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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 28.02.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 663/07
Rechtsgebiete: MTV Nr. 5a, AGG, TzBfG, LuftBO, 1. DV LuftPersV


Vorschriften:

MTV Nr. 5a § 19
MTV Nr. 5a § 19 Abs. 1
MTV Nr. 5a § 19 Abs. 2 letzter Satz
AGG § 1
AGG § 2
AGG § 7
AGG § 8
AGG § 10
AGG § 10 Satz 1
AGG § 10 Satz 2
AGG § 22
TzBfG § 14
LuftBO § 41
LuftBO § 41 Abs. 1
1. DV LuftPersV § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufungen der Kläger gegen die am 09.03.2007 - Arbeitsgericht Köln 5 Ca 9346/06 - und am 22.06.2007 - Arbeitsgericht Köln 2 Ca 9886/06 - verkündeten Urteile werden kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob ihre Arbeitsverhältnisse aufgrund der Altersbegrenzung von 60 Jahren im Manteltarifvertrag Nr. 5 a für das Cockpit-Personal bei der Beklagten in der Fassung vom 14.01.2005 (nachfolgend: MTV) geendet haben.

Die Kläger waren bei der Beklagten als Flugzeugführer beschäftigt. Auf die Arbeitsverhältnisse findet der MTV teils kraft Tarifbindung (Kläger zu 1., zu 2. und zu 4.), im Übrigen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Nach § 19 Abs. 2 letzter Satz MTV endet das Arbeitsverhältnis - ohne dass es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das 60. Lebensjahr vollendet hat.

Die Kläger haben geltend gemacht, die tarifvertragliche Altersgrenzenregelung stelle eine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Sie verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und sei daher unwirksam. Die Ausnahmetatbestände des § 8 AGG und des § 10 AGG lägen nicht vor.

Die Altersgrenze sei nicht wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung. Es könne nicht per se mit Erreichen eines bestimmten Lebensalters angenommen werden, die Flugzeugkapitäne seien nicht mehr in der Lage, ihren Beruf ordnungsgemäß auszuüben. Dies hänge vielmehr von anderen, im Wesentlichen medizinisch-biologischen Faktoren ab, die in jedem einzelnen Fall variierten. Die Voraussetzungen einer unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters nach § 10 AGG seien ebenfalls nicht gegeben.

Die Tarifvertragsparteien hätten die Altersgrenze mit der Erwägung begründet, Leben und Gesundheit der Besatzungsmitglieder und Passagiere dadurch schützen zu wollen, dass Piloten im Alter von 60 Jahren, bei denen erfahrungsgemäß das Risiko altersbedingter Fehlreaktionen im Cockpit steige, nicht mehr im Flugbetrieb eingesetzt werden. Nur darauf stütze sich die Entscheidung des BAG vom 21.07.2004 (7 AZR 589/03). Diese Entscheidung sei nach Inkrafttreten des AGG nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Auch aus der Mangold-Entscheidung des BAG in Anlehnung an den EuGH (7 AZR 500/04) ergebe sich, dass eine bloße Altersbegrenzung unzulässig sei. Das legitime Ziel der Beklagten werde bereits durch die im Einzelnen geregelten umfangreichen medizinischen Untersuchungen erreicht. Es sei auch an die Möglichkeit zu denken, nach Vollendung des 60. Lebensjahres die ohnehin vorgesehenen Untersuchungen noch zu verschärfen, beispielsweise durch noch intensivere Untersuchungen in zeitlich kürzeren Abständen.

Die Kläger haben außerdem die Auffassung vertreten, die Beklagte sei aufgrund von Erklärungen ihres Chefpiloten R und ihres Flottenchefs der Boeing 747 W gehindert, sich auf eine etwaige Wirksamkeit der Altersgrenzenregelung zu berufen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 09.03.2007 (5 Ca 9346/06) und vom 22.06.2007 (2 Ca 9886/06 bzgl. der Kläger zu 5. und 6.) die Klagen abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger. Sie rügen, das Arbeitsgericht habe sich mit dem AGG nicht auseinander gesetzt, das im Vergleich zum bisherigen Befristungsrecht einen strengeren Prüfungsmaßstab erfordere. Die Altersgrenzenregelung im MTV sei nach dem Inkrafttreten des AGG am 18.08.2006 unwirksam geworden. Das BAG habe sich im Urteil vom 21.07.2004 mit dem Inhalt der Richtlinie 2000/78/EG nicht auseinander gesetzt. Das BAG setze zu Unrecht den Tatbestand des sachlichen Grundes nach § 14 TzBfG mit dem "neuartigen Prüfungsmaßstab der Richtlinie gleich, ohne eine detaillierte Prüfung vorzunehmen." Dies widerspreche dem vom europäischen Gesetzgeber verfolgten Schutzzweck der Richtlinie und dem gemeinschaftsrechtlichen Verbot der Altersdiskriminierung sowie dem Willen des nationalen Gesetzgebers, der im AGG seinen Ausdruck gefunden habe.

Die Altersgrenze lasse sich nicht damit rechtfertigen, dass die Leistungsfähigkeit im Alter generell schwinde, denn es gebe keine gerontologischen Studien, die eine solche Annahme stützten. Ein angenommener Leistungsabfall müsse im konkreten Einzelfall belegt sein. Der Arbeitgeber habe dafür die Darlegungs- und Beweislast. Im Übrigen gäbe es innerhalb des Konzerns der Beklagten Piloten, die teils auf tarifvertraglicher, teils auf arbeitsvertraglicher Ebene bis zum 65. Lebensjahr fliegen dürften. Es werde bestritten, dass der Sicherheitsaspekt für die Altersbegrenzung im MTV maßgeblich gewesen sei. Vielmehr sei es nur um die Übergangsversorgung der Piloten gegangen.

In der Berufungsinstanz wurden die beiden vor dem Arbeitsgericht getrennten Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden. Unter Abänderung der angefochtenen Urteile stellen die Kläger folgende Anträge:

I. Festzustellen,

1. dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger zu 1. und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung in § 19 Abs. 1 des Manteltarifvertrages Nr. 5 a für das Cockpitpersonal bei L in der Fassung vom 14.01.2005 zum 30.11.2006 endete, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 30.11.2006 hinaus fortbesteht;

2. dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger zu 2. und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung in § 19 Abs. 1 des Manteltarifvertrages Nr. 5 a für das Cockpitpersonal bei L in der Fassung vom 14.01.2005 zum 31.12.2006 endete, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31.12.2006 hinaus fortbesteht;

3. dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger zu 3. und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung in § 19 Abs. 1 des Manteltarifvertrages Nr. 5 a für das Cockpitpersonal bei L in der Fassung vom 14.01.2005 zum 30.09.2007 endete, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 30.09.2007 hinaus fortbesteht;

4. dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger zu 4. und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung in § 19 Abs. 1 des Manteltarifvertrages Nr. 5 a für das Cockpitpersonal bei L in der Fassung vom 14.01.2005 zum 31.12.2007 endete, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31.12.2007 hinaus fortbesteht;

5. dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger zu 5. und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung in § 19 Abs. 1 des Manteltarifvertrages Nr. 5 a für das Cockpitpersonal bei L in der Fassung vom 14.01.2005 zum 31.10.2007 endete, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31.10.2007 hinaus fortbesteht;

6. dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger zu 6. und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung in § 19 Abs. 1 des Manteltarifvertrages Nr. 5 a für das Cockpitpersonal bei L in der Fassung vom 14.01.2005 zum 30.09.2007 endete, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 30.09.2007 hinaus fortbesteht.

