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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 10.04.2006
Aktenzeichen: 14 (3) Sa 47/06
Rechtsgebiete: TVG
Vorschriften:
TVG § 4 Abs. 5 |
2. In einem solchen Fall kann sich ein Arbeitnehmer nicht auf die Nachwirkung des vorherigen, besseren Tarifvertrages berufen.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.08.2005 - Az 17 Ca 928/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2004.
Der am 17.01.1945 geborene Kläger war ab dem 16.03.1982 als Ausbilder für die Beklagte tätig. Sein monatliches Bruttoentgelt lag zuletzt bei 3.107,87 €.
Durch Tarifvertrag vom 18.06.1998 war bei der Beklagten der Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation in der Weise geregelt, dass ein Arbeitnehmer, der im ganzen Monat Dezember in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stand, 80 % der Vergütung für den Monat Oktober als Weihnachtsgratifikation erhielt (Tarifvertrag vom 18.06.1998 Bl. 7 - 9 d. A.).
Die Beklagte kündigte diesen Haustarifvertrag durch Schreiben vom 09.06.2004 fristgerecht zum 30.09.2004 (Bl. 37 d. A.).
Die Beklagte führte alsdann mit der Gewerkschaft ver.di Tarifverhandlungen über einen neuen Weihnachtsgeldtarifvertrag und informierte unter anderem mit Schreiben vom 22.10.2004 an alle Mitarbeiter (Bl. 38 f. d. A.) darüber, dass es gelingen könne, sich auf ein Weihnachtsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von 400,00 € zu einigen.
Am 08.12.2004 erzielten die Tarifvertragsparteien eine Einigung, die in der Ergebnisniederschrift vom gleichen Tage niedergelegt und von beiden Tarifvertragsparteien unterzeichnet ist (Bl. 43 - 45 d. A.), wonach die Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2004 auf 450,00 € festgelegt wurde.
Diesen Betrag erhielten alle Arbeitnehmer, auch der Kläger.
Mit der Klage verlangte der Kläger stattdessen eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 80 % des Oktobergehaltes.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 16.08.2005 (Bl. 56 ff. d. A.) abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger macht geltend, aus Vertrauensschutzgesichtspunkten heraus habe er Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 80 % des Monatsgehaltes. Aufgrund seiner seit dem 22.06.2004 andauernden Arbeitsunfähigkeit habe er von den Zwischenergebnissen der Tarifvertragsverhandlungen keine Kenntnis erhalten und insbesondere auch das Mitarbeiterinformationsschreiben vom 22.10.2004 nicht erhalten. Der nachfolgende Tarifvertrag könne sich nicht zu seinen Lasten auswirken, zumal er zum 01.01.2005 seine Gewerkschaftsmitgliedschaft beendet habe und der Tarifvertrag nicht rückwirkend eine Verschlechterung der Ansprüche herbeiführen könne.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 16.08.2005 - 17 Ca 928/05 - die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.486,30 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2004 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagtenseite trägt vor, der Kläger habe keinen Anspruch aus dem Haustarifvertrag vom 18.06.1998. Dieser Vertrag sei ordnungsgemäß gekündigt worden. Eine Nachwirkung sei jedenfalls mit dem Abschluss der Tarifeinigung am 08.12.2004 entfallen, da die Tarifvertragsparteien durch die Einigung am 08.12.2004 eine abweichende Abmachung im Sinne des § 4 Abs. 4 2. Halbsatz Tarifvertragsgesetz getroffen hätten. Auf Vertrauensschutzgesichtspunkte könne sich der Kläger nicht berufen, zumal es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entspreche, dass die Tarifvertragsparteien die Geltung eines Tarifvertrages auch für die Vergangenheit vereinbaren könnten und hierbei auch für die Arbeitnehmer ungünstigere Lösungen vereinbaren könnten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist in der Sache nicht begründet und musste daher zurückgewiesen werden. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Auf die überzeugenden Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.
Zur Unterstreichung ist auf Folgendes ergänzend hinzuweisen.
I. Hinsichtlich eines Teilbetrages von 450,00 € ist die Klage schon deshalb unbegründet, weil der Kläger unstreitig eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 450,00 € erhalten hat, diese von seinem geltend gemachten Anspruch jedoch nicht abgezogen hat.
II. Eine Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch nach Abzug des erhaltenen Betrages besteht nicht. Der Tarifvertrag vom 18.06.1998, der eine Anspruchsgrundlage bilden könnte, ist durch die fristgerechte Kündigung der Beklagtenseite zum 30.09.2004 außer Kraft getreten. Der Tarifvertrag ist fristgerecht gekündigt worden und ist vor dem anspruchsbegründenden Monat Dezember außer Kraft getreten. Ein gekündigter Tarifvertrag kann für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist keine Rechtswirkungen mehr entfalten. Er verliert seine unmittelbare Geltung.
III. Auf eine Nachwirkung des Tarifvertrages gemäß § 4 Abs. 5 Tarifvertragsgesetz kann sich der Kläger nicht berufen. Denn eine solche Nachwirkung reicht nach § 4 Abs. 5 Tarifvertragsgesetz nur soweit, bis die Rechtsnormen des Tarifvertrages durch eine andere Abmachung ersetzt worden sind. Zu Recht weist die Beklagtenseite in ihrem ausführlichen Vortrag daraufhin, dass diese andere Abmachung jedenfalls durch die am 08.12.2004 unterzeichnete Einigung erfolgt ist. Denn durch die Unterzeichnung der Ergebnisniederschrift der Tarifvertragsverhandlungen am 08.12.2004 durch beide Tarifvertragsparteien war eine neue Abmachung getroffen worden. Selbst wenn die förmliche Unterschrift unter den entsprechenden Tarifvertrag erst später im Februar 2005 erfolgte, hatte die Abmachung seit Dezember 2004 rechtlichen Bestand. Spätestens damit endete die Nachwirkung des ursprünglichen Tarifvertrages und war durch die andere Abmachung, die ein Weihnachtsgeld von 450,00 € festlegte, ersetzt. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger im übrigen in jedem Fall tarifgebunden.
III. Vergeblich beruft sich der Kläger auf Vertrauensschutzgesichtspunkte. Ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend, dass ein nachfolgender Tarifvertrag keine Verschlechterungen gegenüber einem vorhergehenden Tarifvertrag enthält, existiert nicht. Die Beklagtenseite weist mit Recht daraufhin, dass kollektiv vertragrechtliche Normen stets die Möglichkeit der Veränderung, auch der Verschlechterung in sich tragen. Hier gilt allein die Zeitkollisionsregel, d. h. der spätere kollektivrechtliche Vertrag ersetzt den früheren, so dass Veränderungen auch zu Lasten der Arbeitnehmer möglich sind (siehe BAG, Urteil vom 22.10.2003 - 10 AZR 152/03 -, AP-Nr. 21 zu § 1 TVG Rückwirkung).
Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben, zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Die Kosten waren dem Kläger als unterlegene Partei gemäß § 97 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen.
Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte, sondern die Anwendung höchstrichterlich geklärter Grundsätze auf den Einzelfall betraf, konnte die Revision nicht gemäß § 72 ArbGG zugelassen werden.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben. Hinsichtlich der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG hingewiesen.
Ende der Entscheidung
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