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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 06.08.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 272/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 615 |
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 06. August 2004
In Sachen
hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 06.08.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Backhaus als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Noppeney und Groeneveld
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 15.01.2004 - 3 Ca 4561/02 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten nach einem Vorprozess noch über weitere Gewinnbeteiligung aus dem Jahr 1999. Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses ihm am 09.02.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.03.2004 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 09.05.2004 am 07.05.2004 begründet.
Gegen die Abweisung der Widerklage in demselben Urteil hat die Beklagte Berufung nicht eingelegt.
Der Kläger meint, das Arbeitsgericht sei daran gehindert gewesen, die Frage, ob und inwieweit eine volle oder nur ratierliche Vergütungspflicht für das Jahr 1999 bestehe, zu prüfen, da das Teilurteil unter dem Aktenzeichen des Arbeitsgerichts Bonn - 2 Ca 1650/00 - insoweit präjudiziell wirke und auch rechtskräftig geworden sei.
Das Arbeitsgericht stelle darauf ab, dass die Beklagte sich nicht in Annahmeverzug befunden habe. Dieses sei unrichtig. Mit Schriftsatz vom 05.06.2004 sei vorgetragen worden, dass die Beklagte dem Kläger den Zugang zu den Räumlichkeiten verweigert habe. Auch habe der Kläger im Schriftsatz vom 01.10.2003 dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Beklagte ihn nicht mehr habe arbeiten lassen. Damit sei der Tatbestand des § 296 BGB erfüllt gewesen. Außerdem habe er, der Kläger, am 28.04.1999 über seinen vormaligen Prozessbevollmächtigten die Arbeitsleistung angeboten. Auch sei dem Kläger Ende März / Anfang April 2003 vom Geschäftsführer B ein Fax vom Clubschiff A übergeben worden (Kopie Blatt 262 d. A.). Dem Kläger sei mithin auch verbal mitgeteilt worden, dass seine Arbeitsleistung nicht mehr gewünscht werde.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 15. Januar 2004 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Bonn, Az: 3 Ca 4561/02, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 39.725,31 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Kläger habe jedenfalls - wie er einräume - ab dem 06.04.1999 keine Leistungen für die Beklagte mehr erbracht.
Der Kläger behaupte erneut bewusst unwahr, dass die Beklagte ihn ab dem 06.04.1999 nicht habe arbeiten lassen. Dazu habe sie, die Beklagte auf Seiten 4/5 ihres Schriftsatzes vom 21.11.2003 wie auch in früheren Prozessen ausführlich Stellung genommen und unter Hinweis auf das Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 07.05.1999 vorgetragen, dass dem Kläger im Gegenteil seinerzeit ausdrücklich angeboten worden sei, seinen alten Büroschlüssel gegen einen auf die zwischenzeitlich eingebaute neue Schließanlage passenden Schlüssel auszutauschen und dass ihm auch erläutert worden sei, wie das neue, inzwischen routinemäßig geänderte Codewort der Computeranlage zugänglich gemacht werden solle. Auch sei dem Kläger weder schriftlich noch verbal jemals mitgeteilt worden, dass die Beklagte seine Arbeitsleistung nicht mehr wünsche. Unrichtig sei die Behauptung des Klägers, ihm sei das Fax von einem "Geschäftsführer" B vorgelegt worden. Der Kläger habe sich das Fax oder eine Ablichtung davon in Wirklichkeit widerrechtlich verschafft, als er nämlich nach seiner Arbeitsunfähigkeit die Büroräume der Beklagten mit seinem zu diesem Zeitpunkt noch auf die Schließanlage passenden Büroschlüssel heimlich aufgesucht habe. Das Fax habe im Übrigen kein Tätigkeitsverbot enthalten, sondern dem Kläger im Gegenteil die Möglichkeit eröffnet, auf Anforderung von Herrn B im Rahmen seiner vertraglichen Verpflichtungen tätig zu werden.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hatte in der Sache keinen Erfolg.