II. Die Beklagte zu verurteilen,

1. den Kläger zu 1. für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer I. 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugkapitän B 747 sowie als Check- und Trainingskapitän zur tarifvertraglich geregelten Arbeitszeit und einer monatlichen Bruttogrundvergütung in Höhe von 16.908,26 € zuzüglich einer Zulage von monatlich 1.073,71 € sowie einer Grundvergütung II in Höhe von 188,29 € sowie weiterer tariflicher Zulagen über den Ablauf des 30.11.2006 hinaus weiter zu beschäftigen;

2. den Kläger zu 2. für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer I. 2. zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugkapitän B 747 sowie als Check- und Trainingskapitän zur tarifvertraglich geregelten Arbeitszeit und einer monatlichen Bruttogrundvergütung in Höhe von 16.908,26 € zuzüglich einer Zulage von monatlich 1.073,71 € sowie weiterer tariflicher Zulagen über den Ablauf des 31.12.2006 hinaus weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen der Kläger zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die tarifvertragliche Altersbegrenzung sei wirksam. Eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters läge nicht vor. Das BAG habe sich in seiner Entscheidung vom 21.07.2004 auch mit der Richtlinie 2000/78/EG auseinander gesetzt. Ergänzend verweist die Beklagte auf die Entscheidung des BAG vom 26.04.2006 (7 AZR 1102/05, Bl. 356 ff. d. A.), mit der das Gericht ebenfalls unter Berücksichtung der zitierten Richtlinie die Rechtsfrage, ob eine Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten wirksam vereinbart werden könne, als höchstrichterlich geklärt angesehen habe. Jedenfalls sei der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien nicht überschritten.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Kläger haben keinen Erfolg.

Die Klagen sind unbegründet. Die Arbeitsverhältnisse der Parteien endeten jeweils mit Ablauf des Monats, in denen sie das 60. Lebensjahr vollendeten. Die tarifvertragliche Altersgrenzenregelung in § 19 MTV ist wirksam. Sie wird auch der nach Inkrafttreten des AGG erforderlichen Überprüfung gerecht.

Die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen und Argumente waren bereits mehrmals Gegenstand auch zweitinstanzlicher Entscheidungen, in denen das Landesarbeitsgericht die Revision zugelassen hat. In seiner letzten Entscheidung vom 15.10.2007 hat das Hessische Landesarbeitsgericht (17 Sa 809/07) Folgendes ausgeführt:

"Die Altersbefristung ist anhand des AGG zu überprüfen. Das AGG findet vorliegend Anwendung, da die beanstandete Benachteiligung nach Inkrafttreten des AGG eingetreten ist, nämlich mit Vollendung jeweils des 60. Lebensjahres der Kläger. Nachdem das AGG keine Übergangsregelung enthält, findet es auch dann Anwendung, wenn diese Benachteiligung auf einem vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossenen Tarifvertrag beruht (v.Roetteken, AGG, § 33 Rdnr 13).

Die angefochtene Entscheidung entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit tarifvertraglicher Altersgrenzenregelungen für Verkehrsflugzeugführer. Hiernach (BAG 27. November 2002 - 7 AZR 655/01 - AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 22; BAG 21. Juli 2004 - 7 AZR 589/03 - EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 4; jeweils m.w.N.) galt, dass tarifvertragliche Regelungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgrund von Befristungen und damit auch tarifliche Altersgrenzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle unterliegen, sie damit zu ihrer Wirksamkeit eines sie rechtfertigenden Sachgrunds bedürfen, hierbei den Tarifvertragsparteien bei ihrer Normsetzung allerdings eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen zusteht. Hiernach lag bei tarifvertraglichen Altersgrenzen, die den Anforderungen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle bzw. § 14 TzBfG genügen, auch kein Verstoß gegen höherrangiges Recht vor, wobei Prüfungsmaßstab bei dieser Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings in der Tat ausschließlich Art. 12 Abs. 1 GG war und nicht §§ 1, 2, 7, 8 und 10 AGG oder das Verbot der Altersdiskriminierung als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts.

Dass die vom Arbeitsgericht vorgenommene Prüfung der Wirksamkeit der Altersgrenze auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfolgte, entspricht auch der übereinstimmenden Einschätzung der Parteien.

Die im Streit stehende tarifvertragliche Altersgrenzenregelung hält zunächst einer Überprüfung anhand der dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stand. Hiernach - und das waren die Prüfungsmaßstäbe nationalen Rechts bis zum Inkrafttreten des AGG - ist eine tarifliche Altersgrenze für Flugzeugführer rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden und geht die Altersgrenzenregelung zurück auf medizinische Erfahrungswerte, nach denen das Cockpitpersonal überdurchschnittlichen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt ist, in deren Folge das Risiko altersbedingter Ausfallerscheinungen und unerwarteter Fehlreaktionen zunimmt. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu wiederholt ausgeführt, die Altersgrenze sichere die ordnungsgemäße Erfüllung der Berufstätigkeit und diene darüber hinaus dem Schutz von Leben und Gesundheit der Besatzungsmitglieder, Passagiere wie auch der Menschen der überflogenen Gebiete. Zwar hänge das zur Minderung der Leistungsfähigkeit führende Altern nicht allein vom Lebensalter ab, sondern sei ein schleichender Prozess, der individuell verschieden schnell vor sich gehe. Mit höherem Lebensalter werde jedoch ein Altern mit den damit verbundenen Folgen wahrscheinlicher, es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit generell auch heute noch mit zunehmendem Alter größer werde (BAG 27. November 2002 - 7 AZR 655/01 - aaO, m.w.N.).

