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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 13.02.2008
Aktenzeichen: 7 Ta 378/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 141 Abs. 3 | |
ZPO § 138 Abs. 4 | |
ZPO § 380 Abs. 3 |
2. Der Ordnungsgeldbeschluss nach § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO ist an die geladene Partei persönlich zuzustellen.
3. Wird der mit Rechtsmittelbelehrung versehene Ordnungsgeldbeschluss sowohl der Partei persönlich wie auch ihrem Anwalt förmlich zugestellt, und zwar an unterschiedlichen Tagen, so liegt eine in den Verantwortungsbereich des Gerichts fallende Unklarheit der Rechtsmittelbelehrung vor, die nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz dazu führt, dass die später ablaufende Rechtsmittelfrist maßgeblich ist.
4. Wird das gesetzliche Vertretungsorgan einer juristischen Person (z. B. GmbH-Geschäftsführer) persönlich geladen, richtet sich das Ordnungsgeld gegen die geladene natürliche Person (Organ), nicht gegen die juristische Person (GmbH).
5. Von der persönlich geladenen Partei kann erwartet werden, dass sie alle zumutbaren Anstrengungen unternimmt, um den Termin wahrnehmen zu können.
6. Zu den Anforderungen an ausreichende Verhinderungsgründe.
7. Von der verhinderten Partei kann erwartet werden, dass sie dem Gericht den Verhinderungsgrund so rechtzeitig mitteilt, dass dieses noch entscheiden kann, ob es den Termin verlegen oder auf die persönliche Anwesenheit der Partei im Termin verzichten will.
8. Der Verhängung eines Ordnungsgeldes steht es nicht entgegen, dass die im Termin anwesende Partei nicht verpflichtet wäre, sich auf die Fragen des Gerichts einzulassen.
9. Das Gericht ist nicht verpflichtet, bei der Ladung der Partei mitzuteilen, welche Fragen es ihr zu stellen gedenkt.
10. Zur Relevanz des Vorbringens, die Partei könne mangels eigener Kenntnis ohnehin keine umfassende Sachaufklärung geben.
11. Die Frage, ob durch das Ausbleiben der persönlich geladenen Partei eine Verfahrensverzögerung eintritt, stellt keine selbständige Voraussetzung für den Erlass eines Ordnungsgeldbeschlusses dar, ist vom Gericht aber im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens als Abwägungsgesichtspunkt zu berücksichtigen.
12. Zur Relevanz des Widerrufs eines in Abwesenheit der persönlich geladenen, aber nicht erschienenden Partei geschlossenen gerichtlichen Vergleichs.
13. Der anwaltliche Prozessbevollmächtigte stellt in der Regel keinen geeigneten Vertreter i.S.v. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO dar. Etwas anderes kann ausnahmsweise insbesondere dann gelten, wenn er schon vor Prozessbeginn in anderer Eigenschaft mit dem Verfahrensgegenstand in Berührung gekommen ist.
14. Ein Ordnungsgeld in Höhe von 400,-- € gegen eine erstmalig unentschuldigt fehlende Partei (GmbH-Geschäftsführer) hält sich noch in Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Geschäftsführerin der Beklagten gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts vom 13.11.2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Parteien streiten in der Hauptsache darum, ob zwischen ihnen in dem Zeitraum vom 01.04. bis 31.08.2005 ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden hat bzw. ob der schriftliche Arbeitsvertrag vom 09.03.2005 ordnungsgemäß zustande gekommen ist, zu welchem Zweck und auf wessen Initiative er abgeschlossen wurde und ob und wie er tatsächlich durchgeführt werden sollte und durchgeführt worden ist.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen zur Gebäudebewirtschaftung. Sie nimmt Immobilien- und Objektbetreuungen vor. Der Kläger ist im Motorsport aktiv. Er übt auf diesem Gebiet auch ein eigenes Gewerbe aus. Der Kläger war mit der Geschäftsführerin der Beklagten, deren Ehemann und deren gemeinsamen Sohn schon seit Jahren privat freundschaftlich verbunden, da auch der Sohn der Geschäftsführerin der Beklagten im Kartsport aktiv ist und hierbei vom Kläger diverse Unterstützungsleistungen erfuhr.
