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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 17.09.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 832/07
Rechtsgebiete: BUrlG


Vorschriften:

BUrlG § 7 Abs. 4
Bleibt ein Arbeitnehmer über das Ende des Urlaubsjahres und des Übertragungszeitraums hinaus arbeitsunfähig, ist Urlaubsabgeltung auch nicht für den Teil des Urlaubsjahres geschuldet, in dem Arbeitnehmer Arbeit geleistet hat.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2007 - 3 Ca 4619/06 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Urlaubsabgeltung für die Monate Januar bis Juli 2005 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 1.650,48 € sowie darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Anwaltskosten für die vorgerichtliche Geltendmachung in Höhe einer Geschäftsgebühr zu erstatten.

Der Kläger war seit dem Jahr 1998 Arbeitnehmer der Beklagten. Nach dem Arbeitsvertrag steht ihm ein jährlicher Urlaub von 30 Arbeitstagen zu. Im Jahr 2005 nahm er zunächst keinen Urlaub. Er erkrankte Anfang August 2005 ohne die Arbeitsfähigkeit wieder zu erlangen. Auf seinen Rentenantrag hin wurde ihm beginnend mit März 2006 Erwerbsunfähigkeitsrente bewilligt. Das Arbeitsverhältnis endete aus diesem Grunde rückwirkend vereinbarungsgemäß zum Ende Februar 2006. Die Arbeitsfähigkeit hat der Kläger bis heute nicht wiedererlangt.

Der Kläger vertritt die Ansicht, er habe sich zumindest in der Zeit der Arbeitsleistung im Jahr 2005 nämlich in der Zeit von Januar bis Juli einen Urlaubsabgeltungsanspruch erarbeitet. Es sei ungerecht, wenn der Beklagte allein wegen seiner, des Klägers Arbeitsunfähigkeit diesen Abgeltungsanspruch nicht auszahlen müsse. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung beantragt der Kläger,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.03.2007 - 3 Ca 4619/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.650,48 € brutto zu zahlen, sowie weiterhin die Beklagte zu verurteilen, ihm die vorgerichtliche volle Geschäftsgebühr in Höhe von 308,21 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich hierzu auf die ständige Rechtsprechung des BAG, wonach Urlaubsabgeltung nur dann zu gewähren ist, wenn der Arbeitnehmer im Anschluss an das Ende des Arbeitsverhältnisses bis wenigstens zum Ablauf des Übertragungszeitraumes arbeitsfähig geworden ist. Hinsichtlich der Erstattung der vorgerichtlichen Mahnkosten verweist sie auf die ständige Rechtsprechung des BAG zu § 12 a ArbGG, wonach dieser auch die Erstattung der vorgerichtlichen Kosten ausschließt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige und fristgerechte Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger verkennt den Sinn und die Strukturen des Urlaubsrechts. Grundsätzlich erhält ein Arbeitnehmer nur dann Vergütung, wenn er hierfür tatsächlich Arbeit geleistet hat. Von diesem Grundsatz gibt es nur wenige Ausnahmen. Hierzu gehört das Recht der Lohnfortzahlung und das Urlaubsrecht. Sinn des Urlaubsanspruches ist es, in jedem Kalenderjahr einem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu gewähren, zu einem von ihm zu bestimmenden Zeitpunkt mit der Arbeit auszusetzen, um hierdurch Erholung zu finden und die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Damit dieser Zweck auch tatsächlich erreicht wird, ist der Urlaub an das Kalenderjahr gebunden und nur kurzfristig in das erste Quartal des Folgejahres zu übertragen, wenn wichtige Gründe dafür vorliegen, dass der Urlaubsanspruch nicht im laufenden Kalenderjahr verwirklicht werden konnte. Zudem ist dem Arbeitnehmer auch das Wahlrecht eingeräumt worden, zu welchem Zeitpunkt er seinen Anspruch, mit der Arbeit auszusetzen, verwirklichen möchte. Nicht erforderlich ist dabei nach Ablauf der Wartezeit aus § 4 BUrlG, dass in einem Kalenderjahr bereits Arbeitsleistung erbracht wurde. Ein Arbeitnehmer kann seinen gesamten Jahresurlaub bereits ab 1. Januar verwirklichen. Er erwirbt diesen Anspruch deshalb nicht durch vorhergehende Arbeitsleistung, soweit jedenfalls die Wartezeit verstrichen ist. Der Urlaubsanspruch ist deshalb nicht mit einem Sparbuch vergleichbar, in welches zunächst eingezahlt werden muss, um sodann ohne weitere Voraussetzungen den Auszahlungsanspruch geltend machen zu können. Vielmehr muss die Arbeitsleistung möglich sein, um überhaupt von dieser freigestellt werden zu können.