I. Das Teilurteil vom 09.05.2001 in dem Vorprozess - 2 Ca 1650/00 - steht der Richtigkeit der Entscheidung in dem hier angefochtenen Urteil nicht entgegen. In jenem Teilurteil hat das Arbeitsgericht zwar Annahmeverzug für den Zeitraum ab dem 07.04.1999 verneint, gleichwohl dem Kläger den seinerzeitigen Tantiemeanspruch zugesprochen und dazu festgestellt, dieser Tantiemeanspruch sei der Höhe nach unstreitig. Weiter hat es ausgeführt, für den Tantiemeanspruch 1999 sei auch das volle Geschäftsjahr 1999 zu Grunde zu legen. Das Dienstverhältnis des Klägers habe nicht vor Ablauf des Geschäftsjahres geendet. Der Umstand der fehlenden Dienstleistung des Klägers lasse nicht auf eine Beendigung des Rechtsverhältnisses schließen. Der Tantiemeanspruch des Klägers sei auch nicht von tatsächlicher Dienstleistung abhängig. Das Arbeitsgericht hat die Frage des Annahmeverzuges in diesem Zusammenhang ersichtlich nicht für relevant gehalten. Es hat seine diesbezügliche Ansicht indessen nicht näher begründet.
Irgendeine präjudizielle Wirkung hat die Rechtskraft dieses Urteils nicht. In Rechtskraft erwächst nämlich grundsätzlich nur der Entscheidungssatz (vgl. statt vieler Zöller/Vollkommer vor § 322 Rn. 31). Nicht rechtskräftige Urteilsbestandteile sind abstrakte Rechtsfragen, über die das Gericht befinden muss, um zu einer Entscheidung über den Streitgegenstand zu gelangen. Sie können ebenso wie der Tatsachenstoff in einem neuen Prozess zwischen den Parteien abweichend beurteilt werden (Zöller/Vollkommer a.a.O. Rn. 32, 33). Dementsprechend werden präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen nur dann rechtskraftfähig festgestellt, wenn sie Streitgegenstand waren (z. B. bei einer Feststellungsklage oder ein bestimmter Anspruch bei Leistungsklagen) nicht dagegen, wenn über sie nur als Vorfragen zu entscheiden ist (Zöller/Vollkommer a.a.O. Rn. 34 m. w. N.).
In Rechtskraft ist daher nur erwachsen, dass dem Kläger der seinerzeit ausgeurteilte Tantiemeanspruch zusteht, nicht aber, dass ihm ein noch höherer Tantiemeanspruch zusteht und ebensowenig die Vorfrage, ob dieser Tantiemeanspruch von den Voraussetzungen des Annahmeverzuges abhängt, worüber das Arbeitsgericht - jedenfalls ausdrücklich - im damaligen Urteil nicht einmal befunden hat.
II. Im Übrigen macht sich die Kammer die zutreffenden Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts im vorliegend angefochtenen Urteil (3 Ca 4561/02) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu Eigen.
Nur im Hinblick auf die Berufung sei Folgendes ergänzt:
1. Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Tantiemeanspruch der Vorschrift des § 615 BGB unterfällt. Zum Verzugslohn zählen sämtliche Leistungen, die Entgeltcharakter haben. Dazu gehört nicht nur Entgelt im engeren, sondern auch im weiteren Sinne (vgl. z. B. Staudinger/Richardi § 615 BGB Rn. 121). Unter § 615 fallen daher auch Gratifikationen, Tantiemen und Ähnliches (vgl. HWK/Krause § 615 BGB Rn. 81 m. N. zur Rechtsprechung). Dazu gehört auch die Umsatzbeteiligung.
Der Anspruch besteht daher nur insoweit, als Annahmeverzug im Sinne des § 615 BGB vorlag. Dabei kann zunächst die Frage dahinstehen, ob das Vertragsverhältnis der Parteien ein Arbeitsverhältnis war. Denn § 615 BGB gilt sowohl für den freien Dienstvertrag als auch für den Arbeitsvertrag.
2. Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges liegen nicht vor, wie bereits das Arbeitsgericht Bonn im Urteil vom 09.05.2001 - 2 Ca 1650/00 - und ebenso im angefochtenen Urteil (3 Ca 4561/02) zu Recht festgestellt hat. Die Beklagte hat nie dem Kläger die Arbeitsmöglichkeit verweigert oder unmöglich gemacht. Sie hat sich vielmehr darum bemüht, den Kläger zur weiteren Arbeitsleistung anzuhalten.
