese auch der Höhe nach spezifiziert. Jedoch hat er sie auf das Tarifvertragswerk für die Erfrischungsgetränkeindustrie NRW gestützt, welches - wie dargelegt - streitlos nicht zur Anwendung kommt.

Dementsprechend fehlt es sowohl im Geltendmachungsschreiben vom 31.08.2004 als auch in der Klageschrift vom 25.10.2004 an einer Spezifizierung der geltend gemachten Forderungen dem Grunde nach, da unter Beachtung der anwendbaren tariflichen Vorschriften der Mineralbrunnenindustrie NRW sich eine vollständige Neuberechnung der vom Kläger in Anspruch genommenen Forderungen ergibt.

Die Berufungskammer geht mit der angegriffenen Entscheidung davon aus, dass es zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss dabei unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer näher bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht (BAG, Urteil v. 10.12.1997, 4 AZR 228/96, AP BAT §§ 22, 23 Nr. 234). Mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, setzt das voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird (BAG, Urteil v. 22.04.2004, 8 AZR 652/02, AP BAT-O, §§ 22, 23 Nr. 28; BAG, Urteil v. 03.08.2005, 10 AZR 559/04, zu II. 1. c) aa) der Gründe bei juris; ErfK Arbeitsrecht/Preis, 7. Aufl. 2006, BGB § 218 Rn. 63 m.w.N.).

Eben im Sinne dieser Rechtsprechung fehlt die Spezifizierung der klägerischen Ansprüche dem Grunde nach innerhalb der tariflichen Verfallfristen. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass er zum Beispiel in den Fällen gesetzlicher Ansprüche die Anspruchsgrundlage gegenüber dem Schuldner nicht mit den exakten Paragrafen bezeichnen, sondern lediglich einen Lebenssachverhalt unterbreiten muss, der den geltend gemachten Anspruch trägt. In den Fällen tariflicher Ansprüche reicht das jedoch nicht aus. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass gesetzliche Vorschriften ohne weitere Anwendungsvoraussetzungen für jedermann gelten können, tarifliche Anspruchsnormen hingegen nicht. Die Feststellung der Anwendbarkeit tariflicher Anspruchsnormen bedarf weiterer Voraussetzungen, wie zum Beispiel die beiderseitige Verbandsmitgliedschaft, die § 3 Abs. 1 TVG erfordert. Hinzu kommt - dies macht der vorliegende Rechtsstreit deutlich -, dass es in zahlreichen Branchen ähnliche oder gar gleichlautende tarifliche Regelungen gibt, genauso, wie es in einigen Fällen Konkurrenzen zwischen tarifvertragschließenden Parteien gibt (vgl. nur: Tarifverträge, die durch eine DGB-Gewerkschaft abgeschlossen wurden und solche, die durch den Christlichen Gewerkschaftsbund D5xxxxxxxxxx oder einer seiner Untergliederungen abgeschlossen wurden).

In dieser Konstellation muss deshalb der Grund des geltend gemachten Anspruchs so genau bezeichnet sein, dass die Beklagte ohne weiteres in die Lage versetzt werden kann, zu prüfen, ob sie die geltend gemachte Forderung erfüllen will oder nicht.

Im Übrigen wird hierzu auf die zutreffenden Erwägungen der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen, vgl. § 69 Abs. 2 ArbGG.

C.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die tarifliche Verfallfrist des § 18 MTV einer Inhaltskontrolle durch das Gericht nicht unterlag, da - unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen - eine Inhaltskontrolle bei Tarifverträgen anhand einfach gesetzlicher Maßstäbe gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht erfolgt und den Tarifvertragsparteien kraft Gesetzes (§ 4 Abs. 4 Satz 3 TVG) die Zuständigkeit für die Vereinbarung von Ausschlussfristen in Tarifverträgen zugewiesen ist.

Die tarifliche Ausschlussfrist des § 18 MTV ist auch nicht wegen Verstoßes der Tarifvertragsparteien gegen das aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot nichtig. Auch insoweit folgt die Berufungskammer der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das zu einer tariflichen Verfallklausel, die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Frist zur Geltendmachung von einem Monat vorsah, ausdrücklich festgehalten hat, dass die Geltendmachungsfristen von zwei Monaten nach Fälligkeit und einem Monat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu beanstanden sind (BAG, Urteil v. 19.04.2005, 9 AZR 160/04, AP Nr. 12 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bewachungsgewerbe; vgl. auch die Nachweise bei Däubler, TVG, 2. Aufl., § 4 Rn. 1070). Eine Auseinandersetzung der Berufungskammer mit der abgekürzten Geltendmachungsfrist von einer Woche nach Erhalt der Entgeltabrechnung bedurfte es nicht, da der Kläger in jedem Falle die Grundfrist von drei Monaten in § 18 MTV - wie dargelegt - nicht beachtet hat.

Es verbleibt damit dabei, dass eventuelle Ansprüche des Klägers in jedem Falle gemäß § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG i.V.m. § 18 MTV Mineralbrunnenindustrie NRW verfallen sind.

Nach alledem hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels gemäß § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht ersichtlich.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gesondert festzusetzen, da das erstinstanzliche Urteil nur im Umfange von 644,77 € angegriffen worden ist. Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren folgt aus der Höhe der Klageforderung, vgl. §§ 3, 6 ZPO.

Ende der Entscheidung

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