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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.10.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 907/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 241 Abs. 2 | |
BGB § 242 |
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 19. Juni 2006 - 1 Ca 1573/06 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen unterlassener Aufklärung.
Der Kläger war mehr als 30 Jahre bei der Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt. Zum 31.08.2003 schied er aus und bezog seit dem 01.09.2003 Altersrente.
Vom 01.11.2003 bis zum 31.08.2005 arbeitete der Kläger in der Niederlassung Meckenheim bei der Beklagten im geringem Umfang zu einem Bruttostundenlohn von 10,00 €. Der Umfang der monatlichen Arbeitsleistung wurde jeweils abgesprochen. In der Niederlassung Meckenheim befindet sich ein Lager. Die Lohnbuchhaltung befindet sich in der Zentrale in Moers. Von dort aus wurde der Lohn des Klägers abgerechnet.
Mit Bescheid vom 23.01.2006 forderte die Deutsche Rentenversicherung für die Zeit vom 01.05.2004 bis zum 31.02.2005 einen Betrag von 6.133,20 € zurück (Bescheid Bl. 5 ff. d. A.). Dieses wurde damit begründet, dass der Kläger neben seiner Altersrente Hinzuverdienst erzielt habe, der die für eine Vollrente geltende Hinzuverdienstgrenze übersteige.
Wegen der vom Kläger in der Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.08.2005 monatlich erzielten Bruttoverdienste wird auf die Anlage 2 zu dem Rentenbescheid (Bl. 10 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger vereinbarte mit der Deutschen Rentenversicherung Rheinland, den Rückforderungsbetrag in monatlichen Raten in Höhe von 150,00 € zurückzuzahlen.
Zur Berechnung seiner Klageforderung lässt sich der Kläger den Mehrverdienst über die maximalen Hinzuverdienstgrenzen hinaus von dem von ihm zurückzuzahlenden Betrag abziehen. Wegen der Berechnung wird auf Blatt 3 und 4 d. A. Bezug genommen.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe ihn über das rentenrechtlich schädliche Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen informieren müssen. Als großes Unternehmen mit eigener Personalabteilung habe die Beklagte die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften kennen und beachten müssen, zumal im gleichen Zeitraum noch ein weiterer Rentner bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei. Dieser Mitarbeiter, Herr H , habe der Personalabteilung der Beklagten im Jahre 2003 ausdrücklich mitgeteilt, dass die Hinzuverdienstgrenze bei Rentnern maximal 340,00 € monatlich betrage. Diese Information habe Herr J indes nicht an den Kläger nicht weitergegeben.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5902, 94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Gegen dieses ihm am 06.07.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 07.08.2006, Berufung eingelegt und diese am 06.09.2006 begründet.
Neben Rechtsausführungen, wegen derer auf die Berufungsbegründung Bezug genommen wird, führt der Kläger aus: Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitskollege, Herr J , der Personalabteilung der Beklagten im Jahre 2003 die damals geltende maximale Hinzuverdienstgrenze von 340,00 € genannt habe. Der Kläger habe die Hinzuverdienstgrenze in 13 Monaten um nur 5,00 € überschritten, in diesen Monaten aber nur einen Anspruch auf 2/3 der Rente gehabt, mithin einen Minderbetrag von 511,10 € zu verzeichnen gehabt. Der mit der Gehaltsabrechnung der Beklagten betrauten Abteilung - so der Kläger - wäre es ein Leichtes gewesen, und es hätte auch keines besonderen Aufwandes bedurft, dem Kläger einen entsprechenden Hinweis zu geben. Trotz entsprechender Kenntnis habe die Beklagte den Kläger nicht informiert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 19.06.2006 - 1 Ca 1573/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.902,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil zunächst mit Rechtsausführungen, wegen derer auf die Berufungserwiderung (Bl. 62 ff. d. A.) Bezug genommen wird.