An dieser Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht auch angesichts des Umstands festgehalten, dass § 41 LuftBO seit dem 01. September 1998 auf den Betrieb sog. Großflugzeuge keine Anwendung mehr findet. Der Sachgrund für die tarifliche Altersgrenze sei damit nicht entfallen. Die inzwischen in nationales Recht umgesetzte Regelung der JAR-FCL, wonach der Inhaber einer Pilotenlizenz nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht mehr als Pilot bei der gewerbsmäßigen Beförderung eingesetzt werden darf, es sei denn, dass er Mitglied einer Flugbesatzung ist, die aus mehreren Personen besteht und die anderen Piloten das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zeige vielmehr, dass der Einsatz von Piloten nach Vollendung des 60. Lebensjahres in Fachkreisen nach wie vor als problematisch angesehen werde (BAG 27. November 2002 - 7 AZR 655/01 - aaO), und zwar auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass nach § 4 der 1. DV LuftPersV der Inhaber einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Berufs- oder Verkehrspilotenlizenz auch nach Vollendung des 60. Lebensjahres bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die Rechte seiner Lizenz auch in Luftfahrzeugen mit einer Mindestflugbesatzung von einem Piloten bei der gewerbsmäßigen Beförderung von Fluggästen, Post und/oder Fracht, beschränkt auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, ausüben kann (BAG 21. Juli 2004 - 7 AZR 589/03 - aaO). An dieser Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht ferner auch angesichts etwaiger neuer medizinischer Studien und Erkenntnisse festgehalten. Auch wenn nach deren Inhalt nach dem Stand der luftverkehrsmedizinischen Wissenschaft und der Luftverkehrstechnik keine signifikanten altersbedingten Gefahren beim Einsatz von Verkehrsflugzeugführern nach Vollendung des 60. Lebensjahres bestünden, vielmehr gar durch höhere Erfahrung der Verkehrsflugzeugführer von einer Abnahme der Risiken für die Sicherheit des Luftverkehrs auszugehen sei, seien dies jedenfalls keine gesicherten Erkenntnisse, widersprächen vielmehr nach wie vor der Einschätzung internationaler Fachkreise, die sich in der Regelung der JAR-FCL 1060a dokumentiere. Zumindest solange internationale Empfehlungen Beschränkungen des Einsatzes von Piloten nach Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen, bewegten sich die Tarifvertragsparteien aber - auch bei unterstellter Existenz von zu abweichenden Ergebnissen gelangenden medizinischen Studien und Erkenntnissen - mit der Beibehaltung der Altersgrenze von 60 Jahren im Rahmen der ihnen zustehenden Regelungsbefugnis. Der den Tarifvertragsparteien bei der Beurteilung des Sicherheitsrisikos zustehende Einschätzungsspielraum sei nicht überschritten (BAG 21. Juli 2004 - 7 AZR 589/03 - aaO).

Dieser zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Kammer bisher gefolgt (Urt. vom 17. Dezember 2004 - 17 Sa 474/04 - n.v.; Urt. vom 17. März 2006 - 17 Sa 1029/05 - n.v.). An ihr ist festzuhalten.

Es wird nicht verkannt, dass sich die genannte Rechtsprechung jedenfalls überwiegend auf tarifvertragliche Altersgrenzen bezog, die vor Änderung des § 41 Abs. 1 LuftBO getroffen wurden (vgl. hierzu Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, Rdnr. 342, 343). Allerdings rechtfertigt trotz fortschreitender medizinischer Diagnostik die Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit auch heute noch mit zunehmendem Alter größer wird, auch heute noch die bisherigen Annahmen (APS-Backhaus, TzBfG § 14, Rdnr. 119). Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht auch eine erst im Jahr 2000 abgeschlossene die Beibehaltung der bisherigen Altersgrenze regelnde Altersbefristung als wirksam angesehen (BAG 21. Juli 2004 - 7 AZR 589/03 - aaO).

Weder ist diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts durch die des Europäischen Gerichtshofs oder das Inkrafttreten des AGG überholt noch hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt noch ist die tarifvertragliche Altersgrenzenregelung wegen unzulässiger Benachteiligung wegen des Alters unwirksam. Auch die weiteren mit der Berufung vorgebrachten Argumente gegenüber der angefochtenen Entscheidung überzeugen nicht.

Nach der dargestellten Rechtsprechung muss die Beklagte nicht nachweisen, dass mit dem Einsatz von Verkehrsflugzeugführern nach Vollendung des 60. Lebensjahres allgemein oder speziell für die Kläger eine signifikante Steigerung der Gefahren für den Luftverkehr einhergeht und ein Nachlassen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens tatsächlich eintritt oder jedenfalls tatsächlich die Gefahr eines Leistungsabfalls besteht. Der Sachgrund besteht nicht in einer medizinisch belegten Leistungsminderung sondern angesichts unterschiedlicher hierzu vertretener Auffassungen in der Beurteilung des Sicherheitsrisikos durch die Tarifvertragsparteien, wobei deren Einschätzung jedenfalls dann nicht zu beanstanden ist, solange auch internationale Empfehlungen Beschränkungen des Einsatzes von Piloten nach Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen.

Das Bundesarbeitsgericht hat seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit tarifvertraglicher Altersgrenzen für Verkehrsflugzeugführer nicht zum Gegenstand eines Vorlagebeschlusses an den Europäischen Gerichtshof gemacht. Der Vorlagebeschluss des 3. Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG 27. Juni 2006 - 3 AZR 352/05 (A) - AP BetrVG § 1b Nr. 6) betrifft die Frage, ob der im gemeinschaftsrechtlichen Primärrecht verankerte Grundsatz des Verbots der Altersdiskriminierung auf Sachverhalte anwendbar ist und innerstaatliche Wirkung entfaltet, wenn der maßgebende Sachverhalt keinen gemeinschaftsrechtlichen Bezug aufweist bzw. ob sich ein derartiger Bezug bereits aus Art. 13 EG ergibt oder vor Ablauf der Umsetzungsfrist aus RL 2000/78/EG herzuleiten ist. Diese Fragen sind nicht präjudiziell, wenn der Sachverhalt ohnehin Gemeinschaftsbezug aufweist. Die Wirksamkeit der in § 19 MTV Nr. 5a geregelten Altersgrenze bemisst sich nach nationalem Recht nach § 14 TzBfG und nach § 7 AGG. Nicht nur § 7 AGG, auch § 14 TzBfG unterliegt dem Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts, denn das TzBfG dient nach der amtlichen Anmerkung der Umsetzung der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1987 zu den von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (RV) und der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge. Außerdem geht es nicht um einen Sachverhalt vor Ablauf der Umsetzungsfrist, sondern nach Umsetzung. Der Vorlagebeschluss vom 27. Juni 2006 ist damit für den vorliegenden Rechtsstreit überhaupt nicht einschlägig.

Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit tarifvertraglicher Altersgrenzen für Verkehrsflugzeugführer ist weder durch die des Europäischen Gerichtshofs (EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 1 - [Mangold]) noch durch das Inkrafttreten des AGG überholt.

