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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.11.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 712/06
Rechtsgebiete: BGB, UmwG


Vorschriften:

BGB § 613 a Abs. 5
BGB § 613 a Abs. 6
UmwG § 19
UmwG § 20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 06.03.2006 - 5 (4) Ca 2002/05 - teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten K1xxxxxxxxx GmbH & Co. KG ein Arbeitsverhältnis als Kraftfahrer zu einem Stundenentgelt von 8,62 € bei einer regelmäßige wöchentlichen Arbeitszeit von 65 Stunden besteht.

2. Die Beklagte K1xxxxxxxxx GmbH & Co. KG wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Kraftfahrer weiter zu beschäftigen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2) Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3) Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 40 %, die Beklagten zu 60 %.

4) Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 16.995,77 € festgesetzt.

5) Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

Der am 17.01.1959 geborene Kläger ist auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 22.01.1991 seit dem 01.02.1991 beschäftigt. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die Fotokopie Blatt 92 ff. d.A. Bezug genommen.

Der Kläger übte eine Beschäftigung als Kraftfahrer, zuletzt mit einem Bruttostundenentgelt von 8,62 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 60 bis 70 Stunden aus. Er ist geschieden und einer Person zum Unterhalt verpflichtet.

Die Beklagte beschäftigt ständig mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden. Ein Betriebsrat ist nicht gewählt.

Die Beklagte beschäftigte sich ursprünglich neben der Getränkelogistik auch mit der unmittelbaren Betreuung von Gaststätten.

Zum 22.12.2000 (AG Hamm unter HRB 21xx, Tag der ersten Eintragung) wurde die I1xxxx Aktiengesellschaft gegründet, die ihren Geschäftsbetrieb zum 01.01.2001 aufnahm. Vorstandsvorsitzender dieser Aktiengesellschaft war Herr W3xxxxxx P2xxxxxxxx, der zugleich auch Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten war. Aufgabe der neugegründeten I1xxxx AG war es, den Logistikbereich der Beklagten weiterzuführen.

Der Kläger war zum Zeitpunkt der Übernahme der Logistikgeschäfte der Beklagten durch die I1xxxx AG andauernd arbeitsunfähig erkrankt.

Die I1xxxx AG kündigte das Arbeitsverhältnis zum Kläger mit Schreiben vom 30.08.2004. Hiergegen hatte sich der Kläger durch Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Hamm vom 14.09.2004 (3 Ca 2171/04) zur Wehr gesetzt. In dieser Kündigungsschutzklage hat der Kläger ausdrücklich vorgetragen, bei der Beklagten seit dem 01.02.1991 beschäftigt zu sein. Im Rahmen dieses Rechtsstreits kam es zur Wiederaufnahme der Beschäftigung durch den Kläger. Ob dieser eindeutig der I1xxxx AG oder der Beklagten zuzuordnen war, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls kam es nicht zu einer Entscheidung des Rechtsstreits; die Akte wurde vielmehr weggelegt, nachdem das Verfahren sechs Monate nicht betrieben worden war. Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte (ArbG Hamm 3 Ca 2171/04) Bezug genommen.

Eine Unterrichtung des Klägers in Textform darüber, dass die Logistikgeschäfte der Beklagten durch die I1xxxx AG übernommen seien, erfolgte streitlos nicht. Welche konkreten Angaben seitens der Beklagten dem Kläger gegenüber gemacht worden sind im Hinblick auf die Aufnahme der Tätigkeit der I1xxxx AG, ist zwischen den Parteien streitig.

Jedenfalls kündigte die I1xxxx AG das Arbeitsverhältnis zum Kläger - soweit für den vorliegenden Rechtsstreit noch von Interesse - durch Schreiben vom 28.10.2005 "fristgerecht zum 30.04.2006". Im Kündigungsschreiben heißt es ausdrücklich, dass die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen erfolge, da der Vorstand beschlossen habe, die Geschäftstätigkeit einzustellen. Wegen des Kündigungsschreibens wird auf die Fotokopie Blatt 21 d.A. Bezug genommen.

Hiergegen hat sich der Kläger mit der vorliegenden Kündigungsschutzklage zur Wehr gesetzt. Die Klage mit Schriftsatz vom 11.11.2005 ist am gleichen Tage beim Arbeitsgericht Hamm eingegangen.