Nachdem die Beklagte im Gütetermin des vorliegenden Rechtsstreits Versäumnisurteil gegen sich hat ergehen lassen und hiergegen rechtzeitig Einspruch eingelegt hatte, bestimmte das Arbeitsgericht einen Kammertermin und ordnete das persönliche Erscheinen der Parteien zum Zwecke der Sachaufklärung an. Die beiderseitigen Prozessbevollmächtigten wurden anlässlich ihrer eigenen Ladung zum Kammertermin hierüber informiert. Ausweislich des Ladungsvermerks der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts vom 02.04.2007 wurde die Geschäftsführerin der Beklagten formlos persönlich geladen. Im Kammertermin vom 05.10.2007 erschien die Geschäftsführerin der Beklagten nicht, ohne ihr Nichterscheinen gegenüber dem Gericht vorher angekündigt und entschuldigt zu haben. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärte im Termin nach eigenem Bekunden, möglicherweise befinde sich die Geschäftsführerin in Urlaub.
Die Parteien schlossen im Kammertermin vom 05.10.2007 einen Widerrufsvergleich, der jedoch von der Beklagten fristgerecht widerrufen wurde.
Mit Beschluss vom 13.11.2007 verhängte das Arbeitsgericht gegen die Geschäftsführerin der Beklagten wegen deren Nichterscheinens im Kammertermin ein Ordnungsgeld gemäß § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO in Höhe von 400,00 €. Der mit Rechtsmittelbelehrung versehene Ordnungsgeldbeschluss wurde am 15.11.2007 per ZU der Geschäftsführerin der Beklagten persönlich und am 22.11.2007 per EB dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugestellt. Über die parallel vorgenommene förmliche Zustellung des Ordnungsgeldbeschlusses an die Partei persönlich wurde der Prozessbevollmächtigte der Beklagten nicht informiert. Am 30.11.2007 legte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten für die Geschäftsführerin seiner Mandantschaft sofortige Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss ein.
Die Geschäftsführerin der Beklagten lässt zu ihrer Entschuldigung ausführen: Zu ihren Aufgaben als Geschäftsführerin gehöre die Akquise und Betreuung der Kunden an unterschiedlichen Orten. Insofern nehme sie verschiedene Arbeits- und Einsatzstellen zu unterschiedlichen Zeiten wahr, die auch nicht aufschiebbar seien. Arbeitskräfte müssten zu verschiedenen Einsatzstellen gebracht und wieder abgeholt werden. Auch müssten die Mitarbeiter kontrolliert werden. Für Abnahmen, Übergaben, Arbeitsbestätigungen usw. sei sie alleine verantwortlich. Aufgrund der Vielzahl der Einsatzgebiete und des damit verbundenen Zeit- und Entfernungsaufwandes sei es ihr leider nicht möglich gewesen zu erscheinen, dies sei auch nicht vorhersehbar gewesen.
Weiter lässt sie ausführen, dass sie auch nicht in der Lage gewesen wäre, eine umfassende Sachverhaltsaufklärung zu geben. An bestimmten Geschehnissen, die für den Rechtsstreit von Bedeutung seien, sei sie nicht beteiligt gewesen.
Zu berücksichtigen sei auch, dass die Anhörung der Parteien nach § 141 ZPO keine förmliche Beweisaufnahme darstelle. Ein Einlassungszwang bestehe daher nicht. Ein Ordnungsgeld sei ausgeschlossen, weil ein gesetzlicher Vertreter nicht verpflichtet sei, zu ihm nicht hinreichend bekannten Sachverhalten Stellung zu nehmen. Auch sei keine Verzögerung des Verfahrens verursacht worden, da andernfalls sowieso neuer Termin, ggf. zur Zeugeneinvernahme, hätte anberaumt werden müssen.