Bereits vor Inkrafttreten des AGG war umstritten, ob die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu kollektivvertraglichen Altersgrenzen bei Flugzeugführern mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG vereinbar ist (Schiek/Schmidt, AGG, § 10 Rdnr 27 m.w.N. zum Meinungsstand). Ebenso ist umstritten, ob diese Rechtsprechung mit dem primärrechtlichen Verbot der Altersdiskriminierung vereinbar ist. Ebenso ist nach Inkrafttreten des AGG umstritten, ob diese Rechtsprechung mit §§ 8, 10 AGG in Einklang steht (bejahend: KR-Lipke, 8. Aufl., § 14 TzBfG Rdnr. 214f; Annuß/Thüsing/Maschmann, TzBfG, 2. Aufl., § 14 Rdnr. 63; Gräfl/Arnold/Hemke/Imping/Lehnen/Rambach/Spinner, TzBfG, § 14 Rdnr 169; Sievers, TzBfG, § 14 Rdnr 259 [jedenfalls für bestimmte Berufsgruppen, darunter Piloten]; Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, § 19, Rdnr. 38; Schleusener/Suckow/Voigt, AGG, § 8 Rdnr 36; verneinend: Boecken/Joussen, TzBfG, § 14 Rdnr 112; v.Roetteken, aaO, § 8 Rdnr 40a; Däubler/Bretzbach/Brors, AGG, § 10 Rdnr 89). Im Ergebnis geht es insbesondere darum, ob im Gegensatz zur dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Risikoerhöhung ab Vollendung des 60. Lebensjahres allgemein empirisch und/oder konkret bezogen auf den betroffenen Arbeitnehmer belegt sein muss und/oder ob im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung weniger einschneidende Maßnahmen (z.B. erhöhte Dichte medizinischer Kontrolluntersuchungen, Einsatz mit jüngeren Crewmitgliedern) geeignet und ausreichend wären.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor Inkrafttreten des AGG wurde ein Verstoß gegen Art. 1, 2 RL 2000/78/EG schon deshalb verneint, weil nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie Ungleichbehandlungen wegen Alters jedenfalls dann zugelassen sind, wenn sie objektiv und angemessen, im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sind, was bei der Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten der Fall sei (BAG 21. Juli 2004 - 7 AZR 589/03 - aaO).

Diese Beurteilung wird durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und die Anerkennung eines primärrechtlichen Verbots der Diskriminierung wegen Alters als allgemeinem Grundsatz des Gemeinschaftsrechts sowie das Inkrafttreten des AGG nicht berührt.

Nach § 10 Satz 1 und 2 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen Alters ungeachtet § 8 AGG auch dann zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. § 10 Abs. 1 und 2 AGG entspricht insoweit Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG. Ist dies der Fall, liegt dann auch kein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung als allgemeinem Grundsatz des Gemeinschaftsrechts vor. Die dargestellte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entspricht aber den Kriterien, unter denen nach § 10 Satz 1 und 2 AGG nicht von einer unzulässigen Altersdiskriminierung auszugehen ist. Die Kriterien des § 10 Satz 1 und 2 AGG (und nach Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG) entsprechen ferner dem Prüfungsmaßstab, den das Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung tarifvertraglicher Altersgrenzenregelungen anlegt (a.A. Preis, Verbot der Altersdiskriminierung als Gemeinschaftsgrundrecht, NZA 2006, 401 [404]; Bauer/Göpfert/Krieger, aaO, § 10 Rdnr. 38), wenn auch im Rahmen der Überprüfung nach Art. 12 Abs. 1 GG. Hiernach (BVerfG 25. November 2004 - 1 BvR 2459/04 - AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 25 m.w.N.) stellen Altersgrenzen unabhängig von der Frage der Altersdiskriminierung jedenfalls auch subjektive Zugangsbeschränkungen dar und sind sie unter diesem Gesichtspunkt zulässig, wenn sie als Voraussetzung zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Berufs oder zum Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes erforderlich sind, wobei sie zu dem angestrebten Zweck nicht außer Verhältnis stehen und keine übermäßigen, unzumutbaren Belastungen enthalten dürfen. Voraussetzung ist hiernach ein legitimer Grund für die Altersgrenze, der als gerichtlich überprüfbarer Sachgrund bezeichnet werden kann. Weitere Voraussetzung ist die Wahrung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit. Auch § 10 Satz 1 und 2 AGG stellt aber auf Legitimität des Ziels, Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und der Angemessenheit ab. Unter Wahrung dieser Kriterien geht § 10 Satz 1 und 2 AGG damit von der Zulässigkeit an das Alter anknüpfender subjektiver Zugangsbeschränkungen aus, die dann gerade keine unzulässige Altersdiskriminierung darstellen.

Ein legitimes Ziel liegt vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sichert die tarifvertragliche Altersgrenze für Verkehrsflugzeugführer die ordnungsgemäße Erfüllung der Berufstätigkeit und dient der Sicherheit des Luftverkehrs und dem Schutz von Leben und Gesundheit der Besatzungsmitglieder, Passagiere und Menschen der überflogenen Gebiete. Dass dies im Rahmen des nationalen Rechts ein legitimes Ziel darstellt, steht außer Frage. Dieses Ziel ist objektiv vom Alter zu unterscheiden und angemessen, denn mit dem Diskriminierungsschutz zumindest gleichwertig.

Die Einschätzung eines erhöhten Gefährdungsrisikos beruht auf der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter größer wird. Sie beruht ferner darauf, dass in der luftverkehrsmedizinischen Wissenschaft und der Luftverkehrstechnik nach wie vor keine einheitliche Auffassung zu einem erhöhten Gefährdungspotential beim Einsatz von Flugzeugführern nach Vollendung des 60. Lebensjahres besteht - die in einem Rechtsstreit vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht, Az. 8 Sa 715/03, eingeholten und zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangenden Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K (Bl. 162 f d.A.) und Prof. Dr. B (Bl. 195 f d.A.) belegen dies - und dass nach wie vor internationale Empfehlungen Beschränkungen des Einsatzes von Piloten nach Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen. Soweit die Kläger sich gegen das letztgenannte Argument wenden, überzeugt dies in diesem Zusammenhang zunächst nicht. Soweit sie ausführen, hätte der luftverkehrsrechtliche Verordnungsgeber generelle Bedenken gegen die Tätigkeit von Flugzeugführern über die Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus, würde er deren Zulassung zwangsläufig grundsätzlich versagen, betrifft diese Argumentation zunächst nicht die Prüfung der Legitimität des Ziels, des Sachgrunds, sondern allenfalls die Frage dessen Angemessenheit. Der Umstand, dass auch nach der JAR-FCL Beschränkungen für den Einsatz von Verkehrsflugzeugführern nach Vollendung des 60. Lebensjahres bestehen, belegt vielmehr in der Tat, dass auch internationale Fachkreise im Einsatz dieses Verkehrsflugzeugführers eine Erhöhung des mit der Tätigkeit eines Flugzeugführers einhergehenden Sicherheitsrisikos sehen.

