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Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Beschluss verkündet am 27.09.2001
Aktenzeichen: 10 TaBV 38/01
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:
BetrVG § 40 II |
2. Erforderlichkeit im Sinne des § 40 II BetrVG verlangt mehr als bloße Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit.
LANDESARBEITSGERICHT KÖLN BESCHLUSS
Geschäftsnummer: 10 TaBV 38/01
In dem Beschlussverfahren
Verkündet am: 27.09.2001
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln auf die mündliche Anhörung vom 27.09.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schroeder als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Haas und Völkner
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 21.02.2001 - 2 BV 71/00 EU - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin dem Betriebsrat einen Internetanschluss mit eigener E-Mail-Adresse zur Verfügung zu stellen hat.
Die Arbeitgeberin beschäftigt ca. 270 Arbeitnehmer. Am 17.08.2000 fasste der Betriebsrat den Beschluss, dass der im Betriebsratsbüro bereits bestehende PC mit einem Internetanschluss und einer eigenen E-Mail-Adresse auszustatten sei. Die Arbeitgeberin ist hierzu nicht bereit.
Der Betriebsrat hat vorgetragen, sein Betriebsratsvorsitzender besitze einen privaten PC mit Internet-Anschluss. Er nutze ihn seit mehr als zwei Jahren für die Betriebsratsarbeit. Wegen der schnellen, universellen und preiswerten Informationsmöglichkeiten, die das Internet biete, versendeten inzwischen die IG Metall, der DGB, das Versorgungsamt, der Landschaftsverband sowie das Arbeitsamt sämtliche Nachrichten über das Internet an den Betriebsrat. Außerdem beziehe der Betriebsratsvorsitzende alle aktuellen Informationen, die für die Betriebsratsarbeit notwendig seien, über das Internet (z. B. Gesetzesänderungen, Gerichtsurteile). Dies habe schließlich im August 2000 dazu geführt, dass die Festplatte des PC des Betriebsratsvorsitzenden von EDV-Experten der Arbeitgeberin habe freigeräumt werden müssen, damit der Betriebsrat eine wichtige Mail der IG Metall habe empfangen können.
Zudem sei auf die nicht unerheblichen Kosten für den Betriebsratsvorsitzenden durch den Verbrauch von Papier und von Druckerpatronen auf Grund der erheblichen Nutzung der E-Mail-Adresse hinzuweisen. Der Internet-Anschluss entspreche inzwischen dem technischen Standard von Kommunikationseinrichtungen und sei üblich, so dass er dem Betriebsrat nicht verwehrt werden dürfe, da dieser ansonsten benachteiligt werde. Die für die Arbeitgeberin anfallenden Kosten seien nicht unverhältnismäßig.
Demgegenüber hält die Arbeitgeberin das Erfordernis eines Internet/E-Mail-Anschlusses für nicht dargelegt. Der Betriebsrat sei auf die betriebsüblichen Kommunikationsmittel zu verweisen. Er verfüge über ein eigenes Telefon sowie einen PC mit eigenem Drucker und CD-Laufwerk. Der Betriebsrat könne darüber hinaus eines der beiden Telefaxgeräte in der Zentrale benutzen. Selbst ihre Geschäftsführung habe kein eigenes Telefaxgerät. Die vom Betriebsrat genannten Stellen und Ämter sendeten ihre Post auch auf normalen Wege. Selbst ihre Personalabteilung betreibe bei der Bearbeitung betriebsverfassungsrechtlicher Vorgänge keine Informationsbeschaffung über einen Internet/E-Mail-Anschluss. Im Personalbereich habe lediglich ein Lohnbuchhalter Internet-Anschluss.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine Beschwerde, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen im Wesentlichen wiederholt und vertieft. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den angefochtenen Beschluss, die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
1. Der Anspruch des Betriebsrats kann sich nur aus § 40 Abs. 2 BetrVG ergeben. Danach hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung sachliche Mittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Beschluss vom 11.11.1998 - 7 ABR 57/97 - m. w. N.) bestimmt sich die Erforderlichkeit des Umfangs der vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellenden Sachmittel unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach Inhalt und Umfang der vom Betriebsrat wahrzunehmenden Aufgaben anhand der konkreten betrieblichen Verhältnisse. Dabei genügt es für die Erforderlichkeit eines Sachmittels nicht, dass durch seinen Einsatz die Geschäftsführung des Betriebsrats lediglich erleichtert wird bzw. sich rationeller gestalten lässt. Das Gesetz sieht geringere Anforderungen als die Erforderlichkeit nicht vor. Aus Gründen der Effektivität der Betriebsratsarbeit wird daher ein Sachmittel erst dann erforderlich, wenn ohne seinen Einsatz die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Betriebsrats vernachlässigt werden müsste.
b) Diese Grundsätze gelten auch für die Frage, ob der Arbeitgeber dem Betriebsrat einen Internet-Anschluss mit eigener E-Mail-Adresse zur Verfügung zu stellen hat. Auch insoweit muss trotz der eingetretenen technischen Entwicklung angesichts der fortgeltenden gesetzlichen Regelung des § 40 Abs. 2 BetrVG die Erforderlichkeit des Sachmittels von den Gerichten im konkreten Einzelfall festgestellt werden (BAG a.a.O. betr. den Anspruch des Betriebsrat auf Überlassung eines PC).
c) An diesen Grundsätzen hat sich durch die Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes nichts geändert. Nach der Novellierung des § 40 Abs. 2 BetrVG ist die Informations- und Kommunikationstechnik ausdrücklich neben die bisher schon erwähnten sachlichen Mittel gestellt. Mit dieser Einfügung sollte "klargestellt" werden, "dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Betriebsrat auch Informations- und Kommunikationstechnik als moderne Sachmittel zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören vor allem Computer mit entsprechender Software, aber auch die Nutzung im Betrieb oder Unternehmen vorhandener moderner Kommunikationsmöglichkeiten" (Regierungsbegründung zum Gesetzentwurf, Seite 46).