Der Urlaub ist auch einer Erkrankung subsidiär, wie sich ohne weiteres daran zeigt, dass ein Arbeitnehmer, der im Urlaub erkrankt, seinen Urlaubsanspruch für die Krankheitstage nicht verbraucht. Im Jahr 2005 hat der Kläger zunächst seinen Urlaubsanspruch nicht realisiert. Von August bis Dezember 2005 konnte er von der Arbeitsleistung deshalb nicht freigestellt werden, weil er dauerhaft erkrankt war. Damit ist grundsätzlich der gesamte Urlaubsanspruch des Klägers nach § 7 Abs. 3 BUrlG in die ersten drei Monate des Kalenderjahres 2006 übertragen worden. Allerdings war der Kläger auch in dieser Zeit nicht arbeitsfähig. Eine Freistellung während der Dauer des Arbeitsverhältnisses bis 28.02.2006 war nicht möglich. Auch wenn das Arbeitsverhältnis fortbestanden hätte, hätte dem Kläger bis 31.03.2006 kein Urlaub gewährt werden können.

Aus diesem Grund kommt auch eine Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG nicht in Betracht. Denn dort heißt es ausdrücklich, dass der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn dem Kläger kann überhaupt kein Urlaub gewährt werden. Er ist nicht arbeitsfähig geworden und kann deshalb nicht von der Arbeitspflicht freigestellt werden. Eine Arbeitsverpflichtung bestand für ihn bis zum 31.03.2006 nicht.

Anders als der Kläger es für gerecht hält, setzt damit auch die Urlaubsabgeltung voraus, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich arbeitsfähig wäre und von der Arbeitsleistung freigestellt werden könnte, wenn das Arbeitsverhältnis noch bestehen würde. Dies findet auch im Sozialrecht seine Entsprechung, denn Arbeitslosengeld wird nicht unmittelbar im Anschluss an ein beendetes Arbeitsverhältnis gezahlt, sondern erst nach Verrechnung der Tage, für die Urlaubsabgeltung zu gewähren ist. Sinn der Urlaubsabgeltung ist es, einem Arbeitnehmer, der von einem Arbeitsverhältnis in das nächste wechselt, eine Zwischenzeit zu ermöglichen, in der er finanziell so gestellt werden soll, als würde er in einem noch bestehenden Arbeitsverhältnis von der Arbeitsleistung freigestellt. Er soll nicht gezwungen sein, ohne Erholungsphase aus einem beendeten Arbeitsverhältnis in ein neues Arbeitsverhältnis einzutreten und dort sechs Monate lang zunächst die Wartezeit abwarten zu müssen, bevor er erneut einen zusammenhängenden Urlaubsanspruch erwirbt. Ein Arbeitnehmer, der erkrankt ist und entweder Krankengeld oder Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, kann die Erholungsphase vor der Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses nicht wahrnehmen, so dass eine Urlaubsabgeltung die ursprüngliche Zielsetzung des Urlaubsanspruchs (Erholung durch Aussetzen mit der Arbeit) nicht erreichen kann.

Geht man davon aus, dass die Zahlung von Vergütung ohne Arbeitsleistung die Ausnahme von dem normalen Sachverhalt ist, dass nur dann Vergütung gezahlt wird, wenn dafür unmittelbar Arbeit geleistet wurde, so ist es auch nicht ungerecht, Arbeitnehmer, bei denen der Urlaubszweck nicht erreicht werden kann, von der Zahlung der Urlaubsabgeltung auszunehmen.

Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr ist unabhängig von der Tatsache, dass dem Kläger kein Anspruch zustand, weil kein Verzug der Beklagten gegeben ist, nach § 12 a ArbGG ausgeschlossen. Dieser erfasst auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten unabhängig davon, ob man mit dem BGH die Verfahrensgebühr in der Geschäftsgebühr aufgehen lässt oder umgekehrt der Ansicht ist, dass die Geschäftsgebühr in der Verfahrensgebühr aufgeht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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