Die Legitimität des Ziels beruht gerade auf dem Risiko der Erhöhung des Gefährdungspotentials nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Dementsprechend hat nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Befristungskontrolle die Beklagte auch nicht nachzuweisen, dass allgemein oder abstrakt nach Vollendung des 60. Lebensjahres medizinisch belegbar das Risiko von Fehlleistungen älterer Verkehrsflugzeugführer wächst und auch nicht durch erhöhte Erfahrung kompensiert wird oder dass dies konkret bei den Klägern der Fall ist (BAG 21. Juli 2004 - 7 AZR 589/03 - aaO). Sachgrund i.S.d.§ 14 TzBfG und Ziel i.S.d. § 10 AGG ist nicht die Vermeidung einer vom einzelnen Arbeitnehmer ausgehenden konkret erhöhten Gefährdung, sondern der durch Beschäftigung von Verkehrsflugzeugführern über das 60. Lebensjahr hinaus eintretenden erhöhten abstrakten Gefährdung. Damit sind auf der Grundlage von Erfahrungswerten beruhende generalisierende Regelungen zulässig (BVerfG 25. November 2004 - 1 BvR 2459/04 - aaO).

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht dem ebenso wenig entgegen wie § 22 AGG. Die Anerkennung eines primärrechtlichen Verbots der Altersdiskriminierung und § 22 AGG führen nicht dazu, dass bei legitimen Ziele verfolgenden generalisierenden Regelungen im Einzelfall der Nachweis zu führen wäre, der konkrete Arbeitnehmer stelle eine Erhöhung des Gefährdungspotentials dar. Dies kann auch nicht aus den Ausführungen (EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - aaO, Rdnr 65 - [Mangold]) geschlossen werden, Rechtsvorschriften, die das Alter des betroffenen Arbeitnehmers als einziges Kriterium für die Befristung des Arbeitsvertrages festlegen, "ohne dass nachgewiesen wäre", dass die Festlegung einer Altersgrenze als solche unabhängig von anderen Erwägungen im Zusammenhang mit der Struktur des jeweiligen Arbeitsmarktes und der persönlichen Situation des Betroffenen zur Erreichung des Zieles der beruflichen Eingliederung arbeitsloser älterer Arbeitnehmer objektiv erforderlich sei, gingen über das zur Erreichung des Ziels Angemessene und Erforderliche hinaus (a.A. v.Roetteken, aaO, § 8 Rdnr 40a; Däubler/Bretzbach/Brors, aaO, § 8 Rdnr 33). Diese Ausführungen betreffen die Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristungsvereinbarung mit älteren Arbeitnehmern, nicht die Zulässigkeit eines an das Alter anknüpfenden Sachgrundes. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es dagegen zulässig, im Rahmen von Differenzierungen auf abstrakte Kriterien abzustellen, die in der Regel zur Erreichung des legitimen Ziels geeignet sind, ohne dass besonders darzulegen oder nachzuweisen sei, dass der Rückgriff auf dieses Kriterium zur Erreichung des Zieles in Bezug auf einen bestimmten Arbeitsplatz geeignet ist, es sei denn, der Arbeitnehmer liefere Anhaltspunkte, die geeignet sind, ernstliche Zweifel in dieser Hinsicht aufkommen zu lassen (EuGH 03. Oktober 2006 - C-17/05 - NZA 2006, 1205 - [Cadman]).

Ob eine mit erhöhtem Lebensalter einhergehende Minderung der Leistungsfähigkeit und eine darauf zurückzuführende Risikoerhöhung empirisch belegt ist oder nicht, ist für die Frage, ob ein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung vorliegt, damit nicht entscheidend (Wiedemann/Thüsing, TVG, 7. Aufl., § 1 Rdnr 668; a.A. für den Bereich der §§ 8 Abs. 1, 10 AGG; Däubler/Brors, aaO, § 8Rdnr 33; v.Roetteken, aaO, § 8 Rdnr 40a). Auch das primärrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung und § 22 AGG führen weder dazu, dass im Rahmen der Überprüfung tarifvertraglicher Altersgrenzen für Verkehrsflugzeugführer der Nachweis zu führen wäre, dass allgemein mit der Beschäftigung von Verkehrsflugzeugführern nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine erhöhte Gefährdungslage eintritt oder dass dies bei der konkreten Weiterbeschäftigung der Kläger der Fall ist, noch dazu, dass die starre Altersgrenze angesichts der nach JAR-FCL 1.060a eröffneten Möglichkeit des Einsatzes in einer Mehrpersonenbesatzung mit jüngeren Crewmitgliedern nicht "erforderlich" und damit unverhältnismäßig wäre.

Die Altersgrenze dient der Vermeidung eines Sicherheitsrisikos. Ob ein Risiko besteht, bemisst sich nicht danach, ob und in welchem Grad seine Realisierung empirisch belegt ist. Es geht nicht um die Verfestigung überkommener Vorurteile oder ungesicherter Erfahrungssätze über mangelnde Arbeitsproduktivität mit steigendem Lebensalter, sondern darum, berufsspezifischen Gefahren einer Drittschädigung entgegenzutreten (Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, Rdnr 442). Die Tätigkeit eines Flugzeugführers ist mit berufsspezifischen Risiken verbunden. Nach der Lebenserfahrung ist - individuell durchaus völlig unterschiedlich ausgeprägt - mit zunehmendem Lebensalter mit zunehmender Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit und dem Risiko altersbedingter Ausfallerscheinungen und unerwarteter Fehlreaktionen zu rechnen. Diese Prämisse mag für den Bereich der Verkehrsflugzeugführer nicht empirisch belegt sein. Sie ist nach dem derzeitigen Stand aber auch nicht empirisch widerlegt. Sie entspricht nach wie vor der Einschätzung in internationalen Empfehlungen. Nach wie vor ist mit fortschreitendem Lebensalter ein Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte zu erwarten und knüpft eine Altersgrenze für Piloten in erster Linie an medizinische Tatbestände und Erkenntnisse an und ist dem besonderen Umstand geschuldet, dass von der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, die Kernbestand der Befähigung und Eignung eines Verkehrspiloten ist, die Sicherheit und körperliche Unversehrtheit von Besatzung, Passagieren und Personen am Boden abhängt (BVerfG 26. Januar 2007 - 2 BvR 2408/06 - EuGRZ 2007, 231). Der Schutz überragender Rechtsgüter rechtfertigt nicht nur die Vermeidung empirisch belegter Erhöhung des Gefährdungspotentials, sondern auch die Vermeidung nach der Lebenserfahrung zu erwartender und empirisch nicht widerlegter Erhöhung des Gefährdungspotentials. Die Konsequenz der entgegengesetzten Auffassung wäre in der Tat, es darauf ankommen zu lassen - quasi in einem großen Feldversuch - ob der Einsatz von Flugzeugführern über das 60. Lebensjahr hinweg sich in zählbar höheren Unfallzahlen im Flugverkehr niederschlägt (so zutreffend Hessisches LAG 20. April 2005 - 8 Sa 998/03 - n.v.). Der Sachgrund im Sinne der bisherigen Befristungsrechtsprechung und ein legitimes Ziel i.S.d. § 10 Satz 1 AGG besteht nicht nur darin, belegte Gefährdungen zu vermeiden, sondern auch darin, überhaupt Risiken auszuschließen. Legitimes Ziel i.S.d. § 10 Satz 1 AGG beschränkt sich nicht darauf, ganz allgemein und abstrakt Sicherheit des Luftverkehrs gewährleisten zu wollen, sondern erstreckt sich auch auf die Definition des einzuhaltenden Sicherheitsstandards und der akzeptierten Gefährdungstoleranz.

