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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.04.2002
Aktenzeichen: 10 TaBV 50/01
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 37 VI
BetrVG § 40 I
1. Der Betriebsrat kann sich grundsätzlich für einen privaten Schulungsträger entscheiden und muss sich nicht auf eine kostengünstigere Gewerkschaftsschulung verweisen lassen.

2. Bei Hotelkosten ist zwischen Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu unterscheiden. Aus einem einheitlichen Preis für Vollpension sind zur Ermittlung der grundsätzlich voll erstattungsfähigen Übernachtungskosten die Kosten für Verpflegung und Getränke herauszurechnen.

3. Verpflegungskosten sind nur in Höhe der steuerlichen Verpflegungspauschbeträge erstattungspflichtig, also nur insoweit, als in ihnen kein Lohnbestandteil enthalten ist, es sei denn, es besteht eine weitergehende betriebliche Reisekostenregelung.


LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 10 TaBV 50/01

Verkündet am: 11.04.2002

In dem Beschlussverfahren

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Anhörung vom 11.04.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schroeder als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Gerß und die ehrenamtliche Richterin Bürvenich

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den am 10.05.2001 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg - 1 BV 72/00 - wird zurückgewiesen.

2. Die Arbeitgeberin wird verurteilt,

a) an die Beteiligten Menzel und Löhnert jeweils 505,80 DM (Fahrtkosten) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.08.2001 zu zahlen,

b) an die Beteiligten Menzel und Löhnert jeweils 564,00 DM (Übernachtungs- und Verpflegungskosten) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.10.2001 zu zahlen, - der weitergehende Zahlungsantrag wird zurückgewiesen -

c) die Beteiligten Menzel und Löhnert von den Kosten der Teilnahme an dem Seminar Wirtschaftsausschuss Teil I Nr. 8106 A vom 08.07. bis 13.07.2001 in Zinnowitz auf Usedom in Höhe von jeweils 1.960,40 DM (Rechnung des Instituts zur Fortbildung von Betriebsräten Haus Schneider - ifb - vom 10. Juli 2001) freizustellen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Arbeitgeberin zu tragenden Schulungskosten.

Die Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen des Buslinienverkehrs. Bei ihr besteht ein fünfköpfiger Betriebsrat und ein Wirtschaftsausschuss. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind seit Beginn der Wahlperiode 1998 Mitglieder sowohl des Betriebsrats als auch des Wirtschaftsausschusses.

Am 14.04.2001 beschloss der Betriebsrat, die Beteiligten zu 3) und 4) auf ein Seminar des Instituts zur Fortbildung von Betriebsräten H S (i ) zum Thema "Wirtschaftsausschuss Teil I, Rechtsgrundlagen - Informations-quellen - Aufgaben des Wirtschaftsausschusses" vom 08.07. bis 13.07.2001 in Zinnowitz auf Usedom zu entsenden. Weder die Beteiligten zu 3) und 4) noch ein anderes Mitglied des Wirtschaftsausschusses hatten bislang ein solches Grundlagenseminar besucht. Das i ist kein gewerkschaftlicher, sondern ein privater Schulungsträger. Die Seminargebühr für diese Veranstaltung belief sich auf 1.960,40 DM (1.690,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer). Die Kosten für Übernachtung mit Vollpension im Tagungshotel betrug 199,00 DM pro Person und Tag. Übernachtete der Schulungsteilnehmer nicht in dem Tagungshotel, hätte eine Tagespauschale von 65,00 DM entrichtet werden müssen. Sie enthielt die Vormittags- und Nachmittagspausen sowie ein Mittagessen.

Auf Grund einer Vereinbarung über den Austausch von Fahrvergünstigungen zwischen der D und regionalen Eisenbahnen (FDE-Vereinbarung), die die Arbeitgeberin mit einbezieht, kann die Arbeitgeberin u. a. auch für ihre Betriebsratsmitglieder zu Schulungszwecken Freifahrtscheine erhalten, so dass diese öffentliche Verkehrsmittel kostenlos benutzen können.

