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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 02.05.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 3/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 123 |
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 30.08.2006 in Sachen 5 Ca 541/06 EU wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages vom 26.01.2006.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 5. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 30.08.2006 Bezug genommen.
Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Kläger am 22.12.2006 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 02.01.2007 Berufung einlegen und diese am 17.01.2007 begründen lassen.
Der Kläger hält daran fest, dass er den Aufhebungsvertrag vom 26.01.2006 gemäß § 123 BGB wirksam angefochten habe. Er wirft dem Arbeitsgericht vor, die außergerichtlichen Schreiben vom 26.01. und 31.01.2006 "eigenwillig interpretiert" zu haben. Der Kläger behauptet weiterhin, in dem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten am 24.01.2006 hätten die Parteien die Vereinbarung getroffen, dass er, der Kläger, als freier Handelsvertreter weiterhin für die Beklagte tätig sein solle, und zwar für das Bundesgebiet und die Schweiz. Dafür spreche auch, dass ihm in der Folgezeit das Angebot gemacht worden sei, den Firmen-PKW, den Computer, das Faxgerät usw. zu übernehmen. Ferner spreche dafür, dass man ihm eine Umsatzliste überreicht und die neue Kollektion der Beklagten mitgegeben habe.
Es habe sich dann die Frage gestellt, wie das Arbeitsverhältnis zu beenden sei. Es sei richtig, dass er, der Kläger, hierbei auf eine fristlose Kündigung seitens der Beklagten noch vor dem 01.02.2006 gedrängt habe, weil er - in Ermangelung juristischer Kenntnisse - davon ausgegangen sei, im Falle einer solchen fristlosen Kündigung Arbeitslosengeld zu erhalten, und zwar entgegen der sich ab dem 01.02.2006 ändernden Rechtslage nicht nur für 12 Monate, sondern für 22 Monate. Die Beklagte habe aber dann nach interner rechtlicher Beratung den Ausspruch einer fristlosen Kündigung abgelehnt, was dann zu dem streitigen Aufhebungsvertrag geführt habe. Die vom Arbeitsgericht herangezogenen außergerichtlichen Schreiben vom 26.01. und 31.01.2006 und auch das Schreiben vom 25.01.2006 habe er bewusst im "Bittstellerstil" abgefasst, um den Geschäftsführer der Beklagten nicht zu verärgern, da er, der Kläger, ja über die Vereinbarung vom 24.01.2006 nichts Schriftliches in der Hand gehabt habe.
Auf die Einzelheiten der Berufungsbegründung und des weiteren klägerischen Schriftsatzes vom 04.04.2007 wird Bezug genommen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 30.08.2006, 5 Ca 551/06 EU, abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und weist den Vorwurf arglistiger Täuschung weiterhin zurück. Nicht einmal in seinem anwaltlichen Anfechtungsschreiben vom 06.02.2006 habe der Kläger behauptet, dass am 24.01.2006 bereits eine Vereinbarung zum Abschluss gekommen sei, wonach der Kläger als freier Handelsvertreter für das Bundesgebiet und die Schweiz weiterhin tätig werden solle. In dem damaligen Anfechtungsschreiben heiße es lediglich, dem Kläger sei eine weitere Tätigkeit als Handelsvertreter "konkret in Aussicht gestellt" worden.
Die vom Arbeitsgericht herangezogenen Schreiben des Klägers vom 26.01. und 31.01.2006, aber auch diejenigen vom 20.01. und 25.01.2006 bewiesen hinlänglich, dass die vom Kläger behauptete Vereinbarung oder auch nur eine verbindliche Zusage entsprechenden Inhalts gerade nicht getroffen waren. Es sei der Kläger gewesen, der sich als Handelsvertreter habe selbständig machen und im Hinblick hierauf unbedingt noch bis zum 31.01.2006 aus dem Arbeitsverhältnis habe ausscheiden wollen, und zwar vor dem Hintergrund der sich zum 01.02.2006 verschlechternden Gesetzeslage hinsichtlich der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld. Die vom Kläger seinen außergerichtlichen Schreiben insbesondere vom 25.01. und 26.01.2006 beigemessene Bedeutung ergebe schon deshalb keinen Sinn, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt den Auflösungsvertrag noch gar nicht unterschrieben gehabt habe.
Ergänzend wird auf die weiteren Einzelheiten des Berufungserwiderungsschriftsatzes der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil vom 30.08.2006 ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 Buchstabe c) ArbGG statthaft und wurde im Rahmen der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen rechtzeitig eingelegt und begründet.