Mit der Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes in § 40 Abs. 2 wird zunächst nur klargestellt, dass Informations- und Kommunikationstechniken zu den Sachmitteln eines Betriebsrats gehören. Nicht geregelt ist aber die hier allein klärungsbedürftige Frage, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber welche konkreten modernen Sachmittel aus dem Informations- und Kommunikationsbereich dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen hat. Insbesondere hat der Gesetzgeber am Tatbestandsmerkmal "in erforderlichem Umfang" festgehalten, so dass sich an der Notwendigkeit, die Erforderlichkeit dieser Mittel im Einzelfall zu prüfen, nichts geändert hat (Beckschulte/Henkel, DB 2001, 1491, 1499; Manske, AuR, 2001, 94).
2. Nach diesen Grundsätzen kann im Streitfall die Erforderlichkeit eines Internet-Anschlusses und einer eigenen E-Mail-Adresse für den Betriebsrat nicht festgestellt werden.
a) Die Frage, ob ein Sachmittel für die Betriebsratsarbeit erforderlich und deshalb vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, unterliegt zunächst der Beurteilung des Betriebsrats, dem ein Beurteilungsspielraum zusteht. Der Betriebsrat hat hierbei allerdings nicht nach seinem subjektiven Ermessen zu entscheiden. Er hat bei seiner Entscheidung den berechtigten Interessen des Arbeitgebers und der Belegschaft angemessen Rechnung zu tragen (BAG a.a.O.). Auch unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums des Betriebsrats ist die Erforderlichkeit zu verneinen.
b) Zur sachgerechten Aufgabenerfüllung des Betriebsrats bedarf es im Streitfall keines Internet-Anschlusses und keiner eigenen E-Mail-Adresse. Beides dient lediglich der externen Informationsbeschaffung und Kommunikation, die auch durch die herkömmlichen Kommunikationsmittel gewährleistet sind. Es ist zwar richtig, dass ein Internet-Anschluss Informationen schneller zur Verfügung stellen kann. Es mag auch sein, dass dadurch die Arbeit des Betriebsrats erleichtert werden kann. Erforderlichkeit im Sinne des § 40 Abs. 2 BetrVG verlangt aber mehr als bloße Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit. Soweit der Betriebsratsvorsitzende in der Beschwerdeverhandlung darauf hingewiesen hat, dass ihm der Aufruf der IG Metall zur Schweigeminute wegen der Anschläge in den USA per E-Mail mitgeteilt worden sei, war dies nur eine Möglichkeit der Informationsvermittlung. Der Betriebsrat stellt selbst nicht in Abrede, dass er Informationen nicht auch über die herkömmlichen Kommunikationsmittel erhalten könnte. Die sachgerechte Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben eines Betriebsrats hängt nicht zwangsläufig von der Inanspruchnahme des Internets ab.
Die konkreten betrieblichen Verhältnisse sprechen ebenfalls nicht für eine Erforderlichkeit eines Internet-Anschlusses des Betriebsrats. Das technische Ausstattungsniveau des Arbeitgebers kann für die Frage der Erforderlichkeit der Sachmittel von Bedeutung sein. Der Einsatz moderner Kommunikationsmittel auf Arbeitgeberseite kann den erforderlichen Umfang der dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellenden Sachmittel beeinflussen. So kann der Arbeitgeber im Einzelfall dazu verpflichtet sein, dem Betriebsrat eine eigene Homepage im betriebseigenen Intranet zur Verfügung zu stellen (Arbeitsgericht Paderborn, Beschluss vom 25.01.1998, DB 1998, 678). Dabei geht es um die Teilnahme an einem unternehmenseigenen Datenkommunikationssystem. Die Homepage im Intranet ist dann als Kommunikationsmittel mit dem sog. Schwarzen Brett vergleichbar. Der Einsatz eines unternehmenseigenen Datenkommunikationssystems kann z. B. notwendig sein, wenn Mitarbeiter im Außendienst beschäftigt sind und nur so effektiv erreicht werden können. Darum geht es hier jedoch nicht. Als Mittel der Information gegenüber der eigenen Belegschaft wird die Möglichkeit der elektronischen Kommunikation von der Arbeitgeberin selbst nicht genutzt. Die sich durch einen Internet-Anschluss mit E-Mail-Adresse bietende Möglichkeit der externen Informationsbeschaffung und externen Kommunikation mit Dritten auf eine schnelle und effektive Weise rechtfertigt nach allem noch nicht die Erforderlichkeit für die Betriebsratsarbeit im Sinne des § 40 Abs. 2 BetrVG.
3. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein gesetzlicher Grund. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 92 a ArbGG wird verwiesen.
Ende der Entscheidung
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