Die Arbeitgeberin hat die Freistellung der Beteiligten zu 3) und 4) zu der i -Schulung im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die Veranstaltung sei im Vergleich zu der gewerkschaftlicher Schulungsträger zu teuer; Gleiches gelte für die Hotelkosten. Der Betriebsrat hat geltend gemacht, er könne nicht auf eine gewerkschaftliche Schulungsveranstaltung verwiesen werden, weil deren Moderation tendenzbezogen sei. Vergleichbare Seminare anderer privater Anbieter seien nicht preiswerter als das i -Seminar. Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 10.05.2001 dem Freistellungsantrag für die Zeit vom 09.07. bis 13.07.2001 stattgegeben, nachdem die Beteiligten zu 3) und 4) erklärt hatten, dass sie auf die Kosten der zusätzlichen Übernachtung für den Anfahrtstag (Sonntag, 08.07.2001) verzichteten.

Mit Schreiben vom 02.07.2001 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, das gleiche Seminar finde auch in Köln statt (vom 07.10. - 12.10.2001). Es bestehe daher kein dienstliches Interesse, Freifahrtscheine für das Seminar auf Usedom zur Verfügung zu stellen. Auch würden Mehrkosten für das private Seminar im Vergleich zu den Kosten gewerkschaftlicher Schulungsträger nur dann übernommen, wenn der Betriebsrat schriftlich geltend mache, dass ideologische Vorbehalte gegen gewerkschaftliche Schulungsveranstaltungen beständen. Mit Schreiben vom 04.07.2001 bat der Betriebsrat die Arbeitgeberin, die Fahrkarten für das Seminar auf Usedom bereitzustellen; andernfalls würden die Beteiligten zu 3) und 4) entstehende Fahrtkosten zurückerstattet verlangen.

Die Arbeitgeberin hat gegen den ihr am 27.06.2001 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts am 16.07.2001 Beschwerde eingelegt. Sie beantragt,

den Beschluss abzuändern und den Antrag des Betriebsrats zurückzuweisen.

Im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Teilnahme an der Schulung und die Frage der Kostenerstattungspflicht beantragt sie hilfsweise,

festzustellen, dass sie nicht verpflichtet war, die Beteiligten zu 3) und 4) für das i -Seminar vom 09. - 13.07.2001 in Zinnowitz auf Usedom freizustellen.

Sie bleibt dabei, dass die i -Schulung auf Usedom im Hinblick auf die Seminargebühr und die Hotelkosten nicht erforderlich gewesen sei. Daher seien auch nicht die Fahrtkosten zu erstatten. Hinsichtlich der Aufwendungen für die Verpflegung müsse die Eigenersparnis berücksichtigt werden.

Der Betriebsrat und die Beteiligten zu 3) und 4) beantragen,

1. die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen,

2. die Arbeitgeberin zu verurteilen,

a) an die Beteiligten zu 3) und 4) jeweils 505,80 DM (Fahrtkosten) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.07.2001 zu zahlen,

b) an die Beteiligten zu 3) und 4) jeweils 796,00 DM (Hotelkosten für vier Tage) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2001 zu zahlen,

c) die Beteiligten zu 3) und 4) von den Kosten der Teilnahme an dem Seminar Wirtschaftsausschuss Teil I Nr. 8106 A vom 08.07. - 13.07.2001 in Zinnowitz auf Usedom in Höhe von jeweils 1.960,40 DM (Rechnung des Instituts zur Fortbildung von Betriebsräten H S - i - vom 10.07.2001) freizustellen.

Der Betriebsrat und die Beteiligten zu 3) und 4) vertreten die Auffassung, die Schulung sei erforderlich gewesen und deren Kosten nicht unverhältnis-mäßig. Eine Teilnahme an dem i -Seminar im Oktober in Köln wäre angesichts der im April 2002 zu Ende gehenden Wahlperiode zu spät gewesen. Außerdem hätte der Beteiligte zu 4) an dem Oktober-Seminar nicht teilnehmen können, weil er auf Grund eines bereits am 09.01.2001 gestellten Urlaubsantrags in der Zeit vom 08.10. - 19.10.2001 urlaubsabwesend war. In Köln wären die Schulungskosten auch nicht niedriger gewesen. Der Preis für Vollpension im Kölner Tagungshotel habe pro Person und Tag bei 225,00 DM gelegen und für den Fall, dass der Schulungsteilnehmer nicht übernachtet, wäre eine Tagespauschale von 87,00 DM in Rechnung gestellt worden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Anträge des Betriebsrats und der Beteiligten zu 3) und 4) sind - bis auf den weitergehenden Zahlungsantrag bei den Hotel-/Verpflegungskosten - begründet. Die Verpflegungskosten sind nur in Höhe der steuerlichen Verpflegungspauschbeträge erstattungspflichtig; ein darüber hinausgehender Abzug unter dem Gesichtspunkt der sog. Haushalts- oder Eigenersparnis kommt nicht in Betracht.

