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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 30.01.2008
Aktenzeichen: 8 TaBV 78/06
Rechtsgebiete: BetrVG, GG
Vorschriften:
BetrVG § 3 | |
BetrVG § 81 | |
GG Art. 9 Abs. 3 |
2. Antragsbefugnis kann nur dann angenommen werden, wenn die antragstellende Beteiligte eigene Rechte geltend macht oder nach der in angesprochenen verletzten Rechtsnorm im Gesetz ausdrücklich als antragsbefugt bezeichnet wird wie beispielsweise in § 19 Abs. 2 BetrVG oder § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG (vgl. HWK-Bepler, ArbGG, § 81 Rn. 9 m. w. N.).
3. Eine tarifzuständige Gewerkschaft, die geltend macht, bei Abschluss von Tarifverträgen nach § 3 BetrVG komme nur eine einheitliche Regelung mit allen in den Unternehmen vertretenen tarifzuständigen Gewerkschaft in Betracht, ein Tarifvertrag, der gegen dieses Konsensualprinzip verstoße, erweise sich als unwirksam, ist zur Klärung dieser Frage antragsbefugt.
4. Eine gesetzliche Begrenzung dahingehend, dass bei mehreren tarifzuständigen Gewerkschaften im Unternehmen der Tarifvertrag nur mit den Gewerkschaften einheitlich geschlossen werden könnte, ist § 3 BetrVG selbst nicht zu entnehmen. Diese von der Beteiligten zu 10. vertretene Auffassung, die auch in der Literatur vertreten wird (Däubler TVG § 3 Rz. 76, GK-Kraft/Franzen BetrVG 8. Auflage, Rz. 34, ähnlich Teusch NZA 2007, 129; jedenfalls für den Fall einer tarifzuständigen DGB-Gewerkschaft und einer nicht vom DGB angehörigen Gewerkschaft, FESTL Betriebsverfassungsgesetz, § 3, Rz. 16) ist abzulehnen. Eine Zwangstarifgemeinschaft lässt sich mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht vereinbaren.
Tenor:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1, 3 und 10 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 16.11.2006 - 3 BV 77/06 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligte zu 10 und Beschwerdeführerin zugelassen.
Für die sonstigen Beteiligten ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Gründe:
I.
Zwischen der D AG Sitz B und den Konzerngesellschaften T GmbH, T GmbH, D GmbH, T GmbH und der v wurde am 18.08.2005 ein Tarifvertrag über die Bildung eines Konzernbetriebsrats für das Geschäftsfeld Großkunden sowie sonstige betriebsverfassungsrechtliche Fragen für den Geschäftsbereich Enterprise Services des Geschäftsfeldes Geschäftskunden abgeschlossen.
Die Beteiligten zu 1., 3. und 10. machen die Unwirksamkeit des vorgenannten Tarifvertrages geltend.
Der Beteiligte zu 1. ist ein lokaler Betriebsrat der Beteiligten zu 6. Der Beteiligte zu 3. ist Mitglied des Beteiligten zu 1. sowie Mitglied des bisherigen Gesamtbetriebsrats bei der Beteiligten zu 6.
Die Beteiligten zu 1., 3. und 10. machen geltend, die Bildung eines eigenen Konzernbetriebsrats für den Geschäftsbereich Geschäftskunden sowie sonstige betriebsverfassungsrechtliche Fragen für den Geschäftsbereich Enterprise Services des Geschäftsfeldes Großkunden vom 18.08.2005 sei unwirksam.
Die Unwirksamkeit leite jedenfalls daraus ab, dass am Tarifabschluss die Beteiligte zu 10. nicht beteiligt gewesen sei. Dies sei allerdings als Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluss des vorgenannten Tarifvertrages anzusehen, da hierfür das "Konsensualprinzip" gelte.
Die Beteiligten zu 1., 3. und 10. haben erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass der Tarifvertrag über die Bildung eines Konzernbetriebsrats für das Geschäftsfeld Großkunden sowie sonstige betriebsverfassungsrechtliche Fragen für den Geschäftsbereich Enterprise Services des Geschäftsfeldes Geschäftskunden vom 18.08.2005 unwirksam ist.
