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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 22.02.2007
Aktenzeichen: 10 Sa 1012/06
Rechtsgebiete: KSchG, BGB


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
BGB § 613 a Abs. 1
Abgrenzung Betriebsteilübergang/Stilllegung bei Auftragsnachfolge in der Reinigungsbranche.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 02.06.2006 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 5 Ca 7564/05 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 27.07.2005 nicht zum 28.02.2006 aufgelöst worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) ab dem 01.03.2006 ein Arbeitsverhältnis als Gebäudereinigerin mit einer tariflichen Arbeitszeit von 39 Stunden wöchentlich zum Tariflohn besteht.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten zu 1. und den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 2. im Wege eines Betriebsübergangs.

Die Klägerin war seit dem 01.10.1996 bei der Beklagten zu 1. als Reinigungskraft beschäftigt. Die Beklagte zu 1. hatte zunächst zum 31.10.2005 das einzige von ihr betreute Objekt "Bettenhaus" im Bereich des U K durch Kündigung verloren. Aufgrund des Verlustes dieses Großauftrages vereinbarte die Beklagte zu 1. mit ihrem Betriebsrat am 27.07.2005 einen Interessenausgleich und Sozialplan. Am 28.07.2005 erstattete sie eine Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit und kündigte am selben Tag u. a. der Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2005.

Wegen Verzögerung bei der Neuvergabe des Auftrags an die Beklagte zu 2., die erst zum 01.03.2006 erfolgte, vereinbarte die Beklagte zu 1. u. a. mit der Klägerin die Verlängerung der Kündigungsfrist bis zum 28.02.2006.

Die Klägerin hat am 12.08.2005 Kündigungsschutzklage eingereicht und die Ansicht vertreten, dass von einem Anschlussvertrag für das Bettenhaus auszugehen gewesen sei. Durch den nahtlosen Übergang der Reinigungstätigkeit auf die Beklagte zu 2. und die Übernahme von 39 von 42 im Bettenhaus beschäftigten Arbeitnehmern liege keine Betriebsstilllegung, sondern ein Betriebsübergang vor. Die Kündigung sei daher unwirksam und ihr Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2. mit Wirkung zum 01.03.2006 übergegangen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen ihr und der Beklagten zu 1. bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 28.07.2005 zum Ablauf des 28.02.2006 aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, dass zwischen ihr und der Beklagten zu 2. ab 01.03.2006 ein Arbeitsverhältnis als Gebäudereinigerin mit einer tariflichen Arbeitszeit von 39 Stunden pro Woche zum Tariflohn besteht.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1. hat vorgetragen, dass lediglich 3 der von ihr zuletzt noch beschäftigten 42 Mitarbeiter im Bettenhaus kein Weiterbeschäftigungsangebot von der Beklagten zu 2. erhalten hätten. Es handele sich dabei um die Klägerin, die Objektleiterin D S und Frau E A . Hinsichtlich der Objektleitung sei seitens der Beklagten zu 2. ein "Tausch" vorgenommen worden. Die Beklagte zu 2. habe die Objektleiterin der Beklagten zu 1. aus einem Krankenhaus in B (Frau C E ) eingestellt. Das übrige Personal der Beklagten zu 1. einschließlich der Vorarbeiter übten die gleiche Tätigkeit im Bettenhaus aus wie ab 01.03.2006 bei der Beklagten zu 2. Um den Krankenhausablauf nicht zu gefährden, sei es sogar notwendig gewesen, dass die bisher bei ihr beschäftigten Personen ihre Tätigkeit in der gewohnten Weise unter Beibehaltung der Organisationsstrukturen ausübten. Insbesondere in den besonders sensiblen Bereichen wie OP, Intensivstation, Knochenmarkstransplantation u. a. wäre ansonsten eine akute Gefährdung der Patienten eingetreten. Die von ihr, der Beklagten zu 1., erklärte Kündigung sei jedoch aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt, weil sie infolge des Auftragsverlustes keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr und auch keinen Einfluss darauf gehabt habe, dass die Auftragsnachfolgerin, die Beklagte zu 2., einen Betriebübergang auslöse.