Nachdem die damalige beklagte I1xxxx AG (seinerzeit Beklagte zu 1.) die betrieblichen Gründe zur Kündigung aus ihrer Sicht vorgetragen hatte, hat der Kläger die Klage gegenüber der Beklagten (damalige Beklagte zu 2.) erweitert und sich darauf berufen, die I1xxxx AG und die Beklagte würden einen Gemeinschaftsbetrieb bilden. Er außerdem darauf hingewiesen, bei der Beklagten beschäftigt zu sein, da er einen anderen Arbeitsvertrag als den vom 22.01.1991 nicht erhalten habe. Außerdem hat er sich darauf berufen, eine Kündigung der Beklagten zu 2. nicht erhalten zu haben.

Darüber hinaus habe er einen Anspruch auf Zahlung von Vergütungsdifferenzen, da die I1xxxx AG ihn nicht mehr in dem Umfange einsetze, in dem er sonst regelmäßig tätig geworden sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.10.2005 nicht zum 30.04.2006 enden wird, sondern fortbesteht;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. ungekündigt und unbefristet fortbesteht und nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 28.10.2005 zum 30.04.2006 oder zu einem anderen Zeitpunkt geendet hat, sondern unverändert fortbesteht;

3. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Kraftfahrer weiterzubeschäftigen;

4. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an den Kläger 2.303,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.12.2005 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1. und 2. haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben sich auf betriebsbedingte Gründe zur Kündigung berufen, insbesondere auf eine unternehmerische Entscheidung der I1xxxx AG, ihre Geschäftstätigkeit im Bereich der Getränkelogistik unter Berücksichtigung der einzuhaltenden Kündigungsfristen sämtlicher Mitarbeiter einzustellen. Die erforderliche Massenentlassungsanzeige sei vor Ausspruch der Kündigung vom 28.10.2005 ordnungsgemäß erfolgt; einen Betriebsübergang zwischen der I1xxxx AG auf die Beklagte habe es nicht gegeben; die Beklagte beschäftige sich nicht mit der Getränkelogistik, sondern sei vielmehr Kunde der I1xxxx AG gewesen im Hinblick auf die Ausführung logistischer Aufgaben.

Nach mehrjähriger Arbeitsunfähigkeit sei der Kläger bei der damaligen Beklagten zu 1., der I1xxxx AG, wieder angefangen zu arbeiten, und zwar als Kraftfahrer. Ihm sei bedeutet worden, dass die Beklagte im Logistikbereich keine Tätigkeiten mehr entfalte und der gesamte Logistikbereich, also auch der Arbeitsplatz des Klägers, auf die I1xxxx AG übergegangen sei.

Durch Urteil vom 06.03.2006, dem Klägervertreter zugestellt am 24.03.2006, hat das Arbeitsgericht Hamm die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die beklagte I1xxxx AG eine unternehmerische Entscheidung getroffen habe, ihre Geschäftstätigkeit einzustellen, worin ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung liege. Einen Betriebsübergang zwischen der I1xxxx AG und der Beklagten habe nicht stattgefunden, da der Logistikbereich der I1xxxx AG von der Beklagten nicht weitergeführt werde. Hieran ändere auch der Sachvortrag des Klägers, der allerdings bestritten sei, nichts, die Beklagte habe mit der I1xxxx AG einen Gemeinschaftsbetrieb geführt. Denn mit der Entscheidung, den Geschäftsbetrieb der I1xxxx AG einzustellen, habe der Gemeinschaftsbetrieb aufgehört zu existieren.

Einen Zahlungsanspruch habe der Kläger nicht, da die I1xxxx AG nicht verpflichtet gewesen sei, dem Kläger Mehrarbeit zuzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf Blatt 123 ff. d.A. Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wehrt sich der Kläger mit der vorliegenden, zum Landesarbeitsgericht unter dem 24.04.2006 erhobenen und mit weiterem Schriftsatz vom 02.05.2006, am gleichen Tage beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründeten Berufung.

Während des anhängigen Berufungsverfahrens ist die I1xxxx AG durch Verschmelzungsvertrag vom 27.06.2006 auf die Beklagte verschmolzen worden; die Wirkung ist zum 30.08.2006 eingetreten (§ 19 UmwG), da die Verschmelzung an diesem Tage bei der Beklagten zu 2) registergerichtlich eingetragen wurde.

