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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 13.02.2004
Aktenzeichen: 5 Ta 21/04
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO
Vorschriften:
ZPO § 117 Abs. 2 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3 | |
ZPO § 567 Abs. 2 S. 2 | |
ZPO § 571 Abs. 2 | |
BRAGO § 11 | |
BRAGO § 31 Abs. 1 Z. 1 |
(ständige Rechtsprechung des LAG Köln seit LAGE § 115 ZPO Nr. 12, Nr. 15).
2. Werden Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen im Formular nach § 117 Abs.2 ZPO erst nach Erledigung des Hauptsacheverfahrens nachgeschoben, obwohl der Antragsteller zuvor vergeblich zu solchen Angaben aufgefordert worden war, so können diese trotz § 571 Abs. 2 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den PKH Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 18.11.2003 - 3 Ca 3255/03 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
1. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht - nachdem sich das Verfahren erstinstanzlich durch Zahlung der Klageforderung erledigt hat - den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, weil die Klägerin trotz Aufforderung durch das Arbeitsgericht, das Einkommen des Lebensgefährten anzugeben bzw. nachzuweisen und trotz entsprechender Erinnerungsschreiben vom 09.10.2003 und 31.10.2003 - zuletzt mit Fristsetzung zum 17.11.2003 - keine Angaben hierzu gemacht hat.
2. Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO an sich statthaft, sie ist innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat, § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO, formgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdesumme des § 567 Abs.2.S.2 ZPO ist zwar vorliegend - bei einem Streitwert der Hauptsache von 388,19 EUR und Erledigung des Verfahrens vor Antragstellung - nicht erreicht, weil nach §§ 11, 31 Abs.1 Z.1 BRAGO lediglich eine Gebühr des Anwalts der Klägerin in Höhe von 28 EUR angefallen ist. Gleichwohl ist die Beschwerde zulässig, weil es sich bei einer Beschwerde, welche die Gewährung von PKH zum Gegenstand hat, nicht um eine Kostenbeschwerde i. S. von § 567 Abs.2 S.2 ZPO handelt (vgl. Zöller-Philippi, Komm. zur ZPO, 23.Aufl. § 127 ZPO Rdn. 30 mwN). Die danach zulässige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Das Gericht hat zu Recht im angefochtenen Beschluss die Prozesskostenhilfebewilligung abgelehnt, weil die Klägerin innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist keine für eine Beurteilung der verfügbaren Einkünfte hinreichenden Angaben über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts (seit den Entscheidungen vom 07.06.1985 - 10 Sa 326/85, LAGE § 115 ZPO Nr. 12 und vom 04.02 1986 - 1 Sa 1252/85, LAGE § 115 ZPO Nr. 15) ist in Fällen, in denen Lebensgemeinschaften aus "einem Topf" wirtschaften, wie es in einer Ehe üblich ist, dem Einkommen des Partners mit den geringeren Einkünften die hälftige Nettodifferenz zum Einkommen des besser verdienenden Partners hinzuzurechnen. Diese Rechtsprechung (ausführlich begründet durch Vollkommer in der Anm. zu LAGE § 115 ZPO Nr.12) geht von dem Erfahrungssatz aus, dass bei einem "Wirtschaften aus einem Topf", wie es in einer Ehe üblich ist, der Partner mit dem geringeren Einkommen real Zuwendungen in Höhe der Hälfte des Unterschiedsbetrages der Nettoeinkünfte erhält. Dieser Erfahrungssatz gilt nach der zitierten Rechtsprechung, der auch die Beschwerdekammer folgt, gleichermaßen für eheliche wie nichteheliche Lebensgemeinschaften und wird daher in der Rechtsprechung des LAG Köln auch für beide Arten von Gemeinschaften in gleicher Weise praktiziert (vgl. LAG Köln vom 16.06.1992 - 14 Ta 17/92 -; vom 30.01.1997 - 4 Ta 19/97 ). Hat das Arbeitsgericht hiernach zu Recht von der Klägerin Auskünfte über die Einkünfte ihres Lebensgefährten verlangt, so war die Versagung der Prozesskostenhilfe durch den angefochtenen Beschluss gerechtfertigt, nachdem diese trotz entsprechender Aufforderung und Fristsetzung keine Angaben hierzu gemacht hat.
Der angefochtene Beschluss ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil die Klägerin nunmehr in der Beschwerdeinstanz auch Angaben zu den Einkünften ihres Lebenspartners gemacht hat und diese möglicherweise zu einer Prozesskostenhilfebewilligung ohne Anordnung von Ratenzahlungen führen würden. Zwar kann die antragstellende Partei, auch wenn ihr in erster Instanz vergeblich Fristen gesetzt worden sind, im Berufungsverfahren neue für sie günstige Umstände vortragen, wie sich aus § 571 Abs. 2 ZPO ergibt. Dies gilt jedoch - nach der ebenfalls ständigen Bezirksrechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Köln - dann nicht, wenn erstmals nach Erledigung des Verfahrens und nach Instanzende auf Grund des nachgeschobenen Vortrags ein bewilligungsreifer, insbesondere mit einer vollständigen Erklärung nach § 117 Abs. 2 versehener Antrag vorliegt. Andernfalls würde eine Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens zu einer nachträglichen und rückwirkenden PKH-Bewilligung führen, welche jedoch nur dann in Betracht kommt, wenn die Partei ihrerseits alles getan hat, um eine rechtzeitige Bewilligungsreife des Antrags herbeizuführen.
Da die Beschwerdeführerin erstmals im Beschwerdeverfahren und nach Erledigung der Hauptsache in dem Formular nach § 117 Abs. 2 ZPO Angaben zu den Einkünften des Lebenspartners gemacht hat, obwohl sie dazu bereits vom Arbeitsgericht unter Fristsetzung vergeblich aufgefordert worden war, liegt hier ein Sachverhalt, in dem ausnahmsweise eine rückwirkende Bewilligung der PKH erfolgen könnte, nicht vor.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO, die Zulassung der Rechtsbeschwerde aus den §§ 77 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG; das Beschwerdegericht hält insbesondere die in der Instanzrechtsprechung umstrittene Anrechnung von Familieneinkommen für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung.
Ende der Entscheidung
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