Die Beklagte zu 2. hat vorgetragen, sie nutze keine wirtschaftliche Einheit und führe sie nicht fort. Zwischen ihr und der Beklagten zu 1. habe es keine vertraglichen oder sonstigen Rechtsbeziehungen gegeben. Es liege lediglich eine sogenannte Funktionsnachfolge vor, die keinen Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB darstelle. Sie habe keinerlei sächliche Betriebsmittel übernommen, von wem auch immer. Die Beklagte zu 1. habe sämtlichen Mitarbeitern wegen des Auftragsverlustes zum 28.02.2006 betriebsbedingt gekündigt. Infolge dessen seien die Arbeitsverhältnisse dieser Mitarbeiter mit Wirkung zum 28.02.2006 aufgelöst worden und könnten daher auch nicht am 01.03.2006 auf sie übergegangen sein. Es reiche der Vortrag nicht aus, sie habe 92 % der Belegschaft der Beklagten zu 1. und deren Organisationsstruktur übernommen. Eine Übernahme des nach Anzahl und Sachkunde wesentlichen Teils der vom Betriebsvorgänger eingesetzten Belegschaft habe wegen der Kündigungen zum 28.02.2006 denknotwendig nicht stattfinden können. Dies wäre allenfalls dann möglich gewesen, wenn sich sämtliche oder doch wenigstens der überwiegende Teil der gekündigten Mitarbeiter gegen die ausgesprochenen Kündigungen zur Wehr gesetzt hätten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 74 d. A.) wird verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie macht geltend, dass bei dem unstreitigen Tatsachenvortrag der Weiterbeschäftigung von 39 von 42 Arbeitnehmern und angesichts der von der Beklagten zu 1. geschilderten Umstände, weshalb im Bettenhaus auf ihr Personal fast vollständig habe zugegriffen werden müssen, die Klage nicht hätte abgewiesen werden dürfen. Die arbeitsgerichtliche Entscheidung stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des BAG. Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und nach den erstinstanzlich gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Berufung. Die Beklagte zu 1. wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Aus ihrer Sicht sei davon auszugehen gewesen, dass mit dem Auftragsverlust ein entsprechender Personalüberhang vorhanden sein werde, so dass betriebsbedingte Kündigungen hätten ausgesprochen werden müssen. Die Beklagte zu 2. bestreitet weiter einen Betriebsübergang und wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag, dass die Arbeitsverhältnisse bei der Auftragsvorgängerin zu einem Zeitpunkt vor dem 01.03.2006 gekündigt worden seien. Nach ihrer Aktenlage müsse sie davon ausgehen, dass die Klägerin die Kündigung nicht innerhalb der 3-Wochen-Frist angegriffen habe, so dass sie nach § 7 KSchG als wirksam zu gelten habe. Gleiches nehme sie für sämtliche neben der Klägerin von der Beklagten zu 1. im Objekt beschäftigten Mitarbeitern an, deren Arbeitsverhältnisse ebenfalls spätestens mit Ablauf des 28.02.2006 geendet hätten. Eine Übernahme eines nach Anzahl und Sachkunde wesentlichen Teils der von der Beklagten zu 1. eingesetzten Belegschaft durch die Beklagte zu 2. scheide demgemäss aus.

Unabhängig davon habe sie auch nicht die Organisationsstruktur der Beklagten zu 1. übernommen, sondern eine eigene Organisationsstruktur eingeführt. Sie sei nicht nur Auftragsnachfolgerin der Beklagten zu 1. Die Beklagte zu 1. habe lediglich das "Los 1" des Auftrags des U K inne gehabt. Sie indes habe zum 01.03.2006 den gesamten Auftrag des U K in verschiedenen zeitlichen Abschnitten übernommen, den sie mit weit über 100 Mitarbeitern im Rahmen ihrer eigenen neuen Organisationsstruktur erfülle.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.