II. Die Berufung des Klägers konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit richtig entschieden und seine Entscheidung auch überzeugend begründet. Der Vortrag des Klägers im Rahmen der Berufungsinstanz gibt keinen Anlass, das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern. Aus der Sicht der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist zusammenfassend und ergänzend das Folgende auszuführen:
1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Kläger seine Anfechtung des Aufhebungsvertrages der Parteien vom 26.01.2006 wegen arglistiger Täuschung bereits nicht schlüssig begründet hat. Schon aus seinem eigenen Sachvortrag und dem zur Akte gereichten unstreitigen außergerichtlichen Schriftverkehr der Parteien geht hervor, dass ein Anfechtungsgrund wegen arglistiger Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB in Wirklichkeit nicht besteht.
a. Unklar ist bereits, worin genau die arglistige Täuschung bestehen soll, mit der die Beklagte den Kläger dazu gebracht haben soll, den Aufhebungsvertrag vom 26.01.2006 zu unterzeichnen.
aa. Der Kläger behauptet, in seiner mündlichen Unterredung mit dem Geschäftsführer der Beklagten am 24.01.2006 sei verbindlich vereinbart worden, dass er für die Beklagte weiterhin tätig werden solle, allerdings als freier Handelsvertreter, und zwar für das Bundesgebiet und die Schweiz. Wenn sich aber die Beklagte, wie der Kläger behauptet, durch Abgabe einer Willenserklärung seitens ihres Geschäftsführers rechtsverbindlich gebunden hat, so hätte die Beklagte damit die vom Kläger für sich reklamierte "Gegenleistung" für die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erbracht. Der Kläger könnte hieraus Rechte für sich herleiten und die Beklagte auf die Einhaltung einer solchen rechtsverbindlich abgeschlossenen Vereinbarung in Anspruch nehmen. Für die Annahme einer "Täuschung" im Sinne des § 123 Abs.1 BGB bliebe von vornherein keinen Raum.
bb. Hat die Beklagte in Person ihres Geschäftsführers dem Kläger hingegen - entgegen dessen Behauptungen in der Berufungsinstanz - eine anschließende Zusammenarbeit als freier Handelsvertreter für das Bundesgebiet und die Schweiz nicht rechtsverbindlich zugesagt, sondern lediglich in Aussicht gestellt, so musste dem Kläger bei Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages klar sein, dass er sich eben nicht in einer gesicherten Rechtsposition befand und die weitere Zusammenarbeit im Rahmen eines freien Handelsvertreterverhältnisses für das Bundesgebiet und die Schweiz zwar möglich oder auch mehr oder weniger wahrscheinlich sein würde, keineswegs aber von der Beklagten erzwingbar. In dieser Konstellation steht die Kausalität zwischen einer in einem solchen In-Aussicht-Stellen vermeintlich liegenden Täuschung und der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages durch den Kläger in Zweifel; denn es war unstreitig gerade nicht die Beklagte, die den Kläger zum Abschluss des Aufhebungsvertrages gedrängt hat, sondern dieser selbst war es, der aufgrund irriger Vorstellungen über die sozialrechtlichen Konsequenzen seines Handelns gesteigerten Wert darauf legte, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bis spätestens Ende Januar 2006 beendet zu haben.
cc. In diesem Zusammenhang kann der Kläger der Beklagten auch nicht vorwerfen, sich nicht auf den Ausspruch einer von ihm zunächst gewünschten fristlosen arbeitgeberseitigen Kündigung eingelassen und stattdessen ihrerseits den Abschluss eines Aufhebungsvertrages vorgeschlagen zu haben. Wollte die Beklagte sich rechtmäßig verhalten, durfte sie sich gar nicht auf den Vorschlag des Klägers, eine fristlose Kündigung auszusprechen, einlassen, da sie selbst zu keinem Zeitpunkt davon ausging, einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zum Ausspruch einer solchen Kündigung zu haben, und da sie selbst eine solche fristlose Kündigung von sich aus gar nicht aussprechen wollte. Die Beklagte hätte sich an dem Versuch einer rechtswidrigen Täuschung der Arbeitsverwaltung beteiligt, wenn sie dem Wunsch des Klägers nach einer fristlosen Kündigung nachgekommen wäre.
b. Schließlich könnte jedwede gegebenenfalls in Frage kommende Form einer arglistigen Täuschung auch jedenfalls nicht den Inhalt gehabt haben, dass die Beklagte dem Kläger vorgespiegelt hätte, ihn nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses überhaupt als freien Handelsvertreter weiterbeschäftigen zu wollen.
aa. Eine solche Annahme wird durch die unstreitige Tatsache widerlegt, dass die Beklagte dem Kläger Anfang Februar tatsächlich eine weitere Zusammenarbeit als freier Handelsvertreter angeboten hat, allerdings nicht, wie vom Kläger erhofft, für das Bundesgebiet und die Schweiz, sondern nur für die Länder Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland.
bb. Eine wie auch immer geartete vermeintliche Vorspiegelung der Beklagten kann sich also ohnehin nicht darauf beziehen, eine weitere Zusammenarbeit in einem freien Handelsvertreterverhältnis vorgetäuscht zu haben, sondern hätte sich, wenn überhaupt, allenfalls auf eine Handelsvertretertätigkeit ganz bestimmten Zuschnitts beziehen können.