Der Kläger trägt vor:

Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass die Beklagte nichts anderes getan habe, als ihre im Jahre 2000 getroffene Entscheidung, den Logistikbereich auf die I1xxxx AG zu übertragen, rückgängig zu machen. Dies ergebe sich aus der Firmenhistorie, die über die entsprechenden Internetseiten nachzuvollziehen sei.

Im Übrigen sei das Vorbringen des Klägers in erster Instanz, nach wie vor bei der Beklagten beschäftigt zu sein, als Widerspruch gegen den damaligen Betriebsübergang des Logistikbereichs auf die I1xxxx AG zu werten.

Nachdem das Berufungsgericht darauf hingewiesen hat, dass hier möglicherweise ein Widerspruch des Klägers gegen einen Betriebsübergang zum 01.01.2001 zu beachten sei, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 18.09.2006 das Arbeitsverhältnis mit folgendem Wortlaut erneut:

"Kündigung

Sehr geehrter Herr N1xxxxxx,

hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgerecht zum nächstmöglichen Termin.

Der Ausspruch dieser Kündigung erfolgt vorsorglich und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, da sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Firma I1xxxx AG zwischenzeitlich widersprochen haben.

..."

Hiergegen wehrt sich der Kläger mit einer entsprechenden Kündigungsschutzklage, die am 25.09.2006 beim Arbeitsgericht Hamm eingegangen ist und unter dem Aktenzeichen 1 Ca 1850/06 geführt wird. Wegen der Einzelheiten des dortigen Kündigungsschreibens wird auf Blatt 4 der Akte 1 Ca 1850/06 ArbG Hamm Bezug genommen. Dieser Rechtsstreit ist durch Beschluss vom 07.11.2006 gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt worden.

Soweit der Kläger mit der Berufung auch den ursprünglichen Zahlungsantrag zunächst weiterverfolgt hat, hat er die Klage im Termin zur Berufungsverhandlung insoweit zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 28.10.205 nicht beendet worden ist,

2. festzustellen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. ein Arbeitsverhältnis als Kraftfahrer zu einem Stundenentgelt von 8,62 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 65 Stunden wöchentlich und auch im Übrigen zu den Bedingungen wie zuvor zur Beklagten zu 1. besteht,

3. hilfsweise, die Beklagte zu 2. zu verurteilen, das im vorliegenden Prozess abzugebene Angebot des Klägers anzunehmen, mit ihr einen Arbeitsvertrag abzuschließen als Kraftfahrer zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.260,00 € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und auch im Übrigen zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 12.,

4. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Kraftfahrer zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach der Beschwer (§ 64 Abs. 2 ArbGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers (§§ 66 Abs. 1 Satz 1; 64 Abs. 6 ArbGG; §§ 516 ff. ZPO) hat zum Teil Erfolg, da der Kläger nach wie vor in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht und demzufolge einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung hat.

I.

Vorauszuschicken ist, dass das Passivrubrum in der vorliegenden Entscheidung dahingehend zu berichtigen war, dass nur noch die Beklagte auf der Passivseite Partei dieses Rechtsstreites ist.

Zwar hat der Kläger sowohl die Klage wie auch die Berufung gegenüber der I1xxxx AG als Beklagte zu 1. und der Beklagten als Beklagte zu 2. erhoben, indessen hat die I1xxxx AG auf der Grundlage des § 20 UmwG mit Verschmelzung auf die Beklagte aufgehört, rechtlich zu existieren.

Wenn auch im Falle der Löschung einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich davon auszugehen ist, dass im bereits laufenden Passivprozess trotz Löschung die Parteifähigkeit (§ 50 Abs. 1 ZPO) der Gesellschaft fortbesteht (zum Meinungsstand vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 50, Rdnr. 5), da es - solange der Prozess noch schwebt - an einer Vollbeendigung der Abwicklung fehlt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09. Juli 1981, 2 AZR 329/79, NJW 1982, 1831) und die Parteifähigkeit der gelöschten Kapitalgesellschaft jedenfalls u.a. dann fortbesteht bzw. fingiert wird, wenn der Kläger behauptet, die Gesellschaft verfüge noch über Vermögen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. September 2003, 8 AZR 446/02, AP Nr. 256 zu § 613 a BGB), so ist zu bedenken, dass es vorliegend nicht um eine reine Löschung geht, sondern um eine Verschmelzung nach § 2 UmwG. Hierbei findet schon per Definition der Verschmelzung keine Abwicklung statt.

