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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.05.2007
Aktenzeichen: 10 Ta 105/07
Rechtsgebiete: RVG, BetrVG
Vorschriften:
RVG § 33 | |
BetrVG § 99 | |
BetrVG § 100 |
Tenor:
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 29.03.2007 - 8 BV 55/06 - aufgehoben und der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit anderweitig auf 6.000,-- EUR festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Beteiligten haben über die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zu einer Versetzung gestritten. Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, es liege kein ordnungsgemäßer Widerspruch vor, so dass die beantragte Zustimmung zur Versetzung als erteilt zu gelten habe, hilfsweise hat sie Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG beantragt. Außerdem hat sie den Antrag nach § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG gestellt. Die Versetzung hätte für den betroffenen Arbeitnehmer eine Gehaltsreduzierung von 3.500,-- EUR auf 2.732,55 EUR bedeutet. Die Eingruppierung war nicht Gegenstand des Beschlussverfahrens. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert auf 4.098,83 EUR festgesetzt und dabei 1 1/2 Monatsgehälter, berechnet von 2.732,55 EUR, zugrunde gelegt. Mit der Beschwerde begehren die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats eine Wertfestsetzung in Höhe von 16.600,-- EUR. Die Beschwerde stellt im Wesentlichen auf die Gehaltseinbuße ab, die der betroffene Arbeitnehmer durch die Versetzung erleiden würde.
II. Die nach § 33 Abs. 3 S. 1, 3 RVG statthafte sowie fristgerecht eingelegte und daher insgesamt zulässige Beschwerde hat in der Sache überwiegend keinen Erfolg.
1. Bei der Wertfestsetzung ist davon auszugehen, dass es sich bei den Verfahren nach §§ 99, 100 BetrVG um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten handelt, für die die Bestimmung des § 23 Abs. 3 S. 2, 2. Halbsatz RVG maßgebend ist. Bei Anträgen nach §§ 99, 100 BetrVG geht es in erster Linie nicht um Vermögenspositionen, sondern um das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
Die Vorschrift des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG, die bestimmt, dass für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung von Arbeitsverhältnissen höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend ist, kann für die Bewertung arbeitsrechtlicher Beschlussverfahren nach §§ 99, 100 BetrVG nicht entsprechend angewendet werden. Das gilt auch vor dem Hintergrund, wenn wie vorliegend die Versetzung individualrechtlich mit einer Änderungskündigung durchgesetzt werden sollte. Rechtsstreitigkeiten über Kündigungen und Beschlussverfahren nach §§ 99, 100 BetrVG haben verschiedene und nicht vergleichbare Gegenstände. In dem Beschlussverfahren nach § 99 BetrVG streiten Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über das Bestehen des Arbeitsverhältnisses oder die Wirksamkeit einer Kündigung, sondern darüber, ob der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht ordnungsgemäß ausgeübt und der beabsichtigten Maßnahme zu Recht widersprochen hat. Die Wirksamkeit einer Kündigung ist im Beschlussverfahren nicht Streitgegenstand. Der betroffene Arbeitnehmer ist in diesem Verfahren auch nicht zu beteiligen. Wenn man dieses Verfahren nach den Grundsätzen des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG bewertete, setzte man den Gegenstandswert auf das in dieser Vorschrift festgelegte wirtschaftliche Interesse eines Dritten, also eines am Verfahren nicht Beteiligten, fest. Der Normzweck des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG passt nicht auf die Wertermittlung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens (vgl. nur LAG Köln, Beschlüsse vom 15.04.2005, 24.05.2002 und 30.10.1998 - 10 Ta 68/05, 10 (4) Ta 145/02 und 10 Ta 93/98 - ).
2. Der Gegenstandswert von 4.000,-- EUR in § 23 Abs. 3 S. 2, 2. Halbsatz RVG ist allerdings nur ein Hilfswert, der je nach Lage des Falles niedriger oder höher festzusetzen ist. Eine Abweichung vom Ausgangswert kann auch durch Berücksichtigung wirtschaftlicher Auswirkungen gerechtfertigt sein. So kann bei Eingruppierungsstreitigkeiten die Nähe zum konkreten wirtschaftlichen Hintergrund und der Umstand zu berücksichtigen sein, dass der Streit um eine Eingruppierung im Individualrechtsstreit ähnlich ausgestaltet ist wie im Kollektivrechtsstreit, so dass eine Wertfestsetzung auch unter Berücksichtigung der Bestimmung es § 42 Abs. 4 S. 2 GKG nicht zu beanstanden wäre. In dem hier zugrunde liegenden Beschlussverfahren ging es aber nicht um eine Eingruppierung, insbesondere auch nicht um die für einen Arbeitgeber wirtschaftlich relevante Frage, welche Arbeitsplätze er im Betrieb wie zu vergüten hat. Die Eingruppierung des Arbeitsplatzes bei einer erfolgreichen Versetzung war zwischen den Beteiligten nicht im Streit, jedenfalls nicht Gegenstand des Beschlussverfahrens. Sie folgt dem Vergütungsautomatismus nach dem anwendbaren Tarifvertrag, gleich, wer auf diesem Arbeitsplatz tätig ist. Der Umstand allein, dass für den betroffenen Arbeitnehmer eine Versetzung als Reflex vergütungsrechtliche Konsequenzen hat, ändert nichts daran, dass es bei dem vom Gesetzgeber eingeräumten Mitbestimmungsrecht bei der Versetzung nicht um Vermögensfragen bzw. die richtige Vergütung eingerichteter Arbeitsplätze im Betrieb geht. Im Vordergrund steht vielmehr die betriebliche Eingliederung des Arbeitnehmers.
3. Die bei der Ermittlung des Werts eines nichtvermögensrechtlichen Gegenstandes weiter in Betracht zu ziehenden Faktoren wie der Umfang und die Schwierigkeit der Sache und der daraus resultierende Arbeitsaufwand rechtfertigen weder eine Heraufsetzung noch eine Herabsetzung des Ausgangswertes. Es war aber zu berücksichtigen, dass neben dem Streit über die ordnungsgemäße Zustimmungsverweigerung, sei es aus formellen Gründen wegen nicht hinreichender Begründung des Widerspruchs, sei es wegen fehlenden Widerspruchsgrundes, der insoweit als Einheit mit 4.000,-- EUR zu bewerten ist, auch die Feststellung beantragt war, dass die vorläufige Versetzung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Dabei überwiegt die Bedeutung des Streits um die verweigerte Zustimmung die des Streits über die vorläufige Versetzung, so dass letzterer nur mit 2.000,-- EUR bewertet wurde (LAG Köln, Beschluss vom 15.04.2005 aaO. m. N.).
Ende der Entscheidung
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