Dass der im Termin vom 05.10.2007 abgeschlossene Vergleich nur unter Widerrufsvorbehalt abgeschlossen und dann widerrufen worden sei, sei unschädlich.
Schließlich erscheine es auch zweifelhaft, ob überhaupt eine ordnungsgemäße Ladung erfolgt sei. Zwar sei der Ordnungsgeldbeschluss an die richtige aktuelle Anschrift des Unternehmens der Beklagten zugestellt worden, in dessen Rubrum erscheine allerdings noch die alte, seit langem nicht mehr zutreffende Anschrift.
Zudem sei auch die Höhe des verhängten Ordnungsgeldes wegen des einmaligen entschuldbaren Ausbleibens angesichts der von 5,- € bis 1.000,- € reichenden Spanne nicht verhältnismäßig.
Mit Beschluss vom 03.12.2007 hat das Arbeitsgericht es abgelehnt, der sofortigen Beschwerde abzuhelfen. Auf die Gründe des Beschlusses (Bl. 97 f. d. A.) wird Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde der Geschäftsführerin der Beklagten gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts vom 13.11.2007 ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Beschwerde der Geschäftsführerin der Beklagten ist zulässig.
a. Die sofortige Beschwerde ist statthaft, wie sich aus § 141 Abs. 3 S. 1 in Verbindung mit § 380 Abs. 3 ZPO ergibt.
b. Die sofortige Beschwerde der Geschäftsführerin der Beklagten ist auch gemäß § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO fristgerecht eingelegt worden. Ausgehend von der Zustellung des Ordnungsgeldbeschlusses an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist die zweiwöchige Beschwerdefrist gewahrt.
aa. Dem steht nicht entgegen, dass der Ordnungsgeldbeschluss seitens des Arbeitsgerichts nicht nur an den anwaltlichen Prozessbevollmächtigten zugestellt wurde, sondern ebenfalls an die Geschäftsführerin der Beklagten persönlich, wobei die Zustellung an diese zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte, als diejenige an den Prozessbevollmächtigten, und die zweiwöchige Beschwerdefrist bei Eingang der sofortigen Beschwerde am 30.11.2007 bereits abgelaufen gewesen wäre, wenn man auf das Zustelldatum an die Geschäftsführerin persönlich abstellte.
bb. Dadurch, dass die Zustellung des mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Ordnungsgeldbeschlusses an die Geschäftsführerin persönlich und an den Prozessbevollmächtigten zu unterschiedlichen Zeiten erfolgte, fehlt es an einer eindeutigen und unmissverständlichen Belehrung über die einzuhaltende Rechtsmittelfrist durch das Arbeitsgericht. Der anwaltliche Prozessbevollmächtigte konnte mit Erhalt des Ordnungsgeldbeschlusses am 22.11.2007 davon ausgehen, dass ihm ausgehend von diesem Zustelldatum bis zum 06.12.2007 Zeit bliebe, namens der Geschäftsführerin sofortige Beschwerde einzulegen. Dies gilt um so mehr, als er nicht darüber informiert wurde, dass der Ordnungsgeldbeschluss zuvor auch schon an die Geschäftsführerin persönlich zugestellt worden war. Besteht für den potentiellen Rechtsmittelführer aber eine vom Gericht zu verantwortende Unsicherheit darüber, wann die Rechtsmittelfrist abläuft, so greift zu seinen Gunsten der Grundsatz der Meistbegünstigung ein (vgl. Zöller/Gummer/Hessler, ZPO, 26. Aufl., vor § 511 Rdnr. 31).
cc. Dies bedeutet hier, dass die längere der beiden in Frage kommenden Beschwerdefristen anzuwenden ist. Die sofortige Beschwerde ist somit als fristgerecht eingegangen zu behandeln.