In dieser Konstellation ist in der gesellschaftsrechtlichen Literatur umstritten, welche Auswirkungen sich auf Prozesse unter Beteiligung des übertragenden Rechtsträgers (also der I1xxxx AG) ergeben.

Einerseits werden die §§ 246, 239 ZPO angewandt mit der Folge, dass auf Antrag des Prozessbevollmächtigten eine Aussetzung des Verfahrens stattzufinden hat bis zur formellen Aufnahme durch den Rechtsnachfolger (BGH, NJW 2004, 1528; Zöller/Greger, § 239 Rn 6; Schmitt/Hörtnagel/Stratz, UmwG 4. A., § 20 Rdnr. 38). Die Auswirkungen für den vorliegenden Rechtsstreit könnten ggf. dann für jeden Antrag gesondert zu beurteilen sein, da ein Teil der Anträge sich ohnehin gegen die Rechtsnachfolgerin, die Beklagte zu 2), richtet.

Andererseits wird vertreten, dass der übernehmende Rechtsträger automatisch und ohne Unterbrechung in den Prozess nachrückt (Lutter, UmwG 3.A., § 20 Rdnr. 55; MünchKomm ZPO-Feiber, § 239 Rdnr. 17; Semler/Stengel, UmwG, § 20 Rdnr. 66). Ein Titel, der noch gegen den übertragenden Rechtsträger ergangen ist, kann dann gem. § 727 ZPO umgeschrieben werden (Lutter aaO m.w.Nachw.); für den Fall der Verschmelzung im laufenden Verfahren kann das Rubrum nach § 319 ZPO bzw. im zu erlassenden Urteil berichtigt werden (BGH, Urteil vom 01.12.2003, II ZR 161/02, GmbHR 2004, 182)

Die Berufungskammer schließt sich der letztgenannten Auffassung an, weil nur durch sie den Besonderheiten des UmwG Rechnung getragen wird. Ein Rechtsträger hört nämlich nur gesellschafts- (umwandlungs-) rechtlich auf zu existieren; sein Substrat wird indessen zur Fortführung auf einen anderen Rechtsträger übertragen. Hierin liegt der grundlegende Unterschied zur Liquidation mit anschließender Löschung oder zu den eigentlichen Anwendungsfällen der §§ 246, 239 ZPO, in denen zunächst einmal Klarheit über die Rechtsnachfolge geschaffen werden muss.

Daraus folgt, dass im Rahmen der vorliegend zu treffenden Endentscheidung das Passivrubrum zu berichtigen ist; es ist jetzt nur noch die Beklagte zu 2) Partei des Rechtsstreits. Probleme im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage (§ 50 ZPO, Parteifähigkeit der Beklagten zu 1.) bestehen nicht.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, soweit er sich gegen die Kündigung der I1xxxx AG vom 28.10.2005 zur Wehr setzt.

Dabei hatte sich die Berufungskammer nicht mit den Fragen auseinander zu setzen, die im Rahmen der Prüfung des § 1 Abs. 2 KSchG Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung waren.

Denn ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess setzt u.a. voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung noch oder überhaupt ein Arbeitsverhältnis besteht ( BAG, Urteil v. 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - BAGE 81, 111 = AP ZPO § 519 Nr. 48; Urteil v. 12. Januar 1977 - 5 AZR 593/75 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 3 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 11, Urteil vom 18.04.2002, 8 AZR 347/01, ZInsO 2002, 1198-1202).

Ein solches Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der beklagten I1xxxx AG ist indessen zu keinem Zeitpunkt begründet worden.

a.

Zwar hat die Beklagte sich darauf berufen, dass mit Gründung der I1xxxx AG im Dezember 2000 mit Aufnahme deren Geschäftstätigkeit zum 01.01.2001 ein Betriebsübergang hinsichtlich des Logistikbereichs der Beklagten auf die I1xxxx AG stattgefunden hat mit der Folge, dass auch das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die I1xxxx AG übergegangen sei.

