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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 20.08.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 408/08
Rechtsgebiete: TV ÜL
Vorschriften:
TV ÜL § 3 |
2. Die bloße Unsicherheit darüber, ob der höherwertige Funktionsarbeitsplatz nach künftigen Organisationsänderungen noch bestehen wird, stellt keinen sachlichen Grund dar.
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13. Februar 2008 - 10 Ca 3163/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer befristeten Übertragung einer Leitungsfunktion.
Der Kläger, geboren am 27. Januar 1952, ist bei der Beklagten (vormals: D ) seit dem 24. Januar 1977 beschäftigt, und zwar zunächst als Toningenieur. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 21. Januar 1977 finden u. a. die für die Beklagte geltenden Tarifverträge Anwendung auf das Arbeitsverhältnis.
Im Tarifvertrag zur befristeten Übertragung von Leitungsfunktionen vom 10. Oktober 1996 (im weiteren: TV ÜL) ist Folgendes bestimmt:
§ 3 Befristung
Die erstmalige Befristung muss zwischen 3 und 5 Jahren betragen; die weiteren Befristungen sollen jeweils mindestens 5 Jahre betragen.
Bei der erstmaligen Übertragung der Leitungsfunktion können die ersten sechs Monate als Probezeit vereinbart werden....
§ 4 Vergütung
Der/die mit der Leitungsfunktion betraute Arbeitnehmer/in erhält eine feste Funktionszulage nach Vergütungsgruppe A bzw. B, falls die Vergütungsgruppe des zugrunde liegenden Arbeitsvertrages der Wertigkeit der Leitungsfunktion nicht entspricht. Die Funktionszulage berechnet sich aus den Stufensteigerungsbeträgen der umfassten Vergütungsgruppen.
Wird für die Dauer der Funktionsübertragung eine Zulage gezahlt, entsteht bei einer Funktion nach der Vergütungsgruppe A nach dem 8. Jahr der Funktionsübertragung ein Besitzstand mit der Maßgabe, dass die Funktionszulage bei einer nachfolgenden Beendigung der Funktionsübertragung durch spätere Vergütungsanhebungen (lineare Steigerungen, Stufen, Höhergruppierungen) aufgezehrt wird.
Wird die Funktionsübertragung über 13 Jahre (nach dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen TV ÜL vom 23. Dezember 2004: 12 Jahre) hinaus fortgeführt, erfolgt die Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe A...
§ 5 Beendigung der Funktionsübertragung
Bei Beendigung der befristeten Übertragung wird der/die Arbeitnehmer/in zu den Bedingungen des zugrunde liegenden Arbeitsvertrages auf einem angemessenen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt, der den Fähigkeiten und Erfahrungen des/der Arbeitnehmer(s) entspricht. Ein Anspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz besteht nicht.
Die in der Leitungsfunktion verbrachten Zeiten der Betriebszugehörigkeit führen innerhalb der Vergütungsgruppe, in die der/die Arbeitnehmer/in im zugrunde liegenden Arbeitsvertrag eingruppiert ist, zu Stufensteigerungen nach TZ 514.11 des Manteltarifvertrages für das D .
§ 6 Versorgung
Die Funktionszulage wird für den Fall, dass der Versorgungsfall während des Bezugs der erhöhten Vergütung eintritt, sofort versorgungsfähig. Voraussetzung ist, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zugrunde liegt.
Falls ein Rückfall in die im unbefristeten Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütungsgruppe erfolgt, wird die erhöhte Vergütung während der befristeten Übertragung der Leitungsfunktion zeitanteilig bei der Versorgung berücksichtigt.
Die Beklagte übertrug dem Kläger rückwirkend zum 1. Dezember 1996 zunächst befristet bis zum 30. November 1999 die Funktion des Abteilungsleiters der Hörfunkbetriebstechnik unter Hinweis auf den Tarifvertrag zur befristeten Übertragung von Leitungsfunktionen vom 10. Oktober 1996. Diese Übertragung, die mit der Gewährung einer Vergütung verbunden war, die der höheren Vergütungsgruppe A entspricht, verlängerte sie am 30. Juli 1999 für weitere fünf Jahre bis zum 30. November 2004 und am 27. Juli 2004 für die Zeit bis zum 30. April 2007 jeweils unter Hinweis auf den genannten Tarifvertrag.