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, bei dem Schutz von Leib und Leben der Besatzungsmitglieder, der Passagiere und der Personen in den überflogenen Gebieten handele es sich um eine Frage der öffentlichen Sicherheit, die in den ausschließlichen Aufgabenbereich des Gesetzgebers und nicht in den beliebigen Verantwortungsbereich der Beklagten oder der Tarifvertragsparteien falle, wird dem nicht gefolgt. Die Legitimität des Ziels i.S.d. § 10 Satz 1 AGG bestimmt sich zunächst daran, ob ein erlaubtes, ein rechtmäßiges Ziel verfolgt wird (Däubler/Bretzbach/Brors, aaO, § 10 Rdnr 19; Schleusener/Suckow/Voigt, aaO, § 10 Rdnr 13). Dies ist der Fall. Mit der Einführung einer Altersgrenze von 60 Jahren für Verkehrsflugzeugführer wird gegen keine zwingenden luftverkehrsrechtlichen oder sonstigen Vorschriften verstoßen. Die Tarifvertragsparteien sind auch nicht gehindert, Sicherheitserwägungen zu verfolgen. Im Rahmen des § 10 Satz 1 AGG besteht Einigkeit darüber, dass zu den eine unterschiedliche Behandlung wegen Alters rechtfertigenden legitimen Zielen jedenfalls auch Gemeinwohlinteressen zählen, Streit besteht allenfalls darüber, ob und inwieweit auch erlaubte individuelle Ziele im Rahmen des § 10 Satz 1 AGG berücksichtigt werden können (Däubler/Bretzbach/Brors, aaO, § 10, Rdnr 20, 21; Schleusener/Suckow/Voigt, aaO, § 10 Rdnr 14; v.Roetteken, aaO, § 10, Rdnr 16). Im Übrigen werden durch die Sicherheit des Flugbetriebs unmittelbare eigene Individualinteressen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber berührt, nämlich bei den Arbeitnehmern in erster Linie Leben und Gesundheit, bei den Arbeitgebern unmittelbare eigene wirtschaftliche Interessen, die aus der ordnungsgemäßen Durchführung des Flugbetriebs, den im Luftverkehr eingesetzten erheblichen wirtschaftlichen Werten, den Vertragsbeziehungen zu ihren Arbeitnehmern und Passagieren, diese wiederum verbunden mit etwaigen Regressforderungen, und auch etwaigen Regressforderungen Dritter, beispielsweise Personen in den überflogenen Gebieten, resultieren.

Die Maßnahme ist angemessen und erforderlich gemäß § 10 Satz 2 AGG. Angemessenheit und Erforderlichkeit im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG wurde vom Bundesarbeitsgericht bereits bejaht (BAG 21. Juli 2004 - 7 AZR 589/03 - aaO). Der Maßstab ist identisch. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der nach demselben Kriterium erfolgten Prüfung der Zulässigkeit der tarifvertraglichen Altersgrenze als subjektive Zulassungsbeschränkung (BVerfG 25. November 2004 - 1 BvR 2459/04 - aaO). Die Erforderlichkeit folgt hiernach aus dem angestrebten Zweck, dem Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip wird ferner nicht dadurch verletzt, dass eine generalisierende Regelung getroffen wird. Aufgrund von Erfahrungswerten können generalisierende Regelungen erlassen werden (BVerfG 04. Mai 1983 - 1 BvL 46/80, 1 BvL 47/80 - BVerfGE 64, 72; BVerfG 25. November 2004 - 1 BvR 2459/04 - aaO). In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob den Tarifvertragsparteien im Bereich von Altersgrenzen eine Einschätzungsprärogative zukommt oder dies wegen des gemeinschaftsrechtlichen Verbots der Altersdiskriminierung und nach § 10 AGG ausgeschlossen ist. Auch der nationale Gesetzgeber wäre zu einer generalisierenden Regelung befugt (BVerfG 25. November 2004 - 1 BvR 2459/04 - aaO). Dementsprechend ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip auch nicht dadurch verletzt, dass sich die tarifvertragliche Regelung nicht darauf beschränkt, jeweils im Einzelfall ab Vollendung des 60. Lebensjahres eine individuelle Prüfung der Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung des Ziels vorzusehen (BVerfG 25. November 2004 - 1 BvR 2459/04 -aaO; a.A. Boecken/Joussen, aaO, § 14 Rdnr 113), wobei ohnehin fraglich ist, ob eine solche Regelung in gleicher Weise geeignet wäre, den Gefahren eines altersbedingten Versagens zu begegnen und damit den Schutz überragender Gemeinschaftsgüter zu gewährleisten (BVerfG 04. Mai 1983 - 1 BvF 46/80, 1 BvL 47/80 - aaO). Dasselbe gilt für die Möglichkeit, Verkehrsflugzeugführer nach Vollendung des 60. Lebensjahres ausschließlich - und entsprechend JAR-FCL - in Cockpitbesatzungen mit jüngeren Crewmitgliedern einzusetzen, wobei dies im Übrigen keine mildere, schonendere oder weniger eingreifende Maßnahme darstellen würde, sondern den Verzicht auf die Maßnahme selbst. Legitimität des Ziels wiederum ist nicht nur dann gegeben, wenn internationale Mindeststandards eingehalten und nicht überboten werden. Dementsprechend kann ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht damit begründet werden, dieser Mindeststandard hätte eingehalten werden können, so dass dann die Maßnahme nicht erforderlich wäre. Die Frage betrifft damit überhaupt nicht die Angemessenheit der Maßnahme, sondern die Angemessenheit des Ziels.

Soweit die Kläger darauf hinweisen, dass bei anderen Konzerngesellschaften keine Altersgrenze von 60 Jahren für Verkehrsflugzeugführer besteht, ändert dies nichts an der vorliegenden Beurteilung.