2. Die sachlichen Einwände gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 13.11.2007 sind jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat bei Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses in nicht zu beanstandender Weise das ihm nach § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO zustehende Ermessen ausgeübt.
a. Zunächst ist klar zu stellen, dass der Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts sich gegen die zum Kammertermin am 05.10.2007 geladene Geschäftsführerin der Beklagten persönlich richtet. Die Geschäftsführerin der Beklagten wurde in ihrer Eigenschaft als organschaftliche gesetzliche Vertreterin der beklagten juristischen Person zum Kammertermin geladen. Bei juristischen Personen wie der Beklagten kommt gemäß § 141 ZPO nur die Anhörung des gesetzlichen Vertreters in Betracht (BGH-NJW 65, 106). Die Anordnung der Anhörung "der Partei" ist in diesem Sinne zu verstehen (Zöller/Greger, ZPO, § 141 Rdnr. 2). Folgerichtig richtet sich auch die Sanktion für die Missachtung der Anordnung des persönlichen Erscheinens gegen den geladenen gesetzlichen Vertreter. Die Geschäftsführerin der Beklagten hat den Ordnungsgeldbeschluss dementsprechend auch zutreffend gegen sie persönlich gerichtet verstanden (vgl. Beschwerdeschrift vom 28.11.2007).
b. Die Entschuldigung, die die Geschäftsführerin der Beklagten für ihr Nichterscheinen im Termin vom 05.10.2007 im Rahmen der Beschwerde vorgetragen hat, ist ersichtlich nicht ausreichend. Welche konkreten betrieblichen Zwänge und Notwendigkeiten sie gerade zur Terminsstunde am 05.10.2007, 10:30 Uhr, daran gehindert haben, der gerichtlichen Ladung Folge zu leisten, wird nicht ausgeführt. Die Beschwerde erschöpft sich vielmehr in einer Aufzählung routinemäßiger Standardaufgaben der Geschäftsführerin und liefe praktisch darauf hinaus, dass eine beruflich viel beschäftigte Person niemals als Partei zu einem Gerichtstermin geladen werden könnte.
c. Führt jedoch jemand - sei es in eigenem Namen, sei es als organschaftlicher gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person - einen Rechtsstreit und sieht das Gericht es nach pflichtgemäßem Ermessen als erforderlich an, dass die Partei persönlich zu der Gerichtsverhandlung erscheint, so kann von ihr erwartet werden, dass sie alle zumutbaren Anstrengungen unternimmt, um den Termin auch wahrnehmen zu können. Bezeichnender Weise vermutete der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Geschäftsführerin seiner Mandantschaft im Urlaub, als sie am 05.10.2007 im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht ausblieb. Auch im Fall eines Urlaubs, einer Erkrankung oder anderer wichtiger persönlicher Termine sieht sich die Geschäftsführerin der Beklagten vor die Aufgabe gestellt, die ihr ausweislich der Beschwerdeschrift obliegenden betrieblichen Aufgaben zu delegieren oder anderweitig zu organisieren. Entsprechendes kann von ihr auch anlässlich der persönlichen Ladung zu einem Gerichtstermin erwartet werden.
d. Nur wenn die geladene Partei gerade zum konkreten Zeitpunkt des Gerichtstermins aus nachvollziehbaren und nicht anders abwendbaren besonderen Gründen unabkömmlich erscheint, besondere Gründe vorliegen, die ihr ein Erscheinen vor Gericht bei verständiger Würdigung unzumutbar machen, sie aufgrund eines schon vor Erhalt der Ladung zum Gerichtstermin festgelegten anderweitigen wichtigen Termins oder Urlaubs verhindert ist oder ihr aufgrund einer Erkrankung ein Erscheinen vor Gericht nicht möglich ist, stellt dies eine ausreichende Entschuldigung für das Ausbleiben im Termin dar.