Nachdem die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 24. Oktober 2006 mitteilte, die Funktionsübertragung ende wie zuletzt vereinbart am 30. April 2007, hat der Kläger am 13. April 2007 beim Arbeitsgericht Köln die vorliegende Klage auf Feststellung, dass die Funktionsübertragung bis zum 30. November 2009 fortbesteht, eingereicht. Zudem begehrt er Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn bis zum 30. November 2009 als Abteilungsleiter nach der Vergütungsgruppe A zu vergüten.
Er ist der Ansicht, nach § 3 TV ÜL hätte die letzte Übertragung für einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren erfolgen müssen, d. h. bis zum 30. November 2009.
Demgegenüber meint die Beklagte, sie habe im Hinblick auf geplante organisatorische Änderungen, die für die Zeit nach dem Ausscheiden des unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, Herrn H , am 30. April 2007 geplant gewesen seien, die letzte Übertragung wirksam für einen Zeitraum von zwei Jahren und fünf Monaten verlängert.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, den zur Entscheidung gestellten Anträgen sowie wegen der Gründe, mit denen das Arbeitsgericht Köln der Klage stattgegeben hat, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 13. Februar 2008 verwiesen.
Das Urteil ist der Beklagten am 26. März 2008 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 31. März 2008 Berufung einlegen und diese am 28. April 2008 begründen lassen.
Sie trägt vor, sie habe mit Schreiben vom 27. Juli 2004 die befristete Übertragung der Leitungsfunktion aus einsichtigen und vernünftigen Gründen nur um zwei Jahre und fünf Monate verlängert, weil sie bereits damals eine Auflösung der Technischen Direktion zum 30. April 2007 beabsichtigt und die bisherige Organisationsstruktur über diesen Zeitpunkt hinaus nicht habe verfestigen wollen. Auch ein Teil der ihr zugeordneten Abteilungen habe geschlossen werden sollen. Die anderen Abteilungen hätten in die Programmdirektion und die Verwaltungsdirektion eingegliedert werden sollen. Sie habe den 30. April 2007 für die Umsetzung der Maßnahmen gewählt, weil zu dem Zeitpunkt der befristete Anstellungsvertrag der damaligen Leiters der Technischen Direktion, Herrn H , geendet habe.
Ursprünglich habe sie aufgrund der Vorgaben in dem D -Staatsvertrag vier Direktionen mit vier Direktoren gehabt. In der durch den 7. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag vom 23. bis 26. September 2003 zuletzt geänderten Fassung des D -Staatsvertrages habe es dementsprechend unter § 27 Abs. 2 geheißen, dass der Intendant im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat berufe: a) die Programmdirektoren der beiden Funkhäuser (B und K ), b) den Verwaltungsdirektor, c) den Technischen Direktor. Ab dem Frühjahr 2004 habe sich abgezeichnet, dass auch die Rundfunkkommissionen der Länder der von ihr zur Verbesserung des Arbeitsablaufs und aus Kostengründen geforderten Zusammenlegung der beiden Programmdirektionen und der Schließung der Technischen Direktion zustimmen würden. Danach seien bereits zum 1. Mai 2004 die beiden Programmdirektionen zusammengelegt worden, nachdem der befristete Arbeitsvertrag mit der damaligen Programmdirektorin in Berlin zum 30. April 2007 geendet habe. Für die Schließung der Technischen Direktion sei der frühestmögliche Zeitpunkt das Ausscheiden des damaligen Abteilungsleiters, Herrn H , am 30. April 2007 gewesen. Durch den 8. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag vom 8. bis 15. Oktober 2004, der am 1. April 2005 in Kraft getreten sei, hätten die Rundfunkkommissionen der Länder erwartungsgemäß beiden Maßnahmen zugestimmt und § 27 Abs. 2 dahin gefasst, dass der Intendant im Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat die Direktoren und aus deren Mitte seine Stellvertretung berufe.