Im Einzelnen:

I. Für die nach durchgeführter Schulung zulässigerweise auf Kostenerstattung umgestellten Anträge bleibt das Beschlussverfahren die zutreffende Verfahrensart, in der auch das einzelne Betriebsratsmitglied beteiligt und antragsberechtigt ist, denn es geht um die Verpflichtung der Arbeitgeberin aus §§ 37 Abs. 6, 40 Abs. 1 BetrVG zur Erstattung der den Beteiligten zu 3) und 4) als Betriebsratsmitglieder wegen einer Schulung entstandenen Kosten (BAG, Beschluss vom 06.11.1973 - 1 ABR 26/73 - AP Nr. 6 zu § 37 BetrVG 1972).

II. Nach §§ 37 Abs. 6, 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die Kosten zu tragen, die durch die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an solchen Schulungsveranstaltungen entstehen, die für die Betriebsratsarbeit erforderliche Kenntnisse vermitteln. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

1. In formeller Hinsicht setzt die Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin voraus, dass der Betriebsrat die Teilnahme der Beteiligten zu 3) und 4) an der von ihnen besuchten Schulungsveranstaltung in Zinnowitz auf Usedom vorher beschlossen hat. Dies ist hier durch den Beschluss vom 14.04.2001 geschehen.

2. Keine Bedenken gegen eine grundsätzliche Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin bestehen unter dem Gesichtspunkt, dass es sich hier um Mitglieder des Wirtschaftsausschusses handelt und das Betriebsverfassungsgesetz nicht ausdrücklich eine Schulungsmöglichkeit für solche Mitglieder vorsieht. Ob die Bestimmung des § 37 Abs. 6 BetrVG auf Mitglieder des Wirtschaftsaus-schusses generell entsprechend angewendet werden kann, ist umstritten. Einigkeit über die Kostentragungspflicht besteht jedoch zu Recht dann, wenn die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses zugleich Betriebsratsmitglieder sind, was hier der Fall ist (BAG, Beschluss vom 06.11.1973 - 1 ABR 8/73 - AP Nr. 5 zu § 37 BetrVG 1972; Fitting o.a., 21. Auflage, § 37 Rdnr. 180 m. w. N.).

3. Die Erforderlichkeit der Schulung nach Schulungsinhalt, Dauer und Teilnehmerzahl ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Sie ergibt sich auch daraus, dass zumindest einzelne Betriebsratsmitglieder gewisser wirtschaftlicher Kenntnisse bedürfen, um die ihnen nach dem Gesetz zu gebenden Informationen zu verstehen. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind erst seit Beginn der Wahlperiode 1998 Mitglieder im Betriebsrat und im Wirtschaftsaus-schuss. Es ist das erste Seminar dieser Art für Betriebsratsmitglieder.

4. Die Beschwerdekammer teilt nicht die Ansicht der Arbeitgeberin, dass die Schulung wegen zeitlicher Nähe zum Ende der Amtszeit der Beteiligten zu 3) und 4) nicht mehr als erforderlich anzusehen sei. Richtig ist zwar der Ansatzpunkt, dass die Erforderlichkeit für eine Schulung dann in Zweifel zu ziehen ist, wenn die auf der Schulung vermittelten Kenntnisse wegen des bevorstehenden Endes der Amtszeit des geschulten Betriebsratsmitglieds der Betriebsratsarbeit nicht mehr zugute kommen können. Das ist etwa dann der Fall, wenn nach Abschluss der Schulung nur noch ganz wenige Tage an Betriebsratstätigkeit verbleiben oder wenn die Amtszeit des Betriebsrats am letzten Tag der Schulung endet (BAG, Urteil vom 28.08.1996 - 7 AZR 840/95 - AP Nr. 117 zu § 37 BetrVG 1972; BAG, Urteil vom 09.09.1992 - 7 AZR 492/91 - AP Nr. 86 zu § 37 BetrVG 1972).