Die Klage ist begründet. Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 1. ist begründet, denn die Kündigung vom 28.07.2005 hat das Arbeitsverhältnis mangels Wirksamkeit der Kündigung nicht aufgelöst. Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2. ist begründet, denn das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist im Wege des Betriebs(teil)übergangs ab 01.03.2006 auf die Beklagte zu 2. übergegangen.

I. Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 1.

Die Kündigung der Beklagten zu 1. ist rechtsunwirksam, denn sie ist sozial nicht gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG.

1. Die Beklagte zu 1. begründet ihre Kündigung mit dem Auftragsverlust für das Bettenhaus des Klinikums der U zu K Sie sieht darin eine Stilllegung dieses Betriebsteils, durch die für sie der Beschäftigungsbedarf für die in diesem Objekt bisher tätigen Reinigungskräfte entfallen sei. Eine Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers liegt allerdings nicht vor, wenn dieser seinen Betrieb oder Betriebsteil "veräußert." Die Veräußerung des Betriebs allein ist, wie sich aus der Wertung des § 613 a BGB ergibt, keine Stilllegung, weil die Identität des Betriebs gewahrt bleibt und lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfindet. Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich daher systematisch aus. Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die von dem Arbeitgeber angegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn die geplante Maßnahme sich objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt (BAG, Urteil vom 13.06.2006 - 8 AZR 271/05 -).

2. Die Beklagte zu 1. hat den Betriebsteil Bettenhaus nicht stillgelegt. Er ist vielmehr gemäß § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB auf die Beklagte zu 2. übergegangen.

a) Die Vorschrift des § 613 a Abs. 1 BGB setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu.

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, den sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge. Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebes oder Betriebsteils ein. Entscheidend ist die Übernahme der Organisations- und Leitungsmacht (BAG, a. a. O.).

b) Im Streitfall ist von einer Übernahme eines Betriebsteils durch die Beklagte zu 2. auszugehen.

aa) Ein Betriebsteil ist eine Teilorganisation, in der sächlich und organisatorisch abgrenzbare arbeitstechnische Teilzwecke erfüllt werden, bei denen es sich auch um bloße Hilfsfunktionen handeln kann. Auch ein Betriebsteil kann die Voraussetzungen des vom EuGH geprägten Begriffs der auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Einhalt erfüllen. Die Auftragswahrnehmung kann teilbetrieblich oder als Betrieb organisiert sein. Bestimmte Dienstleistungen wie die der Gebäudereinigungs- und Bewachungsunternehmen können nur objektbezogen erbracht werden. Wird dazu wie vorliegend eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen eingesetzt, die getrennt von weiteren organisierten Einheiten des Auftragnehmers gesehen kann und ist die Arbeitsaufgabe, die der Dienstleistung zugrunde liegt, ihrer Natur nach auf eine dauerhafte Erfüllung angelegt, sind die Voraussetzungen des Betriebs(-teil)begriffs erfüllt (BAG, Urteil vom 11.12.1997 - 8 AZR 729/96 - NZA 1998, 534). Die Beklagte zu 1. spricht daher zu Recht von einem Betriebsteil. Soweit sie geltend macht, auf den Betriebsteilübergang habe sie keinen Einfluss, hindert dies nicht den tatsächlichen Übergang des objektbezogenen Betriebsteils.

bb) Nach Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich im Wesentlichen um folgende Gesichtspunkte, die dafür sprechen, dass die Beklagte zu 2. eine wirtschaftliche Einheit der Beklagten zu 1. übernommen hat:

Zunächst ist festzustellen, dass sich der Betriebszweck, die Reinigung des Bettenhauses, nicht geändert hat. Es kam auch zu keiner Unterbrechung der Tätigkeit, denn die Beklagte zu 2. hat die Reinigungsarbeit am 01.03.2006 nahtlos übernommen. Gerade wegen der Notwendigkeit der kontinuierlichen Fortsetzung der Reinigungstätigkeit im Bettenhaus hatte die Beklagte zu 1. über den ursprünglichen Kündigungstermin hinaus ihre Arbeitnehmer in diesem Objekt bis zum 28.02.2006 weiterbeschäftigt. Die "Kundschaft" der Beklagten zu 1. ist auf die Beklagte zu 2. übergegangen. Bei Neuvergabe eines Auftrags besteht die "Kundschaft" nämlich in dem Auftraggeber, der identisch bleibt (BAG, Urteil vom 13.06.2006, a. a. O., Tz 26). Darüber hinaus ist das zu reinigende Objekt im Wesentlichen gleich geblieben. Während das Bettenhaus bis zum 28.02.2006 von der Beklagten zu 1. gereinigt wurde, werden dort die Reinigungsarbeiten ab 01.03.2006 von der Beklagten zu 2. übernommen. Die wirtschaftliche Einheit der bis 28.02.2006 der Beklagten zu 1. obliegenden "Reinigung des Bettenhauses" ist im Wesentlichen auch durch die freiwillige Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals gewahrt worden. Wie die Beklagte zu 1. und auch die Klägerin bereits erstinstanzlich vorgetragen haben, hat die Beklagte zu 2. 39 von 42 Mitarbeitern weiterbeschäftigt. Nach der detaillierten Darlegung der Beklagten zu 1. und der Klägerin erfolgte dies auch im Wesentlichen unter Beibehaltung der Organisationsstrukturen, weil nicht nur 92 % der Belegschaft, sondern auch die Vorarbeiter übernommen worden sind, die die gleiche Tätigkeit ausüben wie bei der Beklagten zu 1. Lediglich bei der Objektleitung wurde von der Beklagten zu 2. ein "Tausch" vorgenommen, weil diese die Objektleiterin der Beklagten zu 1. aus einem Krankenhaus in B , nämlich Frau C E , eingestellt hat. Bei den drei namentlich benannten Mitarbeitern der Beklagten zu 1., die kein Weiterbeschäftigungsangebot erhalten haben, handelt es sich um die Klägerin, die Objektleiterin D S und Frau E A . Um den Krankenhausablauf nicht zu gefährden, war es sogar geboten, dass die bisher bei der Beklagten zu 1. beschäftigten Personen ihre Tätigkeit in der gewohnten Weise unter Beibehaltung der Organisationsstrukturen ausübten. Dies hat die Beklagte zu 1. und ihr folgend die Klägerin damit begründet, dass in den besonders sensiblen Bereichen wie OP, Intensivstation, Knochenmarkstransplantationen u. a. eine akute Gefährdung der Patienten ausgeschlossen werden musste, was den Einsatz "sachkundigen" Personals erfordert, das über spezielle Impfungen insbesondere für die Arbeit im OP, Strahlenpässe u. ä. verfügt.

Diesem Vortrag der Klägerin und der Beklagten zu 1. ist die Beklagte zu 2. in keinster Weise substantiiert entgegen getreten. Sie hat sich im Wesentlichen auf die Position zurückgezogen, die Klägerin sei für einen Betriebsübergang voll darlegungs- und beweispflichtig und dazu reiche der Vortrag nicht aus, sie habe 92 % der Belegschaft der Beklagten zu 1. und deren Organisationsstrukturen übernommen. Angesichts der substantiierten Darlegungen der Beklagten zu 1. und der Klägerin, die für einen Betriebsteilübergang sprechen (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.1997, a. a. O.), ist es nach den anerkannten Grundsätzen abgestufter Darlegungslast Sache der Beklagten zu 2., sich auf den Vortrag substantiiert einzulassen. Dies ist nicht geschehen. Soweit sich die Beklagte zu 2. darauf beruft, sie habe zum 01.03.2006 mit den Reinigungskräften neue Arbeitsverträge abgeschlossen, während die Arbeitsverhältnisse mit dem Auftragsvorgänger mit Ablauf des 28.02.2006 ihr Ende gefunden hätten, kommt es darauf für die Beurteilung des Übergangs einer wirtschaftlichen Einheit nicht entscheidend an. Richtig ist daran allein, dass es in der Praxis nicht selten vorkommt, dass mit den übernommenen Arbeitnehmern neue Arbeitsverträge abgeschlossen werden, nicht selten befristet und/oder zu schlechteren Arbeitsbedingungen. Die Bestimmung des § 613 a BGB dient dem Kontinuitätsschutz des Arbeitsverhältnisses, der gerade keinen Neuabschluss benötigt. Die Tatsache des Abschlusses neuer Arbeitsverträge mit dem Auftragsnachfolger kann nicht als Argument gegen den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit angeführt werden.