Dem Kläger habe sie mit Schreiben vom 28. Mai 2004 nur mitgeteilt, die Funktionsübertragung solle in Anpassung an die Amtszeit des Technischen Direktors zunächst bis zum 30. April 2007 verlängert werden, weil sie befürchtet habe, eine Mitteilung über die beabsichtigte Schließung der Technischen Direktion werde zu Unruhe bei der Mitarbeitern führen.
Zum 30. April 2007 habe sie zwei von den fünf Abteilungen der Technischen Direktion wegfallen lassen und die verbleibenden in die Programmdirektion und die Verwaltungsdirektion eingegliedert. Die vom Kläger geleitete Abteilung Hörfunkbetriebstechnik sei weggefallen, da ihre Aufgaben der bereits vorher existenten Abteilung "Sendeleitung/Zentrale Produktion" in der Programmdirektion K zugewiesen worden seien, die nunmehr "Sendeleitung und Produktion" heiße.
Für den Kläger sei es zumutbar, ab dem 1. Mai 2007 wieder als Toningenieur zu arbeiten. Er sei bis zum 30. April 2007 nach der Vergütungsgruppe A 7 vergütet worden. Seit dem 1. Mai 2007 habe er Anspruch auf eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe B 9 und eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages zu der Vergütung nach der Vergütungsgruppe A 7 (Stand: 30. April 2007), womit er bei weitem mehr erhalte als die übliche Vergütung eines bei ihr beschäftigten Toningenieurs. Zwar werde sich seine betriebliche Altersversorgung nicht nach der Vergütung der Vergütungsgruppe A, sondern der Vergütungsgruppe B richten, da er nicht über einen Zeitraum von 12 Jahren die Abteilungsleiterfunktion ausgeübt habe. Dies sei aber für ihn hinnehmbar.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 13. Februar 2008 - 10 Ca 3163/07 - die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bestreitet, dass bereits bei der letzten Verlängerung der Funktionsübertragung der Wegfall der von ihm geleiteten Abteilung Hörfunkbetriebstechnik festgestanden habe. In dem an ihn gerichteten Schreiben vom 28. Mai 2004 habe es geheißen, die Verlängerung erfolge "zunächst" bis zum 30. April 2007. Selbst nach dem Vorbringen der Beklagten habe damals noch keine Planung darüber bestanden, wie die der Technischen Direktion zugeordneten Abteilungen künftig zugeschnitten und personell ausgestattet werden sollten. So sei in der Mitteilung "Funk-Korrespondenz" der Beklagten vom 7. Mai 2004 nur über eine durch Änderung des Staatsvertrages noch rechtlich abzusichernde Zusammenlegung der beiden Programmdirektionen berichtet worden, nicht aber über einen Wegfall der Technischen Direktion. In einer Mitteilung des Intendanten vom 28. Juni 2006 an die Mitarbeiter heiße es, der Verwaltungsrat sei am 22. Juni 2006 darüber unterrichtet worden, dass programmnahe Produktionsbereiche der Technischen Direktion in die Programmdirektion und die Bereiche Anlagentechnik und Technische Investitionen ebenso wie die Informationstechnik in die Verwaltungsdirektion integriert würden. Die Geschäftsleitung werde die damit einhergehenden organisatorischen und personellen Fragen in den nächsten Monaten diskutieren. Auch in einer Mitteilung der Verwaltungsdirektion von Oktober 2006 sei davon die Rede, die Entscheidung über die Überführung der 5 Abteilungen und Stäbe der Technischen Direktion sei im Sommer 2006 getroffen worden. Im Übrigen habe am 26. Juli 2004 nicht einmal festgestanden, dass das befristete Arbeitsverhältnis mit dem Leiter der Technischen Direktion, Herr H , zum 30. April 2007 ende. Tatsächlich sei er erst zum 31. Juli 2007 nach einem von ihm angestrengten Befristungsrechtsstreit, der durch einen Abfindungsvergleich beigelegt worden sei, ausgeschieden. Die Beklagte habe noch nach dem 27. Juli 2004 mit anderen Abteilungsleitern eine Verlängerung bestehender Arbeitsverhältnisse über den 30. April 2007 hinaus vereinbart, so z. B. mit dem Abteilungsleiter "Sendeleitung und Produktion" Ende 2006 für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres am 30. September 2011. Im Übrigen seien nach dem 30. April 2007 höherwertige Stellen zu besetzen gewesen, die ihm von der Beklagten hätten angeboten werden müssen.