Soweit die Kläger ausführen, dieser Umstand zeige, dass das Sicherheitsargument überhaupt nicht besteht, wird dem nicht gefolgt. Die Beklagte hat auf die tarifvertragliche oder auch individualvertragliche Ausgestaltung von Altersgrenzen bei anderen Luftverkehrsunternehmen, auch soweit sie zum selben Konzern gehören, keinen unmittelbaren Einfluss. Soweit die Kläger diesen Rückschluss aus Äußerungen von Repräsentanten der Gewerkschaft VC ziehen, wird dem ebenfalls nicht gefolgt. Soweit darin zum Ausdruck kommt, es sei nicht per se unsicher, mit mehr als 60 Jahren als Pilot ein Verkehrsflugzeug zu fliegen, da der körperliche und geistige Alterungsprozess individuell sehr verschieden sei, entspricht dies - losgelöst von der Frage der Relevanz der Meinungsäußerungen des Präsidenten der VC für die Entscheidung des Rechtsstreits - der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach nicht auf die individuelle Leistungsfähigkeit des einzelnen Piloten nach Vollendung des 60. Lebensjahres abzustellen ist, sondern auf Erfahrungswerte und nach wie vor bestehende internationale Empfehlungen. Soweit darin zum Ausdruck kommt, die VC lasse den Zustand einer fehlenden Altersgrenze in einigen Tarifverträgen zu, weil es nicht gelungen sei, dies durch entsprechende Übergangsversorgungen und betriebliche Zahlungen zu verhindern, kommt darin zum Ausdruck, die VC wäre auch in Tarifverhandlungen bezüglich anderer Luftfahrtunternehmen bereit, eine Altersgrenze von 60 Jahren zu vereinbaren, wenn im Gegenzug eine dem bei der Beklagten bestehenden System entsprechende Übergangsversorgung vereinbart würde. Dies ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ohne Relevanz. Selbst wenn in den von den Klägern zitierten Äußerungen eine unzulässige Verknüpfung zwischen Forderung einer Altersgrenze und Forderung der Gewährung einer Übergangsversorgung zum Ausdruck käme, betrifft dies nicht den vorliegenden Rechtsstreit. Das für die Beklagte geltende Tarifwerk sieht in § 19 MTV Nr. 5a eine Altersgrenze mit Vollendung des 60. Lebensjahres und im Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal die Gewährung einer Übergangsversorgung vor. Relevanz hätten die zitierten Äußerungen allenfalls dann, wenn die Einführung einer Altersgrenze von 60 Jahren davon abhängig gemacht würde, eine angemessene Übergangsversorgung zu vereinbaren und dies als unzulässig anzusehen wäre. Darum geht es vorliegend allerdings überhaupt nicht. Im Übrigen stehen Altersgrenze und Übergangsversorgung durchaus in einem Sachzusammenhang. Zwar führt das Fehlen einer Übergangsversorgung nicht zur Unwirksamkeit einer tarifvertraglichen Altersgrenzenregelung. Allerdings ist eine vom Arbeitgeber finanzierte Übergangsversorgung geeignet, die für den Arbeitnehmer mit der Altersgrenze von 60 Jahren verbundenen finanziellen Nachteile abzumildern und damit eine Altersgrenze als "noch eher zumutbar" erscheinen zu lassen (BAG 20. Februar 2002 - 7 AZR 748/00 - AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 18). Die Existenz einer betrieblichen Altersversorgung oder Übergangsversorgung vermag zwar eine "Zwangspensionierung" bzw. die Einführung einer generellen Altersgrenze nicht zu begründen oder zu rechtfertigen. Die Existenz einer betrieblichen Alters- oder Übergangsversorgung kann jedoch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Berücksichtigung finden, denn die Abmilderung der mit der Altersgrenze einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile kann durchaus geeignet sein, die Abwägung der verschiedenen Interessen zu beeinflussen (Wiedemann/Thüsing, aaO, § 1 Rdnr 660).

Der Umstand, dass bei der L C und LCAG keine Altersgrenze für Verkehrsflugzeugführer von 60 Jahren besteht, belegt damit noch nicht einmal, dass die Tarifvertragsparteien den Sicherheitsaspekt bei diesen beiden Fluggesellschaften überhaupt unterschiedlich beurteilen, wobei offen bleiben kann, ob bereits aufgrund der unterschiedlichen Geschäftsfelder sachliche Unterschiede bestehen. Er belegt lediglich, dass die Tarifvertragsparteien bei diesen Gesellschaften keine Altersgrenze und keine Übergangsversorgung vereinbart haben, was im Ergebnis wiederum die von den Klägern zitierte Äußerung der VC bestätigt. Damit wiederum ist allenfalls belegt, dass die Tarifvertragsparteien die Verhältnismäßigkeit einer tarifvertraglichen Altersgrenze bei Bestehen einer Übergangsversorgung anders beurteilen als bei Fehlen einer solchen. Dies wiederum führt nicht zur Unwirksamkeit der vorliegenden Altersgrenze. Ob eine tarifvertragliche Altersgrenze bei Fluggesellschaften ohne Übergangsversorgung eine unzulässige Altersdiskriminierung darstellt, kann auf sich beruhen. Jedenfalls kann aus dem Umstand, dass bei Konzerngesellschaften ohne Übergangsversorgung keine Altersgrenze eingeführt ist, nicht geschlossen werden, bei der vorliegenden vereinbarten tarifvertraglichen Altersgrenze sei der Sicherheitsaspekt nur vorgeschoben.

Bereits aus diesem Grund liegt bei der Beklagten einerseits und bei Lufthansa C und LCAG andererseits auch eine andere Situation vor, so dass auch kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt. Unabhängig von der Frage der unmittelbaren Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien besteht Einigkeit, dass diese den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten haben und bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz verletzt ist, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BAG 23. Februar 2005 - 4 AZR 172/04 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 33). Dies ist bereits nicht der Fall, denn das Bestehen einer tarifvertraglich vorgesehenen Übergangsversorgung ist ein Umstand, der geeignet ist, eine tarifvertragliche Altersgrenze als "noch eher zumutbar" erscheinen zu lassen (BAG 20. Februar 2002 - 7 AZR 748/00 - aaO). Im Vergleich der Normadressaten bestehen Unterschiede, die im Bereich der Verhältnismäßigkeitsprüfung Berücksichtigung finden können.