Die übrigen Beteiligten haben erstinstanzlich beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 16.11.2006 den Antrag zurückgewiesen und dabei die Frage der Antragsbefugnis der Beteiligten zu 1., 3. und 10. offen gelassen.
Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das von den Beteiligten zu 1., 3. und 10. geltend gemachte "Konsensualprinzip" bestehe nicht: Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 BetrVG selbst enthalte keine Aussage, welche (im Unternehmen vertretenen) Gewerkschaften auf Gewerkschaftsseite am Abschluss des Tarifvertrages beteiligt werden müssten.
Die entscheidende Frage, ob für einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 BetrVG das "Konsensualprinzip" maßgeblich sei, sei mit dem Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 25.05.2005 - 7 ABR 10/04 -) zu verneinen.
Ein Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 BetrVG zur Schaffung vom Gesetz abweichender Strukturen der Betriebsvertretungen sei ein Tarifvertrag eigener Art.
Ob ein derartiger spezifischer Tarifvertrag von einer im Betrieb vertretenen Minderheitsgewerkschaft wirksam abgeschlossen werden könne oder ob bei einer derartigen Konstruktion das Konsensualprinzip gelten würde, könne im Streitfall dahinstehen, denn der in Rede stehende Tarifvertrag sei unumstritten von der Beteiligten zu 9. als Mehrheitsgesellschaft im Unternehmen geschlossen worden.
Dies reiche für die Wirksamkeit des Zustandekommens des Tarifvertrages aus.
Dieses Ergebnis gelte im Übrigen um so mehr, als hinsichtlich des in Rede stehenden Tarifvertrages die Beteiligte zu 10. weder ihre Tarifzuständigkeit oder Mitzuständigkeit gegenüber der Arbeitgeberin reklamiert noch im Verhältnis zur Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 9. das Schlichtungsverfahren gemäß § 16 der DGB-Satzung angerufen habe.
Der Wirksamkeit des in Rede stehenden Tarifvertrages stehe auch nicht entgegen, dass für diesen in Gänze oder in Teilen das Fehlen der materiellen Voraussetzungen des § 3 BetrVG anzunehmen sei.
Voraussetzung für die Schaffung eines Spartentarifvertrages wie des in Streit stehenden Tarifvertrages sei, dass die abweichend von den gesetzlichen Regelungen geschaffene Struktur einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer diene. Dies bestritten zwar der Beteiligte zu 1. und 3. ohne jedoch hierfür materielle Ausführungen zur Ausfüllung ihrer Ansicht zu machen.
Im Übrigen sei den Tarifvertragsparteien hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen eine Einschätzungprärogative zuzubilligen, zumal der betroffene Konzernbetriebsrat, der Beteiligte zu 11., die neue Struktur ausdrücklich gewünscht und begrüßt habe.
Ergänzend wird auf den erstinstanzlichen Beschluss (Bl. 138 bis 148 d. A.) Bezug genommen.
Gegen den den Beteiligten zu 1. und 3. am 19.12.2006 zugestellten Beschluss erster Instanz haben die Beteiligten zu 1. und 3. am 16.01.2007 Beschwerde eingelegt und diese Beschwerde am 16.02.2007 begründet. Die Beteiligte zu 10. hat gegen den ihr am 18.12.2006 zugestellten Beschluss erster Instanz unter dem 27.12.2006 Beschwerde eingelegt und diese am 08.02.2007 begründet.
Die Beteiligte zu 10. macht geltend, dass die vom Arbeitsgericht für die Entscheidung erster Instanz herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.05.2005 (7 ABR 10/07) nicht heranzuziehen sei, da diese Entscheidung lediglich verwertbare Ausführungen zu § 47 BetrVG und nicht zu § 3 BetrVG mache.
Unstreitig habe die alleinbeteiligte Gewerkschaft ver.di mit den beteiligten Unternehmen den streitgegenständlichen Zuordnungstarifvertrag ohne Beteiligung der in den Unternehmen vertretenen Beteiligten zu 10. abgeschlossen.
Unstreitig sei auch kein Verfahren nach § 16 der DGB-Satzung zur Klärung der Tarifzuständigkeit durchgeführt worden.