Die monatliche Differenz zwischen einer Altersversorgung nach der Vergütungsgruppe A und der nach der Vergütungsgruppe B werde voraussichtlich mindestens EUR 350,00 betragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist zulässig.
Sie ist nach § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen nach § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt und begründet.
II. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage auf Feststellung, dass die Übertragung der Abteilungsleiterfunktion mit der Vergütung, die der Vergütungsgruppe A entspricht, nicht mit Ablauf des 30. April 2007 geendet hat, sondern bis zum 30. November 2009 fortbesteht, stattgegeben.
Die nach § 3 TV ÜL am 27. Juli 2004 erfolgte Verlängerung der Funktionsübertragung ist insoweit unwirksam, als sie für eine kürzere Frist als fünf Jahre erfolgte.
1. Nach § 3 TV ÜL, der kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten anwendbar ist, muss die erstmalige befristete Funktionsübertragung zwischen drei und fünf Jahren betragen. Die weiteren befristeten Verlängerungen der Funktionsübertragung sollen jeweils mindestens fünf Jahre betragen.
a. Während für die erstmalige befristete Funktionsübertragung eine Mindest- und eine Höchstgrenze bestimmt ist, ist für die Verlängerungen nur eine Mindestgrenze von fünf Jahren festgelegt worden, die allerdings als Sollvorschrift ausgestaltet ist. Dementsprechend soll in begründeten Ausnahmefällen der Fünfjahreszeitraum unterschritten werden können. Welche Ausnahmefälle die Tarifvertragsparteien vor Augen hatten, erschließt sich allerdings aus dem Tarifvertrag nicht ohne weiteres.
b. Im Allgemeinen gilt, dass von nicht näher erläuterten Sollbestimmungen in Tarifverträgen ebenso wie von gesetzlichen Sollvorschriften abgewichen werden kann, wenn dafür vernünftige, einsichtige Gründe gegeben sind (vgl. z. B. zu § 59 Abs. 5 BAT: BAG, Urteil vom 24. Januar 1996 - 7 AZR 602/95 -; zu § 26 Abs. 1 S. 2 BetrVG: BAG, Beschluss vom 13. November 1991 - 7 ABR 8/91 -).
c. Bei der Auslegung der hier maßgeblichen tariflichen Sollvorschrift ist aber zu beachten, dass sie auf dem Hintergrund einer bei Abschluss des Tarifvertrages am 10. Oktober 1996 geltenden Rechtsprechung zu der Vereinbarkeit derartiger befristeter Übertragungen mit allgemein geltendem Recht zustande gekommen ist:
aa. Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits lange zuvor entschieden, dass die vorübergehende Übertragung von höherwertigen Tätigkeiten rechtsmissbräuchlich ist, wenn für die befristete Übertragung und ihre Dauer kein sachlicher Grund vorliegt. Dies gilt, wenn - wie hier - bei unbefristeter Änderung die neuen Arbeitsbedingungen dem Änderungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (§ 2 KSchG i.V.m. § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG, § 4 S. 2 KSchG, § 7 KSchG, § 8 KSchG) unterliegen würden. Als sachliche Gründe sind die Vertretung eines anderen Mitarbeiters und die Überbrückung während eines Stellenbesetzungsverfahrens anerkannt worden. Eine sachliche Rechtfertigung ist auch in Fällen angenommen worden, in denen bestimmte Planungen des Arbeitgebers vorlagen, die zu einem Fortfall der höherwertigen Tätigkeit führen konnten, wobei ein verhältnismäßig großer Beurteilungsspielraum dem Arbeitgeber eingeräumt wurde (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 13. Juni 1986 - 7 AZR 650/84 -; APS-Backhaus, Kündigungsrecht, 5. Aufl., Vor § 14 TzBfG Rdn. 45 f. m.w.N.).