cc) Das Gleiche gilt für den Vortrag der Beklagten zu 2., die Arbeitsverhältnisse bei der Beklagten zu 1. hätten zum 28.02.2006 geendet und schon deshalb nicht auf die Beklagte zu 2. übergehen können, da diese erst zum 01.03.2006 den Reinigungsauftrag übernommen habe. Bei der Frage eines Betriebsübergangs geht es um den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit. Das Schicksal der Arbeitsverhältnisse und des von § 613 a BGB gewährleisteten Kontinuitätsschutzes ist Rechtsfolge. Selbst wenn ein Betriebsübergang bei Ausspruch der Kündigung durch den Rechtsvorgänger nicht absehbar gewesen wäre und dessen Kündigung als rechtswirksam angesehen werden müsste, hätten die gekündigten Arbeitnehmer, die in der Einheit beschäftigt waren, einen Anspruch gegen den neuen Auftragnehmer, zu unveränderten Arbeitsbedingungen unter Wahrung ihres Besitzstandes eingestellt zu werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.11.1997 - 8 AZR 295/95 - NZA 1998, 251). Im Streitfall verbleibt aber nicht nur der in der Berufungsverhandlung angesprochene Wiedereinstellungsanspruch, sondern die Kündigung selbst ist sozial nicht gerechtfertigt und daher rechtsunwirksam, weil auch aus der Sicht der Beklagten zu 1. Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass es nicht zu einer Stilllegung, sondern zu einem Übergang der wirtschaftlichen Einheit betreffend die Reinigung des Bettenhauses kommen würde.

Die Beklagte zu 1. hat selbst die Gesichtspunkte aufgezeigt, die einen nahtlosen Übergang der Reinigungstätigkeit unter Einsatz des bisher dafür verwendeten Personals nahe legen. Sie hat darauf hingewiesen, dass es ihr aus der Lebenserfahrung heraus schon klar gewesen sei, dass der Auftragsnachfolger gezwungen sein würde, Teile des Personals weiterzubeschäftigen. Die Betreuung von Krankenhäusern sei nämlich ein sensibler Bereich innerhalb der Reinigungsbranche und nicht zu vergleichen mit der normalen Büroreinigung, für die eine geringfügige Qualifikation erforderlich sei. Das eingesetzte Personal in Krankenhäusern müsse über spezielle Impfungen verfügen, sich in den oft komplizierten Örtlichkeiten auskennen, hinsichtlich der Hygiene erhöhten Anforderungen genügen und teilweise über einen Strahlenpass verfügen. Eine Vielzahl von Mitarbeitern mit diesen Voraussetzungen sei auf dem freien Arbeitsmarkt kurzfristig nicht zu finden, das sei nahezu unmöglich. Es sei daher wahrscheinlich gewesen, dass ein Teil der Mitarbeiter ein Weiterbeschäftigungsangebot erhalten würde. Demgegenüber ist nicht entscheidend der Einwand der Beklagten zu 1., ihr sei nicht bekannt gewesen, ob die Notwendigkeit der Weiterbeschäftigung in einer Größenordnung stattfinden werde, die für einen Betriebsübergang ausreiche, da dies allein vom Nachfolger abhänge.