Im vorliegenden Fall ist der Beschluss des Betriebsrats vom 14.04.2001, die Beteiligten zu 3) und 4) auf eine Schulung für die Zeit vom 08.07. - 13.07.2001 zu entsenden, nicht zu beanstanden. Zwischen Veranstaltungsende und dem Ablauf der Amtsperiode - nach Mitteilung im Termin vom 13.12.2001 finden die nächsten Betriebsratswahlen Ende April 2002 statt - liegen mehr als acht Monate. Diese Zeitspanne schließt es weder aus noch rechtfertigt es begründete Zweifel daran, dass das auf der Schulung vermittelte Wissen in wirtschaftlichen Angelegenheiten noch während der Amtszeit zu nutzen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligten zu 3) und 4) aus persönlichen oder betrieblichen Gründen während dieser Zeit keine Betriebsratsarbeit zu verrichten hätten, gibt es nach dem Vorbringen der Beteiligten nicht. Daher brauchten auch weder der Betriebsrat noch die Beteiligten zu 3) und 4) vorzutragen, in welcher Weise sie die erworbenen Kenntnisse während der verbleibenden Amtszeit noch verwerten können (vgl. BAG AP Nr. 117 zu § 37 BetrVG 1972 am Ende der Gründe). Abgesehen davon war es die Arbeitgeberin, die der vom Betriebsrat bereits im Jahre 2000 beabsichtigten Entsendung der Beteiligten zu 3) und 4) zu einer Schulung mit dem Thema "Wirtschaftsausschuss Teil I" entgegengetreten ist, weil sie nur die Kosten einer - preiswerteren - gewerkschaftlichen Schulung erstatten wollte (Schreiben der Arbeitgeberin vom 30.10.2000, Blatt 8 - 9 d. A.).

5. Der Betriebsrat brauchte sich im vorliegenden Fall nicht auf eine kostengünstigere Gewerkschaftsschulung verweisen zu lassen. Der Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit, der die Kostenerstattungspflicht des Arbeitgebers nach §§ 37 Abs. 6, 40 Abs. 1 BetrVG einschränkt, ist nicht verletzt. Der Beschluss des Betriebsrats, sich für das Thema Wirtschaftsaus-schuss für den privaten Schulungsträger i zu entscheiden, hält sich im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums. Der Betriebsrat hat grundsätzlich ein Recht zur Auswahl unter konkurrierenden Angeboten und ist nicht gehalten, jeweils die mit den geringsten Kosten verbundene Schulungsveranstaltung auszuwählen (BAG, Beschluss vom 15.05.1986 - 6 ABR 74/83 - AP Nr. 54 zu § 37 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 28.06.1995 - 7 ABR 55/94 - AP Nr. 48 zu § 40 BetrVG 1972). Die Wahl einer Schulung durch einen privaten Schulungsträger und gegen eine vergleichbare gewerkschaftliche Schulung zum Thema Wirtschaftsausschuss bedarf zu ihrer Rechtfertigung keiner Kundgabe ideologischer Vorbehalte gegen eine gewerkschaftliche Schulung. Derartige Vorbehalte sind von den beiden Schulungsteilnehmern, die ÖTV-Mitglieder sind, nicht geltend gemacht worden. Zu akzeptieren ist vielmehr das von dem Betriebsrat und den beiden Schulungsteilnehmern in der Beschwerdeverhandlung vorgetragene Argument, dass bei einem Thema wie dem zum Wirtschaftsausschuss die Überlegung eine Rolle spielte, sich die wirtschaftlichen Zusammenhänge auch einmal aus nicht-gewerkschaftlicher Sichtweise darstellen zu lassen. Unter den privaten Anbietern hält sich das von i veranstaltete Seminar hinsichtlich der Seminargebühren im Rahmen des Üblichen. Entsprechende Seminare des P , des Veranstalters H F und der I haben in etwa das gleiche Preisniveau. Der Seminarveranstalter Akademie für Arbeits- und Sozialrecht Ruhr-Westfalen lag mit einer viereinhalbtägigen Veranstaltung zum Thema Wirtschaftsausschuss und einer Seminargebühr von 1.698,00 DM ohne Mehrwertsteuer sogar etwas oberhalb der Gebühr für die i -Veranstaltung.