bb. Auf dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, die den Tarifvertragsparteien bei Abschluss des Tarifvertrages im Jahr 1996 bekannt gewesen sein muss, kann die fehlende Regelung der Ausnahmefälle nur dahin verstanden werden, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien jedenfalls bei einer Unterschreitung der Mindestgrenze von fünf Jahren die vorstehend aufgezeigten allgemeinen richterrechtlichen Grundsätze weiter anwendbar sein sollten. Mithin muss bei einer Abweichung von der Mindestdauer von fünf Jahren bei einer Verlängerung nach § 3 TV ÜL ein sachlicher Grund sowohl hinsichtlich des Grundes als auch hinsichtlich der Dauer vorliegen.
Allein der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien unter § 4 TV ÜL Besitzstandsregelungen für die Zeit nach Beendigung der Funktionsübertragung vorgesehen haben, kann nicht dahin gewertet werden, sie hätten geringere Anforderungen an den Grund und die Dauer der befristeten Funktionsübertragung stellen wollen. Denn der Besitzstand in Form einer dauerhaften Höhergruppierung besteht nicht bei jeder Verlängerung der Funktionsübertragung, sondern nur wenn die Funktion nach der Vergütungsgruppe A länger als 13 bzw. 12 Jahre übertragen worden ist. Auch der geringere Besitzstand in Form einer bei Tariferhöhungen anrechenbaren Zulage besteht erst, wenn die Funktion der Vergütungsgruppe A länger als 8 Jahre übertragen worden ist.
cc. Die genannten richterrechtlichen Grundsätze gelten auch nach Inkrafttreten des TzBfG weiter, da dieses Gesetz auf die Befristung einzelner Vertragsbedingungen insgesamt nicht anzuwenden ist (vgl. BAG, Urteil vom 14. Januar 2004 - 7 AZR 213/03 -; APS-Backhaus, a.a.O., Vor § 14 TzBfG Rdn. 48). Auch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat nach § 310 Abs. 4 S. 1 BGB keine Änderung gebracht, soweit in Tarifverträgen die Befristung einzelner Vertragsbedingungen geregelt ist (vgl. BAG, Urteil vom 27. Juli 2005 - 7 AZR 486/04 - ; APS-Backhaus, a.a.O., Vor § 14 TzBfG Rdn. 51).
2. Die von der Beklagten vorgetragene Absicht, ihre betriebliche Organisation zu ändern, kann im vorliegenden Fall nicht als sachlicher Grund anerkannt werden.
Als die letzte Funktionsverlängerung am 26. Juli 2004 erfolgte, konnte nicht davon ausgegangen werden, dass bis zum 30. April 2007 der Arbeitsplatz des Leiters der Abteilung Hörfunkbetriebstechnik wegfallen würde.
Zwar strebte der Intendant der Beklagten bereits damals eine Verschlankung der Organisationsstruktur der Beklagten durch eine Verringerung der Anzahl der Direktionen an. Eine Planung über den Wegfall der Technischen Direktion einschließlich der Auswirkung auf die ihr zugeordneten Abteilungen gab es aber nicht.
Damals fehlte es zudem an der erforderlichen rechtlichen Ermächtigung. Erst durch den am 1. April 2005 in Kraft getretenen 8. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag vom 8. bis 15. Oktober 2004 erhielt der Intendant die Befugnis, die Zahl der Direktionen zu verringern.
