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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 09.02.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 1027/05
Rechtsgebiete: ArbGG
Vorschriften:
ArbGG § 69 Abs. 2 |
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 25.01.2005 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 16 Ca 8144/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten eine höhere betriebliche Altersrente. Die Parteien streiten darüber, ob in die Berechnung der Betriebsrente die im Arbeitsverhältnis gezahlte Außendienstpauschale und die Möglichkeit zur Privatnutzung des Dienstfahrzeugs einzubeziehen sind.
Der am 07.03.1936 geborene Kläger war bei der Beklagten bis 31.03.1993 beschäftigt, zuletzt als Leiter Kundenbetreuung für Großabnehmer. Seit dem 01.04.1993 bezieht er eine gesetzliche Rente und daneben von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von zuletzt 2.466,37 € brutto monatlich.
Grundlage für die Zahlung der Betriebsrente ist die mit dem Kläger in Ergänzung zu seinem Anstellungsvertrag vereinbarte Pensionsordnung der Beklagten vom 01.03.1969. In Ziffer 2 der Pensionsordnung ist unter der Überschrift "Begriffsbestimmungen" folgendes bestimmt:
"Es sind zu verstehen unter:
a) (...)
b) (...)
c) anrechenbaren Bezügen
das im Monatsdurchschnitt bezogene Gehalt während des Zeitraumes von 5 Jahren, der vor dem Monat abschließt, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wurde, ohne Berücksichtigung von Gratifikationen, Tantiemen und anderen Sondervergütungen.
(...)"
Nach mehr als 10 Jahren seit dem Bezug der Betriebsrente vertritt der Kläger nunmehr die Auffassung, bei der Berechnung dieser Rente sei neben seinem Gehalt auch die von ihm zuletzt bezogene Außendienstpauschale zu berücksichtigen, denn diese habe die Kompensation der Unzuträglichkeiten bezweckt, die das Leben eines Außendienstmitarbeiters mit sich bringe. Weiter sei der Geldwert der Privatnutzungsmöglichkeit des Dienstwagens in die Berechnung einzubeziehen. Außergerichtlich wandte sich der Kläger erstmals mit Schreiben vom 23.06.2003 an die Beklagte und bezog sich dabei auf einen Bericht des K S , in dem ein Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt zitiert worden sei, aus dem hervorgehe, dass Sachbezüge, wie z. B. Dienstfahrzeuge, bei der Berechnung der Betriebsrente zu berücksichtigen seien. Mit der am 11.08.2004 eingereichten Klage hat der Kläger Differenzbeträge aus nicht verjährter Zeit seit dem 01.01.2002 geltend gemacht. Die Beklagte hat sich auf Verwirkung berufen und geltend gemacht, dass entsprechend der bisherigen Anwendungspraxis der Pensionsordnung Außendienstpauschalen und Sachbezüge in Form von Dienstwagenüberlassungen bislang nie Eingang in die Betriebsrentenberechnung gefunden hätten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, die er im Wesentlichen mit Rechtsausführungen begründet.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und wie folgt zu erkennen:
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 15.779,28 € brutto (Anspruchszeitraum 01.01.2002 bis 30.11.2004) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.352,00 € seit dem 01.01.2003, aus weiteren 5.440,32 € seit dem 01.01.2004 sowie aus weiteren 4.986,96 € seit dem 01.12.2004 zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.626,88 € (Anspruchszeitraum Dezember 2004 bis einschließlich Juli 2005) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2005 zu zahlen;
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.08.2005 eine monatliche Betriebspension in Höhe von 2.919,73 € brutto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt mit Rechtsausführung die Zurückweisung der Berufung.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache hat sie keinen Erfolg.
Die Klage ist unbegründet. In die Betriebsrentenberechnung sind weder die Außendienstpauschale noch der Wert der Privatnutzungsmöglichkeit des Dienstfahrzeugs einzubeziehen, denn beide gehören nicht zu den anrechenbaren Bezügen im Sinne der Pensionsordnung vom 01.03.1969. Das hat das Arbeitsgericht zu Recht erkannt und dies in allen wesentlichen Punkten überzeugend begründet. Das Berufungsgericht nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe der Vorinstanz Bezug, denn es kommt auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens zu übereinstimmenden Feststellungen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen, mit dem der Kläger seine erstinstanzlichen Rechtsausführungen weiter vertieft hat, ist folgendes zu ergänzen:
I. Mit der Geltendmachung nicht verjährter Zahlungsansprüche ist der Kläger weder durch die "Ausgleichsklausel" in Ziffer 10 des Aufhebungsvertrages vom 04.02.1993 noch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung ausgeschlossen.