dd) Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht die anlässlich der Auftragskündigung abgeschlossene Betriebsvereinbarung über Interessenausgleich und Sozialplan zwischen der Beklagten zu 1. und ihrem Betriebsrat der Unwirksamkeit der Kündigung und dem Übergang des Arbeitsverhältnisse auch der Klägerin auf die Beklagte zu 2. nicht entgegen. Die Vermutung des § 1 Abs. 5 KSchG für die Annahme einer wirksamen betriebsbedingten Kündigung greift hier nicht. Zum einen fehlt es am Tatbestandsmerkmal einer Betriebsänderung, da es sich um einen Betriebsübergang handelt. Desweiteren steht die Betriebsvereinbarung selbst unter dem Vorbehalt der Fortführung des Reinigungsauftrages für das Bettenhaus. Für diesen Fall sollten gemäß Ziffer 11 der Betriebsvereinbarung die ausgesprochenen Kündigungen gegenstandslos sein und die Arbeitsverhältnisse unverändert fortgesetzt werden. Die Betriebsparteien haben zwar ausdrücklich nur den Fall der Weiterführung des Reinigungsauftrages durch die Beklagte zu 1. angesprochen. Stellt sich die Fortführung des Reinigungsauftrages durch wen auch immer als Fortsetzung einer wirtschaftlichen Einheit dar, bleibt es bei derselben Rechtsfolge, die die Betriebsparteien ersichtlich weder abbedingen wollten noch wegen der zwingenden Vorschrift des § 613 a BGB abbedingen können.

ee) Am Übergang der wirtschaftlichen Einheit ändert auch nichts die erstmals von der Beklagten zu 2. in der Berufungsverhandlung aufgestellte Behauptung, sie beschäftige im Objekt ca. 80 Mitarbeiter und habe daher nur knapp die Hälfte der Arbeitnehmer der Beklagten zu 1. dort weiterbeschäftigt. Soweit die Beklagte zu 2. damit an ihren bisherigen Vortrag anknüpft, dass die Beklagte zu 1. das "Los 1" des Auftrags U K inne gehabt habe, während sie den gesamten Auftrag des U K in verschiedenen zeitlichen Abschnitten bewirtschafte, hat die Klägerin bereits erstinstanzlich zu Recht darauf hingewiesen, dass es auf den Übergang des bei der Beklagten zu 1. gebildeten Betriebsteils ankommt und nicht darauf, welche weiteren Aufträge die Beklagte zu 2. im U sonst noch hat. Pauschal geblieben ist auch die Behauptung der Beklagten zu 2. über den Einsatz ihrer Mitarbeiter in einer eigenen Organisationsstruktur.

Dem Vortrag der Klägerin und der Beklagten zu 1., die Beklagte zu 2. habe mit den 39 von 42 Mitarbeitern auch die Vorarbeiter unter Beibehaltung der Organisationsstruktur weiterbeschäftigt, ist die Beklagte zu 2. substantiiert nicht entgegen getreten. Es ist auch nicht dargelegt oder sonst ersichtlich, dass die hier in Rede stehende Auftragsnachfolge von der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. im Rahmen eines Gesamtauftrags für sich alleine eine wesentliche Änderung der Arbeitsorganisation bedeutet. Abgesehen davon ist im Rahmen der Gesamtschau für das Berufungsgericht identitätsprägend der Umstand, dass ohne die Übernahme nahezu der gesamten Belegschaft der Beklagten zu 1., die das Bettenhaus zu reinigen hatte, dieser Auftrag als "immaterieller Aktivposten" (vgl. BAG, Urteil vom 13.06.2006 - 8 AZR 271/05 - Tz 25) des objektbezogenen Teilbetriebes der Beklagten zu 1. nicht übernommen werden konnte. Im Rahmen der Gesamtschau spielt es auch keine Rolle, dass nach dem Vortrag der Beklagten zu 2. neben der Belegschaft nicht auch materielle Betriebsmittel übernommen worden sind. Letztere sind für den Auftrag nicht identitätsprägend.

II. Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2.

Der Feststellungsantrag ist begründet, denn das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist nach den vorstehenden Ausführungen im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2. übergegangen. Diese ist nach § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. eingetreten.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

IV. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da es hierfür am gesetzlichen Grund fehlt.

Ende der Entscheidung

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