Die von dem Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Mitteilungen des Intendanten und der Verwaltungsdirektion aus dem Jahr 2006 zeigen vielmehr, dass selbst im Jahr 2006 noch nicht feststand, wie die Abteilungen der Technischen Direktion in die neue Organisation eingefügt werden sollten. So wird in dem Informationsschreiben der Verwaltungsdirektion 10/2006 ausgeführt, zunächst müsse noch die Ausgangslage mit den betroffenen Abteilungen detailliert aufgenommen werden, sodann solle Anfang 2007 die Soll-Organisation entworfen und mit den Personalvertretungen der beiden Standorte B und K abgestimmt werden.
Auf diesem Hintergrund wird auch der Hinweis in dem Schreiben der Beklagten vom 28. Mai 2004 an den Kläger verständlich, "zunächst" solle die Übertragung bis zum 30. April 2007 erfolgen. Die Beklagte wollte sich erkennbar die Entscheidung offenhalten, ob sie den Kläger in der geänderten Organisationsstruktur, deren Einzelheiten noch nicht feststanden, als Abteilungsleiter weiterbeschäftigte oder nicht, wobei sie eine Weiterbeschäftigung nicht ausschloss.
Die Unsicherheit über die Beschäftigungsmöglichkeiten in der neuen Organisationsstruktur hinderte sie allerdings nicht, danach mit anderen Abteilungsleitern noch vor der Fertigung der neuen Soll-Organisation Anfang 2007 neue befristete Arbeitsverträge für die Zeit über den 30. April 2007 hinaus abzuschließen. So wurde nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 15. Juli 2008 der Arbeitsvertrag mit dem der Technischen Direktion zugeordneten Leiter der IT-Abteilung, Herrn L , im Jahr 2006 um drei Jahre verlängert. Zudem wurde der Arbeitsvertrag mit dem der Programmdirektion zugeordneten Leiter der Abteilung "Sendeleitung/Zentrale Produktion", Herrn K , noch im Dezember 2006 für die Zeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres am 30. September 2011 verlängert, obwohl absehbar war, dass der Wegfall der Technischen Direktion auch zu Veränderungen in der Programmdirektion führen musste. Schließlich war bereits im Jahr 2003 der Arbeitsvertrag mit einem weiteren der Technischen Direktion zugeordneten Abteilungsleiter, Herrn W , um fünf Jahre verlängert worden, obwohl nach Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 8. Juli 2008 bereits seit Anfang 2000 der Verwaltungsrat von dem Intendanten der Beklagten über die Absicht, die Technische Direktion umzustrukturieren, unterrichtet worden war.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei der letzten Verlängerung der Funktionsübertragung weder die für einen Wegfall der Technischen Direktion erforderliche rechtliche Ermächtigung durch einen Rundfunkänderungs-Staatsvertrag bestand, noch eine detaillierte Planung über die Auswirkung auf die ihr zugeordneten Abteilungen existierte, noch ein Zeitplan für die Umsetzung der Änderungen in den Abteilungen erstellt war.
Letztlich bleibt eine bloße Unsicherheit über die künftige Organisation, die aber nicht als sachlicher Grund für eine Unterschreitung der Mindestgrenze von fünf Jahren anerkannt werden kann. Sie böte angesichts generell nicht auszuschließender Organisationsänderungen die Möglichkeit, stets die Mindestgrenze von fünf Jahren zu unterschreiten und sich dabei an künftigen Ereignissen zu orientieren, die keine oder nur eine bedingte Aussage darüber ermöglichen, wie lange der höherwertige Funktionsarbeitsplatz erhalten bleibt.
2. Der fehlende sachliche Grund für die Unterschreitung der Mindestgrenze von fünf Jahren nach § 3 TV ÜL führt dazu, dass auf die vom Kläger begehrte Feststellung auf Forstbestand der höherwertigen Funktionsübertragung bis zum 30. November 2009, also fünf Jahre ab dem 1. Dezember 2004, zu erkennen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits für die Auslegung der tariflichen Vorschrift zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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