Die arbeitsgerichtliche Entscheidung lasse eine Auseinandersetzung mit den Besonderheiten von Tarifverträgen nach § 3 Abs. 1 BetrVG vermissen. Ein Hinweis darauf, dass bis zum wirksamen Abschluss eines Tarifvertrages darauf ankomme, ob ein Mehrheitsgesellschaft den fraglichen Tarifvertrag abgeschlossen habe, finde sich im Gesetz nicht.
Daher lägen diese Überlegungen des Arbeitsgerichts neben der Sache. Die Regelungskompetenz für die gesetzlichen Ausnahmevorschriften sei den Tarifvertragsparteien zugewiesen. Dem Wortlaut des § 3 BetrVG sei kein Hinweis zu entnehmen, ob bei den Gewerkschaften die tarifzuständigen Gewerkschaften oder die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften gemeint seien.
Hervorzuheben sei insbesondere, dass in der Vorschrift des § 3 BetrVG die Frage der Tarifkonkurrenz nicht erwähnt sei.
Dies aber wäre notwendig, wenn es auf die Tarifzuständigkeit ankäme, der jedenfalls bei unternehmensübergreifenden Tarifverträgen die Wahrscheinlichkeit divergierender Zuständigkeiten sehr hoch sei.
Maßgeblich dürfte allein sein, dass es sich jeweils um eine im Betrieb bzw. Unternehmen vertretene Gewerkschaft handele, um ihr die Regelungskompetenz zuzuweisen. Auf die Anzahl der von ihr vertretenen Arbeitnehmer könne es dabei nicht ankommen. Zutreffend sei daher, dass zur Veränderung der betriebsverfassungsrechtlichen Struktur eines gemeinsamen Betriebes oder eines unternehmensüberschreitenden Tarifvertrag nur mit allen betroffenen Unternehmen dieser Tarifvertrag abgeschlossen werden könne. Da der Konzern als solcher nicht tariffähig sei, müssten alle betroffenen Unternehmen beteiligt werden.
Komme es auf die Tarifzuständigkeit der einzelnen Gewerkschaft, die sich nach der Satzung der Gewerkschaft richtet, nicht an, sei auch kein in der DGB-Satzung vorgesehenes Schlichtungsverfahren bei satzungsmäßiger Überschneidung der Zuständigkeiten von DGB-Gewerkschaften erforderlich. Der Gesetzgeber bediene sich mit der Vorschrift des § 3 BetrVG zum Zwecke der effektiven Gestaltung der Betriebsverfassung im Interesse der Gesamtbelegschaft der Sachkompetenz der Tarifvertragsparteien.
Hieraus ergebe sich denknotwendig ein für den in Rede stehenden Tarifvertrag zu erzielendes Konsensualprinzip.
Dies bedeute, dass ohne Beteiligung und Zustimmung aller im Betrieb bzw. Unternehmen vertretenen Gewerkschaften kein vom Gesetz abweichendes Interessenvertretungssystem eingeführt werden könne.
Die vom Bundesarbeitsgericht zur Vorschrift des § 47 BetrVG entwickelten Überlegungen seien auf die Sonderschrift des § 3 BetrVG nicht zu übertragen.
Die Beteiligten zu 1. und 3. betonen ebenfalls die Besonderheit von Tarifverträgen nach § 3 BetrVG.
Ein solcher Tarifvertrag betreffe nicht nur die Innenstruktur des Betriebsrats wie im Rahmen des § 47 BetrVG, sondern die gesamte betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung und damit die demokratische Basis für das Repräsentationsprinzip des Betriebsverfassungsrechts.
Anders als § 47 BetrVG gelte ein Tarifvertrag nach § 3 BetrVG nicht nur sozusagen für die einzelnen Betriebsratsmitglieder, sondern für alle Arbeitnehmer, Voraussetzung sei lediglich, dass ein einzelner Arbeitnehmer organisiert ist.
In Fällen der vorliegenden Art, in denen zwei große Gewerkschaften im Unternehmen und Konzern durch eine Vielzahl von Mitarbeitern vertreten sei, sei es nicht hinnehmbar, dass der Arbeitgeber insoweit eine freie Auswahl treffen könne, mit wem er verhandele. Vielmehr gelte in diesen Fällen die Verpflichtung des Arbeitgebers mit allen im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften Gespräche aufzunehmen bzw. Verträge abzuschließen.
Umgekehrt könne keine Gewerkschaft alleine als berechtigt angesehen werden, sich an anderen vertretenen Gewerkschaften vorbei sozusagen nach vorne zu drängeln.