Sie beruft sich ferner darauf, dass sie, die Beklagte, über die persönliche Lebensführung und die übrigen rentenschädlichen Einkünfte des Klägers keine Kenntnis gehabt habe. Es wäre - so die Beklagte - z. B. dem Kläger unbenommen gewesen, auch noch ein nicht geringfügiges Arbeitsverhältnis neben demjenigen mit der Beklagten und parallel zur Rente zu unterhalten, sodass es auf die Hinzuverdienstgrenzen aus diesem Gesichtspunkt gar nicht angekommen wäre.
Im Übrigen weist die Beklagte darauf hin, dass je nach Rentenversicherung unterschiedliche Hinzuverdienstgrenzen gelten, so sei z. B. die Hinzuverdienstgrenze bei der Knappschaft anders als bei der sonstigen Rentenversicherung.
Was die vom Kläger vorgetragene Information durch Herrn Jonen anbelange, so sei Herr Jonen im Jahre 2003 an den Fuhrparkleiter herangetreten und habe ihm erklärt, er dürfe monatlich nur 30 Stunden arbeiten, er habe im Januar aber 35 Stunden gearbeitet und bitte 5 Stunden in den Februar zu übertragen. Der Fuhrparkleiter habe dieses an die Personalabteilung weitergeleitet. Über geldbetragsmäßige Hinzuverdienstgrenzen sei nicht geredet worden.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hatte in der Sache keinen Erfolg.
I. Voraussetzung und Umfang von vertraglichen Hinweis - und Aufklärungspflichten ergeben sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. zum Folgenden im Wesentlichen BAG 29.09.2005 - 8 AZR 571/04 - AP Nr. 2 zu § 2 SGB III) aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der in § 241 Abs. 2 BGB normierten Rücksichtnahmepflicht. Solche Hinweis- und Aufklärungspflichten beruhen auf den besonderen Umständen des Einzelfalles und sind das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung.
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass jeder Vertragspartner grundsätzlich selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen hat, wobei die erkennbaren Informationsbedürfnisse des Arbeitnehmers einerseits und die Beratungsmöglichkeiten des Arbeitgebers andererseits zu beachten sind.
So hat das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit gesteigerte Aufklärungspflichten z. B. im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen dann bejaht, wenn Aufhebungsverträge auf Veranlassung des Arbeitgebers zustande gekommen waren und der Arbeitgeber den Eindruck erweckt hatte, dass auch die Interessen des Arbeitnehmers z. B. hinsichtlich eines etwaigen Arbeitslosengeldbezugs gewahrt würden (Nachweise in der zitierten Entscheidung des BAG). Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht auch demgegenüber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es grundsätzlich im eigenen Interesse des Arbeitnehmers liegt, zum Erhalt seiner Lohnersatzleistungen und damit auch seiner finanziellen Absicherung während der Arbeitslosigkeit durch frühzeitige Meldung Sorge zu tragen. Es hat darauf abgestellt, ob der Arbeitgeber demgegenüber einen Vertrauensbestand oder eine besondere Gefahrenquelle geschaffen hat.
II. Nach diesen Maßgaben war es nach Auffassung der Kammer auch Sache des Klägers selbst, die möglichen rentenschädlichen Auswirkungen seiner Hinzuverdienste selbst zu prüfen.
Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte ähnlich wie bei einem von ihr veranlassten Aufhebungsvertrag eine besondere Gefahrenquelle für den Kläger selbst geschaffen hätte oder einen besonderen Vertrauenstatbestand erzeugt hätte.
Ob ein anderer Mitarbeiter der Beklagten die zuständige Abteilung - wie der Kläger behauptet - im Jahre 2003 über die Hinzuverdienstgrenze von 340,00 € informiert hat, kann daher ebenso wenig eine Rolle spielen, wie die Frage, ob der Personalabteilung die für den Kläger im Jahre 2004 geltende Hinzuverdienstgrenze von 345,00 € positiv bekannt war. Denn allein das Wissen des Arbeitgebers um für den Arbeitnehmer relevante Umstände kann die Aufklärungspflicht nicht begründen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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