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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.04.2003
Aktenzeichen: 11 Ta 316/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2
ZPO § 124 Nr. 2 2. Alt.
Das bloße Verlangen des Rechtspflegers, das Formular nach § 117 Abs. 2 - 4 ZPO nochmals auszufüllen, stellt kein Verlangen im Sinne von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO dar. Damit ist die Begründung des PKH-entziehenden Beschlusses im Sinne von § 124 Nr. 2 2. Alt. ZPO unschlüssig, die Partei habe die übersandte PKH-Erklärung nicht ausgefüllt zurückgesandt.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 11 Ta 316/02

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln am 07.04.2003 - ohne mündliche Verhandlung - durch den Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Schunck als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 21.07.2002 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 14.06.2002 (3 Ca 4245/00) aufgehoben, mit dem der Prozesskostenhilfe bewilligende Beschluss des Arbeitsgerichts vom 23.01.2001 "gemäß §§ 124 Nr. 2, 120 Abs. 4 S. 2 ZPO" aufgehoben wurde.

Beschwerdewert: 778,39 €.

Gründe:

I. Die Klägerin hat Kündigungsschutzklage erhoben, für die ihr das Arbeitsgericht unter dem 23.01.2001 ratenfreie PKH bewilligt hat. Unter dem 07.05.2002 erinnerte das Arbeitsgericht an die Erledigung eines Schreibens vom 12.02.2002, das sich nicht in den Akten befindet; in dem Schreiben heißt es weiter, die Klägerin werde "nochmals gebeten, anliegenden Vordruck binnen 2 Wochen unter Angabe aller monatlichen Einkünfte und Zahlungsverpflichtungen (...) auszufüllen und zurückzusenden." Das Schreiben wurde der Klägerin am 14.05.2002 zugestellt. Da kein Eingang zu verzeichnen war, hob das Arbeitsgericht die PKH-Bewilligung mit Beschluss vom 14.06.2002 auf, der Klägerin zugestellt am 22.06.2002. Mit einem am 22.07.2002 bei Gericht eingegangenem Schreiben legte die Klägerin Beschwerde ein und teilte mit, ihre Verhältnisse hätten sich nicht verändert bzw. verschlechtert. Zur Begründung verwies sie auf Anlagen, darunter auf ein Schreiben des Arbeitsamtes A vom 15.04.2002, wonach sie bis zum 09.04.2002 Arbeitslosengeld in Höhe von 128,94 EUR wöchentlich und seit dem Krankengeld bis 17.07.2002 bezogen hat; nach einem weiteren Schreiben der Stadt A hat sie in den Monaten Februar bis April 2002 einen Mietzuschuss nach dem Wohngeldgesetz bezogen. Unter dem 26.07.2002 findet sich die Verfügung in der Akte: "PWS an Klag Bl 36 senden mit d.B. um Ausfüllung und Rücksendung binnen 1 Woche." Da kein Eingang zu verzeichnen war, hat das Arbeitsgericht der Beschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 06.09.2002 nicht abgeholfen mit der Begründung, die Klägerin habe "trotz Aufforderung (...) ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vollständig dargelegt und nachgewiesen".

II. Der Aufhebungsbeschluss war aufzuheben.

Der Aufhebungsbeschluss kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Voraussetzungen des § 124 Nr. 2 2. Alt. ZPO nicht vorliegen. Dieser verlangt nämlich die Nicht-Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 S.2 ZPO. Dessen Fall kann aber nur vorliegen, wenn das Gericht von der Partei verlangt hat zu erklären, "ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist". Der Akte kann nicht entnommen werden, ob ein solches Verlangen jemals an die Klägerin gestellt worden ist: Das in den Akten vorhandene Schreiben des Arbeitsgerichts vom 07.05.2002 enthält eine solche Anfrage nicht, sondern lediglich die nochmalige Bitte, "anliegenden Vordruck binnen 2 Wochen unter Angabe aller monatlichen Einkünfte und Zahlungsverpflichtungen (...) auszufüllen und zurückzusenden." Das an dieser Stelle zitierte Schreiben vom 12.02.2002 steht für eine Überprüfung nicht zur Verfügung, weil es sich auch abschriftlich nicht in den Akten befindet {quod non est in actis, non est in mundo). Das bloße Verlangen, das Formular nach § 117 Abs. 2 - 4 ZPO nochmals auszufüllen, stellt kein Verlangen im Sinne von § 120 Abs. 4 S.2 ZPO dar (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 120 Rn. 28; Baumbach/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 120 Rn. 29; Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 120 Rn. 9).

Der Aufhebungsbeschluss kann auch deshalb keinen Bestand haben, weil die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde die ihr abverlangten Erklärungen abgegeben hat: Die von der Partei geforderte Erklärung kann diese nämlich noch im Beschwerdeverfahren nachholen; in diesem Fall ist sie im Abhilfeverfahren zu berücksichtigen (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 124 Rn. 10 a; Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 124 Rn. 3). Voraussetzung hierfür ist nicht einmal, dass die Partei die Verspätung entschuldigt (Thomas/Putzo a.a.O.). Die Klägerin hatte erklärt, ihre Verhältnisse hätten sich nicht verändert bzw. verschlechtert. Die damit vorliegende pauschale Beantwortung der Frage aus § 120 Abs. S.2 ZPO hat die Klägerin durch die beigefügten Anlagen weiter substantiiert und zugleich belegt: Danach hatte sie Wohngeld bezogen und bis zum 09.04.002 das angegebene Arbeitslosengeld erhalten, das mit diesem Datum - offenbar wegen Langzeitarbeitslosigkeit - erschöpft war, und von diesem Tag an Krankengeld in ebenfalls angegebener Höhe. Damit war nachgewiesen, wie der Lebensunterhalt bestritten wird. Mit der Begründung, Angaben und Nachweise über die Mietzahlungen fehlten, konnte eine Nicht-Abhilfeentscheidung nicht begründet werden: Zum einen hätte die Klägerin zur Beibringung noch vermisster Angaben oder Unterlagen im Rahmen des Abhilfeverfahrens konkret aufgefordert werden müssen. Zum anderen hätte die Möglichkeit bestanden, bei einer neuen Entscheidung Wohnungsaufwendungen zu Lasten der Klägerin mangels Angaben zu übergehen. Vor allem aber waren Angaben dem von der Klägerin vorgelegten Wohngeldbescheid (Bl. 43) zu entnehmen: Dort sind Wohnfläche, Mietzins und Anzahl der Bewohner angegeben (Buchst. B bis D).

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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