Soweit der Kläger sich zunächst auf das Fax von der "A " bezieht, welches von Herrn S an Herrn B geschrieben wurde, so ist der Kammer nicht ersichtlich, inwieweit dadurch die Arbeitsmöglichkeiten des Klägers hätten eingeschränkt werden sollen. Dieses unabhängig davon, dass das Fax gar nicht an den Kläger gerichtet war. Wenn es dort bezogen auf den Kläger heißt: "Er kann vorbehaltlich einer Entregelung auf Ihre Anforderung hin rechnen. Bitte schicken Sie die notwendigen Programme an Herrn H , D H ", so erschließt sich der Kammer daraus nicht, inwieweit dem Kläger die Arbeitsmöglichkeit verweigert worden sein soll. Auch die Tatsache, dass Programme nach H geschickt werden sollten, bedeutete nicht, dass diese Programme in dem D B , in dem der Kläger tätig war, nicht mehr vorhanden gewesen wären. Softwareprogramme lassen sich ohne weiteres versenden, ohne dass sie etwa auf einer Festplatte gelöscht werden müssten.
Soweit der Kläger auf Seite 10 oben des Schriftsatzes vom 05.06.2003 behauptet hat, er habe für die Beklagte nicht tätig werden können, da diese ihm den Zugang zu ihren Räumlichkeiten verweigert habe, ist diese von der Beklagten ausdrücklich bestrittene Behauptung völlig unsubstantiiert.
Auch auf Seite 5 des Schriftsatzes vom 01.10.2003, auf den der Kläger sich in der Berufungsbegründung ebenfalls bezieht, ist nichts Substantiiertes zu einer angeblichen Zugangsverweigerung durch die Beklagte vorgetragen. Soweit der Kläger behauptet, in der Zeit seiner krankheitsbedingten Abwesenheit vom 09.03. bis zum 05.04.1999 habe die Beklagte durch Auswechseln der Schlösser zu den Geschäftsräumen und eine Änderung der für die PC notwendigen Zugangscodes dafür gesorgt, dass der Kläger seine Tätigkeit nicht habe erbringen können, er habe daher nach seiner Rückkehr nur deshalb in die Räumlichkeiten gehen können, weil die Tür durch jemanden anderen geöffnet worden sei, so ist daran lediglich richtig, dass die Schlösser ausgewechselt wurden und Zugangscodes geändert wurden. Beides indes diente offensichtlich nicht dazu, dem Kläger die Arbeitsmöglichkeit zu entziehen. Beleg dafür ist das Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten an den Kläger vom 14.04.1999 (Blatt 190.6 d. A.), in dem sich dieser eindringlich bemüht, mit dem Kläger gütliche Klärung der Differenzen herbeizuführen. Dort heißt es im "p.s.": "Da ich meinen Büroschlüssel im Urlaub verloren habe, wurde heute die Schließanlage ausgewechselt. Bitte wechsele deinen alten Schlüssel gegen einen neuen aus." Auch im Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 07.05.1999 wird klargestellt, dass dem Kläger der Zugang zu den Geschäftsräumen zu keinem Zeitpunkt verwehrt worden sei. Er habe den Zugang nur nicht begehrt. Weiter heißt es: "Selbstverständlich werden Ihrem Auftraggeber die neuen Codewörter - die bei einer anständigen Computeranlage ohnehin einmal im monatlich verändert werden müssen - mitgeteilt werden; um eine derartige Mitteilung hat er sich bisher nicht bemüht."
Da die Beklagte mithin ihre Bereitschaft, den Kläger arbeiten zu lassen, diesem zu keinem Zeitpunkt entzogen hatte, ist das Arbeitsgericht Bonn in beiden vorliegenden Entscheidungen zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger die Beklagte nur dadurch in Annahmeverzug setzen konnte, dass er seine Arbeitsleistung tatsächlich anbot. Dieses hat er nicht getan.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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