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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil verkündet am 24.11.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 861/04
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 101 Abs. 1 2. HS
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Streithelferin gegen das am 22.01.2004 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 6 Ca 3582/03 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Streithelferin die Kosten ihrer Streithilfe in I. Instanz zu tragen hat.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Streithelferin alleine zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Streithelferin als Betriebserbwerberin oder der Beklagte als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung für die nach Grund und Höhe unstreitigen Versorgungsansprüche des Klägers einzustehen hat. In diesem Zusammenhang streiten die Parteien darüber, ob der Betriebsübergang vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden hat.

Der Teilbetrieb "H N GmbH & Co. KG, in dem der Kläger beschäftigt war, wurde zum 01.01.2001 durch Verkauf auf die spätere Insolvenzschuldnerin, die G H G GmbH & Co. KG, übertragen. Unter dem 09.07.2001 stellte die G H k- G GmbH & Co. KG Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 01.09.2001 eröffnet und Herr Rechtsanwalt O zum Insolvenzverwalter bestellt.

Zuvor hatte der Kläger durch Aufhebungsvertrag vom 29.08.2001 sein Arbeitsverhältnis zur späteren Insolvenzschuldnerin zum 31.08.2001 beendet. Bereits vorher hatte Herr Rechtsanwalt O als vorläufiger Insolvenzverwalter für die spätere Insolvenzschuldnerin am 21.08.2001 einen Vertrag mit der Streithelferin geschlossen, wonach der Betrieb der G H G GmbH & Co. KG an die Streithelferin veräußert wurde. Auf den Inhalt des Vertrages (in Übersetzung Bl. 49 bis 62 d. A.) wird verwiesen. Die Streithelferin übernahm entsprechend Ziffer 16.1 des Vertrages vom 21.08.2001 bereits am 22.08.2001 die Führung der Geschäfte der Veräußerin. Nach Ziffer 12 der Vereinbarung vom 21.08.2001 sollte die Übertragung des Geschäfts nach Erfüllung verschiedener Bedingungen "gültig und durchsetzbar" sein. Die Erfüllung der Bedingungen stand am 18.09.2001 fest.

Der Kläger hat geltend gemacht, der Betriebsübergang sei erst am 18.09.2001, also nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses und nach Insolvenzeröffnung vollzogen worden. Daher sei der Beklagte eintrittspflichtig. Der Kläger hat der Erwerberin den Streit verkündet. Diese ist auf Seiten des Klägers dem Rechtsstreit beigetreten.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte für seine bei der Firma G H G GmbH & Co. KG erworbenen unverfallbaren Betriebsrentenanwartschaften aus der Versorgungsordnung der Firma E G N eintrittspflichtig ist.

Die Streithelferin hat sich dem Antrag des Klägers angeschlossen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat den Standpunkt vertreten, maßgeblicher Zeitpunkt für den Betriebsübergang und die daraus folgende Haftung für die Rentenansprüche des Klägers sei die Übernahme der tatsächlichen Leitungsmacht im Betrieb durch die Streithelferin. Dass die Streithelferin bereits am 22.08.2001 die Leitungsmacht über den Betrieb übernommen habe, ergebe sich auch aus dem Bericht des Insolvenzverwalters vom 07.12.2001. In ihm stelle der Insolvenzverwalter ausdrücklich fest, dass mit dem 21.08.2001 seine Betriebsfortführungstätigkeit abgeschlossen gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat allein die Streithelferin Berufung eingelegt. Sie behauptet, der Eintritt der Bedingungen sei keineswegs gesichert gewesen. Die Betriebsführungsabrede im Vertrag vom 21.08.2001 dokumentiere nur die Vorläufigkeit des Vertrags.

Die Streithelferin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach dem Schlussantrag erster Instanz zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bleibt bei seiner Rechtansicht, dass der Betriebsübergang bereits am 22.08.2001 erfolgt sei. Da die Streithelferin die Leitungsmacht tatsächlich ab diesem Zeitpunkt ausgeübt habe, könne von einer Vorläufigkeit des Betriebsübergangs keine Rede sein. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf das aufgefochtene Urteil, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Streithelferin ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Berufung durch die Streithelferin alleine ist zulässig. Sie kann namens der Hauptpartei Rechtsmittel einlegen, auch wenn die Hauptpartei dies nicht tut (vgl. § 66 Abs. 2 ZPO). Es bedarf keiner ausdrücklichen Erklärung, das Rechtsmittel namens der Hauptpartei einlegen zu wollen. Die Streithelferin hat form- und fristgerecht Berufung eingelegt, wobei hinsichtlich der Rechtsmittelfrist auf die für die Hauptpartei abzustellen ist.

II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, die Versorgungsansprüche des Klägers zu erfüllen. Der Betriebsübergang hat am 22.08.2001 und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattgefunden. Das hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil zu Recht erkannt und in allen wesentlichen Punkten überzeugend begründet. Das Berufungsgericht nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe der Vorinstanz Bezug, denn es kommt auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens zur übereinstimmenden Feststellungen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Das Berufungsvorbringen der Streithelferin rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

Im Streitfall geht es darum, ob der Betrieb der späteren Insolvenzschuldnerin vor oder nach Insolvenzeröffnung auf die Streithelferin übergegangen ist. Soweit die Streithelferin im Berufungsverfahren wiederum darauf verweist, dass die Übertragung des Geschäfts erst mit nach Insolvenzeröffnung eingetretenen Bedingungen "gültig und durchsetzbar" gewesen sei, vermag dies nichts daran zu ändern, dass der tatsächliche Betriebsübergang bereits vorher am 22.08.2001 mit der Übernahme der tatsächlichen Leitungsmacht erfolgt ist. Rechtlich abgesichert war die Leitungsmacht insbesondere durch die Regelungen in Ziffer 16 des Vertrages vom 21.08.2001. Die Streithelferin erhielt nach Ziffer 16.2 eine Vollmacht, um alle für den ordentlichen Geschäftsgang notwendigen rechtlichen und tatsächlichen Handlungen vorzunehmen. Das wirtschaftliche Ergebnis der Tätigkeit der Streithelferin ab 22.08.2001 floss ihr zu (vgl. Ziffer 16.3 des Vertrages). Über die Arbeitsverhältnisse konnte die Veräußerin gemäß Ziffer 5.4 des Vertrages nicht mehr einseitig verfügen. Dies ist nachvollziehbar vor dem Hintergrund, dass die Streithelferin für die Fortführung des Betriebes auch auf die Arbeitnehmer zurückgreifen muss. Die Weiterführung des Betriebes und die Übernahme der Leitungsmacht im Betrieb durch die Streithelferin war bereits vor der Insolvenzeröffnung gesichert.

Die Kosten der Berufung hat die Streithelferin alleine zu tragen (Zöller, § 67 Rn. 6). Da die erste Instanz über die dort angefallenen Kosten nicht entschieden hat, soweit es um Kosten der Streithilfe geht, war das erstinstanzliche Urteil im Kostenausspruch gemäß § 101 Abs. 1 2. HS ZPO zu ergänzen.

III. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da es hierfür an gesetzlichem Grund fehlt. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde unter den Voraussetzungen des § 72 a ArbGG wird verwiesen.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel geben.

Ende der Entscheidung

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