6. Die Entscheidung des Betriebsrats ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als er sich für das i -Seminar auf Usedom und nicht für das erst drei Monate später in Köln angesetzte gleiche Seminar desselben Schulungsträgers entschieden hat. Der Betriebsrat hat allerdings bei seiner Auswahlentscheidung unter gleichwertigen Angeboten grundsätzlich die nähergelegenen auszuwählen, wenn dadurch Kosten erspart werden können. Der Preis für Vollpension im Tagungshotel in Köln-Marsdorf betrug 225,00 DM pro Person und Tag; wenn der Tagungsteilnehmer nicht übernachtete, wurde eine Tagespauschale von 87,00 DM in Rechnung gestellt. Demgegenüber lagen die Hotelkosten in Usedom bei 199,00 DM bzw. einer Tagespauschale von 65,00 DM. Bei einer Schulung in Köln-Marsdorf kann sich aber durchaus die Frage stellen, ob Übernachtungskosten als erforderlich anzusehen sind. Hin- und Rückfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätten bei den Beteiligten nach Angaben der Arbeitgeberin jeweils 70 bzw. 80 Minuten, nach Angeben des Betriebsrats und der Beteiligten zu 3) und 4) jeweils ca. zwei Stunden betragen, wobei zu berücksichtigen ist, dass den Schulungsteilnehmern nach Vortragsende gegen 17:00 Uhr oder 17:30 Uhr noch Gelegenheit zu anschließender Diskussion und Gedankenaustausch mit den anderen Schulungsteilnehmern einzuräumen ist. Soweit es um die Frage der Fahrtkosten geht, besteht hier die Besonderheit, dass die Arbeitgeberin bei dienstlichem Interesse Freifahrtscheine zur Verfügung stellen kann, so dass ihr insoweit keine zusätzlichen Kosten durch einen weiter entfernten Schulungsort entstehen. Es besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit, dass für den Fall, dass im Übrigen die Voraussetzungen des § 37 Abs. 6 BetrVG erfüllt sind, ein dienstliches Interesse zu bejahen ist. Demgemäss hat die Arbeitgeberin in der Vergangenheit Freifahrtscheine für Schulungen zu entfernten Orten wie u. a. nach Garmisch-Partenkirchen, Minden und Wiesbaden bereitgestellt.

Die mögliche Ersparnis bei den Übernachtungskosten hat jedoch unter Berücksichtigung weiterer Umstände nicht das Gewicht, das es rechtfertigen würde, von einer Überschreitung des Beurteilungsspielraums des Betriebsrats bei seiner Entscheidung für Usedom auszugehen. Der Betriebsrat durfte berücksichtigen, dass der Beteiligte zu 4) auf Grund eines schon im Januar 2001 beantragten und genehmigten Urlaubs während der Schulungszeit in Köln verreist war und nach der schon längeren Auseinandersetzung mit der Arbeitgeberin im Jahre 2000 über die Berechtigung der Teilnahme an einem i -Seminar ein weiteres Zuwarten im Hinblick auf die ablaufende Wahlperiode nicht geboten war.

7. Zu den einzelnen Kostenpositionen:

a) Die Beteiligten M und L haben Anspruch auf Freistellung von der i -Seminargebühr.

b) Sie haben weiter Anspruch auf Erstattung der verauslagten Fahrtkosten. Diese Kosten sind dadurch entstanden, dass die Arbeitgeberin die Freifahrtscheine nicht zur Verfügung gestellt hatte, weil sie die Teilnahme an dem Seminar auf Usedom ablehnte und deshalb ein dienstliches Interesse für die Bereitstellung der Fahrkarten verneinte. Der Betriebsrat hatte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 04.07.2001 darum gebeten, die Fahrkarten zur Verfügung zu stellen und darauf hingewiesen, dass die Beteiligten zu 3) und 4) die Fahrtkosten sonst vorstrecken müssten und ihre Rückerstattung verlangen würden.

c) Bei den Hotelkosten ist zwischen den Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu unterscheiden. Die Übernachtungskosten sind voll zu erstatten, die Verpflegungskosten nur insoweit, als in ihnen kein Lohnbestandteil enthalten ist.

Die Übernachtung mit Vollpension betrug pro Person und Tag 199,00 DM. Aus diesem einheitlichen Betrag müssen zur Ermittlung der Übernachtungskosten das Frühstück, das Mittag- und Abendessen sowie die in den Vormittags- und Nachmittagspausen verabreichten Getränke herausgerechnet werden. Da der Preis für das Frühstück nicht getrennt ausgewiesen ist, muss der Gesamtpreis von 199,00 DM zunächst um 9,00 DM gekürzt werden (R 40 Abs. 1 Satz 4 LStR). Herauszurechnen ist weiter die sog. Tagespauschale von 65,00 DM für das Mittagessen und die Vormittags- und Nachmittagspausen. Der Preis für das Abendessen ist nicht ausgewiesen, so dass der Verpflegungsanteil insoweit zu schätzen ist. Amtliche Werte, wie es sie beim Frühstück gibt, sind für das Abendessen nicht vorhanden. Die Sachbezugswerte dürfen nicht angesetzt werden. Als Schätzwert kann ein Betrag von 30,00 DM für die Mahlzeit zu Grunde gelegt werden (Praxishandbuch Buchführung und Steuern R 41/019; vgl. auch R 21 Abs. 6 Nr. 5 Satz 9 EStR). Es verbleiben somit Übernachtungskosten pro Tag und Person in Höhe von 95,00 DM. Die erstattungsfähigen Übernachtungskosten für die vier Übernachtungen der Beteiligten zu 3) und 4) belaufen sich daher auf jeweils 380,00 DM.