Indessen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass auf der Grundlage des § 613 a Abs. 5 BGB eine Unterrichtung des Klägers in Textform über diesen Betriebsübergang nicht stattgefunden hat.

Die Kammer verkennt nicht, dass zum Zeitpunkt des dargelegten Betriebsübergangs zum 01.01.2001 die Vorschrift des § 613 a BGB insoweit eine andere Fassung hatte, als dass dort die Unterrichtung über einen Betriebsübergang in Textform nicht vorgeschrieben war.

Allerdings war der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht tatsächlich beschäftigt, sondern streitlos über längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt.

Zu dem Zeitpunkt als der Kläger seine Tätigkeit wieder aufgenommen hat (November 2004), war die jetzt gültige Fassung des § 613 a BGB bereits in Kraft getreten, da sie durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23.03.2002 (BGBl. I S. 1163) mit Wirkung ab 01.04.2002 um die hier maßgeblichen Absätze 5 und 6 ergänzt worden ist.

Daraus folgt zugleich, dass die Beklagte den Kläger bei Wiederaufnahme seiner Tätigkeit entsprechend der Vorschrift des § 613 a Abs. 5 BGB hätte über den von ihr dargelegten Betriebsübergang unterrichten müssen, und zwar in Textform. Dies ist streitlos nicht geschehen mit der Folge, dass die Frist des Klägers zum Wiederspruch gegen den Betriebsübergang gemäß § 613 a Abs. 6 BGB nicht in Gang gesetzt worden ist (so ausdrücklich: BAG, Urteile v. 13.07.2006, 8 AZR 305/05, DB 2006, S. 2406 und 8 AZR 303/05, NZA 2006, S. 1273).

Der Kläger hat diesem Betriebsübergang - die hierzu erforderlichen Tatsachen unterstellt - im Sinne des § 613 a Abs. 6 BGB widersprochen. Spätestens mit Schriftsatz vom 08.02.2006 hat der Kläger bereits erstinstanzlich darauf hingewiesen, er habe einen anderen Arbeitsvertrag als den mit der Beklagten nie erhalten und sei deswegen in jedem Falle bei der Beklagten zu 2. beschäftigt.

Nach Auffassung der Berufungskammer ist hierin der erforderliche Widerspruch im Sinne des § 613 a Abs. 6 BGB zu sehen. Dieser Widerspruch stellt nämlich eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung dar, die aus Sicht des Empfängerhorizontes unter Berücksichtigung eines verständigen Empfängers zu verstehen ist (BAG, Urteile v. 13.07.2006 aaO).

Wenn damit der Kläger sich darauf beruft, in jedem Falle bei der Beklagten beschäftigt zu sein, so heißt dies nichts anderes, als dass er an dem ursprünglich durch Vertrag aus 1991 begründeten Arbeitsverhältnis mit der Beklagten festhalten wolle und eben nicht bei der I1xxxx AG beschäftigt sein will.

Im Übrigen hat der Kläger im Berufungsverfahren nochmals ausdrücklich klargestellt, dass dieser Sachvortrag den Widerspruch gegen den Betriebsübergang darstellt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist ein solcher Widerspruch erklärt; ein vorheriger Fristablauf im Sinne des § 613 a Abs. 6 BGB fand nicht statt, da - wie dargelegt - es in jedem Fall an der Unterrichtung in Textform im Sinn des § 613 a Abs. 5 BGB fehlte.

b.

Dieser Widerspruch gegen den Betriebsübergang wirkt auf den Zeitpunkt des Betriebsüberganges zwischen der Beklagten und der I1xxxx AG zum 01.01.2001 zurück (BAG, Urteile vom 13.07.2006 aaO).

Damit steht fest, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers, welches im Jahre 1991 zur Beklagten begründet worden ist, nicht auf die I1xxxx AG übergegangen ist mit der Folge, dass eben deren Kündigung vom 28.10.2005 rechtlich gesehen ein "Nullum" darstellt, da es sich um die Kündigung eines Nicht-Arbeitgebers handelt.