1. Die Klausel in der Aufhebungsvereinbarung vom 04.02.1993, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung "alle Ansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten" sind, beinhaltet keinen Verzicht auf Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung. Insoweit ist in Ziffer 5 der Aufhebungsvereinbarung bestimmt, dass die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung am 01.04.1993 beginnen. Zur Höhe verhält sich die Aufhebungsvereinbarung nicht. Sie erhält dem Kläger in vollem Umfang die ihm aus der Pensionsordnung zustehenden Rechte.
2. Der Geltendmachung einer höheren Betriebsrente steht auch nicht der Gesichtspunkt der Verwirkung entgegen. Der Kläger hat zwar erstmals nach mehr als 10 Jahren seit Rentenbeginn eine höhere Betriebsrente für sich gefordert. Ob dadurch das für die Verwirkung erforderliche Zeitmoment erfüllt ist, kann dahinstehen, denn es fehlt jedenfalls am sog. Umstandsmoment. Hierfür müssen besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten zum Zeitmoment hinzukommen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig gewesen sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass sich der Verpflichtete darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen (BAG, Urteil vom 25.04.2001 - 5 AZR 497/99 - DB 2001, 1833, 1834).
Diese Voraussetzungen liegen bereits nach dem Vortrag der Beklagten nicht vor. Wenn die Beklagte nach eigenen Angaben stets davon ausgegangen ist, dass die Außendienstpauschale und die Privatnutzungsmöglichkeit des Dienstfahrzeuges nach der Pensionsordnung nicht in die Rentenberechnung einfließen und daher keine Ansprüche des Klägers auf eine höhere Betriebsrente bestehen, kann sie auf das Ausbleiben einer entsprechenden Forderung des Klägers allenfalls allgemein, nicht aber konkret hinsichtlich eines bestehenden Anspruchs vertrauen. Der Schutz vor unbekannten Forderungen hat das Verjährungsrecht zu gewährleisten, nicht aber Treu und Glauben (BAG, a. a. O.).
II. Wortlaut, systematischer Zusammenhang und die Anwendungspraxis der Pensionsordnung sprechen mehr dafür, dass der Dienstwagenbezug und die Außendienstpauschale bei der Berechnung der Höhe der Betriebsrente nicht zu berücksichtigen sind.
1. Dienstwagen
Die Pensionsordnung definiert die anrechenbaren Bezüge mit dem im Monatsdurchschnitt bezogenen "Gehalt" während des Zeitraums von 5 Jahren vor Vollendung des 65. Lebensjahres. Der Begriff "Gehalt" umfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht die Überlassung eines Kraftfahrzeuges zur privaten Nutzung (BAG, Urteil vom 14.08.1990 - 3 AZR 321/89 - AP Nr. 12 zu § 1 BetrAVG Berechnung, 5 a der Gründe). Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass auch Sachbezüge wie die Gebrauchsvorteile bei der privaten Nutzung des Dienstwagens materiell Gehaltsbestandteile sind. Dies bedeutet jedoch noch nicht, dass eine Naturalvergütung unter den Gehaltsbegriff der Pensionsordnung fallen muss. Die Arbeitgeberin des Klägers hat in den Lohn-/Gehaltsabrechnungen stets unterschieden zwischen dem Grundgehalt und anderen Vergütungsbestandteilen wie der Außendienstpauschale, Vermögenswirksamen Leistungen und Sachbezügen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem, über den das BAG in seinem Urteil vom 21.08.2001 zu entscheiden hatte. Dort war in der Versorgungsregelung bestimmt, dass als rentenfähiges Einkommen der "Bruttoverdienst" der letzten 12 Monate (einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld, ausschließlich Vermögenswirksame Leistungen) gilt. Bei dieser Versorgungsregelung hat das BAG angenommen, dass unter versorgungsfähigem "Bruttoverdienst" alle Verdienstbestandteile fallen, die nicht ausdrücklich ausgenommen sind.