Der verbleibende Verpflegungsanteil von 104,00 DM pro Person und Tag (199,00 DM minus 95,00 DM) übersteigt die steuerlichen Verpflegungs-pauschbeträge und stellt insoweit steuerpflichtigen Lohn dar. Der Zahlungsantrag, der auf volle Nettoerstattung gerichtet ist, ist insoweit bereits unschlüssig. Lohnbestandteile machen die Beteiligten nicht geltend. Bei der Arbeitgeberin bestehen nach dem Inhalt der Beschwerdeverhandlung auch keine Reisekostenrichtlinien als Grundlage für einen Anspruch auf Erstattung eines höheren als des steuerlich zulässigen Betrages, wobei dann wiederum der übersteigende Betrag als Lohnbestandteil steuerpflichtig wäre.

Anspruch besteht daher nur in Höhe der Verpflegungspauschbeträge von maximal 46,00 DM pro Kalendertag. An den Reisetagen (Hin- und Rückfahrttage) fällt nicht der volle Verpflegungspauschbetrag an. An diesen Tagen hängt seine Höhe von der Abwesenheitsdauer zwischen Wohnung und Zielort ab. Bei einer Abwesenheitsdauer von mindestens 14 Stunden bis 24 Stunden beträgt der Pauschbetrag 20,00 DM, bei einer Abwesenheit zwischen 8 und 14 Stunden 10,00 DM. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind am frühen Montagmorgen gegen 4:45 Uhr mit der Bahn abgefahren, ihre Rückkehr war am Freitagabend gegen 22:30 Uhr. Die Verpflegungspauschbeträge belaufen sich daher auf 3 x 46,00 DM und 2 x 20,00 DM für die Reisetage, insgesamt 178,00 DM. In den Pauschbeträgen ist die Haushaltsersparnis berücksichtigt.

Die Eigenersparnis kommt nicht als weiterer Abzugsposten bei den Verpflegungsaufwendungen in Betracht. Soweit nach der Rechtsprechung des BAG der Arbeitgeber früher berechtigt war, entsprechend Abschnitt 39 Abs. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien 1993 20 % der tatsächlichen Verpflegungsaufwendungen als Haushaltsersparnis anzurechnen (BAG, Beschluss vom 30.03.1994 - 7 ABR 45/93 - AP Nr. 42 zu § 40 BetrVG 1972), lag dieser Rechtsprechung noch das alte Steuerrecht zu Grunde. Die damals in den Lohnsteuerrichtlinien enthaltenen Kürzungsvorschriften sind in den Lohnsteuerrichtlinien ab 1996 nicht mehr enthalten, weil nur noch die Pauschbeträge geltend gemacht werden können. Darüber hinausgehende Erstattungen von Verpflegungskosten stellen steuerpflichtigen Lohn dar. Die erstattungspflichtigen Übernachtungs- und Verpflegungskosten für volle Tage belaufen sich daher auf 141,00 DM (95,00 DM plus 46,00 DM) pro Person und Tag, die auch insgesamt weder zu niedrig noch unangemessen hoch sind.

8. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist mangels ausdrücklicher Zulassung die Rechtsbeschwerde nicht statthaft, § 92 Abs. 1 ArbGG. Wegen der Möglichkeit, die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde selbstständig anzufechten, wird auf die Anforderungen des § 92 a ArbGG verwiesen.

Geschäftsnummer: 10 TaBV 50/01 1 BV 72/00 ArbG Siegburg

LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BERICHTIGUNGSBESCHLUSS

In dem Beschlussverfahren

Tenor:

wird der am 11.04.2002 verkündete Beschluss in Ziffer 2 b des Tenors dahingehend berichtigt, dass es statt 564,00 DM

558,00 DM

heißen muss.

Gründe:

Die Berichtigung beruht auf § 319 ZPO. Es handelt sich um einen Rechenfehler. Er wurde von Amts wegen berichtigt.

Ende der Entscheidung

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