Im Übrigen schließen sich die Beteiligten zu 1. und 3. der Begründung der Beteiligten zu 10. ausdrücklich an.
Die Beteiligten zu 1., 3. und 10. beantragen,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 16.11.2006 - 3 BV 77/06 - abzuändern und festzustellen, dass der Tarifvertrag über die Bildung eines Konzernbetriebsrats für das Geschäftsfeld Geschäftskunden sowie sonstige betriebsverfassungsrechtliche Frage für den Geschäftsbereich E des Geschäftsfeldes Geschäftskunden vom 18.08.2005 rechtsunwirksam sind.
Die sonstigen Beteiligten beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligten machen geltend, dass der gestellte Antrag bereits unzulässig sei. Den Beteiligten zu 1., 3. und 10. fehle bereits die Antragsbefugnis für das Begehren des Rechtsstreits.
Die Beteiligte zu 9. sei die für den Abschluss des Zuordnungstarifvertrages tarifzuständige Gewerkschaft. Die Tarifzuständigkeit ergebe sich zunächst grundsätzlich aus der Satzung der jeweiligen Gewerkschaft.
Allein für den Fall, dass neben einer DGB-Gewerkschaft auch eine nicht dem DGB angehörende Gewerkschaft für den Tarifabschluss zuständig sei und zusätzlich beide im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ihre Zuständigkeit auch tatsächlich beanspruchen, könne der Tarifvertrag nur mit beiden Gewerkschaften abgeschlossen werden.
Im Wesentlichen argumentierten die Beteiligten zu 1., 3. und 10. mit der These der Verletzung eines "Konsensualprinzips".
Diese Auffassung finde weder im Tarifvertragsgesetz noch im Betriebsverfassungsgesetz eine Stütze. Ein Tarifvertrag nach § 3 BetrVG sei ein Tarifvertrag über betriebsverfassungsrechtliche Fragen. Nach § 3 Abs. 2 TVG genüge es für den Abschluss eines derartigen Tarifvertrages, dass nur der Arbeitgeber tarifgebunden ist.
Damit sei der streitige Tarifvertrag ordnungsgemäß zu Stande gekommen und wirksam.
Das Landesarbeitsgericht hat im Beschwerdeverfahren die Beteiligten zu 12. bis 15. zusätzlich beteiligt, die sich der Auffassung der Beteiligten zu 4. bis 9. und 11. angeschlossen haben.
Die Beteiligte zu 2 erster Instanz hat Ihre Anträge nicht weiter verfolgt und war im Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligt.
Wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Akten sowie die gewechselten Schriftsätze beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 3. und des Beteiligten zu 10. sind zulässig.
Die Beteiligten zu 1. und 3. einerseits sowie die Beteiligte zu 10. andererseits haben gegen den Beschluss erster Instanz fristwahrend Beschwerde eingelegt und die Beschwerde sodann fristwahrend begründet.
Die Beschwerdebegründungen setzen sich im Einzelnen mit dem Beschluss erster Instanz auseinander und erweisen sich damit als ein ordnungsgemäß eingelegtes Rechtsmittel.
III.
Den Beschwerden der Beteiligten zu 1. und 3. war bereits mangels Antragsbefugnis der Beteiligten zu 1. und 3. für die geltend gemachten Ansprüche der Erfolg zu versagen; die Beschwerde der Beteiligten zu 10. erweist sich als nicht begründet.
1. Die Beteiligten zu 1. und 3. sind nicht antragsbefugt.
Die Frage, ob einem Beteiligten für die geltend gemachten Ansprüche die Antragsbefugnis fehlt, ist von Amts wegen zu prüfen.
Die Antragsbefugnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung und dient entsprechend der Prozessführungsbefugnis im Urteilsverfahren dazu, Popularklagen auszuschließen. Sie ist in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen und für jeden Antrag gesondert zu prüfen. Sie liegt nur vor, wenn die antragende Beteiligte vorträgt, Träger des streitbefangenen Rechts zu sein.
