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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 21.06.2006
Aktenzeichen: 9 Ta 202/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
Nimmt ein Arbeitgeber die Kündigung eines wirksam befristeten Arbeitsverhältnisses zurück und nimmt der Arbeitnehmer danach seine Arbeit wieder auf, wird kein neues Arbeitsverhältnis begründet. Vielmehr endet das Arbeitsverhältnis mit Befristungsablauf.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 14. März 2006 - 10 Ca 936/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Parteien verlängerten durch Vereinbarung vom 3. August 2005 für die Zeit bis zum 16. Februar 2006 einen Arbeitsvertrag, den sie am 17. Januar 2005 für die Zeit bis zum 16. August 2005 abgeschlossen hatten.

Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26. Oktober 2005 zum 30. November 2005 gekündigt und die Klägerin dagegen vor dem Arbeitsgericht Köln Klage erhoben hatte, nahm die Beklagte mit Schreiben vom 29. November 2005 die Kündigung zurück. Die Beklagte beschäftigte die Klägerin ab dem 1. Dezember 2005 weiter. Mit Schreiben vom 16. Januar 2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der befristete Arbeitsvertrag ende, ungeachtet der Kündigungsrücknahme, am 16. Februar 2006.

Die Klägerin ist der Ansicht, das Schreiben vom 16. Januar 2006 beinhalte eine Kündigung eines zwischen ihr und der Beklagten bestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Seit dem 1. Dezember 2005 bestehe zwischen ihr und der Beklagten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, da eine einseitige Rücknahme einer Kündigung nicht möglich sei. Eine derartige Rücknahme-Erklärung könne auch nicht in jedem Fall als Angebot auf unveränderte Fortsetzung des ursprünglichen - befristeten - Arbeitsverhältnisses gewertet werden. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung wirksam zum 30. November 2005 beendet worden sei, hätten die Rechtswirkungen der Kündigung nur durch Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages beseitigt werden können. Mit Schreiben vom 29. November 2005 habe ihr die Beklagte den Abschluss eines Arbeitsvertrages zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen wie zuvor angeboten, allerdings ohne Befristungsabrede. Zudem sei das Schriftformerfordernis nicht eingehalten worden, wenn der neue Arbeitsvertrag nur befristet habe gelten sollen. Dieses Angebot habe sie angenommen. In einem anderen Fall habe die Beklagte nach Rücknahme der Kündigung eine Arbeitnehmerin unbefristet weiterbeschäftigt.

Das Arbeitsgericht Köln hat durch Beschluss vom 14. März 2006 das von der Klägerin gestellte Gesuch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, es bestehe keine hinreichende Erfolgsaussicht. Das Schreiben vom 16. Januar 2006 stelle keine Kündigung, sondern eine Nichtverlängerungsmitteilung dar. Soweit sich die Klägerin gegen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Befristungsabrede wende, bestehe gleichfalls keine hinreichende Erfolgsaussicht. Denn mit der Rücknahme der Kündigung habe die Beklagte der Klägerin die unveränderte Fortsetzung des befristeten Arbeitsverhältnisses angeboten. Die Klägerin habe dieses Angebot angenommen.

Gegen den am 17. März 2006 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 18. April 2006 (Osterdienstag) sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist weiterhin der Ansicht, es sei ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ab dem 1. Dezember 2005 zustande gekommen.

II. Die nach §§ 78 S. 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 569 ZPO statthafte und zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht Köln das Prozesskostenhilfegesuch mit der Begründung abgewiesen, es fehle die nach § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Kündigungsschutzklage.

1. Das Schreiben der Beklagten vom 16. Januar 2006 beinhaltet nach seinem eindeutigen Wortlaut keine Kündigung, sondern die Mitteilung, dass das befristete Arbeitsverhältnis über den 16. Februar 2006 hinaus nicht verlängert werde. Die Beklagte hat sich in dem Schreiben für die Begründung, das Arbeitsverhältnis werde über den 16. Februar 2006 hinaus nicht fortgesetzt, ausschließlich auf die Befristungsabrede berufen. Dabei ist sie ausweislich des erstinstanzlichen Beschlusses auch in der Güteverhandlung am 22. Februar 2006 geblieben.