Bereits aus diesem Grund kann auch kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegen, wobei ohnehin ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Konzern jedenfalls nicht ohne Weiteres besteht. Im Konzern kommt eine unternehmensübergreifende Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vielmehr allenfalls dann in Betracht, wenn vom herrschenden Unternehmen ausgehend bestimmte Leistungen üblicherweise konzerneinheitlich erbracht werden und auf den Fortbestand dieser Übung ein schützenswertes Interesse für die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen entstanden ist (BAG 20. August 1986 - 4 AZR 272/85 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Seniorität Nr. 6; BAG 04. Oktober 1994 - 3 AZR 910/93 - AP BetrAVG § 16 Nr. 32; BAG 21. November 2006 - 3 AZR 309/05 - n.v.; juris). Umstände, die vorliegend für die konzernbezogene Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sprechen könnten, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Soweit die Kläger auf Äußerungen des Bereichsvorstands Operations der Beklagten Cpt. S (Bl. 238 f d.A.) verweisen, ist dies rechtlich ohne Bedeutung. Abgesehen davon, welche rechtliche Relevanz Erklärungen Sigels beizumessen ist, kann bei der Entscheidung des Rechtsstreits ohne Weiteres zu Gunsten der Kläger unterstellt werden, die Beklagte habe ein Interesse am Wegfall der Altersgrenze von 60 Jahren für Verkehrsflugzeugführer, sei es aus Kostengründen, sei es aus Bereederungsgründen, sei es aus personalpolitischen Gründen, sei es wegen veränderter und flexiblerer nationaler und internationaler Regelungen über den Einsatz älterer Verkehrsflugzeugführer. Eine tarifvertragliche Regelung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber lieber auf sie verzichten würde oder weil er im Gegensatz zu den Tarifvertragsparteien die Auffassung vertritt, Sicherheitsbedenken bestünden ohnehin nicht oder nicht mehr oder nicht in dem Maße oder ihnen könnte auch auf andere Art und Weise in hinreichendem Umfang Rechnung getragen werden oder in Zeiten extremen Pilotenmangels sollte man nicht hochqualifizierte Verkehrsflugzeugführer bereits mit 60 Jahren "nach Hause schicken". Ebenso wenig ist es für die Wirksamkeit einer tarifvertraglichen Regelung von Bedeutung, ob eine Gewerkschaft diese als Errungenschaft ansieht und einen "Anspruch auf Beendigung der Tätigkeit" als solche wertet, eine Einschätzung, die die Kläger offensichtlich nicht teilen und auch nicht teilen müssen. Abgesehen davon, dass § 19 MTV Nr. 5a keinen "Anspruch" sondern eine verbindliche Altersgrenze regelt, hängt die Wirksamkeit einer tarifvertraglichen Regelung auch nicht von der Auffassung der abschließenden Gewerkschaft ab, die Regelung liege in den individuellen Interessen aller von ihr betroffenen Arbeitnehmer.

Gleiches gilt für Erklärungen des Chefpiloten R und des Flottenchefs W . Es kann zu Gunsten der Kläger unterstellt werden, dass diese erklärten, die Beklagte habe ein erhebliches Interesse an der Weiterbeschäftigung der Kläger. Es kann zu Gunsten der Kläger auch unterstellt werden, dass dieses erhebliche Interesse tatsächlich besteht. Rechtliche Relevanz hat dies nicht. Die Kläger behaupten selbst nicht, R und/oder W hätten ihnen gegenüber im Namen der Beklagten eine Willenserklärung abgegeben, wonach ihnen eine Weiterbeschäftigung als Kapitän über das 60. Lebensjahr hinaus trotz tarifvertraglicher Altersgrenze angeboten wurde. Sie tragen lediglich - pauschal - vor, es habe Einvernehmen mit R und W über die rechtlichen Auffassungen zum Anspruch auf Weiterbeschäftigung bestanden. Sie tragen aber auch vor, die Beklagte habe sich an einer ausdrücklichen Zustimmung gehindert gesehen. Sie tragen ferner vor, aufgrund der geführten Gespräche ermutigt und angehalten worden zu sein, einen Rechtsstreit zum Zwecke der Weiterbeschäftigung zu führen. Hat die Beklagte sie ermutigt, einen Rechtsstreit zu führen, hat sie auch zu erkennen gegeben, ohne einen Rechtsstreit und ein Obsiegen der Kläger in diesem nicht freiwillig bereit zu sein, die Kläger weiterzubeschäftigen. Dies wiederum ist ohne Weiteres in Einklang zu bringen mit den Äußerungen des Bereichsvorstands Capt. S , die durchaus so interpretiert werden können, jedenfalls er persönlich würde es begrüßen, wenn in arbeitsgerichtlichen Verfahren die tarifvertragliche Altersgrenze als unwirksam angesehen würde. Gleichzeitig wird aber auch hier zu erkennen gegeben, dass die Beklagte bis zu einer derartigen Entscheidung gehalten ist, den Tarifvertrag anzuwenden. Welche Form von Unterstützung die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit den Kläger schulden sollte, aber unterlassen hat, ist nicht erkennbar. Ebenso wenig erkennbar ist, welche Auswirkungen dies auf die Frage der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der tarifvertraglichen Altersgrenzenregelung haben könnte. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang ausführen, infolge Erlassvertrages oder negativen Schuldanerkenntnisses sei die Beklagte im Rechtsstreit gehindert, sich auf Einwendungen zu stützten, wird dem nicht gefolgt. Erlassvertrag oder negatives Schuldanerkenntnis liegen schon deshalb nicht vor, weil nicht dargelegt ist, dass R und/oder W überhaupt Willenserklärungen abgegeben haben, so dass es auch nicht darauf ankommt, ob die Wirksamkeit einer wegen Alters benachteiligenden tarifvertraglichen Norm im Rechtsstreit nicht unabhängig vom Tatsachenvortrag der Parteien von Amts wegen zu prüfen ist."

Die erkennende Kammer schließt sich diesen Ausführungen inhaltlich an. Die Kläger haben auch in der Berufungsverhandlung unter Hinweis auf die vorzitierte Entscheidung keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die nicht bereits abgehandelt worden sind. Im Wesentlichen haben die Kläger nur noch einmal hervorgehoben, dass eine Leistungsminderung ab Vollendung des 60. Lebensjahres empirisch nicht belegt sei, die Arbeitgeberin nach § 22 AGG sich in der Beweislast befinde und dass das Landesarbeitsgericht Hannover in seiner Entscheidung vom 13.07.2007 - 16 Sa 274/07 - über die Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl einer Kündigung ausgeführt habe, dass ein zunehmendes Alter nicht automatisch zu einer verminderten Leistungsfähigkeit führe und eine physisch verminderte Leistungsfähigkeit ausgeglichen werden könne durch Erfahrungswissen, Routine und ähnlich weitere Fähigkeiten älterer Arbeitnehmer (Juris, Rdnr. 85). Auch mit diesen Gesichtspunkten hat sich das Hessische Landesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung mit zutreffenden Erwägungen bereits auseinander gesetzt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf verwiesen. Es bleibt bei der Rechtswirksamkeit der tariflichen Altersgrenzenregelung.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Revision wurde nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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