Bezogen auf die Streitfragen des Rechtsstreits müsste damit von den Beteiligten zu 1. und 3. geltend gemacht werden können, durch den Tarifvertrag über die Bildung eines Konzernbetriebsrats für das Geschäftsfeld Geschäftskunden sowie sonstige betriebsverfassungsrechtliche Fragen für den Geschäftsbereich Enterprise Services des Geschäftsfeldes Geschäftskunden in eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtspositionen betroffen zu sein. Dies kann allerdings nur dann angenommen werden, wenn die antragstellende Beteiligte eigene Rechte geltend macht oder nach der in angesprochenen verletzten Rechtsnorm im Gesetz ausdrücklich als antragsbefugt bezeichnet wird wie beispielsweise in § 19 Abs. 2 BetrVG oder § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG (vgl. HWK-Bepler, ArbGG, § 81 Rn. 9 m. w. N.).
§ 3 BetrVG, dessen Verletzung die Beteiligten zu 1. und 3. in Anspruch nehmen, weist einen örtlichen Betriebsrat sowie ein Mitglied eines örtlichen Betriebsrats und gleichzeitig Mitglied eines Gesamtbetriebsrats nicht als antragsberechtigt aus.
Mit den geltend gemachten Anträgen begehren die Beteiligten zu 1. und 3. auch nicht in den ihren betriebsverfassungsrechtlichen Rechtspositionen betroffen zu sein.
Dies gilt bezüglich des Beteiligten zu 3. bereits deshalb, weil dieser lediglich Rechte als ein betroffenes Betriebsratsmitglied bzw. Mitglied eines Gesamtbetriebsrats geltend machen kann, während mit der Geltendmachung der Unwirksamkeit des streitbefangenen Tarifvertrages allenfalls Rechte nach Maßgabe von § 3 Abs. 2 BetrVG denkbar erscheinen, deren Träger nicht ein einzelnes Mitglied eines Betriebsrats bzw. Gesamtbetriebsrats sondern nur das Gremium als Ganzes sein kann.
Dasselbe - eine fehlende Antragsbefugnis - ergibt sich allerdings auch für den Beteiligten zu 1. Auch für den Beteiligten zu 1. ist nämlich auszuschließen, dass dieser in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann.
Eine eigene Betroffenheit leitet entgegen der Annahme der Beteiligten zu 1. insbesondere nicht - die Unwirksamkeit des streitbefangenen Tarifvertrages unterstellt - aus Regelungszuständigkeiten nach § 3 Abs. 2 BetrVG ab.
Die sonstigen Beteiligten zu 4. bis 9. und 11. bis 15. weisen hierzu nämlich zutreffend auf den Tarifvorbehalt in § 3 Abs. 2 BetrVG hin. Eine Regelung durch Betriebsvereinbarungen in den gesetzlich gezogenen Grenzen kann danach nur getroffen werden, wenn keine tarifliche Regelung besteht und auch "kein anderer Tarifvertrag" gilt, § 3 Abs. 2 BetrVG.
Der Tarifvorbehalt greift also nicht nur ein, soweit die Fälle des § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 oder 5 BetrVG durch Tarifvertrag geregelt sind, sondern es genügt bereits die Geltung eines anderen Tarifvertrages, also eines Tarifvertrages der für die Vereinbarungslösung überhaupt keine Regelungen trifft. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 3 Abs. 2 BetrVG soll damit erreicht werden, dass für einen Arbeitgeber, in dessen Unternehmen Tarifverträge über Entgelte oder sonstige Arbeitsbedingungen gelten, auch die Vereinbarungen über betriebsverfassungsrechtliche Organisationsstrukturen nur durch Tarifvertrag geregelt das maßgebliche Regelungsinstrument darstellen (BT-Drucks. 14/5741 S. 34).
Dies allerdings ist für die Unternehmen, die mit der Beteiligten zu 9., die den streitbefangenen Tarifvertrag abgeschlossen haben, gegeben.
Damit ist eine Auffangzuständigkeit nach § 3 Abs. 2 BetrVG auszuschließen.
Dies wiederum bedingt, dass auch die Beteiligte zu 1. nicht in ihren betriebsverfassungsrechtlichen Rechtspositionen betroffen ist.
Eine Antragsbefugnis für das Antragsbegehren des Vertrages ist somit auch bezüglich des Beteiligten zu 1. auszuschließen.
Damit erweisen sich die von dem Beteiligten zu 1. und dem Beteiligten zu 3. im Verfahren verfolgten Anträge bereits als unzulässig.