e. Auch in solchen Fällen kann jedoch regelmäßig erwartet werden, dass die Partei dem Gericht so rechtzeitig ihren Verhinderungsgrund mitteilt, dass das Gericht noch entscheiden kann, ob es wegen der Verhinderung der Partei den Termin verlegen will oder auf deren persönliche Anwesenheit im Termin verzichten kann. Ein Nichterscheinen ohne vorherige Ankündigung und Entschuldigung kann nur dann akzeptiert werden, wenn die Verhinderungsgründe für die geladene Person erst so kurz vor dem Termin erkennbar wurden, dass eine Information des Gerichts nicht mehr möglich war. f. Die Aufgaben, die die Geschäftsführerin der Beklagten ausweislich der Beschwerdeschrift in ihrem Betrieb auszufüllen hatte, fallen aber ihrer Art nach ständig und routinemäßig an, wären also im Zweifel in jedem Fall auch vorhersehbar gewesen.
3. Der Verhängung eines Ordnungsgeldes steht entgegen der Auffassung der Beschwerde ebenfalls nicht entgegen, dass die Geschäftsführerin der Beklagten, wenn sie zum Kammertermin am 05.10.2007 erschienen wäre, nicht verpflichtet gewesen wäre, sich auf Fragen des Gerichts einzulassen.
a. Zutreffend ist zwar, dass die Anordnung zum Erscheinen im Termin zur mündlichen Verhandlung keine Einlassungspflicht begründet. Der Gesetzgeber hat jedoch in Kenntnis dieses Umstandes gleichwohl die Sanktionen des § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO vorgesehen.
b. Dafür sprechen auch gute sachliche Gründe. Die Möglichkeit, die Parteien zur persönlichen Anhörung vorzuladen, stellt nämlich de facto sehr wohl ein wichtiges Instrument zur materiellen Prozessleitung und insbesondere zur Aufklärung des Sachverhalts dar (Zöller-Greger, ZPO, § 141 Rdnr. 1). Lücken und Unklarheiten im Sachvortrag können am Besten und am Schnellsten im unmittelbaren Gespräch mit den betroffenen Parteien beseitigt werden (Zöller/Greger, a. a. O.). Auch wenn die Anhörung der Partei im Sinne des § 141 ZPO nicht den Stellenwert einer förmlichen Beweisaufnahme besitzt, kann sie gleichwohl Einfluss auf die Sachverhaltsfeststellung haben; denn sie gehört zum Inhalt der mündlichen Verhandlung im Sinne von § 286 ZPO (BGH-NJW 99, 363 f.; Lange NJW 2002, 480; Zöller-Greger a. a. O.). Einfluss auf die Sachverhaltsfeststellung haben dabei nicht nur die Erklärungen, die die Partei im Termin abgibt, sondern auch umgekehrt die Nichtabgabe einer Erklärung; denn diese kann durch das Gericht frei gewürdigt werden (Zöller/Greger, a. a. O.). Letztlich liegt es gerade im Zivilprozess im wohlverstandenen Eigeninteresse der Partei, durch persönliche Teilnahme an der mündlichen Verhandlung in besonders intensiver Weise die Möglichkeit in Anspruch nehmen zu können, für die eigenen Belange rechtliches Gehör zu erhalten.
4. Ebenso wenig kann die Geschäftsführerin der Beklagten damit gehört werden, dass sie im Rahmen einer persönlichen Anhörung zu den Gegenständen des vorliegenden Rechtsstreits ohnehin keine umfassende Sachaufklärung hätte geben können.
a. Die Alleingeschäftsführerin der Beklagten ist die maßgebliche organschaftliche gesetzliche Vertreterin einer der beiden prozessführenden Parteien. Die Art und Weise der Prozessführung seitens der Beklagten hängt somit maßgeblich von ihrem Willen ab. Dasselbe gilt aber auch für die Art und Weise der Geschäftsführung des beklagten Unternehmens. Das Gericht durfte bei der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Geschäftsführerin der Beklagten davon ausgehen, dass diese als für die Geschäftsführung maßgebliche Person weder ohne Kenntnis, noch ohne Einfluss auf die Frage ist, zu welchem Zweck und mit welchem Inhalt ein Arbeitsvertrag wie der hier mit dem Kläger in Rede stehende abgeschlossen worden ist bzw. werden sollte.