Auch der systematische Zusammenhang, in dem vorliegend der Begriff "Gehalt" steht, spricht nicht für eine Einbeziehung des Werts von Gebrauchsvorteilen. Die Pensionsordnung bestimmt, dass das Gehalt "ohne Berücksichtigung von Gratifikationen, Tantiemen und anderen Sondervergütungen" gemeint ist. Das Berufungsgericht teilt nicht die Auffassung des Klägers, dass unter "anderen Sondervergütungen" nur Einmalzahlungen zu verstehen seien, wie dies etwa bei Gratifikationen und Tantiemen regelmäßig der Fall ist. Unter Sondervergütungen fallen auch regelmäßige Zahlungen wie etwa Vermögenswirksame Leistungen, von denen auch der Kläger nicht behauptet, dass sie in die Berechnung der Betriebsrente mit einzubeziehen sind. Das gleiche gilt für die Mehrarbeitspauschalen, bei denen es sich zweifellos um Gehaltsbestandteile handelt, die der Kläger ausweislich der von ihm eingereichten Lohnabrechnungen von Mai 1991 bis November 1991 in Höhe von monatlich 300,00 DM erhalten hat. Auch dieser Gehaltsbestandteil findet nach der Pensionsordnung - vom Kläger unbeanstandet - keinen Eingang in die Rentenberechnung.
Zu Recht hat das BAG in seiner Entscheidung vom 14.08.1990 ausgeführt, dass bei der Auslegung des Begriffs des durchschnittlichen Bruttomonatseinkommens, erst recht beim Begriff des durchschnittlichen Monatsgehalts in der Regel die Grundvergütung gemeint ist. Dabei geht es darum, die Bemessungsgrundlage für die Pensionshöhe von Zufälligkeiten und Einflussnahmen des Arbeitnehmers freizuhalten. Dieser Zielsetzung widerspräche es, wenn Vorteile aus der privaten Nutzung des Dienstfahrzeuges bei der Berechnung der Betriebsrente berücksichtigt würden. Die Höhe des wirtschaftlichen Werts der privaten Nutzung des Dienstwagens hängt unter anderem von der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ab und kann vom Arbeitnehmer beeinflusst werden. Ausweislich der vom Kläger als Anlage 10 zum Schriftsatz vom 29.11.2004 eingereichten Bescheinigung über den geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzungsüberlassung für den Zeitraum 01.12.1991 bis Ende November 1992 machte die Fahrt zur Arbeitsstelle mit dem Dienstfahrzeug etwa die Hälfte des Gebrauchsvorteils aus (vgl. dazu BAG, Urteil vom 14.08.1990, a. a. O., 3 der Gründe).
Schließlich spricht auch die Anwendungspraxis dafür, dass unter anrechenbaren Bezügen in Verbindung mit dem Gehaltsbegriff in der Pensionsordnung nur das Grundgehalt zu verstehen ist. Nach dem Vorbringen der Parteien basiert die Pensionsordnung auf einer Betriebsvereinbarung. Bislang wurden bei der Berechnung der Betriebsrente keine Sachbezüge berücksichtigt. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass der Betriebsrat - oder auch andere Arbeitnehmer - diese betriebsübliche Berechnung missbilligt haben. Auch der Anlass für den vorliegenden Rechtsstreit besteht nicht darin, dass sich der Kläger einer fehlerhaften Betriebsrentenberechnung bewusst gewesen sei, sondern in einer Zeitungsnotiz.
2. Außendienstpauschale
In der Berufungsverhandlung wurde klargestellt, dass die Außendienstpauschale neben gesondert abgerechneten Reisespesen wie eine Art "Erschwerniszulage" für die Unzuträglichkeiten des Außendienstes gewährt worden ist. Die Außendienstpauschale wurde wie Gehalt versteuert. Gleichwohl gehört sie nicht zu den anrechenbaren Bezügen bzw. zu dem im Monatsdurchschnitt bezogenen "Gehalt" im Sinne der Pensionsordnung. Dass zwischen Gehalt und der Pauschale zu differenzieren ist, ergibt sich aus den vom Kläger mit der Klageschrift als Anlagen 12 und 13 eingereichten Abrechnungen. Dort ist in getrennten Spalten unterschieden zwischen "Lohn und Gehalt" und davon zu trennenden "Pauschalbeträgen", unter die die Außendienstpauschale fällt. Als eine Art Erschwerniszulage fällt sie unter die anderen Sondervergütungen im Sinne der Pensionsordnung. Gegen die Einbeziehung der Außendienstpauschale in die Betriebsrentenberechnung spricht ergänzend - wie schon beim Dienstwagenbezug - die fehlende und bislang noch nicht beanstandete Anwendungspraxis der Pensionsordnung.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da es hierfür am gesetzlichen Grund fehlt. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde unter den Voraussetzungen des § 72 a ArbGG wird verwiesen.
Ende der Entscheidung
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