2. Das Arbeitsgericht Köln hat ferner zutreffend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Klageantrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis über den 16. Februar 2006 hinaus unbefristet fortbesteht, zurückgewiesen.

a. Es kann dahinstehen, ob nach der Beschwerdebegründung noch davon ausgegangen werden kann, in dem Kündigungsschutzantrag sei ein solcher Feststellungsantrag enthalten. Die Klägerin beharrt auf ihrer Rechtsansicht, das Schreiben vom 16. Januar 2006 beinhalte eine Kündigung und keine Nichtverlängerungsmitteilung, wobei sie sich nicht mit dem Wortlaut des Schreibens auseinandersetzt, sondern von dem von ihr gewünschten Ergebnis ausgeht. Andererseits hält sie sich offen, im Hauptverfahren nach gerichtlichem Hinweis doch ihren Klageantrag zu ändern.

b. Entgegen der Ansicht der Klägerin wurde im Zusammenhang mit der Rücknahme der Kündigung vom 26. Oktober 2005 durch die Beklagte kein neues Arbeitsverhältnis begründet. Vielmehr haben die Parteien die Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses vereinbart.

Die Beklagte konnte die Kündigung zwar nicht einseitig zurücknehmen. Denn die Kündigung ist als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung mit ihrem Zugang bei der Klägerin wirksam geworden. Die Folgen einer Kündigung können aber im Wege einer vertraglichen Vereinbarung rückgängig gemacht werden, indem der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird. Dies kann auch formlos und stillschweigend geschehen. In der Rücknahme der Kündigung liegt regelmäßig das Vertragsangebot des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis als nicht beendet anzusehen, dieses also unter Beseitigung der Kündigungswirkungen unverändert fortzusetzen. Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer - auch konkludent - annehmen (vgl. BAG, Urteil vom 5. Mai 2004 - 7 AZR 629/03 -).

Die Beklagte hat der Klägerin durch die Rücknahme der Kündigung die Fortsetzung des durch die Zusatzvereinbarung vom 3. August 2005 bis zum 16. Februar 2006 verlängerten - befristeten - Arbeitsverhältnisses angeboten. In dem Schreiben findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass nicht nur die für die Klägerin nachteilige Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses beseitigt werden sollte, sondern die vertragliche Stellung der Klägerin durch eine unbefristete Weiterbeschäftigung sogar verbessert werden sollte. Abgesehen davon, dass nach § 133 BGB ohnehin nicht die Wunschvorstellung einer Partei bei der Bestimmung des Inhalts einer Willenserklärung maßgebend ist, sondern darauf abzustellen ist, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 133 Rdn. 9), ist festzuhalten, dass die Klägerin die Rücknahme-Erklärung auch nicht anders verstanden hat. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 6. Dezember 2005 hat sie ausdrücklich die Beklagte darauf hingewiesen, dass sich die "Weiterbeschäftigung nach dem geschlossenen Arbeitsvertrag" zu richten habe. Bestandteil des geschlossenen Arbeitsvertrages war aber auch die Befristungsabrede. Sie hat es zudem für notwendig erachtet, klarzustellen, dass sie Kürzungen oder sonstige nachteilige, nicht vertragsgerechte Änderungen nicht akzeptiere. Dies kann nur dahin verstanden werden, dass sie selbst davon ausging, die Beklagte habe ihr eine Verbesserung der vertraglichen Positionen nicht angeboten. Angenommen hat die Klägerin das Angebot auf Fortsetzung des befristeten Arbeitsvertrages am 1. Dezember 2005, als sie die Arbeit nach Ablauf der Kündigungsfrist fortsetzte.

c. Die Unwirksamkeit der Befristungsabrede vom 3. August 2005 nach § 14 TzBfG wird von der Klägerin nicht geltend macht.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

Ende der Entscheidung

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