b. Dies gilt um so mehr, als die arbeitsvertraglichen Beziehungen des Klägers zu der von der Geschäftsführerin vertretenen GmbH durch langjährige private persönliche Beziehungen zwischen dem Kläger und der Familie der Geschäftsführerin überlagert werden. Im Schriftsatz vom 19.06.2007 hat der Prozessbevollmächtigte namens der Beklagten selbst ausgeführt, dass "der Ehemann der Geschäftsführerin der Beklagten nicht in der Firma der Beklagten involviert ist". Um so mehr musste es aus der Sicht des Gerichts bei der Frage, was mit den arbeitsvertraglichen Dispositionen zwischen dem Kläger und dem beklagtem Unternehmen bezweckt war, auf das Wissen der Geschäftsführerin ankommen. Dasselbe gilt für den Vortrag der Beklagten, wonach verschiedene unstreitig an den Kläger geleistete Zahlungen nicht von dem beklagten Unternehmen, sondern von den Eheleuten S persönlich veranlasst worden sein sollen.
c. Es kann somit aus der Sicht des Beschwerdegerichts kein Zweifel daran bestehen, dass die prozessleitende Anordnung des Arbeitsgerichts, die Geschäftsführerin der Beklagten zum Kammertermin persönlich zu laden, im Interesse der Sachaufklärung keinesfalls als ermessensfehlerhaft angesehen werden konnte.
5. Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann gegen den Ordnungsgeldbeschluss auch nicht eingewandt werden, dass durch das Ausbleiben der Geschäftsführerin im Kammertermin vom 05.10.2007 keine Verfahrensverzögerung eingetreten sei.
a. Die Frage, ob durch das unentschuldigte Fernbleiben der persönlich geladenen Partei die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird, stellt keine selbständige Voraussetzung für den Erlass eines Ordnungsgeldbeschlusses nach § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO dar, sondern ist vom Gericht lediglich im Rahmen seiner pflichtgemäßen Ermessensausübung als ein zwar nicht unbedeutender, aber keineswegs allein entscheidender Gesichtspunkt unter vielen zu berücksichtigen.
b. Ob die Erörterung des Sach- und Streitstandes unter Beteiligung der Geschäftsführerin der Beklagten persönlich den Rechtsstreit in der einen oder anderen Weise der Erledigungsreife hätte zuführen können, lässt sich in Anbetracht dessen, dass die Geschäftsführerin der Beklagten eine solche Erörterung durch ihr unentschuldigtes Fernbleiben vereitelt hat, hypothetisch nicht beurteilen, liegt somit ohne Weiteres im Bereich des Möglichen.
c. Im Grundsatz ist der Beschwerde darin Recht zu geben, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die ausgebliebene Partei nicht allein schon deshalb gerechtfertigt erscheint, weil der im Termin vom 05.10.2007 abgeschlossene Vergleich für die Beklagte nur unter Widerrufsvorbehalt geschlossen werden konnte. Es kann auch für eine im Termin persönlich anwesende Partei nämlich vielfältige anerkennenswerte Gründe geben, sich einen Widerrufsvorbehalt einräumen zu lassen, etwa wenn die Partei für sich selbst noch eine "Überlegungszeit" benötigt. Vorliegend war es ausweislich der Beschwerdebegründung vom 28.11.2007 allerdings offenkundig so, dass der Abschluss des Vergleichs für die Beklagte generell "keinen Sinn machte". Dies hätte bei Anwesenheit der Geschäftsführerin im Termin sehr leicht durch Nachfrage geklärt werden können.