Schon aus diesem Grund war deshalb der Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 3. der Erfolg zu versagen.
2. Die Beteiligte zu 10. ist antragsbefugt.
Die Beteiligte zu 10. ist eine in den den Tarifvertrag abschließenden Unternehmen tarifzuständige Gewerkschaft für den Abschluss von Tarifverträgen nach § 3 Abs. 1 BetrVG.
§ 3 BetrVG berücksichtigt nach seinen inhaltlichen Festlegungen jedenfalls dem Wortlaut nach gerade nicht, dass verschiedene Gewerkschaften tarifzuständig sein können. Die Möglichkeit, dass Tarifverträge mit unterschiedlichem Regelungsinhalt für eine vom Gesetz abgeweichende Betriebsratsstruktur und/oder zusätzliche Interessenvertretungen bestehen, ist somit nach Maßgabe der Regelungen in § 3 BetrVG - worauf die Beteiligte zu 10. zutreffend hinweist - grundsätzlich gegeben.
Gerade dies wiederum bedingt die Fragestellung des Rechtsstreits, ob sich dies gestattet oder ob nicht immanent für Regelungen nach § 3 Abs. 1 BetrVG als Gebot gilt, dass bei Abschluss derartiger Tarifverträge nur eine einheitliche Regelung mit allen in den Unternehmen vertretenen tarifzuständigen Gewerkschaften erforderlich ist und daher ein Tarifvertrag, der gegen ein solches Gebot verstößt, sich als unwirksam erweist.
Insoweit macht die Beteiligte zu 10. zu Recht geltend, durch den streitbefangenen Tarifvertrag in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen sein zu können und ist zur Klärung dieser Fragestellung daher als antragsbefugt anzusehen.
3. Der Antrag der Beteiligten zu 10. ist nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der geltend gemachte Rechtsanspruch der Beteiligten zu 10. nicht zusteht.
Das Arbeitsgericht hat damit zu Recht den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des streitbefangenen Tarifvertrag zurückgewiesen.
Auszugehen für die Fragestellung der Wirksamkeit des streitbefangenen Tarifvertrages ist zunächst davon, dass es bei diesem Tarifvertrag um Vereinbarungen betriebsverfassungsrechtlicher Fragen geht, für die gemäß § 3 Abs. 2 TVG die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers genügt (Richardi Betriebsverfassungsgesetz § 3 Rn. 57; Büsing, ZIP 2003, 663, 698; Annuß NZA 2002, 290, 293).
Unstreitig ist jedenfalls auch die Beteiligte zu 9. tarifzuständige Gewerkschaft, mit der grundsätzlich der streitbefangene Tarifvertrag abgeschlossen werden konnte. Eine gesetzliche Begrenzung dahingehend, dass bei mehreren tarifzuständigen Gewerkschaften im Unternehmen der Tarifvertrag nur mit den Gewerkschaften einheitlich geschlossen werden könnte, ist § 3 BetrVG selbst nicht zu entnehmen.
Diese von der Beteiligten zu 10. vertretene Auffassung, die auch in der Literatur vertreten wird (Däubler TVG § 3 Rz. 76, GK-Kraft/Franzen BetrVG 8. Auflage, Rz. 34, ähnlich Teusch NZA 2007, 129; jedenfalls für den Fall einer tarifzuständigen DGB-Gewerkschaft und einer nicht dem DGB angehörigen Gewerkschaft, FESTL Betriebsverfassungsgesetz, § 3, Rz. 16) ist abzulehnen.
Eine Zwangstarifgemeinschaft lässt sich mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht vereinbaren, da die Tarifvertragsfreiheit auch die Willensfreiheit der Gewerkschaften einschließt, sich in einer Tarifgemeinschaft zusammen zu schließen (ebenso: Plander, Festschrift zum 25.-jährigen Bestehen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltsverein 2006, S. 669, 977).
Die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften lässt derartige Zwangsgemeinschaften nicht zu.