Dies bedeutet zugleich, dass die Kündigungsschutzklage des Klägers schon deshalb der Abweisung unterlag, da zwischen den damaligen Parteien des Rechtsstreits (Kläger und I1xxxx AG als seinerzeitige Beklagte zu 1.) ein Arbeitsverhältnis eben nicht bestanden hat.

III.

Die Berufung hatte Erfolg, soweit der Kläger die Feststellung begehrt hat, dass zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis zu den aus dem im Tenor ersichtlichen Bedingungen besteht.

Insoweit wird vollinhaltlich auf die Ausführungen zur Frage des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der I1xxxx AG zu II. dieses Urteils Bezug genommen.

Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass es dem Kläger nicht verwehrt ist, sich auf die Vorschrift des § 613 a Abs. 6 BGB zu berufen. Zwar ist anerkannt, dass Rechte nur so ausgeübt werden können, wie es Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) entspricht.

Keinesfalls handelt der Kläger indessen treuwidrig, wenn er sich auf den Widerspruch gegen den Betriebsübergang im Jahre 2000/2001 beruft, da die Beklagte es bei Aufnahme der Tätigkeit des Klägers im Jahre 2004 selbst versäumt hat, sich an die nunmehr in Kraft getretene Vorschrift des § 613 a Abs. 5 BGB, nämlich die Unterrichtung über den Betriebsübergang in Textform, zu halten. Auch die Klage gegenüber der I1xxxx AG vor dem Arbeitsgericht Hamm zum Aktenzeichen 3 Ca 2171/04 rechtfertigt hier keine andere Bewertung, da auch der Kläger in diesem Verfahren ausschließlich darauf hingewiesen hat, bei der beklagten Firma M2x K1xxxxxxxxx beschäftigt zu sein.

Soweit in der Rechtsprechung des öfteren Fälle von Verwirkung im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Betriebsüberganges auf der Grundlage der Bestimmung des § 242 BGB entschieden wurden (vgl. nur LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30.10.2002, 5 Sa 206c/02 m.w.Nachw.), lag dort jeweils die alte Fassung des § 613 a BGB zugrunde. Schon deshalb verbietet sich nach der gesetzlichen Neuregelung unter Berücksichtigung der Entscheidung des BAG vom 13.07.2006 aaO ein Rückgriff hierauf.

IV.

Die Berufung hatte auch insoweit Erfolg, als dass die Beklagte zu weiteren Beschäftigung des Klägers zu verurteilen war.

Da nämlich das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten jedenfalls im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz bestanden hat, ist die Beklagte auf der Grundlage des bestehenden Arbeitsvertrages gemäß § 611 BGB verpflichtet, den Kläger tatsächlich zu beschäftigen (BAG, GS, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).

Auch der Umstand, dass die Beklagte unter dem 18.09.2006 vorsorglich eine Kündigung vor dem Hintergrund des Widerspruchs des Klägers gegen den Betriebsübergang ausgesprochen hat und der Kläger sich hiergegen im Verfahren 1 Ca 1850/06 vor dem Arbeitsgericht Hamm zur Wehr setzt, steht dem Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers nicht entgegen.

Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, anerkannt, dass im Falle von weiteren ausgesprochenen Kündigungen grundsätzlich Bedenken bestehen, ob das Beschäftigungsinteresse des Klägers das Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung überwiegen kann (grundlegend Großkommentar zum Kündigungsrecht APS/Koch § 102 BetrVG Rdnr. 239 ff m.w.N.).

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Kündigungsfrist auf der Grundlage der Kündigung vom 18.09.2006 im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung abgelaufen war. Insoweit hatte die Berufungskammer keine Bedenken, die Weiterbeschäftigung - wie geschehen - auszuurteilen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO; die Kostenquote entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen im Prozess unter Berücksichtigung der teilweisen Klagerücknahme.

Der Streitwert im vorliegenden Berufungsurteil war neu festzusetzen, da er sich geändert hat. Auf der Grundlage der Angaben des Klägers zur Arbeitszeit und zum Stundenlohn hat die Berufungskammer für den Kündigungsschutzantrag drei Bruttomonatsgehälter, für den Feststellungsantrag im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2. weitere zwei Bruttogehälter sowie für den Weiterbeschäftigungsantrag zwei Bruttogehälter zugrunde gelegt.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG waren nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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