6. In diesem Zusammenhang soll vorsorglich klargestellt werden, dass die Anwesenheit des anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Termin vom 05.10.2007 nicht mit der Entsendung eines Vertreters im Sinne von § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO gleichgesetzt werden kann.
a. Zwar erscheint es nicht generell ausgeschlossen, dass in einem Ausnahmefall auch der anwaltliche Prozessbevollmächtigte als Vertreter im Sinne des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO auftreten kann.
b. Regelmäßig ist dies jedoch nicht der Fall; denn die Anwesenheit eines Vertreters im Sinne des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO muss der persönlichen Anwesenheit der Partei in jeder Hinsicht gleichwertig sein. Schon die Notwendigkeit, auf einzelne Sachverhaltsnachfragen oder auf Fragen nach der Möglichkeit einer gütlichen Einigung telefonische Rücksprache mit der Partei halten zu müssen, widerlegt die Eignung des Prozessbevollmächtigten als Vertreter im Sinne des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO zu fungieren (Zöller/Greger, § 141, Rdnr. 16 f.). Zu bedenken ist, dass das Gericht bei der Ladung der Parteien keine konkreten Fragen mitzuteilen braucht und sich Fragen oft typischerweise erst im Laufe der Erörterung ergeben. Zu bedenken ist ferner, dass das Gericht auch berechtigt ist, der Partei oder an ihrer Stelle dem Vertreter nach § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO Fragen zur Vorgeschichte des Rechtsstreits, zu den Hintergründen oder zu den Beziehungen zwischen den Parteien zu stellen (Zöller/Greger, § 141, Rdnr. 8). Als Vertreter im Sinne von § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO kommt der anwaltliche Prozessbevollmächtigte somit regelmäßig nicht in Frage, es sei denn, dass er zuvor bereits auch in anderer Eigenschaft als lediglich als Prozessbevollmächtigter mit dem Verfahrensgegenstand in Berührung gekommen ist.
c. Nur diese Auffassung entspricht offensichtlich auch der Intention des Gesetzgebers; denn § 141 ZPO hat seinen besonderen Sinn gerade in solchen Prozessen, in denen sich die Parteien durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen oder gar vertreten lassen müssen. Einer Vorschrift wie des § 141 ZPO bedürfte es nicht, wenn die bereits bei der Übertragung eines Prozessmandats übliche streitgegenstandsbezogene Information des Bevollmächtigten durch den Mandanten ausreichte, um § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO genüge zu tun.
7. Zu Unrecht wendet die Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss ferner ein, dass es auch "zweifelhaft" sei, ob die Geschäftsführerin der Beklagten zum Termin vom 05.10.2007 ordnungsgemäß geladen worden ist.
a. Nach Aktenlage ist hiervon ohne Weiteres auszugehen. Die zutreffende Adresse der Beklagten war dem Gericht seit dem 22.02.2007, also lange vor Absendung der Ladung an die Geschäftsführerin zum Termin am 05.10.2007, bekannt (vgl. Bl. 33 d. A.). Auch der Ordnungsgeldbeschluss vom 13.11.2007 ist ungeachtet der fehlerhaften Aufnahme der alten Adresse der Beklagten in das Rubrum ordnungsgemäß und zielgerichtet an die aktuelle Adresse der Beklagten zugestellt worden. Schließlich ist die Ladung der Geschäftsführerin der Beklagten auch nicht in den Postrücklauf gekommen.
b. Entscheidend ist aber letztlich, dass die Frage der ordnungsgemäßen Ladung der Geschäftsführerin Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung war. Sie hätte sich somit klar und eindeutig dazu erklären müssen, warum die Ladung nicht ordnungsgemäß gewesen sein soll. Die Äußerung bloßer Zweifel durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der Beschwerdebegründung kommt einem Bestreiten mit Nichtwissen gleich, welches aber in Vorgängen, die der eigenen Wahrnehmung der Partei unterliegen, gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nicht zulässig ist.
8. Auch die Höhe des gegen die Geschäftsführerin der Beklagten verhängten Ordnungsgeldbeschlusses hält sich noch im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens. Es liegt noch deutlich unterhalb des mittleren Betrages der zulässigen gesetzlichen Spannbreite.
9. Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen.
Ende der Entscheidung
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