2. Letztendlich kann all dies jedoch sogar dahingestellt bleiben; denn das Arbeitsgericht hat aus dem außergerichtlichen Schriftverkehr der Parteien im Januar 2006 zu Recht den Schluss gezogen, dass der Kläger sich im Zeitpunkt, als er das Aufhebungsvertragsangebot der Beklagten unterzeichnete, vollkommen im Klaren war, dass eine rechtsverbindliche Einigung darüber, ob überhaupt, und wenn ja, in welcher genauen Ausgestaltung eine weitere Zusammenarbeit als freier Handelsvertreter stattfinden sollte, noch nicht getroffen war.
a. Bereits die vom Arbeitsgericht herangezogenen E-Mails des Klägers vom 26.01. und 31.01.2006 enthalten Formulierungen, die nicht anders interpretiert werden können. Der Inhalt der E-Mail vom 20.01.2006 (Bl. 43 d. A.) widerlegt überdies eindrucksvoll die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe bereits in dem ersten Gesprächstermin vom 10.01.2006 ihrerseits ein verbindliches Angebot über Art und Inhalt einer weiteren Zusammenarbeit als Handelsvertreter gemacht.
b. Unmissverständlich beweist schließlich das Schreiben des Klägers vom 25.01.2006, dass auch in dem Gespräch vom 24.01.2006 weder verbindliche Vereinbarungen für die Zukunft getroffen wurden, noch auch nur eine weitere Zusammenarbeit als Handelsvertreter in dem ganz bestimmten, vom Kläger gewünschten Zuschnitt hinreichend konkret avisiert wurde. So heißt es in dem Schreiben vom 25.01.2006 ausschnittsweise:
"Nun haben sich aus meiner Sicht leider einige Dinge geändert und Sie verfolgen betriebsmässig andere Pläne, bei denen ich in der Funktion als Key-Accounter nicht mehr voll ausgelastet wäre. Daher sehe ich mich gezwungen, auch wenn ich es eigentlich gar nicht will, beruflich neue Wege zu beschreiten.
...
Daher biete ich Ihnen, bevor ich mich mit anderen Firmen über eine Vertretung konkret unterhalte, an, für Sie in einem noch von Ihnen festzulegenden Kundenkreis [!] weiterhin Ihre Kollektion zu vertreiben.
...
Wenn auch Sie möchten, dass ich für S weiterhin als Handelsvertreter für z. B. Hauskunden tätig bliebe, wäre dies nach meinen Erkundigungen prinzipiell möglich.
...
Wenn ich für Sie weiterhin reisen würde, [!] hätte das für Sie den Vorteil...
...
Ich denke, Frau B wird bei allem Ehrgeiz nicht alle Kunden alleine bearbeiten können. Da ich bei den Kunden bestens eingeführt bin, wäre es wie ich meine für beide Seiten sinnvoll, wie vorgeschlagen weiter zu machen, aber ich würde es verstehen, wenn Sie andere Pläne haben sollten [!].
Wenn Sie sich entschieden haben, bitte ich Sie, mir dies mitzuteilen." (Bl. 142 f. d. A.).
c. Der Versuch des Klägers ist zum Scheitern verurteilt, dieses Schreiben ebenso wie die vom Arbeitsgericht herangezogenen E-Mails dadurch in Einklang mit seinem Sachvortrag bringen zu wollen, dass er sich darin gezwungen gesehen habe, sich eines "Bittstellertons" zu befleißigen, weil er ja über die Vereinbarung vom 24.01.2006 nichts Schriftliches in den Händen gehabt habe. Es geht nicht um die Interpretation eines mehr oder weniger zuvorkommenden oder gar "unterwürfigen" Tonfalles eines Schreibens, sondern um dessen sachlichen Inhalt. Den Inhalt der E-Mails vom 26.01. und 31.01.2006 hat das Arbeitsgericht entgegen dem Vorwurf des Klägers nicht etwa "eigenwillig" interpretiert, sondern so, wie es sich jedem objektiven Leser aufdrängt. Erst recht und ohne jede Möglichkeit eines Zweifels gilt dies für den Inhalt des Schreibens vom 25.01.2006.
d. Insbesondere das Schreiben des Klägers vom 25.01.2006 belegt, dass zu diesem Zeitpunkt, also nach dem Gespräch des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beklagten vom 24.01.2006, sowohl das Ob, als auch das Wie einer etwaigen weiteren Zusammenarbeit der Parteien im Rahmen eines Handelsvertreterverhältnisses nach Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses in Wirklichkeit völlig offen war. Wenn der Kläger dann gleichwohl seinerseits vehement auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch im Januar 2006 gedrängt hat, andererseits dann aber mit dem Angebot der Beklagten von Anfang Februar 2006, in einem Handelsvertreterverhältnis für das Gebiet Rheinland-Pfalz, Hessen, Saarland weiter zusammen zu arbeiten, nicht zufrieden war, kann er für das daraus entstandene Dilemma nicht die Beklagte verantwortlich machen.
Die Annahme, eine arglistige Täuschung seitens der Beklagten habe dazu geführt, dass der Aufhebungsvertrag vom 26.01.2006 zustande gekommen ist, erscheint bei objektiver Betrachtung fern liegend.
III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.
Ende der Entscheidung
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