In vielen Fällen würde es zudem wegen Dissens in den Sachfragen nicht zum Abschluss von Strukturtarifverträgen kommen können. Der Gesetzgeber hat jedoch die Möglichkeit von Strukturtarifverträgen nach § 3 BetrVG nicht dazu geschaffen, dass die weitreichenden und flexiblen tariflichen Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. die Gesetzesbegründung in: BT-Drucks. 14/5741, S. 33) im Streit der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verpuffen (ebenso: Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 09.08.2007 - 9 TaBV 23/07 -, Rechtsbeschwerde eingelegt, BAG - 7 ABR 70/07 -).
Der streitbefangene Tarifvertrag konnte daher mit der Beteiligten zu 9. allein rechtswirksam abgeschlossen werden. Der Tarifvertrag regelt betriebsverfassungsrechtliche Fragen und gilt daher gemäß § 3 Abs. 2 TVG für alle Betriebe der Arbeitgeberin. Für die Geltung betriebsverfassungsrechtlicher Normen kommt es nach § 3 Abs. 2 TVG nur auf die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an, während die der Arbeitnehmer ohne Bedeutung ist.
Es bestehen auch keine durchschlagenden Bedenken dagegen, dass es hierdurch zu Tarifverträgen mit unterschiedlichen Regelungsinhalten kommen könnte, soweit die Beteiligte zu 10. als ebenfalls tarifzuständige Gewerkschaft ebenfalls einen Tarifvertrag zur selben Regelungsmaterie anstrebte. Da insoweit keine Tarifpluralität geben kann, weil § 3 Abs. 3 TVG immer alle Arbeitnehmer erfasst, müsste für diesen Fall die Tarifkonkurrenz auf der Grundlage des Spezialitätsgrundsatzes aufgelöst werden.
Hinzu kommt, dass die Beteiligten zu 9. und 10. das nach § 16 DGB-Satzung vorgesehene Schiedsverfahren nicht eingeleitet haben. Streitigkeiten zwischen den im Deutschen Gewerkschaftsbund vereinigten Gewerkschaften, die trotz Vermittlung des Bundesvorstandes nicht geschlichtet werden können, sind danach durch ein Schiedsverfahren zu entscheiden. Der Spruch dieser Schiedsstelle hat dann verbindliche Wirkung zwischen den DGB-Gewerkschaften und klärt damit auch die Tarifzuständigkeit für die tarifliche Arbeitgeberseite (BAG, Beschluss vom 25.09.1996 - 1 ABR 4/96 - NZA 1997, 613 bis 619).
Die danach nötige Klärung wäre auch der Beteiligten zu 10. möglich gewesen, da nicht angenommen werden kann, dass der Beteiligten zu 10. die Tarifverhandlungen zwischen den Unternehmen des Konzerns und der Beteiligten zu 9. zum Abschluss des streitbefangenen Tarifvertrages verborgen geblieben sind, da davon auszugehen ist, dass Mitglieder der Beteiligten zu 10 in den Betriebsräten, sowie Gesamtbetriebsräten und Konzernbetriebsräten vertreten sind. Dies oder die Geltendmachung eigener Tarifzuständigkeit gegenüber den den Tarifvertrag abschließenden Unternehmen hat allerdings die Beteiligte zu 10. unterlassen. Unter diesen Voraussetzungen ist es sodann nicht zu beanstanden, dass sich die den Tarifvertrag abschließenden Unternehmen allein an die Beteiligte zu 9. für den Abschluss des Tarifvertrages gewandt haben, da ihr gegenüber die nunmehr geltend gemachte Konkurrenzsituation jedenfalls durch die Beteiligte zu 10. nicht offen gelegt worden ist (zur Alleinzuständigkeit derjenigen Gewerkschaften, die vor Entstehen einer Konkurrenzsituation als zuständig angesehen worden ist vgl. BAG, Beschluss vom 12.11.1996 - 1 ABR 33/96 - NZA 1997, 609 bis 613).
Nach alledem ist der streitbefangene Tarifvertrag als rechtswirksam anzusehen, so dass die Beschwerde der Beteiligten zu 10. nicht zu einer Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts führt.
IV.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 2 Abs. 2 GKG.
V.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde für die Beteiligte zu 10 ist nach §§ 92 Abs. 1 S. 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG veranlasst, da die entscheidungserheblichen Fragestellungen wie die einer Tarifkonkurrenz im Rahmen des § 3 Abs. 1 BetrVG von allgemeinem Interesse und klärungsbedürftig sind.
Ende der Entscheidung
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